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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-GOuFP] Fwd: Wochenbrief 130 13.09.12 "Die Welt auf dem Schuldengipfel: 20 Jahre Sparprogramme?", "Die brutale Euro-Wahrheit: Dauerhaft zahlen oder aussteigen"

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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[AG-GOuFP] Fwd: Wochenbrief 130 13.09.12 "Die Welt auf dem Schuldengipfel: 20 Jahre Sparprogramme?", "Die brutale Euro-Wahrheit: Dauerhaft zahlen oder aussteigen"


Chronologisch Thread 
  • From: Peter Wittfeld <peter.wittfeld AT gmail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [AG-GOuFP] Fwd: Wochenbrief 130 13.09.12 "Die Welt auf dem Schuldengipfel: 20 Jahre Sparprogramme?", "Die brutale Euro-Wahrheit: Dauerhaft zahlen oder aussteigen"
  • Date: Wed, 12 Sep 2012 17:44:40 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Moin,

viel Vergnügen beim lesen der PDF.

Gruß,

Peter

---------- Weitergeleitete Nachricht ----------
Von: Joachim Jahnke <globalnote AT talktalk.net>
Datum: 11. September 2012 08:31
Betreff: Wochenbrief 130 13.09.12 "Die Welt auf dem Schuldengipfel: 20 Jahre Sparprogramme?", "Die brutale Euro-Wahrheit: Dauerhaft zahlen oder aussteigen"
An: peter.wittfeld AT t-online.de


 


 
 
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Beachten Sie bitte: Zugang zum Verzeichnis der Wochenbriefe und zu deren Internetseite jetzt nur noch direkt mit diesem: Link
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Wochenbrief 130 vom 13. 09. 12

 
Liebe Wochenbriefempfänger/innen,
 

Heute kommt der 250. und 251. Beitrag zu einem Wochenbrief - eine Gelegenheit, mal tief durchzuatmen. Entgegen meiner ursprünglichen Intention habe ich in unseren unruhigen Zeiten mit fast jedem Wochenbrief zwei Beiträge geliefert. Die meisten Beiträge mußten sich leider mit den krisenhaften Erscheinungen in Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigen, die nicht nachzulassen scheinen. Dazu kamen dann bisher hoch 17 Eurobriefe zur Eurokrise, die auch noch anhält.

Der erste Beitrag widmet sich der enormen globalen Verschuldungsentwicklung und wie es weitergehen kann. Dem schließt sich aus Anlaß des bevorstehenden ESM-Urteils des BVerG ein Beitrag zu den falschen Versprechungen der "Euroretter" an (dieser Beitrag war auch Gegenstand des Eurobriefs 17).

Die Beiträge lesen sich etwas leichter, wenn Sie sie in der pdf-Fassung hier ansehen oder ausdrucken (falls die erste Seite nicht erscheint, bitte im Browser auf Verkleinern drücken).

Seit dem letzten Wochenbrief sind 3 weitere Eurobriefe erschienen, die Sie in dem neuen Verzeichnis aller Eurobriefe hier finden; für die pdf-Fassungen der Wochenbriefe bitte jeweils im Link das "html" durch "pdf" ersetzten (Eurobriefe können kostenlos hier bestellt werden.)

Der Zugang zum Wochenbriefindex wurde aktualisiert und befindet sich jetzt hier. Dieser Link wird regelmäßig aktualisiert, um ihn auf den Kreis der Empfänger der Wochenbriefe zu beschränken. Ich bitte noch einmal um Fairness, denn auch der zuletzt aktualisierte Link zirkuliert erneut über einige EMails aus dem Kreis der regelmäßigen Bezieher des Wochenbriefs heraus an andere Personen.

Für weitere Beiträge vornotiert sind:
"Deutsches Gesundheitssystem: Immer teuerer, immer unsozialer" 131.252
"Besteuerung von Arbeits- und Vermögenseinkommen im internationalen Vergleich" 132.253
"Altersarmut unser Schicksal?" 133.254
"Zur Konkurrenz aus Asien" 134.255

Noch Anmerkungen für die neu Hinzugekommenen: (1) Ich begrüße die Weiterverbreitung der Wochenbriefe, fände es aber schön, wenn möglichst viele der Endempfänger direkt bestellen würden, was hier geschehen kann. (2) Ich habe für alle Besteller des Wochenbriefs den Zugang zur Grafik-Datenbank des Infoportals frei gemacht. Beachten Sie bitte diesen neuen Zugangslink, der von Zeit zu Zeit in den Wochenbriefen aktualisiert wird.

