GKV/PKV = 2 Klassen Medizin (zumindest was den nicht lebenswichtigen
Teil angeht).
Basisversicherung, auf die man dann noch aufstocken kann = 2
Klassen Medizin genauso wie vorher, also warum ändern?
Das Problem heute ist ja nicht, dass die Kosten im
Gesundheitswesen im Vergleich zum Bruttosozialprodukt so massiv
gestiegen wären, sondern dass immer mehr Menschen aus der
Solidargemeinschaft der Versicherten herausfallen und sich privat
versichern.
Das ist kein Problem, der Anteil der privat versicherten ist seit
Jahren ziemlich gleich. Allerdings muß ein Beitragszahler immer mehr
beitragsfrei Mitversicherte mitfinanzieren.
Es gibt haufenweise Probleme:
Der medizinische Fortschritt muß bezahlt werden (vor 10 Jahren ist
man an einem matastasierenden Dickdarmkrebs relativ schnell
verstorben. Heute lebt man jahrelang mit Chemotherapie für tausende
Eoros im Jahr).
Durch die Abkopplung der Leistungen vom Geld (Sachleistungssystem/
Chipkarte) verlieren die Menschen das Gefühl wieviel (oft
vermeidbare) Kosten sie verursachen (z.B. Patient kommt zur
Kernspintomographie Knie. ich frage was denn weh täte. Sagt er:
nichts mehr. Warum haben wir dann diese aufwändige Untersuchung
gemacht? Na ja, den Termin hatte ich ja sowieso schon).
Immer größere Teile des Gesundheitswesens werden privatisiert, dann
regiert nicht mehr dEthik sondern share-holder value.
Außerdem hilft die einheitliche Bürgerversicherung
Verwaltungskosten zu sparen!
Ach ja, und wie denn?? Bei den Kassenfusionen der letzten Jahre (25
auf 150 Kassen) sind vor allem die Verwaltungskosten gestiegen!
Andreas
Am 16.07.2012 16:29, schrieb Rebekka:
Also - im Gegensatz zu meinem Vorredner - halte ich die
Bürgerversicherung für eine gute Idee, jeder zahlt einen festen
Prozentsatz seines Einkommens. Das ist nicht nur sozial gerecht,
sondern hilft auch, medizinische Leistungen für alle bezahlbar zu
machen. Das Problem heute ist ja nicht, dass die Kosten im
Gesundheitswesen im Vergleich zum Bruttosozialprodukt so massiv
gestiegen wären, sondern dass immer mehr Menschen aus der
Solidargemeinschaft der Versicherten herausfallen und sich privat
versichern. Solidargemeinschaft funktioniert nur, wenn alle
mitmachen und nicht, wenn die "Reichen" sich von vorn herein
ausklinken. Außerdem hilft die einheitliche Bürgerversicherung
Verwaltungskosten zu sparen!
Nachdenkenswert finde ich allerdings die Idee einer
Basisversicherung, auf die man dann noch aufstocken kann.
Wolfgang Gerstenhöfer schrieb:
Ahoi zusammen,
hiermit mache ich einen Vorschlag für eine mögliche
Positionierung der Piratenpartei Deutschland zum Thema
Krankenversicherung:
"Krankenversicherung der Zukunft
Für die Piraten ist der Sozialstaat ein Staat, der nicht selbst
quasi bevormundend für die soziale Sicherheit seiner Bürger
sorgt (Zwangssystem wie z. B. die so genannte
Bürgerversicherung), sondern sicherstellen muss, dass jeder für
seine soziale Sicherheit vorsorgen kann (z. B. mithilfe des
bedingungslosen Grundeinkommens).
Die Piraten setzen sich deshalb zum einen dafür ein, dass jeder
eine möglichst große Wahlfreiheit hat, beim wem und wofür er
sich versichern möchte, und zum anderen für eine Finanzierung,
die möglichst zukunftssicher, also weitgehend unabhängig von der
Bevölkerungs- und auch von der Einkommensentwicklung ist.
Es geht darum, das Krankenversicherungssystem endlich an die
demografsche Entwicklung unserer Gesellschaft anzupassen und für
die Zukunft nachhaltig und damit generationengerecht
finanzierbar zu machen und gleichzeitig die ebenfalls nicht mehr
zeitgemäße Trennung von gesetzlicher und damit quasi-staatlicher
Krankenversicherung (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV)
aufzuheben.
Die Piraten stehen für eine Gesundheitsreform, die zu einer
generationengerechten, möglichst zukunftssicheren und
bezahlbaren Krankenversicherung führt, die größtmögliche
Wahlfreiheit mit der medizinisch notwendigen Vorsorge,
Untersuchung und Behandlung verbindet und zu angemessenen
Arbeitsbedingungen
im Gesundheitswesen führt.
Kern der Reform der Piraten ist die Umstellung des
Finanzierungssystems vom nicht mehr dem Bevölkerungsaufbau (Pilz
statt Pyramide) entsprechenden Umlage- auf das
versicherungsmathematische Kapitaldeckungsverfahren und
gleichzeitig die Verlagerung des Sozialausgleichs in das
Steuersystem und damit auf eine wesentlich breitere Basis (alle
Bürger und Unternehmen), ohne den Menschen eine
Einheitsversicherung oder überhaupt einen bestimmten
Versicherungsschutz über eine Grundversorgung hinaus
aufzuzwingen.
Die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung wird
zugunsten einer Pflicht zur Versicherung ersetzt - analog der
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung. Demnach muss jeder einen
gesetzlich definierten Basisversicherungsschutz bei einem Träger
der Krankenversicherung abschließen. Dessen Leistungen
orientieren sich an dem derzeitigen Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenversicherung. Alternativ besteht die
Möglichkeit, Tarife zu wählen, die zusätzliche, höhere oder
umfangreichere Leistungen, Beitragsrückerstattungen oder auch
gar keine, geringere oder andersartige
Selbstbeteiligungen/Zuzahlungen vorsehen.
