ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
Listenarchiv
Re: [AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Jörg Buschbeck
Chronologisch Thread
- From: cosmic <cosmic AT poetryclub.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Jörg Buschbeck
- Date: Tue, 31 Jan 2012 16:26:25 +0000
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
- Newsgroups: pirates.de.talk.politik.geldordnung-finanzpolitik.ag-bereich
- Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver
Moin Uwe,
hab Dir per mail was dazu geschrieben. Im Prinzip ja. Hier unter diesen Positionen sollten wir uns der voranstehenden widmen und sachbezogen ausschließlich darüber kommentieren. damits einen wert bekommt.
...aber les auch mal, was ich dir gemehlt habe.
lg cos
ukw schrieb:
Moin Cosmic,
Möchtest Du auch meine Lösungsvorschläge für eine Gesellschaftsreform, die auch eine Geldsystemreform beinhaltet?
mit herzlichem Gruß
uwe
----- Original Message -----
From: cosmic
Sent: 01/31/12 02:00 PM
To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik[at]lists.piratenpartei.de
Subject: [AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Jörg Buschbeck
/Wie ihr wisst, frage ich derzeit bei verschiedenen Geldsystemexperten nach Ihren Positionen bzgl. einer Geldreform an. Ziel ist es, die jeweilige Essenz der Erkenntnisse in einer Position zu erhalten, also komprimierte Aussagen über Erkenntnisse und vor allem auch über konkrete Lösungsvorschläge für eine Geldsystemreform.
Den Anfang in diesem Forum macht jetzt Jörg Buschbeck mit dem folgenden Text. (cos)/
*
_Ein grundlegender Lösungsansatz für die Systemkrise – Notenbanken werden zur „Monetative“_*
Dieser Vorschlag möchte einen grundlegenden Lösungsansatz für die aktuellen wirtschaftlichen Probleme vermitteln. Er versteht sich als ein Beitrag zu der gesellschaftlichen Diskussion, die in dem Online-Beitrag „Wie wollen wir sparen? Ein Aufruf zur gesellschaftlichen Diskussion“ angeregt wird. Der Aufsatz ist das Ergebnis ca. 20-jährigen Recherchierens, Nachdenkens und Diskutierens zu dem Thema. Indirekt haben sehr viele Menschen als Diskussionspartner an diesen Ausführungen mitgewirkt – so viele, dass ich diese hier unmöglich alle benennen kann. Ich möchte mich aber an dieser Stelle bei allen Menschen bedanken, die diese – natürlich oft auch kontroversen – Diskussionen mit mir geführt haben.
Geld ist kein Ding, sondern eine Forderung
Für das Verständnis der Ansätze ist es hilfreich, Geldvermögen als Forderung zu begreifen, die durch realwirtschaftliche Kaufsalden entsteht. Auch Zahlungsmittel sind nur besonders besicherte Forderungen. In dem Online-Beitrag „Geld, Kauf und Bezahlung“ ist dies im Bezug auf die Definitionen des Ökonomen Wolfgang Stützel beschreiben.
National wie global umsetzbar – Kombination mit anderen Reformen empfohlen
Der Vorschlag bezieht sich speziell auf die deutsche Problemstellung. Die Lösungsvorschläge sind in nationalen Alleingängen umsetzbar, ohne die Gemeinschaftswährung zu verlassen, aber auch global nach dem vorgeschlagenen Schema gut anpassbar. Es sollte auch eine Kombinationen mit den anderen im Diskussionsaufruf vorgeschlagenen Maßnahmen wie z. B. einer maximal umlagefinanzierten/beitragsfinanzierten Altersvorsorge und einem Grundeinkommen geben. Die Ausführungen verstehen sich als Vorstellung eines generellen Lösungsmusters. Die Ausarbeitung der Ausgestaltung sollte nach ausführlicher gesellschaftlicher Diskussion von den Experten der Notenbanken und des Finanzministeriums kurzfristig machbar sein. Natürlich bedürfte es umfangreicher (grund)gesetzlicher Änderungen. Dafür wäre der Nutzen aber auch so generell und nachhaltig, dass jeder Aufwand lohnt. Allein schon der eskalierende Problemdruck wird uns in absehbarer Zeit zu grundsätzlichen Änderungen anregen.
