ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
- To: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Newsletter von Christoph / Auswege innerhalb des "Schuldgeldes"
- Date: Sat, 1 Aug 2015 01:57:50 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
> Am 31.07.2015 um 23:09 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:
>
> Hallo Arne,
>
> unsere Sichtweisen haben vieles gemeinsam, deswegen versuche ich mal, die
> Unterschiede herauszuarbeiten.
>
>> Es gibt auch nicht „den“ Wert, sondern unterschiedliche Werte, wie z.B.
>> Tauschwert, Gebrauchswert oder persönlicher Wert.
>
> Ökonomisch relevant sind Vermögenswerte (die werden bilanziert), würde ich
> sagen.
Hallo Wolfgang,
Vermögen sind bewertbare Rechte und der Wert dieser Rechte hängt von der
Bewertungsmethode ab. Gängig sind hier der Anschaffungs-, Zeit-, Substanz-
oder Marktwert.
> "Tauschwert" ist keine kaufmännische Kategorie,
Der Tauschwert ist eine andere Bezeichnung für den Anschaffungswert, denn zu
diesem Wert wurde die Ware bei der Anschaffung gegen Geld getauscht.
> "Gebrauchswert" (persönlicher Nutzen) auch nicht.
>
>> Jeder Wert entsteht dynamisch im Kontext eines Beziehungs- und
>> Leistungsgeflechtes und kann sich ändern, wenn sich dieser Kontext ändert.
>
>
> Genau. Allerdings gibt es fixierte (festgeschriebene) und variable Werte.
> Der Nominalwert einer Forderung ist fixiert. Der Wert von Eigentumsrechten
> dagegen nicht - deren Wert kann sich in Abhängigkeit von Erwartungen des
> Eigentümers (und seiner Gläubiger) in Bezug auf "den Kontext" (s.o.) ändern.
>
>> *Wert des Geld*
>> *Innerer Wert*: Der Nominalwert ist der Wert des Geldes, d.h. 10 Euro sind
>> genau 10 Euro wert, weil man mit 10 Euro genau eine Verbindlichkeit von 10
>> Euro begleichen kann. Dieser Wert bleibt immer gleich!
>> Die innere Stabilität ist konstruktionsbedingt gegeben und eine der
>> genialen Eigenschaften.
>
> Ja. Allerdings kann der Marktpreis vom Nominalwert abweichen - siehe z.B.
> Schwarzmarktpreise für DDR-Mark in BRD-Mark 1987. Der offizielle
> Umtauschkurs war 1:1, auf dem ("Schwarz"-)markt gab es für 1 Westmark 10
> Ostmark.
Wenn du DM gegen DDR-Mark tauscht, dann redest du vom äußeren Wert.
>
>> *Äußerer Wert* oder Tauschwert: Der Wert des Geldes drückt sich im Preis
>> der Waren und Dienstleistungen aus. Dieser Wert ändert sich ständig.
>
> Da würde ich nicht vom "Wert" des Geldes reden, sondern von seiner
> Kaufkraft.
Kaufkraft ist der ‚äußere‘ Wert des Geldes. Hätte Geld keinen Wert, dann
würde niemand Waren gegen Geld tauschen.
> Was sich ändert, sind die Preise (und bilanzierten Werte) der Waren und
> Dienstleistungen (Eigentum), gemessen im Geldnominal.
>> Die Bedeutung der äußere „In“-Stabilität wird m.E. nicht ausreichend
>> gewürdigt.
>
> Inflation/Deflation bedeutet doch genau das, oder?
Ja und Nein. Geld hat m.E. eine duale Eigenschaft: Geld ist Wertmaß und Wert
zugleich.
Eine Preisänderung kann also dreierlei bedeuten: Eine Änderung des Wert des
Geldes, oder eine Änderung des Wertes der Ware/Dienstleistung oder beides.
Die Änderungen können sogar gegenläufig sein und bei Computern haben wir z.B.
die Situation von sinkenden Preisen bei steigender Inflation.
> Das Wert-/Preisniveau von
>
>> Tauschwertstabilität ist kein Selbstzweck. Die Forderung müsste m.E.
>> lauten: So stabil wie möglich und so instabil wie nötig.
>
> Ja. Das kommt ja im Inflationsziel der ZBen, das "Geldwertstabilität"
> (eigentlich das Preisniveau der nominell variablen Vermögenswerte)
> definieren soll, auch zum Ausdruck.
>
>> Die Dynamik moderner Volkswirtschaften beruht m.E. zu einem erheblichen
>> Teil auf der Instabilität des Tauschwertes.
>
> Instabilität der PREISE/WERTE der nominal variablen Vermögenswerte.
>
>> Über die Instabilität erfolgt die Anpassung der Volkswirtschaft an
>> geänderte Bedingungen.
>> Neben dieser sachlich bedingten Instabilität (= gute Instabilität) gibt es
>> noch die spekulativ induzierte Instabilität (= schlechte Instabilität),
>> die die Wirtschaft durcheinander bringt.
>
> Warum soll "sachlich bedingte Instabilität" NICHT "spekulativ induziert"
> sein?
Ja, das kann auch sein. Ich wollte nur auf die beiden unterschiedlichen
Quellen hinweisen.
> Auch Änderungen des Preisniveaus von nominal variablen Vermögenswerten -
> Eigentum an Waren, Dienstleistungen etc. - hängen von Erwartungen ab. Z.B.