Der Basisversicherungsschutz bzw. -tarif steht jedem offen. Bei
den anderen Tarifen kann eine Risikoprüfung vorgesehen werden,
die zu einer Annahme,
einer Annahme mit einem Risikozuschlag oder einem
Leistungsausschluss und auch zu einer Ablehnung des Antrags
führen kann.
Das Angebot der Träger der Krankenversicherung soll so aussehen,
dass es zwingend eine Basis-Krankheitskostenvollversicherung
(Basistarif) gibt und darüber hinaus - aber das bestimmt
letztendlich der Wettbewerb - verschiedene
Krankheitskostenvollversicherungstarife z. B. auch nach wie vor
für Beihilfeberechtigte.
Dieser Versicherungsschutz ist vertraglich garantiert und kann
nicht - wie heute in der gesetzlichen Krankenversicherung
möglich und üblich - jederzeit durch den Gesetzgeber einseitig
verändert und in den meisten Fällen bei steigenden Beiträgen -
durch Erhöhung der Beitragssätze und der
Beitragsbemessungsgrenze - gekürzt werden.
Ob es Zusatz- oder Ergänzungstarife - wie wir sie heute in der
privaten Krankenversicherung kennen - dann überhaupt noch geben
wird, wird sich zeigen (Wettbewerb).
Für den Basistarif gilt ein Kontrahierungs-, also ein
Annahmezwang, dennoch findet eine Risikoprüfung statt dies
gilt auch für Umwandlungen in den Basistarif. Eine Ablehnung des
Antrags ist aber nicht zulässig. Notwendige Risikozuschläge sind
für einen branchenweiten finanziellen Spitzenausgleich fiktiv
zu ermitteln.
Während der Vertragsdauer nach dem Basistarif darf dieser
Beitragszuschlag nicht verlangt werden. Bei einer Umstellung aus
dem Basistarif in einen anderen Tarif wird für etwaige
Mehrleistungen eine Risikoprüfung durchgeführt sowie der bei
Vertragsabschluss ermittelte Beitragszuschlag erhoben.
Diese Risikozuschläge (versicherungsmedizinische
Beitragszuschläge) können von den Trägern der
Krankenversicherung nicht willkürlich festgelegt und erhoben
werden. Ihre Höhe muss versicherungsmedizinisch, also mit der
Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten begründet und
versicherungsmathematisch berechnet werden.
Der Spitzenausgleich ist notwendig, um eine ungleiche Verteilung
der Risiken auf die einzelnen Träger der Krankenversicherung
auszugleichen. Nur ein solcher Ausgleich macht einen
Annahmezwang gegenüber der jeweiligen Versichertengemeinschaft
vertretbar. Hierbei wird die unterschiedliche Versicherten- und
Krankheitsstruktur berücksichtigt. Träger der
Krankenversicherung mit älteren und kränkeren Versicherten
erhalten über den Spitzenausgleich mehr Mittel als Träger mit
einer Vielzahl an jungen und gesunden Versicherten.
Die Beiträge für den Basistarif werden weitgehend identisch
sein, da die Leistungen gesetzlich für alle gleich festgelegt
werden. Leichte Unterschiede kann (und sollte) es wegen der
einzukalkulierenden Verwaltungskosten geben. Diese sind richtig
und wichtig, um einen Anreiz zu einem wirtschaftlichen und
kostenbewussten Umgang mit den Geldern der Versicherten/Kunden
zu gewährleisten.
Die Beiträge sowohl des Basistarifs als auch aller anderen
Tarife werden nach versicherungsmathematischen Grundsätzen
kalkuliert. Sie sehen die Bildung von Alterungsrückstellungen
vor, die dazu dienen, die mit zunehmendem Alter steigenden
Krankheitskosten auszugleichen. Beitragserhöhungen oder
-senkungen müssen - allerdings höchstens einmal pro Jahr -
vorgenommen werden, wenn die kalkulierten von den tatsächlichen
Versicherungsleistungen abweichen.
Dabei gibt es einen gesetzlich festgelegten Ermessensspielraum
für den einzelnen Träger der Krankenversicherung. Dieser
ermöglicht es, auf Beitragserhöhungen ganz oder teilweise zu
verzichten, wenn mittels einer guten Kapitalanlage
(Alterungsrückstellung) oder einer sparsamen Verwaltung
zusätzliche Mittel vorhanden sind.
Für die Kalkulation der Beiträge gilt das Äquivalenzprinzip,
also die Gleichwertigkeit zwischen Leistung und Beitrag. Jeder
Versicherte zahlt soviel, wie er voraussichtlich an Leistungen
in Anspruch nehmen wird. Der Beitrag setzt sich aus mehreren
"Einzelposten" zusammen.
Der Risikobeitrag wird gebraucht, um das versicherte Risiko,
nämlich Krankheitskosten, abzudecken. Der Vorsorgebeitrag wird
in der so genannten Alterungsrückstellung für die
Versichertengemeinschaft gesammelt und verzinslich angelegt.
Diese Rückstellung wird aufgebaut, um die erfahrungsgemäß mit
zunehmendem Alter steigenden Ausgaben für die Gesundheit
abzudecken. Der Kostenbeitrag finanziert den allgemeinen
Geschäftsbetrieb des Trägers der Krankenversicherung.