Das Geldsystem und das wirtschaftliches Gleichgewicht
Das Geldsystem hat umfangreiche Rückwirkungen auf die reale Wirtschaft. Bedauerlicherweise bestehen hier bei vielen Wirtschaftswissenschaftlern noch große Defizite in der exakten Definition der Zusammenhänge. Immer noch wird zu irgendwelchen „Geldmengen“ diskutiert, die angeblich die Notenbank „in Umlauf bringt“. Auch werden aus einer tautologisch richtigen Quantitätstheorie völlig falsche Umkehrschlüsse gezogen – eine etwas verwunderliche Situation, da z. B. der deutsche Jahrhundertökonom Wolfgang Stützel diese Zusammenhänge in seinen Werken logisch nachvollziehbar erläutert hat. Aufbauend auf seinen Ausführungen in der „Volkswirtschaftlichen Saldenmechanik“ und „Paradoxa der Geld- und Konkurrenzwirtschaft“ kommen wir für den wichtigsten Zusammenhang des wirtschaftlichen Gleichgewichts und damit tendenzieller Stabilität des Geldwerts zu folgender Definition:
Ein wirtschaftliches Gleichgewicht besteht in einer Periode, wenn die Pläne, Geldvermögen aufzubauen, mit den Plänen, Geldvermögen abzubauen, übereinstimmen.
Daraus ergibt sich nun wieder folgende Ableitung für wirtschaftliches Gleichgewicht:
Geldsparpläne + private Kredittilgungen = finanzierbare Verschuldungspläne
Kredittilgungen sind ein in Vorperioden festgelegter Geldvermögensaufbau – ein bisher kaum beachtetes Problem mit enormem Krisenpotenzial. Die verfügbaren Informationen zu den oben genanten Einflussgrößen geben uns zu der Vermutung Anlass, dass ein wirtschaftliches Gleichgewicht in den entwickelten Industrieländern unter heutigen Rahmenbedingungen auch in Phasen guter Konjunktur nur noch mit zwei Maßnahmen zu erreichen ist:
a. Verschuldung der Staaten
b. Verschuldung von Kreditnehmern mit schlechter Bonität
Dies liest sich nun wie die Wahl zwischen Pest und Cholera, dürfte sich aber gut
mit dem real Erlebten der letzten Jahre decken. Die Finanzkrise ist also kein Missgeschick, sondern logische Folge real existierender Zwänge der bestehenden Rahmenbedingungen. Wir sollten also diese Rahmenbedingungen ändern, um zu einem stabilen System zurückzukehren. Wie auch schon in unserem Diskussionsaufruf angesprochen, gibt es dazu die verschiedensten Optionen. Aus der Formel oben können wir zwei Grundoptionen für Lösungen herleiten:
1. Die Staatsverschuldung zu „guten“ und „schmerzfreien“ Schulden machen
2. Die privaten Geldsparpläne absenken
Auch diese Optionen werden nun bei den meisten Menschen nicht eben helle Begeisterung auslösen, aber es hilft auch nichts, die Realität länger zu verdrängen. Es sollte also darum gehen, das Akzeptabelste aus den realen Handlungsmöglichkeiten auszuwählen. Um unseren Löungsvorschlag zu dieser Ausgangslage geht es in diesem Beitrag.
Wie in unserem Diskussionsaufruf angesprochen, gäbe es einfache Marktlösungen für die Probleme der zu hohen privaten Geldsparpläne. Man könnte mit enormem „Lerneffekt“ die Banken und Versicherungen (und damit den Großteil der Spar-Einlagen) an den „schlechten“ Schulden einfach bankrott gehen lassen und/oder die bargeldbedingte Nullzinsgrenze abschaffen und damit negative Nominalzinsen (Zinsabbuchungen) ermöglichen. Nach unseren Diskussions-Erfahrungen zu diesen Marktlösungen sind diese aber politisch kaum durchsetzbar. Die handelnden Politiker müssten wohl um Leib und Leben bangen.
Der „totale Geldmarkt“ ist also demokratisch nicht gewollt.
Dies bleibt mir wichtig festzuhalten, wenn wir jetzt über eine neue gesellschaftliche „Globalsteuerung“ sprechen. Wer sie als „Liberaler“ kritisieren möchte, soll also bitte auch öffentlich die Abschaffung der Marktstörungen aus bargeldbedingter Nullzinsgrenze und „Einlagensicherung“ fordern (und beim Auto vor der Tür den Motor laufen lassen :-) ).
Liberalismus als gefährlicher Realitätsverlust?
Liberalismus wird zur Karikatur und Heuchelei, wenn er die schweren Marktstörungen im Markt der Märkte (Geldmarkt) nicht sieht und benennt, gleichzeitig aber dem völlig gestörten Markt freien Lauf lassen will. Die aktuelle „Retterei“ mit ihrer unmoralischen und den gesellschaftlichen Konsens zerstörenden Dimension ist das Ergebnis von solch falsch verstandenem Liberalismus. Der Autor dieses Beitrags sieht sich übrigens durchaus eher als Liberaler und will solch unmoralische und dem Ansehen der Marktwirtschaft schädliche Staatseingriffe ebenso wie andere Arten staatlicher Wirtschaftspolitik = Verschuldungspolitik mit seinen Vorschlägen künftig vermeidbar machen.