> geht in die Preiskalkulation eines Unternehmens die erwartete Nachfrage
> ein, d.h. der Unternehmer spekuliert (=bildet begründete Erwartungen) wie
> "kauffreudig" die Kunden sein werden.
>
> Und es gibt Hyper-Instabilität (Hyperinflation, deflationäre Depression).
>
>> Die äußere Instabilität des Tauschwertes ist nebenbei bemerkt auch eine
>> Frage des Standpunktes. - Vom Standpunkt des Geldes könnte man
>> argumentieren: Nicht der Wert des Geldes ändert sich, sondern der Wert der
>> Waren und Dienstleistungen, der sich in den unterschiedlichen Preisen
>> ausdrückt.
>
> Genau, und dieser Sprachgebrauch wäre wesentlich konsequenter und klarer.
> Analog zur Rede von der "Variabilität des Geldwertes" müßte man auch von
> der "Variabilität der Länge des Meters" sprechen. Geld ist eine Maßeinheit
> und die ist fix.
Leider nicht, wie ich oben gesagt habe: Geld ist Wertmaß und Wert zugleich.
>
>> Bei einem Thermometer kommen wir ja auch nicht auf die Idee zu sagen, dass
>> die angezeigten Schwankungen dem Thermometer anzulasten sind. (Solche
>> Thermometer gibt es natürlich auch. :=) )
>
> Genau.
>
>> *Volkswirtschaftlicher Wert:* Aufgrund der Funktionen des Geldes entstehen
>> volkswirtschaftlich erhebliche Synergieeffekte.
>
> Ok.
>
>> Geldschöpfung ist bis zu einem gewissen Ausmass Wertschöpfung.
>
> In meinem Verständnis nur dann, wenn es um "Warengeld" geht.
> Kreditgeldschöpfung schafft NIEMALS Vermögen,
Die meisten und größten Vermögen dieser Welt sind durch Finanzprodukte (=
Kreditgeldschöpfung) entstanden.
> sondern nur mit Chancen und Risiken behaftetete Verpflichtungsbeziehungen.
> Nicht nur in der konsolidierten gesamtwirtschaftlichen Bilanz, sondern auch
> in den Einzelbilanzen der Beteiligten.
>
> Deine Aussage, "Geldschöpfung ist bis zu einem gewissen Ausmaß
> Wertschöpfung" verstehe ich nicht. Wie meinst Du das?
Solange durch Geldschöpfung (= Kreditvergabe durch Banken) Synergieeffekte
oder zusätzliche Gewinne gemacht werden, ist Geldschöpfung auch
Wertschöpfung. Kommt es aber durch überzogene Geldschöpfung zu einer
Inflation (= der Wert des Geldes sinkt), dann ist diese zusätzliche
Geldschöpfung keine Wertschöpfung, sondern Wertvernichtung.
Wenn es diesen Wendepunk nicht gäbe, dann wäre "jedem seine eigene
Gelddruckmaschine" die Lösung aller finanzieller Probleme.
>
>> Last, but not least: Was die sog. *Wert-Deckung* von Geld anbelangt
>> handelt es sich aus meiner Sicht um ein entwicklungsgeschichtlich
>> bedingtes Missverständnis hinsichtlich dessen, was Geld und Wert ist.
>> Kreditgeld braucht keine „Wert-Deckung“, weil es genauso wie Gold einen
>> Wert hat.
>
> "Deckung" ist eine irreführende Metapher. Kreditgeld braucht wie jeder
> Kredit für den Gläubiger eine Basis, die es ihm erlaubt, darauf zu
> vertrauen, daß der Schuldner alles unternehmen wird, die versprochene
> Leistung auch zu erbringen und dazu auch in der Lage sein wird. Zu dieser
> Basis zählt ganz basal schlicht und einfach allgemeine Vermögenshaftung
> (Schuldrecht-Basics).
>
>> Auch beim Gold hängt nicht der (Tausch-)Wert am Material des Goldes,
>> sondern am Eigentumsrecht an diesem Material Gold. Und der Wert dieses
>> Eigentumsrechtes steht und fällt mit dem oben erwähnten Kontext.
>
> Genau.
>
>> Jede wie auch immer geartete „Wert-Deckung“ des Kreditgeldes wäre für
>> Kreditgeld genauso nützlich, wie ein Mühlstein um den Hals eines
>> Schwimmers. :=)
>
> Eine für mich völlig unverständliche Aussage. Auf eine irreführende
> Metapher ("Deckung") wird eine obskure Analogie noch obendrauf gepackt.
> Vieldeutigkeit hoch drei - die garantiert zu Mißverständnissen führt.
Unter der Wert-Deckung des Geldes versteht man i.a., dass die Zentralbank
ihre Banknoten jederzeit z.B. in eine bestimmte Menge Gold eintauscht.
Diese Deckung habe ich gemeint und sie ist für die Geldschöpfung wie ein
Mühlstein, weil die Flexibilität der Geldschöpfung nicht an ökonomischen
Kriterien ausgerichtet werden kann, sondern am Vorkommen des Goldes und das
Gold unnütz in den Dressoren der Bank lagert und dabei noch Kosten verursacht.
Gruß
Arne
- Re: [AG-GOuFP] Newsletter von Christoph / Auswege innerhalb des "Schuldgeldes", Arne Pfeilsticker, 01.08.2015
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