Ausgeglichen werden die im Zeitablauf steigenden
Krankheitskosten durch die Alterungsrückstellung. Während also
im Laufe der Jahre der Anteil des Risikobeitrags immer mehr
steigt, nimmt der Anteil des Vorsorgebeitrags am Gesamtbeitrag
immer mehr ab. Gebe es nicht noch einige Rahmenbedingungen
(Preissteigerungen, neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
stärkere Inanspruchnahme von Leistungen), würde der Beitrag also
über die gesamte Dauer des Vertrags gleich bleiben (Grundsatz
der Beitragskonstanz). Beitragssteigerungen aufgrund steigender
Verwaltungskosten sind in diesem Finanzierungssystem
ausgeschlossen.
Über Transferleistungen (z. B. dem bedingungslosen
Grundeinkommen) wird sichergestellt, dass sich jeder mindestens
den Basistarif leisten kann. Damit hat jeder Anspruch auf alle
medizinisch notwendigen Untersuchungen und Behandlungen.
Träger der Krankenversicherung sind die bisherigen Krankenkassen
nicht mehr als Körperschaften des öffentlichen Rechts, sondern
als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und die bisherigen
privaten Krankenversicherer entweder als Aktiengesellschaften
oder ebenfalls als
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. Für alle Träger gelten
die gleichen Rechtsvorschriften und Rahmenbedingungen z. B. im
Unternehmens-, Steuer-, Wettbewerbs- und Tarifrecht.
Einen funktionierenden und konstruktiven Wettbewerb halten die
Piraten für äußerst wichtig, da nur Wettbewerb, also die
Möglichkeit des Kunden den Anbieter
wechseln zu können, für Service, Kundenorientierung,
Produktinnovationen und möglichst niedrige Verwaltungskosten
sorgt.
Dies ist auch ein Grund für die Forderung, keine Unterscheidung
mehr zwischen gesetzlichen Krankenkassen und privaten
Krankenversicherern vorzunehmen, sondern für alle gleiche
Rahmenbedingungen zu schaffen.
Deshalb auch die Umwandlung der Krankenkassen von Körperschaften
des öffentlichen Rechts zu Versicherungsvereinen auf
Gegenseitigkeit. Versicherungsvereine, weil diese
Unternehmensform - ähnlich wie es heute bei den Krankenkassen
der Fall ist - eine Mitwirkung der Mitglieder/Kunden quasi als
Eigentümer des Versicherungsvereins vorsieht und dies auch die
ursprüngliche privatwirtschaftliche Rechtsform zumindest der
früheren Ersatzkassen (z. B. BEK, DAK) war.
Ein anderer, vielleicht noch wichtigerer Grund liegt darin, dass
es unfair ist, Menschen aufgrund eines geringeren Einkommens
eine Krankheitskostenvollversicherung über dem Niveau der
Grundversorgung zu verweigern.
Deshalb treten die Piraten auch nicht für einen
steuerfinanzierten Zuschuss an die Träger der
Krankenversicherung (Stichwort Gesundheitsfonds) ein, sondern
nach dem Prinzip "Subjekt- statt Objektförderung" für einen
Zuschuss über den steuerlichen Grundfreibetrag bzw. das
staatlich garantierte Mindesteinkommen (z. B. bedingungsloses
Grundeinkommen).
Denn dann hat jeder, selbst die Möglichkeit zu entscheiden,
welchen Anteil seines Einkommens er für seine
Krankenversicherung aufbringen kann und will. Warum soll man
jemanden, der zwar ein niedriges oder auch "nur" das
Mindesteinkommen hat, das Recht nehmen, auf anderes zugunsten
einer Krankheitskostenvollversicherung über dem Niveau des
Basistarifs zu verzichten? Auch das entspricht der Freiheits-
und Selbstbestimmungsidee der Piraten.
Auch auf der Leistungsseite bzw. der Seite der Erbringer
medizinischer Leistungen setzen die Piraten zum einen auf
Wettbewerb - mit einer starken
staatlichen Rechts- und Fachaufsicht - und auf Vereinbarungen
zwischen den Erbringern medizinischer Leistungen und den Trägern
der Krankenversicherung.
So soll es Gebührenordnungen geben, die primär ein Ergebnis von
Verhandlungen zwischen den Verbänden der jeweiligen Erbringer
medizinischer Leistungen und der Träger der Krankenversicherung
bzw. der Versicherten/Patienten sind, mit Öffnungsklauseln, die
Vereinbarungen zwischen einem, mehreren oder auch allen Trägern
der Krankenversicherung und Erbringern medizinischer Leistungen
zugunsten ihrer Kunden/Versicherten vorsehen.
Die Träger der Krankenversicherung bekommen damit Möglichkeiten
für eine wirtschaftliche und hochwertige Versorgung ihrer
Versicherten/Kunden an die Hand gegeben.
Sie können zum Beispiel mit Arzneimittelherstellern
Rabattverträge abschließen, Hilfsmittel günstiger einkaufen oder
mit Heilmittelerbringern verhandeln. Sie können Verträge mit
besonders qualifizierten Ärzten schließen oder mit
Krankenhäusern die ambulante Behandlung für schwer kranke
Versicherte vereinbaren. Das sind nur einige Beispiele.
Solche Verträge sollten insofern auch im Interesse der
Leistungserbringer liegen, als sie damit ihren Kundenstamm
erweitern oder besser an sich binden können.
Die Aufsicht über die Träger der Krankenversicherung, ihre
Tarife, die notwendige Anpassung von Beiträgen an sich
verändernde Versicherungsleistungen und ihren Geschäftsbetrieb
soll aufgrund der existentiellen Bedeutung der
Krankenversicherung (wieder) bei einer staatlichen
Aufsichtsbehörde im Zuständigkeitsbereich des Bundesministers
für Gesundheit (bisher ist für die private Krankenversicherung
das Bundesministerium der Finanzen zuständig) liegen und nicht
nur - wie zurzeit in der privaten Krankenversicherung - bei
"unabhängigen Treuhändern".
