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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-GOuFP] Fwd: Re: neues ANEP-Video online: rechtsinstitutionalistische Wurzeln der Saldenmechanik

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[AG-GOuFP] Fwd: Re: neues ANEP-Video online: rechtsinstitutionalistische Wurzeln der Saldenmechanik


Chronologisch Thread 
  • From: Moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: AG Geldordnung Piraten <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [AG-GOuFP] Fwd: Re: neues ANEP-Video online: rechtsinstitutionalistische Wurzeln der Saldenmechanik
  • Date: Wed, 26 Apr 2017 09:30:00 +0200




Hallo Arne,


Am 26.04.2017 um 02:27 schrieb Arne Pfeilsticker:

Am 23.04.2017 um 10:14 schrieb Moneymind <moneymind AT gmx.de>:


Hallo Arne,


Am 23.04.2017 um 02:52 schrieb Arne Pfeilsticker:

Am 22.04.2017 um 20:36 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:

Vielleicht interessant für den einen oder anderen von Euch (Arne?):

Hallo Wolfgang,
ich habe mir eure Diskussion mit Fabian Lindner angesehen. Mein Fazit: Sehr gelungene Diskussion mit guten Illustrationen.

Danke, freut mich, wenn es Dir bißchen was gebracht hat. Und danke für die Rückmeldung.

Hinsichtlich der diskutierten Frage: "Was sind Zahlungsmittel?" habe ich folgenden Vorschlag:
Potentiell können alle Ansprüche auf Geld zu Geld im engeren Sinne gemacht werden, wenn Rahmenbedingungen geschaffen werden, durch die diese Ansprüche als Zahlungsmittel verwendet werden.
Das ist sehr allgemein formuliert - wer kann das Deines Erachtens machen, und wie genau? 

Hallo Wolfgang,
die Rahmenbedingungen sind, wie ich in meinem Vortrag erklärt habe, teils rechtlicher und teils technischer Art, aber die einzelnen Maßnahmen selbst sind nicht in Stein gemeißelt und daher die allgemeine Formulierung.

Beispielsweise wurden beim Bau des 1. Gotthard-Tunnels in einer Krise der Baufirma die Arbeiter mit Schuldscheinen der Firma bezahlt und diese Schuldscheine wurden auch in dem Ort als Zahlungsmittel in den Läden verwendet.

Ja, interessant - dann fände ich gut, wenn Du 2-3 konkrete Beispiele in den Vortrag einbauen und die vergleichen könntest. Beispielsweise auch die Aktion der US-Regierung (Free Banking Era, als es keine Zentralbank gab), sich bei den Privatbanken zu verschulden um an deren Gold zu kommen (intern. Zahlungsmittel), um den Bürgerkrieg finanzieren zu können. Sie erklärte dann US-Treasury-Verbindlichkeiten zu Zahlungsmitteln.  Andernfalls wären die Privatbanken durch diese Aktion ja illiuqide gewesen (Gold diente als letztendl. Zahlungsmittel). Perry Mehrling beschreibt das recht genau in einem seiner Vorträge in seinem MoneyBanking-Kurs.


Außerdem muß man unterscheiden, Zahlungsmittel für wen und für wen nicht?  Sichtguthaben bei Geschäftsbanken können von Nichtbanken als ZM genutzt werden, aber nicht von Geschäftsbanken.  ZB-Noten kann die ZB als ZM für in Eigenwährung denominierte Forderungen verwenden, nicht aber für Fremdwährungsschulden (dafür braucht sie Devisen, typischerweise Dollars).  Es gibt also eine Hierarchie von ZM, auf jeder Ebene zahlen Schuldner erst nach Aufrechnung (Clearing) nur den verbleidenden Restsaldo, s.u.

Perry Mehrling beschreibt das sehr schön in seiner "inherent hierarchy of money" (must read, googeln), aber Stützel hatte das klar auf dem Schirm, siehe Volkswirtschaftliche Saldenmechanik, S. 65f. 
In einem Boom können auch Forderungen weiter unten in der Kredithierarchie als ZM genutzt werden ("Kreditpyramide flacht sich ab"), im Bust verlieren diese ihre ZM-Eigenschaft ("Kreditpyramide wird steiler", bis hin zum run auf ZBG bzw. Dollar oder - früher - Gold).

Zahlungsmittel sind Ansprüche auf Geld, die zur Konsolidierung, d.h. Erfüllung anderer Ansprüche auf Geld verwendet werden.
Verwendet werden KÖNNEN. 