Machen wir lieber das Beste draus
Wenn wir also davon ausgehen müssen, dass der Staat die Spareinlagen und damit die Passivseite der Geschäftsbanken- und Versicherungsbilanz faktisch garantiert, dann muss selbstverständlich auch die Aktivseite der Banken- und Versicherungsbilanzen einer starken Reglementierung unterliegen. Dies, um die Folgewirkungen der wohl auf demokratischen Konsens ausgehebelten Marktmechanismen zu begrenzen. Weiterhin brauchen wir einen gesellschaftlichen Mechanismus für das wegen der Unmöglichkeit nominaler Negativzinsen fehlende Steuerelement für Unternachfrage.
Die nationale Notenbank wird zur „Monetative“
Ich komme jetzt zu meinem Vorschlag, die nationale Notenbank in eine monetative Staatsgewalt (im weiteren „Monetative“) mit neuen monetären Steuerelementen umzuwandeln. Für die Monetative bestehen dabei folgende Aufgaben:
1. Wirtschaftliches Gleichgewicht und Geldwertstabilität bei Nullsparzins
2. Verhinderung der Vergesellschaftung von Bank- und Versicherungsverlusten
3. Herstellung außenwirtschaftlichen Gleichgewichts
Mit der Erfüllung dieser Aufgaben werden folgende Wirkungen erzielt:
- Kaufkraftstabiles Zahlungsmittel und (kurzfristiges) Wertaufbewahrungsmittel
- Rückführung der Staatsverschuldung
- Beendigung des Zwangs zum Wirtschaftswachstum
- Nationale oder gar regionale Geldpolitik auch in Gemeinschaftswährungen
- Eigenkapitalisierung und damit Krisenfestigkeit der Wirtschaft
- Stabilitätserwartungen – Risikoprämien sinken deutlich
- Deutliche Reduktion des Anteils der Kapitalerträge am Volkseinkommen – dadurch höhere soziale Gerechtigkeit
- Weitgehend zinslose Staatsfinanzierung für bestehende Staatsschulden
- Wiederherstellung demokratischer Machtverhältnisse
- Verhinderung inflationärer „Wiederwahl-Konjunkturpolitik“
- Verhinderung internationaler Konflikte aus Exportsalden
- Verhinderung von Krieg als klassischem Mittel der Deflationsbekämpfung
- Verhinderung von Crash und Bürgerkrieg in den Nationen
Dazu hat die „Monetative“ folgende neue Werkzeuge:
A. Variable Kreditsteuer als variabler Zusatzzins auf alle Geschäftsbankenkredite
B. Optionale monatliche Steuergutschrift an jeden Bürger, auch als negative Einkommensteuer – oder als Grundeinkommenszuschlag
C. Optionale monatlich anpassbare Einkommensteuerzuschläge („Währungssoli“)
D. Neue Regulierungen der Kreditvergabe der Geschäftsbanken und Versicherungen
E. Optionale und variable Ausfuhrumsatzsteuer
Aufgabe 1 der Monetative: nachhaltiges wirtschaftliches Gleichgewicht und absolute Geldwertstabilität bei Nullsparzins
Heute sind wir ohne Wirtschaftswachstum schnell in der wirtschaftlichen Depression und Investitionsfalle. Die Gründe liegen insbesondere in der erreichten Dimension des Tilgungsproblems – siehe dazu den Online-Beitrag „Die Kredittilgungen und das wirtschaftliche Gleichgewicht“. Nur mit Wirtschaftswachstum kann noch die enorme Menge an privater Neuverschuldung angeheizt werden, die wir ohne eine explodierende Staatsverschuldung für wirtschaftliches Gleichgewicht brauchen. Der Zwang zum Wirtschaftswachstum – der schon aus ökologischen Gründen keine Dauerlösung sein kann – ist also eine Folgewirkung des bisher kaum analysierten Zwangs zum Schuldenwachstum.
Japan und Südeuropa als Praxisfälle abgerissener Verschuldungsketten
Wer dazu praktische Beispiele sucht, findet Sie in Japan nach 1989 oder in der aktuellen Entwicklung in der Südperipherie der Eurozone. Speziell in Japan kann man gut im „Langzeitversuch“ beobachten, wie sich die Präferenz der Geldvermögensbildung gegenüber der Sachwertinvestition in einem deflationären Umfeld verfestigt und die Staatsverschuldung förmlich explodiert. Wenn man damit so entspannt umgeht, wie es Herr Koo vorschlägt, ist dies wohl auch gar nicht so schlimm. In der Konstellation der Euro-Staaten mit ihren starken Handelsbilanz-Ungleichgewichten in Kombination mit deutscher Staatsschulden- und Inflationsphobie laufen wir aber in eine Katastrophe – dies insbesondere wegen der fehlenden saldenmechanischen Sachkompetenz der deutschen Politiker und der sie beratenden Ökonomen.