Diese Behörde soll auch das Thema "medizinische Notwendigkeit"
im Blick haben, um einem Wettbewerb zu Lasten der medizinischen
Qualität und damit der Patienten vorzubeugen.
Zu diesem Zweck werden die für die Krankenversicherung
zuständigen Bereiche des heutigen Bundesversicherungsamts und
der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zusammen
geführt.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der heute verbindlich nur
für die gesetzliche Krankenversicherung zuständig ist, besteht
auf Leistungserbringerseite heute nur aus Ärzte-, Zahnärzte- und
Krankenhausvertretern und entscheidet über die
Erstattungsfähigkeit.
Dieser Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird durch ein Gremium
ersetzt, in dem zum einen die verschiedenen Berufsgruppen auf
der Seite der Erbringer medizinischer Leistungen (nicht nur
Ärzte-, Zahnärzte- und Krankenhausvertreter) und zum anderen die
Träger der Krankenversicherung, aber auch die
Versicherten/Kunden sowohl als Patienten als auch als
Beitragszahler vertreten sind.
Er repräsentiert damit alle Leistungserbringer, trifft
allgemeinverbindliche Festlegungen über die medizinische
Notwendigkeit und ist damit für die Qualität der medizinischen
Versorgung verantwortlich. Erstattet wird künftig nicht nur das,
was wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig ist,
sondern alles, was medizinisch notwendig ist. Unterstützt wird
er dabei durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen.
Die Leitlinienmedizin und eine ganzheitliche Medizin sollen
ebenfalls durch dieses Gremium gefordert und gefördert werden.
Wenn Patienten frühzeitig richtig behandelt werden und es eine
bessere Abstimmung zwischen den an der Therapie Beteiligten
gibt, kann sehr viel Geld gespart werden. Ärzte müssten pro Tag
durchschnittlich 17 Studien lesen, um immer auf dem neuesten
Stand der medizinischen Wissenschaft zu sein. Das schafft
niemand. Deshalb befürworten die Piraten den Ausbau der
Evidenzbasierten Medizin.
Die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen
würden aufgrund dieser Reform überflüssig. Über Sinn, Zweck und
Nutzen der Ärzte- und
Zahnärztekammern einerseits und der verschiedenen Berufsverbände
andererseits soll gesondert diskutiert und entschieden werden."
Begründung
Ziel der piratigen Krankenversicherungsreform ist es, das
Krankenversicherungssystem endlich an die demografische
Entwicklung (immer weniger junge und gesunde Erwerbstätige und
immer mehr ältere und kranke Rentner) unserer Gesellschaft
anzupassen und für die Zukunft nachhaltig und damit
generationengerecht finanzierbar zu machen (Kapitaldeckungs-
statt Umlageverfahren) und gleichzeitig die ebenfalls nicht mehr
zeitgemäße Trennung von gesetzlicher und privater
Krankenversicherung und von Pflicht- und freiwilligen
Versicherten aufgrund von Einkommensunterschieden aufzuheben.
Der Solidarausgleich findet - wie es sich für eine
Krankenversicherung gehört - zwischen Gesunden und Kranken
statt. Der Ausgleich zwischen arm und reich muss über das
Steuersystem und mögliche Transferleistungen (negative
Einkommensteuer, Bürgergeld, bedingungsloses Grundeinkommen oder
...) sichergestellt werden.
Das ist auch gerechter, weil es tatsächlich alle Bürger - und
auch die Unternehmen - erfasst und die Last so auf wesentlich
mehr und belastbarere Schultern verteilt werden kann, ohne sie
in eine Einheitskrankenversicherung zu zwingen.
Der Vorteil gegenüber der heutigen Finanzierung liegt darin,
dass man einerseits von der Bevölkerungsentwicklung deutlich
unabhängiger wird und jede Generation selbst für sich vorsorgt
und nicht zu Lasten ihrer Kinder und Enkel lebt und andererseits
über das Steuersystem trotzdem das soziale Element der Umlage
auf die gesamte Gemeinschaft erhalten bleibt, ohne in Zukunft
überstrapaziert zu werden.
Die Gemeinschaft der Bürger, der Staat, würde also dafür sorgen,
dass sich jeder gegen das finanzielle Risiko, krank zu werden,
versichern kann und auch
tatsächlich versichert; er würde jedoch niemanden bevormunden
und einen bestimmten, häufig sogar bei geringeren Leistungen
teureren Versicherungsschutz aufzwingen.
Ein vergangenheitsorientiertes System wie die gesetzliche
Krankenversicherung mit ihrem Umlageverfahren wird nicht dadurch
gut oder besser bzw. generationengerecht und zukunftssicherer,
wenn man es zwangsweise auf noch mehr Menschen ausdehnt. Einmal
ganz abgesehen davon, dass man hier auch an
verfassungsrechtliche Grenzen stößt - sowohl mit Blick auf die
Ausdehnung auf immer mehr Menschen als auch auf die Höhe des
Beitrags für gleiche Leistungen.
Sowohl die privaten Krankenversicherer als auch die
Privatversicherten stehen unter dem Schutz des Grundgesetzes.
Berührt sind hier mindestens die Grundrechte auf Eigentum, auf
Berufsfreiheit und auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit,
möglicherweise auch das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit.
Auch und gerade die private Krankenversicherung braucht als
Versicherung immer wieder neue Kunden, denn ohne eine ständige
Ergänzung der Versichertengemeinschaft um junge und gesunde
Menschen wird sie unbezahlbar. Dank der Vorsorge durch die
Alterungsrückstellung ist das Problem zwar nicht so dramatisch
wie beim Umlageverfahren der gesetzlichen Krankenversicherung,
aber selbstverständlich bedarf jede Versicherung - und nur das
macht sie zu einer Versicherung - des Risikoausgleichs.