Das sind für uns "Kreditzahlungsmittel". d.h. eine Subkategorie der Kategorie "Nominalforderungen" ("Ansprüche auf Geld") mit einem Gläubiger- und einem Schuldnerende, die sich in der gesamtwirtschaftlichen Bilanz immer zu Null saldieren.  Wichtig ist in dieser Kategorie von ZM aber noch, zwischen jederzeit fälligen und erst zu einem späteren Zeitpunkt fälligen Ansprüchen auf Geld zu unterscheiden.  Erstere können zum Nominalwert als ZM genutzt werden, zweitere - wie etwa Wechsel - nur zum Nominalwert abzüglich eines Diskonts (Zins: Prämie für Risiko- und Fristentransformation).  

Daneben gab es aber (bis 1971) auch Warenzahlungsmittel (von mesopotamischem Gerstengeld über Goldmünzen und den Goldstandard bis zu dem per Fixkurs an Gold gebundenen Dollar).  Die haben nicht Forderungsrechte, sondern Eigentumsansprüche bedeutet.  Der Unterschied besteht darin daß diese in der aggregierten Gesamtbilanz der geschlossenen Wirtschaft netto Vermögen darstellen und sich eben nicht, wie die Kredit-ZM, zu Null saldieren. 

Anders gesagt, Kredit-ZM sind eine Teilmenge aller Ansprüche auf Geld, Waren-ZM sind eine Teilmenge aller Eigentumsrechte.

Waren-ZM waren die ursprüngliche Form. Wenn aber Vertragsrecht gegeben ist, kann eine Zahlung in Waren-ZM eben auch durch Kredit-ZM ersetzt werden, und man braucht dann nicht für jede Zahlung Waren-ZM.  Es gibt dann prinzipiell 3 (DREI) verschiedene mögliche Formen der Zahlung:

  1. Per Waren-ZM.  Aktivtausch für den Zahler, Aktivtausch für den Bezahlten.  Zwei Beteiligte Rechtspersonen (+ Staat, der Recht garantiert und vollstreckt)
  2. Per Clearing, d.h. Aufrechung gegenseitiger Forderungen (BGB § 387).  Bilanzverkürzung für den Zahler, Bilanzverkürzung für den Bezahlten.  Zwei Beteiligte (+ Staat)
  3. Per Abtretung einer ZM-tauglichen Forderung (BGB § 398).  Bilanzverkürzung für den Zahler, Aktivtausch für den Bezahlten. Drei Beteiligte (+Staat):  der Schuldner der als ZM abgetretenen Forderung ist die dritte RP.

Diese Einsichten liefern u.E. Schlüssel fürs Verständnis z.B. der Keynes'schen Clearing Union (in Europa von 1950-1958 erprobt mit der europäischen Zahlungsunion), die Mißverständnisse der Vollgeldler, der Zinskritiker, der fractional-reserve-banking Kritiker; sie helfen auch, den Mythos der bösen Banken-Seignorage ("Geldfälschung") zu entsorgen.  Die Probleme mit der "Finanzialisierung" liegen ganz woanders, nämlich in den dauerhaften und massiven Abweichungen vom Kaufs-/Verkaufsgleichschritt auf Länderebene und dem Umgang mit eigentlich nicht kreditwürdigen Schuldnern in weak states ohne verläßliche Rechtsordnung (Stadermanns Thema).

Du bist Dir sehr klar der Rechtsordnung bewußt, ohne die es keine Geldwirtschaft geben kann und beschreibst diese sehr schön.   Für Dich wäre es aber glaube ich sehr wichtig, Dir mal klarzumachen, daß diese Rechtsordnung in vielleicht 25 von über 130 Ländern der Welt verläßlich durchsetzbar existiert, weil nur dort verläßliche staatliche Institutionen existieren. 

Ich bin mir dessen durchaus bewußt, aber wie der Rechtsvergleich zeigt, gibt es Rechtsstaatlichkeit in sehr vielen Schattierungen. Und es ist ja meine Rede: Geld ist ein Produkt der Rechtsordnung. Und je schwächer die Rechtsordnung, desto schwächer das Geld. Und das gilt nicht nur für Kreditgeld.
Ja, wobei die Folgen einer schwachen Rechtsordnung dann schon noch bißchen umfassender sind.  Und es wohl nicht ganz irrelevant und uninteressant ist, sich klarzumachen, daß Westeuropa von Weak und Failed States "umzingelt" ist, von denen die südlich und östlich des Mittelmeers vor Menschen überquillen (Geburtenraten bei 3-6 kids pro Mom) und einen Bürgerkrieg nach dem anderen führen.



Ein Problemchen, bei dem Vollgeld allein nicht wirklich nachhaltig weiterhilft ...


Attachment: jpgDV09QTqmJK.jpg
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  • [AG-GOuFP] Fwd: Re: neues ANEP-Video online: rechtsinstitutionalistische Wurzeln der Saldenmechanik, Moneymind, 26.04.2017

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