Der Paradigmenwechsel beim Wertaufbewahrungsmittel
Deshalb sollten die Anreize für die Präferenz der risikolosen Geldhaltung gegenüber der Sachwert- und Eigenkapitalinvestition nachhaltig verschoben werden. Dies leistet die Monetative, indem Sie die risikolose Geldhaltung mit Nullsparzinserwartungen belegt und gleichzeitig die kalkulativen Risikoprämien für alternative Sachwertinvestitionen und Eigenkapitalbeteiligungen durch die geschaffenen gesamtwirtschaftlichen Stabilitätserwartungen reduziert – ein Doppelschlag für einen Paradigmenwechsel in der Sparform für langfristigen Konsumverzicht.
Die variable Kreditsteuer – das Standard-„Werkzeug A“ der Monetative
Das Hauptsteuerelement der Monetative ist die variable Kreditsteuer auf Kredite an Private, welche die nationale Staatsverschuldung tilgt. Sie könnte beispielsweise einen Grundwert von 1-3 Prozentpunkten Zins haben. Wenn es einen Bedarf an monetärer Bremsung zur Inflationsverhinderung gibt, wird künftig die Kreditsteuer erhöht und nicht ein Leitzins/Sparzins. Dabei könnte man überlegen, nur Neukredite mit einer höheren Kreditsteuer zu belegen. Auch dies verhindert krisenhafte Entwicklungen. Die Zahlung der Kreditsteuer wäre Voraussetzung für die staatliche Vollstreckbarkeit eines Kredits. Kredite ohne Kreditsteuerzahlung sind nicht vollstreckbar zu stellen und dann somit ein Geschenk – Kreditsteuerhinterziehung wäre damit sehr unwahrscheinlich.
Heute:
Kreditzins = variabler Sparzins + wettbewerbliche Bankmarge
Nach Reform:
Kreditzins = variable Kreditsteuer der Monetative + wettbewerbliche Bankmarge
Sicherheit und Nullinflation machen Nullsparzins erträglich
Wegen der Inflationsverhinderung nur über den Kreditzins ist eine dauerhafte Ertragslosigkeit von risikoloser Geldhaltung zu erwarten. Die Monetative hat aber auch nicht wie die heutige EZB ein Inflationsziel von knapp 2 %. Der Geldsparer bekommt also zwar keine Zinsen, kann wegen „Stabilitätsziel statt Inflationsziel“ aber den gleichen Gegenwert seines aktuellen Konsumverzichts in der Zukunft erwarten. Der Geldsparer wird also gegenüber heutigen oft negativen Realzinsen (versteuerte Zinsen < Inflationsrate) eher besser gestellt. Und natürlich ist es für die Bank- und Versicherungssparer sehr beruhigend, wenn es nun ein eigenstabiles System gibt und ihre gesparten Lebensleistungen nicht mehr von Verlust bedroht sind. Wer Erträge auf seine Sparleistung möchte, kann dies durch risikotragende Eigenkapital- oder Sachwertinvestitionen jederzeit im freien Markt umsetzen.
Guthabenrückzahlung bringt Schuldenrückzahlung
Wer dann noch Geld spart, spart vor allem auf „irgendwas“ und nicht auf „irgendwann“ – genau dafür ist die risikolose Geldhaltung als Wertaufbewahrungsmittel auch gesellschaftlich sinnvoll. Es erfolgt also eine regelmäßige Rückzahlung der Sparguthaben durch reale Nachfrage, was auch eine Rückzahlung der Schulden statt ständigen Neuverschuldungszwangs erlaubt. Man könnte in Sinne des Grundkonzepts arbeitsteiligen Wirtschaftens auch sagen: Die „Nachfrageschulden“ der Guthabenhalter werden regelmäßig getilgt.
Werkzeug B: der „Sicherheitszaun“ an der Defla-Schlucht
Am Steuerelement B der Monetative, einer bedarfsweisen monatlichen Steuergutschrift an jeden Bürger, ist vor allem wichtig, dass dieser Mechanismus glaubhaft installiert ist und quasi sofort wirken könnte. Er ist das heute fehlende Steuerelement für die Unternachfrage/Deflation. Die Existenz des Werkzeugs B schafft das Vertrauen, es nicht einsetzen zu müssen. Denn normalerweise reichen dauerhafte Nullzinserwartungen bei zu erwartender wirtschaftlicher Stabilität aus – in dem Sinne, dass im Regefall die variable Staatsschuldentilgung als das vorrangige Mittel der Globalsteuerung der Monetative funktioniert.
Aber diese Stabilitätserwartung ist bei Nullzins eben nur sicher, wenn es einen glaubhaften Mechanismus auch für die Unternachfrage gibt.