Joachim Jahnke






global news wb130.250 13-09-12: Die Welt auf dem Schuldengipfel: 20 Jahre Sparprogramme?

1. Der Schuldenberg

Die entwickelten Marktwirtschaften haben einen irrsinnigen Berg an staatlicher und privater Verschuldung aufgetürmt: zwischen dreimal und elfmal die jährliche Wirtschaftsleistung der betreffenden Länder. Zusammen sind es unvorstellbare 133 Billionen US$ oder mehr als fünfmal die jährliche Wirtschaftsleistung dieser Länder zusammen (Abb. 15786, 16896).



Dabei ist allein die Staatsverschuldung von 17 Billionen Dollar zu Beginn des Jahrhunderts auf 42 Billionen Dollar im vergangenen Jahr gewachsen und soll nach Schätzungen des IWF bis 2016 noch auf 53 Billionen Dollar weiter ansteigen (Abb. 16833). Die besonders rasant wachsende Staatsverschuldung der USA hat jetzt das Rekordhoch von 16 Billionen Dollar erreicht. Wenn es nicht zum Supergau der Weltwirtschaft kommen soll, muß dieser Schuldenberg unter Kontrolle gebracht werden.


2. Kein Schuldenabbau durch Wachstum

Ein Herauswachsen der Volkswirtschaften durch keynesianische Wachstumsprogramme ist unwahrscheinlich. Zu sehr haben sich die natürlichen Wachstumspotenziale über die letzten Jahrzehnte schon verengt (Abb. 15837, 17226) und sind nur durch das Strohfeuer zunehmender Verschuldung künstlich erhalten worden. Die früheren großen Treibsätze für volkswirtschaftliches Wachstum sind verschwunden oder verbraucht: Nachkriegswiederaufbau, Handelsliberalisierung, Bildungsreform, neue Technologien, billige Rohstoffe und Umweltverfügbarkeit. Auf dem Rücken dieser Treibsätze wurde in blindem Optimismus die Verschuldung immer weiter aufgebaut.



3. Lösung durch Sparpolitiken?

Nun müssen Regierungen überall die fiskalischen Schwierigkeiten aus hohen Zinslasten und schwacher Wirtschaftsentwicklung meistern. Nach Feststellungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in ihrem diesjährigen Jahresbericht vom Juni müßten die entwickelten Volkswirtschaften 20 Jahre lang ohne Unterbrechung jährliche Haushaltsüberschüsse von mehr als 2 % ihrer Wirtschaftsleistung erzielen, um die Verschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung wieder auf das Niveau von vor der Krise zurückzubringen. Jedes Jahr, das weitere Defizite gefahren werden, macht die Erholungsperiode umso länger. Bisher sind alle größeren Länder, auch Deutschland, weiter erheblich im Defizit bis zu 11 % für die USA (Abb. 16409). Das treibt die Verschuldung immer höher.


Besonders schlecht sind die Krisenländer der Eurozone mit ihren besonders hohen Haushaltsdefiziten dran. Charles Dumas von Lombard Street Research hat geschätzt, daß die Staatshaushalte von Griechenland, Portugal, Italien und Spanien unter derzeitigen Verhältnissen in den vier Jahren zwischen 2012 und 2015 in einem optimistischen Szenario etwa 1,25 Billionen Euro an Unterstützung von den Partnern (besonders Deutschland) brauchen, in einem pessimistischen sogar 2,4 Billionen (etwa die gesamte deutsche Wirtschaftsleistung eines Jahres).

4. Lösungen über das leichte Geld der Zentralbanken und die unsozialen Konsequenzen

Die Notenbanken versuchen, den Prozeß der Entschuldung durch Niedrigstzinsen zu fördern, ohne die sozialen Konsequenzen einer gigantischen Umverteilung von den kleinen Sparern und dem sparenden Mittelstand weg zu berücksichtigen. Die EZB hat das Volumen von Euros in ihrer Bilanz durch die Notenpresse bereits auf über 3 Billionen Euro hochgetrieben und wird es nun noch mehr durch den unbegrenzten Anleihekauf zur Finanzierung der Krisenstaaten tun. Dabei hat die EZB schon jetzt mehr Geld gedruckt als selbst die amerikanische Notenbank (Abb. 16894). Im Ergebnis sind die Zinssätze der EZB schon seit vielen Monaten real negativ (Abb. 16317).