Das Versicherungsprinzip lebt davon, dass immer wieder neue
Versicherte in die Versichertengemeinschaft kommen, ohne bereits
Leistungen zu beanspruchen. Anderenfalls zahlt jeder Versicherte
irgendwann alle seine Leistungen selbst. Dann braucht man keine
Versicherung mehr. (Versicherungsbegriff nach Farny:
Versicherung ist die Deckung, eines im Einzelnen ungewissen,
insgesamt schätzbaren Geldbedarfs, auf der Grundlage eines
Risikoausgleichs im Kollektiv und in der Zeit.)
Da die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung schon
lange überwiegend nicht mehr einkommensabhängig sind (nur noch
das Krankengeld), ist es auch nicht mehr gerechtfertigt, dass
die Beiträge einkommensabhängig erhoben werden. Begonnen hat die
gesetzliche Krankenversicherung als reine Krankengeld-, als
reine Verdienstausfallversicherung, da war ein
einkommensabhängiger Beitrag durchaus logisch und konsequent.
Das ist aber schon sehr lange her.
Eine Krankenversicherung mit dem Kapitaldeckungsverfahren in
Kombination mit dem Sozialausgleich über das Steuersystem (und
nur dort spielt das Einkommen, die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit eine Rolle), die eine Unterteilung in Kassen-
und Privatpatienten nicht mehr kennt, kann die bestehende
Situation nur verbessern.
Denn mit Blick auf die aktuelle Finanz- und Schuldenkrise mag es
zwar sein, dass es keine Nettoverzinsung von neun und mehr
Prozent mehr gibt, aber dass gar keine Zinsen irgendwo auf der
Welt mehr zu erwirtschaften sind, ist äußerst unwahrscheinlich.
Das ist - bei aller berechtigten Kritik - ein Vorteil der
Globalisierung.
Gleiche Rahmenbedingungen für die Träger der Krankenversicherung
sorgen für einen Leistungswettbewerb, der sich positiv
auf den Service, die Kundenorientierung, die beitragsrelevanten
Verwaltungskosten und die alternativen Tarife (Leistungen und
Beiträge) auswirken wird.
Ebenso sorgen der Wettbewerb unter den Trägern der
Krankenversicherung zum einen und unter den Erbringern
medizinischer Leistungen um Kunden bzw. Patienten zum anderen in
Verbindung mit der Möglichkeit, z. B. Preise auszuhandeln, für
marktgerechte Honorare und Gebühren. Die zuständige
Aufsichtsbehörde achtet in Zusammenarbeit mit den jeweiligen
Verbänden auf das Einhalten von Mindeststandards, damit dieser
Wettbewerb zugunsten der Kunden als Beitragszahler nicht zu
ihren Lasten als Patienten geht.
Die Piraten halten Vielfalt, Wettbewerb und Teilhabe aufgrund
gleicher Spielregeln für alle Beteiligten für ganz wichtige
Mittel, um ein System, auch das System Gesundheit nicht
erstarren zu lassen, um Qualität bei Medizin und Service zu
fördern, Kosten, Preise und Beiträge im Blick zu behalten und
die Interessen der Versicherten als Patienten und Beitrags- bzw.
Steuerzahler und der im Gesundheitswesen Beschäftigten zu
wahren. Monopole und Kartelle, egal ob staatlich oder privat
"organisiert", sehen die Piraten skeptisch.
Sie wünschen sich deshalb in unserem Gesundheitswesen mehr Markt
und weniger Staat. Dabei bedeutet Markt nicht das freie Spiel
der Kräfte, nicht Willkür, die Macht des Stärkeren und
Ellbogengesellschaft. Die soziale Marktwirtschaft im Sinne der
Piraten ist aus sich heraus dank und mit Hilfe eines starken
Staates, der die "Spielregeln" für alle Marktteilnehmer festlegt
und für die nötige Transparenz und einen konstruktiven
Wettbewerb und für die Einhaltung der Regeln sorgt, sozial und
auch ökologisch und ermöglicht "Wohlstand für alle" bei
größtmöglicher Freiheit.
Die Piraten wollen die Kosten im Gesundheitswesen in Grenzen
halten durch Vereinbarungen zwischen den Beteiligten, Erbringer
medizinischer Leistungen einerseits und Kostenträger und
Patienten andererseits, einen Ausbau der so genannten
Leitlinienmedizin (Evidenzbasierte Medizin/EbM) und eine
ganzheitliche Medizin, die auf Zusammenarbeit setzt und den
Menschen nicht nach Zuständigkeiten der Gesundheitsberufe,
Fachrichtungen, ambulant und stationär in Körperteile, Organe
und Psyche aufteilt.
Hinzu kommen Kostentransparenz für die Versicherten/Patienten
durch Rechnungen und Kostenerstattung statt Sachleistung,
individuell wählbare, in der Höhe begrenzte und damit
überschaubare Selbstbeteiligungen, mit denen die private
Krankenversicherung seit Jahrzehnten sehr gute Erfahrungen
macht, die auch versicherungsmathematisch kalkulierbar sind, und
Beitragsrückerstattungen, ebenfalls ein in der privaten
Krankenversicherung seit langer Zeit erfolgreiches Instrument.
Ärzte und auch alle anderen Angehörigen von Gesundheitsberufen
müssen angemessen bezahlt werden und vor allem müssen sie
wissen, was sie an einer erbrachten Dienstleistung verdienen. Es
kann nicht sein, dass sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung
nicht wissen, ob und ggf. was ihre Arbeit wert ist. Und
Rationierung ist schon gar nicht ihre Aufgabe.
