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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 2

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 2


Chronologisch Thread 
  • From: Privacy <pirat AT praes.eu>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 8, Eintrag 2
  • Date: Sat, 24 Jul 2010 22:46:01 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver

michaela_bach AT web.de (mb) schrieb hier (evtl. zitierend) am 04.07.2010
13:32:
> Die Probleme im Gesundheitssystem sind ungeheur komplex. Wenn wir daran
> gehen, sollten wir wichtige Bereiche trennen, z.B.
>
> Einnahmeseite:
> das jetzige System ist zweifelsfrei ungerecht. Vielleicht sollte man aber
> doch mal das ungeliebte Beitragssystem der FDP anschauen. Hier zahlt jeder
> den gleichen Beitrag, der Sozialausgleich erfolgt über das Steuersystem
> (heute wird die GKV überwiegend von geringer verdienenden Arbeitnehmern
> finanziert, die kostenlos-mitversicherte Familienangehörige und Rentner
> subventionieren)
>
> Die Verteufelung der Privatversicherungen sollte man gut überlegen. Die
> Privatversicherung ist höchstens für alleinstehende, junge Gutverdiener
> billiger. Alle anderen zahlen mehr. Dadurch, dass Ärzte von Privatpatienten
> deutlich besser honoriert werden, wird das unwirtschaftliche System der
> gesetzlich Versicherten subventioniert. Viele Arztpraxen (Krankenhäuser)
> müssten dicht machen, wenn sie keine Privatpatienten hätten.
>
>
> Qualität:
> Selbstverständlich erfolgen viel zu viele unnötige oder sogar schädliche
> Behandlungen (nicht nur in der Chirurgie). Es ist aber sehr schwierig, hier
> politisch etwas zu ändern. Kein Arzt wird sich (zu Recht!) von der Politik
> vorschreiben lassen, wie er zu behandeln hat.
> Im Bereich der Arzneimittel gibt es seit einiger Zeit das IQUIQ, dass die
> Qualität zugelassener Medikamente sichern soll. Dieses Institut bräuchte
> aber sicherlich mehr Macht etc, damit nicht ständig halbherzige
> Empfehlungen produziert werden.
> Bei zahlreichen Erkrankungen wurden von Fachgesellschaften bereits
> Behandlungs-Leitlinien erstellt, die allerdings auch nur sehr bedingt
> unnötige Behandlungen verhindern können.
> Das einzige, was mir zum Problem unnötiger Behandlungen einfällt, ist
> eigentlich nur eine bessere Information der Patienten. Ein Patient muss
> verstehen, dass Abwarten oft besser als Aktionismus ist (aber das hatten
> wir bereits diskutiert).
>
> Priorisierung
> Auch wenn die Politik es abstreitet, erhält bereits heute nicht jeder
> Patient alle medizinisch sinnvollen Leistungen.Aufgrund einer weiteren
> massiven Kostensteigerung im Gesundheitswesen wird künftig noch in viel
> höherem Ausmaß eine Rationierung von Leistungen erforderlich sein. Hier
> sollte endlich auch mal mit einer politischen Diskussion begonnen werden,
> die ethisch allerdings sicherlich sehr schwierig ist.
>
>
> Ausgabenseite
> Hier könnte man sich u.a. mit den schrecklichen Abrechnungssystemen im
> Niedergelassenen Bereich und Krankenhäusern beschäftigen. Da aber selbst
> die Beteiligten keine vernünftige Lösung finden, wird das aufgrund der
> unendlichen Komplexität des Systems uns wohl auch nicht gelingen.
> Verwaltungskosten der Krankenkassen: die liegen weiterhin im hohen
> Milliardenbereich. Wieso eigentlich? Warum brauchen wir so viele
> unterschiedliche Kassen mit eigenen Verwaltungen? Die Grundleistungen, die
> eine Kasse leisten muss, sind überall die gleichen.
> Durch Streichen von Unmengen an Dokumentationen (die dem Patienten nur
> selten etwas nützen) könnten Ärzte und Pfleger mehr Zeit für ihre
> eigentliche Aufgabe erhalten.
>

Ich kann deine Analyse nur voll und ganz unterstreichen. Wir werden aber
nicht umhinkommen, das jetzige System genau zu analysieren, gerade auch
im Hinblick auf Finanzströme, Machtpositionen (GBA ..., KHG) und deren
Legitimation.

Und wir müssen uns der Balance zwischen Verantwortung des Staates für
ein funktionierendes Gesundheitssystem als Ganzes und Freiheit und
Eigenverantwortung des einzelnen Bürgers stellen müssen.

Beispielsweise sollte es bei wichtigeren (elektiven) Entscheidungen
durchaus Usus werden, dass sich der Patient (warum nicht auf eigene
Kosten) eine zweite Meinung (ohne Doppeluntersuchung) an qualifizierter,
aber unabhängiger Stelle einholt.

Ärzte müssten verpflichtet werden, ihre Empfehlungen schriftlich zu
begründen und gegen Alternativen abzuwägen - nicht beim Schnupfen, nicht
beim akuten Herzinfarkt - aber bei der Knie OP, der Impfung, der
langfristigen Einstellung auf "neue", teure wenig erprobte medikamentöse
Therapien - allerdings darf der Arzt für solche Mühen auch mehr
erwarten, als derzeit ca. 25 € / "Schein" (etwa aktueller Wert hier).
Dies würde auch bei den Ärzten zu einer erfreulichen Konzentration auf
wirkliche Probleme führen.

Bei den Zahnärzten sind die Gutachterverfahren heute üblich, Patienten
wird mehr Eigenverantwortung zugemutet - aber die Qualität und die
Zahngesundheit sind insgesamt besser geworden. Ausserdem begegnet der
Pat. dem Zahnarzt nicht als "Sachleistungsempfänger der GKV" sondern als
mündiger Vertragspartner - der entscheiden kann, wie "Schmerzen",
Pflegeaufwand, Zusatzkosten gegen Aussehen, Funktionalität,
Bequemlichkeit ... für ihn selbst abzuwägen sind.

Kaum jemand baut heute ein Haus, geht einen Kreditvertrag ein, schließt
Versicherungen ab, tätigt teure Investitionen ohne verschiedene Angebote
zu prüfen

Gruß

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Beispiel:
Vorsorge wird immer wieder auch unter Kostenaspekten im Gesundheitswesen
diskutiert. Ich bezweifle, dass viel Vorsorge die Kosten senkt -
wichtiger ist, dass der einzelne sich objektiv über das
Nutzen/Risikoverhältnis informieren kann - und frei entscheiden was für
ihn das richtige ist:

Ob er regelmäßig PSA bestimmen lässt - um ein evtl. Prostata_Ca sehr
rechtzeitig zu erkennen, aber möglicherweise auch einen harmlosen
Parameter zu einer bedrohlichen Szenarium mit erheblichen medizinischen
Konsequenzen ausweitet.





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