Wenn der Mechanismus aktiviert werden muss, erhöht er also gezielt die Staatsverschuldung – nur eben sehr viel schneller, planbarer und marktneutraler als dies klassische keynesianische Konjunkturprogramme tun. Vor allem aber werden diese Staatsschulden nach Überwindung einer Unternachfragesituation automatisch über die Mechanismen der Kreditsteuer erwartbar zurückgezahlt. Diese Art von „Keynesianismus“ erzeugt weder Unsicherheit noch wachsende Staatsschulden – sie schafft Sicherheit wie ein Zaun an einer Schlucht. So entstehen Wege jenseits des „inflationären Sicherheitsabstands“, auf denen man bisher wegen Absturzgefahr „nicht gehen konnte“. Ein „Zaun an der Schlucht“ ist nicht dazu da, dass man ihn ständig zum Abstützen nutzen muss, sondern dass er uns gelassen des Weges gehen lässt.
„Aber Keynes hat uns doch immer nur steigende Staatsschulden gebracht?“
Auf dieses „Rätsel der Volkswirtschaftslehre“ möchte ich noch kurz eingehen. Warum kann heute die Staatsverschuldung aus Konjunkturprogrammen auch in „guten Zeiten“ nicht getilgt werden? Ganz einfach – weil schon länger auch in guten Konjunkturzeiten die privaten Geldsparpläne und Kredittilgungen über den privaten Neuverschuldungsplänen liegen. Indem wir die Geldsparpläne mithilfe der dauerhaften Nullsparzinserwartungen direkt deutlich reduzieren, haben wir dieses Problem gelöst.
Werkzeug C: optionaler Einkommensteuerzuschlag – „der Währungssoli“
Bei Werkzeug C handelt es sich wie bei Werkzeug B um eine mehr psychologische Angelegenheit denn um ein häufig eingesetztes Mittel. Man kann es vielleicht mit der Landesverteidigung vergleichen – die sollte auch Waffen haben, aber bitte nicht damit schießen müssen. Schlussendlich geht es um Machtfragen –keine Notenbank kann auch heute schon Inflation verhindern, wenn sich Leistungserbringer im Gleichschritt höhere Entgelte als den Produktivitätsfortschritt aushandeln oder die Regierung eine völlig unvernünftige Ausgabenausweitung vornimmt. Selbst eine starke Erhöhung der Kreditsteuer kann hier kurzfristig nur wenig bewirken, soweit sogenannte „gleichschrittige“ Prozesse ablaufen. Dann geht der Inflationsprozess gar nicht mit einer Erhöhung des Kreditbedarfs einher. Für diese Fälle ist Werkzeug C gedacht, das der Monetative die tatsächliche Macht zur Durchsetzung der Geldwertstabilität gibt. Laufen die oben genannten Prozesse ab, wird ein monatlich variabler Zuschlag zur Einkommen- und Lohnsteuer zur Staatsschuldentilgung erhoben. Niemand wird eine Regierung wiederwählen, die mit teuren Wahlgeschenken sofort spürbar die Lohnsteuer erhöht und damit die Einkommen kürzt. Hier werden demokratiefördernd das klassische Gefangenendillema ebenso wie bisherige Problemkonstellationen von Notenbankpolitik und Globalsteuerung (Stichwort Stagflation) rechtzeitig durchbrochen.
Staatsschulden = „Forderung gegen Steuerzahler“
Staatsschulden sind bisher zu wenig erhobene Steuern bei Inländern. Schon aus diesem Grund sollten Staatsschulden nicht länger verbrieft in der Welt herumgereicht, sondern national sauber verbucht und getilgt werden. Die Monetative hat durch ihre Steuerelemente alle Möglichkeiten dazu, diese Aufgabe korrekt zu erledigen. Die Monetative verbucht diese Staatsschulden aktiv als „Forderung gegen Steuerzahler“ mit Passivierung als Guthabenkonto des Staates bei der Zentralbank. Wir schauen uns dazu die Bilanz der Monetative mit den 2 wichtigsten Bilanzpositionen an:
Aktivseite _______________________________Passivseite
„Forderungen gegen Steuerzahler“ ________„Guthabenkonto des Staates“
„Forderungen gegen Banken“ ____________„ZB-Guthaben der Banken“
Der Staat hat also nun seine Konten direkt bei der Monetative, die ihn mit Auslaufen der verzinslichen Staatsanleihen und im Fall der zeitweisen Anwendung von Werkzeug B nun zinslos mit dem Buchungssatz „Forderung gegen Steuerzahler an Guthabenkonto Staat“ finanziert. Zinsen auf Staatsschulden sind nun ein Auslaufmodell. Gleichzeitig laufen aber auch ständig die Einnahmen der Kreditsteuer (Werkzeug A). Übersteigt der Guthabenstand auf dem Staatskonto den staatlichen Liquiditätsbedarf, wird die überschüssige Liquidität zur Bilanzverkürzung wieder ausgebucht.