Deshalb sollen für alle Patienten die gleichen Gebührenordnungen
gelten - mit Öffnungsklauseln für Vereinbarungen (siehe oben) -
und soll es ein Gremium geben, in dem auf der einen Seite die
Erbringer medizinischer Leistungen (nicht nur Ärzte) und auf der
anderen Seite die Kostenträger und Patienten vertreten sind und
das über die medizinische Notwendigkeit von Untersuchungen,
Behandlungen, Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln grundsätzlich
entscheidet.
Ergänzend noch ein paar Hintergrundinformationen:
Die Bürgerversicherung (ein Euphemismus) würde an einem
Krankenversicherungssystem festhalten, dessen Finanzierung auf
dem Umlageverfahren beruht. Dieses Umlageverfahren der 1880er
Jahre (Reichskanzler Otto von Bismarck), das für den damals sehr
kleinen Kreis der Versicherten und angesichts des damaligen
Bevölkerungsaufbaus durchaus seine Berechtigung hatte, ist schon
lange nicht mehr geeignet, die Folgen der aktuellen
demografischen Entwicklung zu bewältigen.
Fakt ist, dass das Umlageverfahren die demografischen Realitäten
des 19. Jahrhunderts spiegelt - einer Zeit starken
Bevölkerungswachstums, geringer
Lebenserwartung und einfacher medizinischer Versorgung. Viele
junge Beitragszahler, die gar keine oder nur geringe Leistungen
in Anspruch nahmen, trugen die Kosten, die überwiegend von einer
relativ kleinen Gruppe älterer Versicherter verursacht wurden.
Heute im 21. Jahrhundert sehen die Rahmenbedingungen in
Deutschland ganz anders aus. Die Leistungsausgaben für immer
mehr ältere Menschen müssen von
immer weniger jungen Beitragszahlern bezahlt werden - und das
für immer längere Zeitspannen, weil die Menschen immer älter
werden. Aus der Bevölkerungspyramide wird aufgrund des
Geburtenrückgangs und der steigenden Lebenserwartung mehr und
mehr ein Bevölkerungspilz. Hinzu kommt,
dass der medizinische Fortschritt seinen Preis hat.
Mit der beschönigend Bürgerversicherung genannten
Einheitsversicherung würde dieses Modell, das quasi von der Hand
in den Mund lebt, auf alle Menschen
ausgedehnt und damit jeder Anreiz, Leistungen und Service zu
verbessern und Kosten zu sparen, im Keim erstickt werden. Dies
bedeutet: Rationierung für
alle!
Ein Modell, bei dem es einen Beitrag gibt, der sich nach den
versicherten Leistungen und dem Gesundheitsrisiko der
versicherten Person richtet, und
bei dem jeder aufgrund des Kapital- bzw.
Anwartschaftsdeckungsverfahrens selbst Vorsorge für das höhere
Krankheitsrisiko im Alter trifft, kann nicht
nur besser mit den Folgen der demografischen Entwicklung fertig
werden, sondern ist auch das gerechtere System. Man zahlt einen
risikogerechten
Beitrag, der - soweit notwendig - an steigende
Versicherungsleistungen angepasst wird und damit den
medizinischen Fortschritt mit abdeckt.
Der Beitrag ist letztendlich der Preis für die
Versicherungsleistungen, für die Erstattung der
Behandlungskosten. Warum soll sich dieser Preis nach dem
Einkommen richten? Dann müsste man konsequenterweise auch die
Preise für andere Waren und Dienstleistungen einkommensabhängig
gestalten. Denn wenn
man dieser Logik folgt, dann muss es auch ungerecht sein, dass
der Bankdirektor und die Kassiererin für Brot, Wurst und Käse
den gleichen Preis
bezahlen.
Außerdem kann der Bankdirektor bei einem einkommensabhängigen
Beitrag seine Frau und seine Kinder beitragsfrei zu Lasten der
Beitrag zahlenden
Kassiererin versichern. Auch das halte ich nicht für gerecht.
Der Solidar- bzw. Risikoausgleich findet - wie es sich für eine
Krankenversicherung gehört - zwischen Gesunden und Kranken
statt. Der
Ausgleich zwischen arm und reich gehört nicht in die
Krankenversicherung, sondern muss über das Steuersystem und
mögliche Transferleistungen (negative
Einkommensteuer, Bürgergeld, bedingungsloses Grundeinkommen oder
...) sichergestellt werden.
Denn das Steuersystem dient dazu, für den notwendigen sozialen
Ausgleich zu sorgen. Das wäre auch gerechter, weil es
tatsächlich alle Bürger (und
Unternehmen) erfasst und die Last so auf wesentlich mehr und
belastbarere Schultern verteilt werden kann. Außerdem braucht
man dafür keine zusätzliche
Bürokratie.
Noch ein kleiner Exkurs zum Thema einkommensabhängige Beiträge:
Die Beiträge waren bzw. sind in der GKV deshalb
einkommensabhängig, weil sie ursprünglich keine
Krankheitskosten-, sondern eine reine Krankengeldversicherung
war. Die Leistung bestand also nicht in der Übernahme von
Kosten, sondern im
Ausgleich des Verdienstausfalls. Es war also damals nur
folgerichtig, dass sich entsprechend den Leistungen auch der
Beitrag nach dem Einkommen richtet
(höheres Einkommen = höhere Leistungen und höhere Beiträge).
Schon lange steht aber nicht mehr das Krankengeld, sondern
stehen die Krankheitskosten
im Vordergrund der Ausgaben der GKV.
Ein Sozialstaat ist ein Staat, der nicht selbst für die soziale
Sicherheit seiner Bürger sorgen, sondern sicherstellen muss,
dass jeder für seine soziale Sicherheit vorsorgen kann - nicht
mehr, aber auch nicht weniger.