Da mit jedem weiteren Anstieg der Verschuldung das Vertrauen der privaten Investoren, die die Staatsanleihen kaufen sollen, sinkt, sind die Notenbanken, nun auch die EZB, zunehmend dazu übergegangen, selbst die Staatsanleihen mit der Notenpresse zu kaufen. Ein neuer Bericht der Bank of England, der auf Anforderung des Parlaments entstanden ist, hat aufgedeckt, daß das Gelddrucken der Notenbank dort das Vermögen der Haushalte um 15 % oder 600 Mrd Pfund erhöht hat, daß aber der größte Vorteil bei den reichsten 5 % aller Haushalte lag, die 40 % der Vermögenswerte halten. Dagegen sind die Sparer und Halter von privaten Altersversicherungen die großen Verlierer, weil die Zinseinkünfte in den Keller getrieben wurden. Die Auswirkungen auf die deutsche Vermögensstruktur dürften ähnlich sein. Es ist eine gewaltige Umschichtung von den kleinen Sparern mit Sparkonten, niedrigstverzinsten Bundesanleihen und privaten Altersversicherungen auf die Reichen und ihre Aktienpakete. Denn die EZB hat mit der Notenpresse vor allem dazu beigetragen, den Dax von 4000 Punkten im Krisenjahr 2009 wieder auf weit über 7000 Punkte hochzutreiben, was das Vermögen der Aktionäre in nur 4 Jahren um 75 % bereichert hat. Gerade die letzten EZB-Beschlüsse zur Staatenfinanzierung haben einen zusätzlichen Schub an den Aktienmärkten ausgelöst (Abb. 16396).


Auch der nun angekündigte massive Anleihenkauf der EZB bereichert finanzkräftige und zur Spekulation geneigte Anleger allein durch die Ankündigung bereits enorm. Wer z.B. zu niedrigstem Kurs noch vor einer Wochen spanische oder italienische Staatsanleihen gekauft und auf die Bazooka des Signor Draghi gesetzt hat, kann sie schon jetzt mit hohem Profit wieder verkaufen. Der durchschnittlichen Zinsertrag der spanischen 3-Jahres-Anleihe ist um etwa ein Drittel von 5,0 % auf nur noch 3,4 % gefallen, während der Preis im gleichen Verhältnis gestiegen ist. Die entsprechenden Zinsen auf italienische Staatsanleihen sind von 4,2 % auf nur noch 2,8 % gefallen, ebenfalls eine Veränderung um ein Drittel in Zins (Abstieg) und Preis (Anstieg). Man versteht vor diesem Hintergrund besser, warum vor allem die Finanzkreise der City of London und Wallstreet so lautstark die Bazooka gefordert haben. Draghi, der im Vorstand der größten Zockerbude Goldman Sachs tätig war, hat sie erhört (zufällig?).

5. Keine leichte Lösung über die Besteuerung des Reichtums

Wollte man das Problem primär durch kurzfristige Umverteilung lösen (wie sich viele Menschen verständlicherweise wünschen), so müßten derartig drastische Steuern in wohlhabenderen Bevölkerungskreisen erhoben werden, daß ein absolut wasserdichtes System strikter Kapitalverkehrskontrollen unvermeidbar würde, bevor solche Pläne von den Regierungen überhaupt öffentlich diskutiert werden könnten. Die globalisierte Finanzwelt von heute wäre dafür total ungeeignet. Steuerliche Umverteilung wird daher nur ein Teil der Lösung des Problems der Staatenverschuldung sein können. Selbst die SPD in Deutschland wagt nicht, den Spitzensteuersatz massiv anzuheben und die vielen Steuererleichterungen für die Reichen zurückzunehmen. Potenzieller Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der den niedrigen Steuersatz auf Kapitaleinkünfte in der Großen Koalition eingeführt hatte, forderte beim letzten SPD-Parteitag ein Bündnis zwischen Schwachen und Starken und warnte gleichzeitig davor, die Starken durch eine prohivitive Steuer ("Reichensteuer") zu verprellen.

