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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
- To: "Christian.Seiler" <christian.seiler AT hotmail.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Bank Run in Griechenland
- Date: Wed, 16 May 2012 12:42:54 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Christian,
2012/5/16 Christian.Seiler <christian.seiler AT hotmail.de>:
> Ja sicherlich ist das so.
>
> Die EZB geht aber dann ein unglaubliches Risiko ein. Denn dann wäre sie ja
> echt in der Scheisse wenn Griechenland in die Drachme wechselt.
>
> Zumal es natürlich offensichtlich ist, dass man damit mal wieder Moral
> Hazard provoziert.
>
> Inwiefern war denn nicht schon der Geldschwamm den man vor dem Haircut in
> Griechenland ausgedrückt hat nicht schon die letzte Maxime des Lender of
> Last Ressort Prinzips? Offensichtlich wird keine andere europäische
> Geschäftsbank die nciht völlig wahnsinnig ist, griechische Banken
> refinanzieren. Wenn aber das neue Geld dafür da war die Banken wegen des
> Schuldenschnitts solvent zu halten, gibt es dann noch Möglichkeiten jetzt
> einzugreifen?
Vielleicht sollte man fragen, was eine echte europäische
Bundesregierung machen würde.
Wenn es eine echte europäische Bundesregierung gäbe, dann wäre die
Antwort auf deine Frage im Grunde sehr einfach. Man müsste sich
möglichst objektiv die Bilanzen der betroffenen Banken ansehen.
Wahrscheinlich käme man zum Schluss, dass diese Bilanzen nicht in
Ordnung sind und die Banken eigentlich bankrott sein müssten. Man
würde dann die betroffenen Banken erst einmal einfrieren und erklären,
dass bis zur gesetzlichen Einlagesicherungen alle Sichteinlagen bei
den Banken sicher sind.
Dann würde man ein Insolvenzverfahren einleiten, bei dem man die
Banken zunächst verstaatlicht und das reine Zahlungsgeschäft (also
Überweisungen etc.) normal weiterlaufen lässt. Gläubiger der Bank, die
über die gesetzliche Einlagesicherung hinausgehen, würde man zu einem
Haircut zwingen.
Das wäre das Vorgehen in der ersten Woche. Danach würde man sich Zeit
nehmen um die Bank zu restrukturieren, das obere Management komplett
auszutauschen, und die Bank letztlich wieder verkaufen, wenn sich die
Wogen nach drei, vier Jahren geglättet haben (sehr kleine Banken würde
man vielleicht komplett liquidieren, das ist eine
Einzelfallentscheidung).
Über die Details kann man sich sicher streiten, aber im Großen und
Ganzen ist das das akzeptierte Vorgehen, wie man mit Bankinsolvenzen
umgehen *sollte*, und wie es eine vernünftige europäische
Bundesregierung auch machen würde. Da es diese Bundesregierung nicht
gibt würde idealerweise die griechische Regierung so handeln, aber die
ist nicht monetär souverän und wäre dazu nur in der Lage, wenn sie
ordentliche "Schützenhilfe" von der EZB bekäme. Dafür bräuchte man
jetzt eigentlich den politischen Willen.
Schöne Grüße,
Nicolai
>
>
> Am 16.05.2012 12:14, schrieb Nicolai Haehnle:
>
>> 2012/5/16 Christian Seiler<christian.seiler AT hotmail.de>:
>>>
>>> Es scheint so weit zu sein, die Griechen antizipieren den Austritt und
>>> lösen
>>> massiv ihre Sichteinlagen ein. Die Zeitungen schreiben etwas von 700
>>> Millionen Bargeld-Auszahlung an einem Tag.
>>>
>>> Laut dem Wall Street Journal Europe von gestern wird behauptet dass:
>>>
>>> "At present, the banks are technically insolvent, because they had to
>>> realize heavy losses on the bond exchange earlier this year."
>>>
>>> Welchen Sichteinlagen Abzug können die griechischen Banken aushalten?
>>> Und inwiefern können sie überhaupt so schnell sich Zentralbankkredite
>>> beschaffen die sie refinanzieren könnten?
>>
>> Tja. Im Grunde wurden moderne Zentralbanken genau dafür entworfen, in
>> solchen Situationen einfach Kredite zu vergeben. Wenn der EZB jetzt
>> auf einmal einfällt, dass sie die Qualitätsanforderungen für
>> Sicherheiten für griechische Banken doch wieder herauf setzen soll und
>> die griechischen Banken auf einmal als bankrott deklariert, dann wäre
>> das ziemlich unverschämt.
>>
>> Entweder die Bilanzen der Banken waren vorher schon nicht in Ordnung,
>> dann hätte man sie regulatorisch in Insolvenz gehen lassen müssen.
>> Oder sie waren vorher in Ordnung, dann muss man die notwendigen
>> Kredite vergeben um den Bank Run zu überstehen. So einfach ist das.
>>
>> Schöne Grüße,
>> Nicolai
>
>
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.
- [AG-GOuFP] Bank Run in Griechenland, Christian Seiler, 16.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Bank Run in Griechenland, Nicolai Haehnle, 16.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Bank Run in Griechenland, Christian . Seiler, 16.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Bank Run in Griechenland, Nicolai Haehnle, 16.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Bank Run in Griechenland, Axel Grimm, 16.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Bank Run in Griechenland, Christian . Seiler, 16.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Bank Run in Griechenland, Nicolai Haehnle, 16.05.2012
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