Als die GKV im Jahr 1883 mit dem Ziel gegründet wurde, dem
Sozialismus die Anhänger abspenstig zu machen, war sie eine
Krankenversicherung der Arbeitnehmer und zwar der Arbeiter, die
tatsächlich schutzbedürftig waren. Ohne diese Zwangsversicherung
wäre der damals versicherte Personenkreis weder bereit noch in
der Lage gewesen, sich gegen das Krankheitsrisiko abzusichern.
Darüber hinaus wurde der in der damaligen Zeit - zumindest in
den ländlichen Regionen - noch bestehende Generationenvertrag,
der sich in Großfamilien ausdrückte, in Form des
Umlageverfahrens institutionalisiert.
Galten 1911 gerade 18 Prozent der Bevölkerung als
schutzbedürftig im Sinne der GKV, so sind es heute bereits über
90 Prozent. Und dies bei im Vergleich zum Jahr 1911 erheblich
gestiegenen Einkommensverhältnissen. Auch der
Generationenvertrag entspricht schon lange nicht mehr der
Lebenswirklichkeit. Die demografische Entwicklung der nächsten
Jahre wird dazu führen, dass eine auf dem Umlageverfahren
basierende Krankenversicherung entweder unbezahlbar oder
leistungsunfähig wird.
Interessanterweise haben die bisher verantwortlichen Politiker
dies für die Rentenversicherung mit der Riester-Rente erkannt
und haben zumindest einen
kleinen, wenn auch sehr kleinen Schritt in die richtige
Richtung, nämlich in Richtung Kapital- bzw.
Anwartschaftsdeckungsverfahren gemacht.
Bis zu den Gesundheitspolitikern hat sich diese Erkenntnis noch
nicht herumgesprochen, obgleich die Krankenversicherung von der
demografischen
Entwicklung viel stärker betroffen ist und noch sein wird als
die Rentenversicherung. Dort wirkt sich "nur" die längere
Lebenserwartung aus,
bei der Krankenversicherung kommen aber noch zusätzliche
Erkrankungen und längere Behandlungsdauern dazu.
Eine Reform unseres Krankenversicherungssystems muss bei den
Wurzeln des heutigen Systems beginnen.
Vorbild für die Krankenkassen waren die bereits viele Jahre vor
Einführung der GKV bestehenden Hilfskassen. Sie boten
Versicherungsschutz im Krankheitsfall für die
Bevölkerungskreise, deren Vermögen nicht ausreichte, um die
Kosten einer Krankheitsbehandlung selbst zu tragen, aber über
ein Einkommen verfügten, das ihnen die Beitragszahlung an eine
Hilfskasse ermöglichte. Aus diesen Hilfskassen wurden nach 1883
die so genannten Ersatzkassen. Eine klare Trennung in
Träger der GKV und Unternehmen der PKV gab es allerdings noch
nicht. Diese Trennung wurde über mehrere Stationen hinweg erst
1937 (!) vollzogen.
So wurden die Hilfskassen 1911 dem Reichsgesetz über die
privaten Versicherungsunternehmen unterstellt und zu
Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit. Gleichzeitig durften
nur noch bestimmte Hilfskassen anstelle der in der
Reichsversicherungsordnung genannten Krankenkassen gewählt
werden. Sowohl diese als auch die Hilfskassen, denen man die
Ersatzkassenfunktion aberkannt hatte, waren aber rechtlich
PKV-Unternehmen.
Erst 1935 (!) bestimmte die 12. Aufbauverordnung, dass bei den
Ersatzkassen nur noch gesetzlich Versicherungspflichtige oder
-berechtigte (bis 1941 gab
es neben der Versicherungspflicht- auch noch eine
Versicherungsberechtigungsgrenze; wer zu viel verdiente, musste
sich privat versichern) versichert
sein durften, und führte dazu, dass verschiedene Ersatzkassen
Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit für die Versicherten
gründeten, die sie selbst nicht mehr versichern durften. Aus
diesen so genannten Nachfolgevereinen sind einige noch heute
existierende PKV-Unternehmen hervorgegangen.
Der Trennungsprozess fand 1937 (!) seinen Abschluss mit der 15.
Aufbauverordnung. Diese erst machte aus den Ersatzkassen, die
bis dahin Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit waren, also
eine privatwirtschaftliche Unternehmensform hatten,
Körperschaften des öffentlichen Rechts. Gleichzeitig wurden die
Verwaltungsgemeinschaften zwischen den Ersatzkassen und den
Nachfolgevereinen aufgelöst.
Eine Reform der Krankenversicherung darf meines Erachtens nicht
den Fehler machen, das bestehende System fortzuschreiben,
sondern sollte an den Anfängen
dieses Systems anknüpfen. Weder die Pflicht- oder
Zwangsversicherung noch die "Unternehmensform" Körperschaft des
öffentlichen Rechts passen in die
heutige Zeit, passen in eine soziale Marktwirtschaft.
Die Fakten, die bekannt sind, zu ignorieren, ist nach meiner
Meinung ein Verbrechen gegen unsere Kinder und Kindeskinder. Ein
Verbrechen, dessen sich die Menschen, die in den 1950er und
1960er Jahren politische Gestaltungsmöglichkeiten hatten oder
gehabt hätten, bereits schuldig gemacht haben.
Hier ein Beispiel, das sich zwar auf die gesetzliche
Rentenversicherung bezieht, aber natürlich auf die
Krankenversicherung übertragbar ist, die übrigens nicht "nur"
von der längeren Lebenserwartung, sondern dadurch bedingt
darüber hinaus durch zusätzliche Erkrankungen und längere
Behandlungsdauern gefordert wird.