Außerdem wären damit nur die staatlichen Schulden zu senken, die ein Drittel der Gesamtverschuldung darstellen. Die hohe Verschuldung privater Haushalte, Banken und Unternehmen müßte weiter durch einen langen Prozeß der Entschuldung durch rezessionsträchtiges Sparen laufen.

6. 20 Jahre Rezession?

Im Ergebnis wird wohl realistischerweise kein Weg an einer sehr viele Jahre andauernden Phase ohne Wachstum oder gar mit Rezession vorbeiführen. In vielen Ländern sind die Verbraucher schon drastisch auf die Konsumbremse gegangen und ziehen die Konjunktur nach unten (Abb. 15838). Viele andere Länder werden folgen. In weiteren Ländern, wie Deutschland, stehen sie schon lange auf der Bremse.



global news wb130.251 13-09-12: Die brutale Euro-Wahrheit: Dauerhaft zahlen oder aussteigen - Der versprochene Mittelweg besteht aus falschen Versprechungen - Ein kompletter Datensatz

Zu den schlimmsten schon jetzt eingetretenen Kollateralschäden der Eurokrise gehört ein immenser Vertrauensverlust zwischen den Völkern und zu ihren Institutionen, wie der Europäischen Zentralbank. Schon jetzt leidet das gesamte europäische Einigungswerk darunter schwer. Vieles von dem, was über Jahrzehnte mühsam aufgebaut wurde, ist schon verspielt.

Dabei werden viele verlogene Argumente für die angeblichen Rettungsmanöver gebraucht, die das Mißtrauen der Menschen immer höher schieben. So hieß es bei den Rettungsfonds anfangs immer, der deutsche Einsatz seien ja nur Bürgschaften, die nie in Anspruch genommen würden. Der Chef des Rettungsfonds ESFS Regling wollte uns sogar weismachen, unser Einsatz würde mit hohen Zinsgewinnen belohnt. Nun kommt EZB-Präsident Draghi und verspricht uns das Ende aller Diskussion über ein Auseinanderbrechen des Euro. Die Staatsfinanzierung durch die EZB sei unvermeidbar, weil die einheitliche Zinspolitik der EZB in den Krisenländern nicht ankomme. Dabei kam die Zinspolitik der EZB - real betrachtet - wegen sehr unterschiedlicher Inflationsraten schon seit Beginn des Euros nicht einheitlich an. Die realen Zinssätze waren für die heutigen Krisenländer bei den dort sehr hohen Inflationsraten meist viel zu niedrig, so daß dort der unselige boom-bust-Zyklus bis zum Platzen der Blase angeheizt wurde, während die EZB tatenlos zuschaute.

Auch Draghi dreht sich, wie es ihm gerade paßt. In seiner ersten Pressekonferenz nach Übernahme des Amtes erklärte er noch auf die Frage eines Journalisten:

"Was läßt Sie denken, daß eine Rolle der EZB als Finanzierer der Regierungen nötig sei, um die Eurozone zusammenzuhalten? Nein, ich denke nicht, daß das tatsächlich in der Zuständigkeit der EZB liegt."

In Deutschland hat die EZB schon jetzt viel Vertrauen verspielt: Laut einer "Stern"-Umfrage haben 70 % der befragten Bürger, die überhaupt eine Meinung äußern, kein oder nur geringes Vertrauen in Draghi; nur ganze 30 % schätzen ihn. 50 % der Bundesbürger sind nach dem aktuellen ARD-"Deutschlandtrend" dagegen, daß die EZB Staatsanleihen von Ländern wie Spanien oder Italien aufkauft; nur 13 % der Befragten finden das richtig.

Seit die EZB zur Staatenfinanzierung übergegangen ist, hat sich in Deutschland die Diskussion über die Zukunft des Euro weiter verschärft. Kritiker befürchten, daß die EZB nicht mehr zurück kann, wenn sie einmal größere Mengen an Staatsanleihen aufgekauft hat und die Regierungen der Krisenländer unter dem Druck ihrer Wähler von den zugesagten Sparprogrammen Abschied nehmen. Sie warnen, daß in diesem Fall die Notenpresse der EZB immer schneller laufen müßte, bis am Ende sich eine unerträgliche Inflation einstellen kann. Die EZB müßte zum Gefangenen von Fiskalpolitiken werden, für die sie nicht zuständig ist, und ihre Hauptrolle in der Geldwertstabilität vernachlässigen. Tatsächlich werden auf drei Jahre begrenzte Anleihekäufe, die an der Verschuldung selbst wenig ändern, die Eurozone nicht retten. Sie verlagern sogar die Staatsverschuldung in den ungünstigeren kurzfristigen Bereich und führen zu Fälligkeiten, wenn die Rezession noch andauern wird.