„Hat man die direkte NB-Finanzierung des Staates nicht aus gutem Grund verboten?“
Durch die Gewaltenteilung zwischen der – im Sinne einer völlig unabhängigen Notenbank agierenden – Monetative mit eigener Steuergewalt und der Regierung ist dieser Ablauf jetzt gut verantwortbar. Die Unabhängigkeit der Monetative vom jetzigen Zentralbank-Konstrukt wird sogar noch viel größer. Kaum jemand wird ernsthaft glauben, dass sich die Handelnden der EZB, FED und BoJ heute dem sachlichen und politischen Druck des drohenden Totalzusammenbruchs des heutigen Systems entziehen können. Indem dieser Crash durch die neuen Werkzeuge ausgeschlossen ist, sind also auch diese Zwänge behoben. Die ständig sinkenden Staatsschulden und die „Nullinflationspolitik“ werden ein zusätzliches Vertrauenspolster in das neue Erfolgskonstrukt der Monetative aufbauen. Zur Stützung des Vertrauens in Deutschland kann man das Konstrukt auch gern weiter „Bundesbank“ nennen – der Begriff „Monetative“ soll in diesem Beitrag nur die neue Qualität als unabhängige vierte Staatsgewalt mit eigener Steuergewalt differenzieren.
Aufgabe 2 der Monetative: Verhinderung der Vergesellschaftung von Verlusten des Finanzsystems
Wie zuvor begründet, schafft die faktische Staatsgarantie für die Passivseite der Banken- und Versicherungsbilanzen die dringende Notwendigkeit, auch die Aktivseite zu regulieren. „Ganz nebenbei“ wollen wir mit dieser Aufgabe der Monetative auch noch ein paar andere Probleme lösen, welche die gewollte Nullsparzinspolitik der Monetative erst ermöglichen.
Kapitalbildende Versicherungen abwickeln?
„Kapitalbildende“ Versicherungen sollten ein Auslaufmodell sein – ihr Wirken ist in Gesellschaften mit Geldsparüberschuss ein gesellschaftlicher Missstand. Die „private Altersvorsorge mit garantierter Sicherheit“ ist nur eine Nachfrage nach Staatsverschuldung, die wir ja jetzt Stück für Stück abschaffen wollen.
Mit dem Wegfall dieser Staats-Schuldtitel schwindet auch die wesentliche Bilanzgrundlage der „kapitalbildenden“ – besser „staatsschuldenbildenden“ – Versicherungen. Versicherungen müssen sich in ihrem Geschäftsmodell also wieder dem Versichern von Risiken zuwenden.
Zurück zu einem vollständig beitragsfinanzierten Rentensystem
Die Förderung der „privaten Altersvorsorge“ sollte dringend zugunsten einer Rückkehr zur vollständig beitragsfinanzierten Altersvorsorge eingestellt werden.
Neugeschäft für den kapitalbildenden Bereich ist zu untersagen, ebenso wie der Ankauf jeglicher ausländischer Schuldtitel. Die Einführung der geförderten privaten Altersvorsorge in Deutschland sollte Staatsanwälte beschäftigen
Geschäftsbanken-Aktiva = nur noch Kredite an private Inlandsprojekte
Die Aktivseite von Bankbilanzen darf nur noch um Forderungen gegen inländische Investitionsprojekte erweitert werden. Für diese Kreditvergaben existieren in Deutschland gute und wohl auch ausreichende Vorschriften für Besicherung und Eigenkapitalunterlegung. Mit der oben beschriebenen Absturzsicherung werden die bestehenden systemischen Risiken minimiert. Sollte es infolge der vorgeschlagenen Reformen zu stärkeren Preissteigerungen bei Sachwerten kommen, dann müssen die Eigenkapitalanforderungen für Kredite allerdings verschärft werden, um eine „Blasenbildung“ mit Kredithebel zu verhindern. Eigenkapitalinduzierte Preiserhöhungen von Sachwerten sind aber keine Blasen, sondern durchaus wünschenswerte Wertsteigerungen, die überschüssige Sparvermögen absorbieren und die realwirtschaftlichen Renditen senken.
Die Sicherheit und Stabilität eines Kreditgeldsystems hängt aber auch an der Vollstreckbarkeit in die Pfänder. Darauf haben wir nur im Inland so viel Einfluss, dass wir die Einlagen ohne Verlustrisiko staatlich garantieren können. Natürlich können die deutschen Anleger auch Projekte im Ausland finanzieren, aber dann nur auf eigenes Risiko mit Eigenkapital. Die „schwäbische Hausfrau“ hätte auf ihr Risiko niemals spanische oder US-amerikanische Subprime-Bauten finanziert, die als Schuldtitel massenweise in deutschen Bankbilanzen gelangten.