"Als überzeugter Verfechter der Marktwirtschaft trug Erhard
harte Auseinandersetzungen mit dem Sozialpolitiker Adenauer aus,
die 1957 im Streit um die Rentenreform (von Adenauer letztlich
durchgesetzt) gipfelten. Das seitdem bestehende Umlageverfahren
(sogenannter Generationenvertrag) lehnte Erhard als nicht
zukunftsfähig ab. Adenauer setzte sich jedoch mit dem bekannten
Ausspruch Kinder kriegen die Leute sowieso über diese Bedenken
hinweg."
http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Erhard
http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Erhard
Freundlich-piratig-liberale Grüße und ein schönes
Pfingstwochenende
Wolfgang
http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Wolfgang_Gerstenh%C3%B6fer
Nur am Rande und wegen der Offenheit und Transparenz:
Ja, ich bin Versicherungskaufmann und habe fast 25 Jahre für
einen privaten Krankenversicherer gearbeitet - davon fast 20
Jahre in der Unternehmenskommunikation/Öffentlichkeitsarbeit.
Ja, ich bin ein leidenschaftlicher Verfechter der
Marktwirtschaft, die aus sich heraus dank und mit Hilfe eines
starken Staates, der die "Spielregeln" für alle Marktteilnehmer
festlegt und für die nötige Transparenz und einen konstruktiven
Wettbewerb und für die Einhaltung der Regeln sorgt, sozial und
auch ökologisch ist und "Wohlstand für alle" bei größtmöglicher
Freiheit ermöglicht. Fast alle Politiker - Anhänger und Gegner
der Marktwirtschaft - behaupten immer wieder, wir würden in
Deutschland in einer sozialen Marktwirtschaft leben. Deshalb
muss es doch auch nicht verwundern, wenn nun viele Menschen
glauben, dass diese Wirtschaftsordnung für die aktuelle
Situation (Banken-, Finanz-, Wirtschafts-, Schulden- und
Währungskrise) verantwortlich sei und Wachstum um jeden Preis
ablehnen oder ihm zumindest skeptisch gegenüberstehen. Richtig
ist - zumindest nach meiner Überzeugung -, dass wir schon lange
nicht mehr in einer (sozialen) Marktwirtschaft leben, wie sie
von Adam Smith mit seinem Buch "Der Wohlstand der Nationen"
begründet, von Walter Eucken mit seinem Buch "Grundlagen der
Nationalökonomie", Wilhelm Röpke mit seinem Buch "Die Lehre von
der Wirtschaft" und Milton Friedman mit seinem Buch
"Kapitalismus und Freiheit" (z. B. mit dem Thema negative
Einkommensteuer/Bürgergeld/bedingungsloses Grundeinkommen)
aktualisiert bzw. verfeinert und von Ludwig Erhard und Alfred
Müller-Armack versucht wurde, in Deutschland umzusetzen.
Spätestens seit der 1. Großen Koalition von 1966 bis 1969 und
der Verabschiedung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und
des Wachstums der Wirtschaft (StabG) vom 8. Juni 1967 [John
Maynard Keynes lässt grüßen.] und dann der 1. sozialliberalen
Koalition ab 1969 hat sich die Politik mehr oder weniger von der
praktischen Umsetzung der sozialen Marktwirtschaft
verabschiedet. Während auf der einen Seite Politiker versuchen,
die besseren Unternehmer zu sein, haben sie ihre
Aufsichtspflichten sträflich vernachlässigt und vor allem
Konzernen freie Hand gelassen, die "Spielregeln" einseitig zu
ihren Gunsten zu verändern. Von Markt, von Leistungswettbewerb,
von Chancengleichheit, Transparenz und von Haftung und
Verantwortung ("Eigentum verpflichtet") ist doch in vielen
Bereichen längst nichts mehr zu sehen. Und in manchen Bereichen
hat es sie noch nie gegeben - zum Beispiel im Gesundheitswesen,
in dem das Geld in völlig falsche Bahnen gelenkt wird. Noch ist
unser Gesundheitswesen weitgehend gut, aber im Verhältnis
deutlich zu teuer und ineffektiv und gleichzeitig gibt es dort
eine Menge schlecht bezahlter und überforderter Arbeitnehmer.
Deshalb möchte ich mich mit den Piraten dafür einsetzen, die
mittlerweile gern als Raubtierkapitalismus oder auch fälschlich
als Neoliberalismus bezeichneten Missstände zu beseitigen und
endlich eine (soziale) Marktwirtschaft in Deutschland
einzuführen.
Ja, ich bin ein überzeugter Anhänger des Liberalismus und
deshalb war seit fast 30 Jahren die FDP meine politische Heimat
- eine Alternative hatte es für mich leider nicht gegeben. Den
Liberalismus auf Wachstum, Schuldenabbau und stabile Finanzen zu
verkürzen und der Mangel an Veränderungswillen haben mich dazu
gebracht, im Oktober 2011 zu denen zu gehören, die den
Grundstein für die Rhein-Erft-Piraten gelegt haben. Papier ist
geduldig. Was nutzen die besten Programme, auch ein neues
Grundsatzprogramm, wenn man noch nicht einmal den Eindruck hat,
dass man sie auch umsetzen möchte? Als Liberaler wünsche ich mir
aber, daß es irgendwann (wieder) eine Partei gibt, die den
gesamten Liberalismus mit allen Aspekten - auch die soziale
Komponente - abdeckt. Ich bin davon überzeugt, dass die Piraten
gute Chancen haben, diese Partei zu werden. Dafür setze ich mich
ein. Freiheit wird oft in "gute" Freiheiten (etwa die
Meinungsfreiheit) und "schlechte" Freiheiten (vorrangig die
Wirtschaftsfreiheit) eingeteilt. Freiheit ist jedoch unteilbar.
Deshalb lehne ich auch Bindestrich-Liberalismen ab. Politische
und wirtschaftliche Freiheit sind z. B. zwei Seiten derselben
Medaille. Die eine gibt es auf längere Sicht nicht ohne die
andere - wie es bisher meines Wissens alle sozialistischen und
kommunistischen Experimente gezeigt haben.
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