ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
Listenarchiv
[AG-GOuFP] Fwd: Zinskritik: Begriffsdefinition und notwendige Begriffspräzisierung
Chronologisch Thread
- From: Jakob Voos <jaktrip AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: [AG-GOuFP] Fwd: Zinskritik: Begriffsdefinition und notwendige Begriffspräzisierung
- Date: Sun, 14 Oct 2012 20:28:54 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hi Thomas,
Am 14.10.2012 um 16:09 schrieb Thomas Schindler:
Der Zweck dieses Threads ist es, uns klar zu machen (und vielleicht sogar Konsens darüber zu erzielen), welche Zinsanteile wir nun eigentlich kritisieren und welche nicht. Da ist es unabdingbar, dass man sich Gedanken darüber macht, wie sich z.B. der Kreditzins zusammensetzt.
Ich persönlich kritisiere ganz stark den Risikofaktor - weil dieser einfach nicht feststeht. Das System über Ratings/Schufa usw. halte ich für gefährlich. Es behandelt Risiko als etwas berechenbares, etwas, das rational feststeht. Das genau ist es aber nicht. Ein Risiko ist nicht definiert und über Wahrscheinlichkeiten kann man unterschiedlicher Meinung sein.
Das System des erhöhten Risikos = erhöhten Zinses hat schon so manches an Merkwürdigkeiten heraufbeschwört. Man denke nur an "junk bonds", die wegen ihrem angeblichen Risiko sehr hohe Zinsen abwarfen. Die Banken waren ja geradezu hinterher, schlechten Kreditnehmern Geld anzudrehen, was zu der ein oder anderen Blase beigetragen hat.
Ausserdem ist es moralisch bedenklich sowie wirtschaftlich nicht immer förderlich, wenn man jemanden, der am Abgrund steht, noch höhere Zinsen aufbrummt, weil diese Zinserhöhung ein Hauptgrund für dessen Pleite sein kann. Auch was mit den Krediten nach Afrika passiert ist, die sogar real schon zurückgezahlt wurden, nie aber komplett getilgt werden können, hat mit einer Zinserhöhung auf Grund von geänderter Risikosituation zu tun - wobei es bei Staaten in den meisten Fällen ziemlich fadenscheinig ist, von "Risiko" zu sprechen.
Ob man einen Risikofaktor loswerden kann, wage ich allerdings auch zu bezweifeln. Aber die Rahmenbedingungen könnten geändert werden.
Wenn geschaffenes Geld Wert verlieren würde, also eine Umlaufsicherung mitbrächte, würden Zinsen ins Negative rutschen und der Kreditmarkt würde sich stark ändern, da vorhandenes überschüssiges Vermögen "um jeden Preis" angelegt werden möchte, was die Zinsproblematik entschärfen würde.
Konkrete Vorschläge, wie mit dem Risikofaktor umgegangen werden sollte:
1. Es sollte nicht erlaubt sein, Kreditbedingungen innerhalb der Laufzeit zu ändern. Sprich der Zins muss bis zum Ende der Laufzahl feststehen. (Daran sind schon zu viele zerbrochen - viele Privatleute und eben auch die ganzen afrikanischen Staaten)
2. Eine Bindung (Basel x) an "offizielle" Risikobewertungen sollte abgeschafft werden. Jede Bank muss selbst entscheiden, wie sie das jeweilige Risiko einschätzt und ob es in ihr Risikoportfolio passt.
Was den Guthabenzins angeht, so wäre es meiner Meinung nach z.B. völlig in Ordnung, wenn er auch in Zukunft den Inflationsausgleich enthielte, denn dieser hält ja einfach nur die Kaufkraft des Guthabens stabil und ist also kein leistungsloses Einkommen. Der Rest allerdings gehört abgeschafft. Sehen das alle anderen Forumsteilnehmer genauso?
Ich sehe keinen Unterschied zwischen einem Inflationsausgleich und einem Zins durch zeitweisen Konsumverzicht. Aber auch ein Zins aus zeitweisem Konsumverzicht kann in Ordnung sein, wenn die Vermögensverhältnisse nicht extrem sind.
Das, was du als "Bankmarge" bezeichnest und was in der Grafik als "Überschuss vor Steuern" auftaucht, muss noch einmal genauer betrachtet werden, da es zum einen die Verzinsung des Eigenkapitals der Bank darstellt und zum anderen die Vergütung einer gewissen "unternehmerischen Leistung" (im weitesten Sinne des Wortes), welche jemand damit erbringt, dass er sich Bankaktien zulegt.
Es wäre wirklich wichtig, dass wir hier Konsens erzielen, welche Zinsanteile wir eigentlich kritisieren und abschaffen wollen, damit wir überhaupt wissen, worüber wir eigentlich diskutieren.
+1
Ich habe kein Problem mit einer Seniorage, allerdings sollten nicht Privatbanken die einstreichen, sondern Staaten. Ist schlicht eine Form von Besteuerung.
Vor allem könnte sich am Ende dieser Diskussion herausstellen, dass der Oberbegriff "Zinskritik" für unser Vorhaben gar nicht so treffend ist, da wir ja - vermutlich - gar nicht sämtliche Zinsanteile abschaffen wollen.
+1
---
There is a tendency at universities to teach the common sense about theories rather than challenging them - this is contraproductive in terms of developing these theories further. - Hans Buch
Jakob Chen-Voos, PROTOVISION Development Team
http://www.protovision-online.com
mailto:jaktrip AT gmx.de
http://www.1541ultimate.net
http://www.supercpu.org
http://www.c64.sk
--
Everybody is a genius. But if you judge a fish by its ability to climb a tree it will live its whole life beliefing that it is stupid.
- Albert Einstein
Jakob Chen-Voos, PROTOVISION Development Team
http://www.protovision-online.com
mailto:jaktrip AT gmx.de
http://www.1541ultimate.net
http://www.supercpu.org
http://www.c64.sk
- [AG-GOuFP] Fwd: Zinskritik: Begriffsdefinition und notwendige Begriffspräzisierung, Jakob Voos, 14.10.2012
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- [AG-GOuFP] Fwd: Zinskritik: Begriffsdefinition und notwendige Begriffspräzisierung, Jakob Voos, 14.10.2012
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.