Andererseits hält beispielsweise Prof. Bofinger, Mitglied des Sachverständigenrats, nach einem Bericht in der Financial Times den Kritikern entgegen, der Aufkauf von Staatsanleihen sei ein Standardinstrument der Geldpolitik, und weiter:

"Das Problem in Deutschland ist, daß die öffentliche Meinung wie das Benehmen eines Kindes ist. Sie wissen definitiv, was sie nicht wollen. Sie wollen keine Anleihekäufe. Sie wollen keine Eurobonds. Sie wollen keinen Schuldentilgungsfond. Aber die meisten dieser Menschen sagen immer noch, daß sie den Euro wollen. Wenn sie sagen würden, sie wollten zurück zur DM, wäre das eine ehrlichere Haltung."

Soll man wirklich die Menschen beschimpfen, weil sie mit Bauchgefühl und wenig verbliebenem Vertrauen in die Politik wissen, was sie nicht wollen? Wenn sie sagten, sie wollten zur DM zurück, würden die Verteidiger des Euro nicht erst recht über die Menschen herfallen und sie für dumm erklären?

DIE EHRLICHE WAHRHEIT IST, DASS DEUTSCHLAND NUR DIE WAHL HAT ZWISCHEN EINER AUFLÖSUNG DER EUROZONE MIT HOHEN KOSTEN EINERSEITS UND HOHEN, ZEITLICH UNBEGRENZTEN TRANSFERLEISTUNGEN ANDERERSEITS. ES GIBT KEINEN BILLIGEREN MITTELWEG.

Das haben uns nun mal die Urheber und Verfechter des Euro eingebrockt. Charles Dumas von Lombard Street Research hat jetzt geschätzt, daß die Staatshaushalte von Griechenland, Portugal, Italien und Spanien in den vier Jahren zwischen 2012 und 2015 in einem optimistischen Szenario etwa 1,25 Billionen Euro an Unterstützung von den Partnern (besonders Deutschland) brauchen, in einem pessimistischen sogar 2,4 Billionen Euro (etwa die gesamte deutsche Wirtschaftsleistung eines Jahres).

Ehrlich und brutal formuliert es wie immer der Super-Zocker Soros im Spiegel-Essay vom 9.September, wobei er mit "führen" natürlich "zahlen" meint.

"Deutschland kann die Europäische Union und den Euro retten oder beides zerstören, es muss führen oder aussteigen."

Wer die Eurozone in ihrer bisherigen Form retten will, muß bereit sein, nicht nur für die aufgelaufenen Schulden der Krisenländer mitzuzahlen, sondern auch noch für die Schulden von morgen. Alle Versprechungen auf eine wundersame Angleichung der Wettbewerbsverhältnisse im Euroraum, so daß es dann keiner weiteren Transferleistungen bedürfte, sind wieder nur unbegründete Beruhigungspillen; dazu gehört nicht zuletzt der "Billigvorschlag" des Sachverständigenrats eines Schuldentilgungsfonds für eine günstigere Finanzierung eines Teils der Staatsschulden, der die Probleme ganz ohne Transferleistungen lösen soll.

Die Unehrlichkeit solcher Versprechungen zeigen alle Datenreihen über die bisherige Lebenszeit des Euro mit weit auseinander laufenden Kurven, sowohl bei den Inflationsraten, wie den Lohnstückkosten, wie den Leistungsbilanzen, den Arbeitslosenzahlen oder den öffentlichen Finanzen mit meist viel geringeren Steuereinnahmen und viel höheren Defiziten im Staatshaushalt. Wie das in einem überschaubaren Zeitraum wundersamerweise wieder zusammenfinden soll, bleibt ein Geheimnis. Das Geheimnis ist umso größer, als gerade in den jetzt zu erwartenden allgemeinen Krisenzeiten Anpassungen über harte Reformen von immer größeren Teilen der Bevölkerungen als unerträglich abgelehnt und mit wachsenden Straßenprotesten bekämpft werden.