Umworbene Einlagen gibt es nicht mehr
Ihre Forderungen gegen private inländische Kreditnehmer können die Geschäftsbanken aber jederzeit bei der Monetative gegen Forderungen an die Monetative (Zentralbankgeld) via „stiller Abtretung“ in Zentralbankgeld monetisieren. Es gibt also keine Knappheit an Zentralbankgeld für Guthaben aus Geldschöpfung der Geschäftsbanken. Es wird nur vorgegeben und streng kontrolliert, dass diese Kredite durch ausreichend Eigenkapitalunterlegung durch Pfänder der Kreditnehmer und Eigenkapital der Bank notenbankfähige Qualität haben. Dies bedeutet auch, dass es keine Vorab-Einlagen für Neukreditvergabe braucht, weshalb es auch keinen Zinswettbewerb um die „Anleger“ gibt, insbesondere da andere „Anlagen“ den Banken von der Monetative nicht mehr erlaubt sind.
Es hat sich „ausgetendert“
Die Giralguthaben der Geschäftsbanken sind also faktisches Zentralbankgeld der Monetative, da Sie unbegrenzt in dieses umgetauscht werden können. Dies ist quasi die Gegenleistung und Erleichterung für die Geschäftsbanken für die Regulierung ihrer Kreditvergabe. Jegliche sonstige Geldmengensteuerung mit „Tendern“ entfällt, Der direkte Eingriff in Kreditzinsen der Geschäftsbanken ist ein direktes und damit schnelles Steuerelement – wirksamer als das bisherige, wegen Knappheit der solventen Kreditnehmer unwirksame Steuer-Mittel mit quantitativer Begrenzung von Zentralbankguthaben. Quantitative Betrachtungen werden von der Monetative vielmehr auf das in kurzen Intervallen meldepflichtige Neukreditgeschäft der Geschäftsbanken fokussiert.
Lösung „versteckter“ Bankenprobleme
Es ist generell davon auszugehen, dass in Bank- und Versicherungsbilanzen noch gigantische „stille Lasten“ liegen, die durch Buchungstricks versteckt wurden.
Eine weitgehende Umsetzung der Reformvorschläge in den USA und Europa würde durch Aufwertung der Sachaktiva eine weitgehende Rückgängigmachung der Verluste bedeuten. Hierzu gibt es eine schöne Visualisierung im dritten Teil des Films „Global Change 2009“ .
Die Aufgaben der Geschäftsbanken: Zahlungsverkehr, Kreditvergabe, Eigenkapitalvermittlung
Unser neues Geldsystem kennt risikolose/zinslose Geldhaltung mit Staatsgarantie und Kapitalanlagen in Form von risikotragendem Eigenkapital in Eigenkapitaltitel oder Direktinvestition in Sachwerte. Die Rolle der Geschäftsbanken bleibt in diesem System sehr wichtig für eine funktionierende Marktwirtschaft. Sie sind aber keine „Firmen mit besonderer Machtposition“ mehr.
Kreditvergabe/Zahlungsmittelschöpfung + Zahlungsverkehr
Geschäftsbanken betreiben mit solventen privatwirtschaftlichen Kreditnehmern Zahlungsmittelschöpfung, was auf der anderen Seite durch die Zahlungsmittelvernichtung der Tilgung der Privatkredite und der Staatsschulden durch die Kreditsteuer ausgeglichen wird. Die Zahlungsmittelschöpfung erfolgt als Monetisierung von Pfändern des Kreditnehmers unter zusätzlicher Besicherung durch anteiliges Bankeneigenkapital.
Bar oder giral – egal
Es gibt damit nun Zahlungsmittelbestände, die aus Gründen der Liquidität und kurzfristigen Wertaufbewahrung von Wirtschaftern wahlweise in Forderungen gegen eine Geschäftsbank (Giralgeld) oder als Forderung gegen die Monetative (Bargeld) gehalten werden. Da größere Bargeldhaltung ein privates Sicherheitsrisiko darstellt und immer mehr per Überweisung gezahlt wird, wird Bargeld nur einen geringen Anteil haben. Ein warum auch immer einsetzender Bankenrun wäre in diesem Konstrukt aber dennoch kein Problem.
Wettbewerb okay = Preis für Zahlungsmittelschöpfung okay
Die Banken erheben einen Kreditzins, der auf Basis ihrer Kosten und der Kreditsteuer als „Materialeinsatz“ mit einem dem Wettbewerb ausgesetzten Gewinnaufschlag kalkuliert wird. Ein Konzentrationsprozess unter den Banken ist vom Kartellamt zu verhindern, um einen ausreichenden Wettbewerb zu erhalten. Gegen Dumping-Kalkulationen zur „strategischen Wettbewerbsreduzierung“ sollte die Aufsichtbehörde aber ebenfalls vorgehen.