Je länger versucht wird, mit solchen Versprechungen einer zu erwartenden Anpassung Zeit zu gewinnen, umso größer wird am Ende der Schaden für alle sein. Deshalb sollten die Fürsprecher eines Totaleinsatzes für den Euro wenigstens einräumen, daß sie ein Ende von Transferleistungen nicht versprechen können. Das in der Tat wäre eine ehrlichere Haltung. Was jetzt läuft, riecht dagegen eher nach Konkursverschleppung mit nachgereichter Rechnung. Im deutschen Wirtschaftsstrafrecht wird Konkursverschleppung mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren Gefängnis geahndet. Beim Euro-Unternehmen steigen die Haftungssummen der sogenannten Rettungsfonds und jetzt auch der Europäischen Zentralbank immer weiter, nur daß hier der Zweck alle Mittel heiligt und kein Strafrecht gilt. Selbst demokratische Verfassungsrechte können da sehr leicht unter die Räder geraten.

Hier noch einmal die wichtigsten dieser Datenreihen, die das schreckliche Auseinanderdriften der Eurozone zeigen und für sich selbst sprechen:










Welches Spar- und Reformprogramm soll eigentlich diese Entwicklungen zusammenführen, und das ausgerechnet in Krisenzeiten?


Elfi's wöchentliche Medienschau: Ausland hier, Inland hier.

Rundbriefe:

Bitte beachten: Die Links führen nur zu den jeweiligen Sammlungen; das direkte Durchklicken ist per Mail leider nicht möglich, das geht nur über die Wochenbrief-Webseite, die sie über den oben angegebenen Link zum Verzeichnis der Wochenbriefe erreichen.

Rundbrief 08.08.: Wenn Merkel und NachDenkSeiten in einer deutschen Schicksalsfrage fast einer Meinung sind, hat diese Linke jedes Realitätsgespür verloren
Richtig komisch sollte es nun für NachDenkSeiten werden, wenn sie sich weitgehend auf demselben Pro-EZB-Kurs wiederfinden, den auch die immer gern von ihnen angefeindete Angela Merkel trotz des Widerstands in ihrer CDU/CSU vertritt. Die nämlich stellte sich demonstrativ hinter Draghi. Weiter hier.


Rundbrief 07.09.: Mario macht doch nur, was er bei Goldman Sachs und der Banca d'Italia gelernt hat
Mit Mario Draghi haben die Regierungen der Eurozone ausgerechnet einen Mann ans Ruder der EZB gelassen, der aus dem Land mit den größten Staatsschulden kommt und vorher im Vorstand der Zocker-Bude Goldman Sachs war. Beides wären genug Gründe gewesen, ihn gerade für diesen Job zu disqualifizieren. Weiter hier.


Rundbrief 06.09: Drei besonders dicke Haare in Draghi's unverdaulicher Suppe für den deutschen Steuerzahler
EZB-Präsident Draghi hat uns am 6. September mit der gegen den Widerstand der Bundesbank durchgesetzten Staatsfinanzierung durch die Notenpresse eine Suppe eingebrockt. Neben den noch nicht zu beziffernden Inflations-Risiken enthält Draghis Suppe drei dicke Haare, die den potenziellen Schaden für den Steuerzahler, falls die Staatsanleihen schwacher Länder ausfallen, erheblich erhöhen werden. Weiter hier.


Rundbrief 05.08.: Ist Draghi selbst eine Gefahr für den Euro?
Sollte die EZB enorme Nachschußpflichten der Steuerzahler produzieren, zumal sie bei den Bondkäufen auf Vorrang vor anderen Haltern verzichten will, so wird sie jedes Vertrauen verspielt haben und mit ihr der Euro. Das Gleiche gilt, wenn sie aus Angst vor Verlusten, ihren Zinssatz niedrig halten müßte, obwohl die Inflation anzieht. In diesem Sinne kann Draghis Plan das endgültige Ende der Bundesbanktradition einer auf die Bekämpfung der Inflation ausgerichteten Notenbankpolitik sein. Weiter hier.


 
 
                         
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