Filialbanken – Kontoführungsgebühren steigen wohl etwas
Weiterhin bieten die Banken natürlich die Kontoführung und den Zahlungsverkehr an. Da wegen des Konstrukts kein Bedarf an “Einlagen” besteht, wird diese Leistung bei Filialbanken wohl zum Ausgleich des harten Wettbewerbs um Kreditmargen etwas teurer werden.
Neue Aufgabe: Vermittlung von Eigenkapitalgeschäften, „Wertgeld“
Banken haben eine hohe Kompetenz in der Bewertung der Risiken realwirtschaftlicher Geschäfte. Dies können Sie nicht nur für die Kreditvergabe nutzen, sondern auch für die Vermittlung verbriefter Eigenkapital-Anlagen oder direkter Investitionen in Sachwerte. Diese Geschäfte sind Provisionsgeschäfte auf reines Risiko des Anlegers. Der Anleger ist über Risiken natürlich in klarer und eindeutiger Form zu belehren. Ich sehe ein enormes Potenzial in „ungehebelten Fonds“, also Verbriefung realer Investitionsgüter ohne Kredithebel. Hier wird bei wenig Risiko (fehlender Kredithebel, Risikostreuung möglich) eine realwirtschaftliche Rendite bei maximaler Liquididät erwirtschaftet. So kann man Liquiditätsbedürfnisse und Ertragswünsche mit relativ großer Sicherheit verbinden. Dieses „Wertgeld“ wäre als Wertaufbewahrungsmittel die ideale Ergänzung unseres „Schuldgeldes“ zur Wertschöpfung.
Wie kommen Nichtunternehmer zu realwirtschaftlichen Renditen?
In Deutschland haben die Unternehmer nun schon seit einigen Jahren einen negativen Kreditsaldo. Sie finanzieren sich also aus Abschreibungen und Gewinnen selbst. Dies ist der Grund, warum wir für die „Geld-Sparleistung“ der Nichtunternehmer heute Staat und Ausland verschulden müssen, um unser wirtschaftliches Gleichgewicht zu halten. Natürlich werden noch neue Kredite von den Unternehmern aufgenommen, aber eben noch mehr alte Kredite getilgt. Aus diesem Grund finde ich das oben genannte Wertgeld-Fondsprojekt so wichtig. Damit können realwirtschaftliche Renditen auf die Seite der Nichtunternehmer gezogen werden, aber auch neue, eigenkapitalschwächere Existenzgründer im Sinne des Erhalts des Wettbewerbs teilweise finanziert werden. Hier sollte die Monetative die regulatorischen Rahmenbedingungen schaffen.
Aufgabe 3 der Monetative: Herstellung außenwirtschaftlichen Gleichgewichts
National gilt für ein Exportüberschussland wie Deutschland:
Staatsschuldenwachstum = Wachstum der privaten Geldvermögen abzgl. Exportüberschüsse
National gilt für ein Importüberschussland wie Griechenland:
Staatsschuldenwachstum = Wachstum der privaten Geldvermögen zzgl. Importüberschüsse
Dauerhafte Exportüberschüsse sind deshalb keine gute Sache – sie haben schon einige Kriege ausgelöst. Heute wird auf uns Deutschen deswegen wohl nicht geschossen werden, vielmehr wird man uns zu einem Transfer der „überschüssigen“ Einnahmen zwingen. Spätestens an diesem Punkt sollten wir keine Zeit mehr auf Diskussionen verschwenden, wer denn nun an dieser Situation des Ungleichgewichts schuld sei. Wir haben jetzt mit der Monetative das bisher fehlende Instrument, binnenwirtschaftliches Gleichgewicht auch ohne Exportüberschüsse oder extreme Staatsschulden herzustellen. Mit Werkzeug E, der variablen Ausfuhrumsatzsteuer, können wir mit der Besteuerung von Exporten eine Einnahme schaffen, die wir direkt über Werkzeug B wieder der Stärkung der Binnennachfrage zuführen können.
Dabei ist vorerst bedächtig mit kleinen Steuersätzen vorzugehen, denn die etwas stärkere Ausrichtung der deutschen Wirtschaft auf den Binnenmarkt ist ein längerfristiges Projekt. Wichtig ist jetzt vor allem, dass es überhaupt ein Mittel und einen Plan für dieses Projekt gibt. Mit einer internationalen Umsetzung der Monetative-Reform in der gesamten Euro-Zone haben wir dafür auch sehr viel Zeit – die Euro-Krise wäre endlich beendet.
Nullzinsfinanzierung von Staatsschulden erlaubt Prolongierung statt Abschreibung
Unbedingt sollten wir deshalb die Monetative als Lösungsansatz auch in den EU-Krisenländern vorschlagen. Eine Sanierung von deren Staatshaushalten ist mit dem vorgeschlagenen Lösungsansatz ebenso möglich. Die Nullzinsfinanzierung der neuen Staatsschulden verhindert die Abschreibung der bestehenden Schulden. Die Staatsschuldenstände selbst Griechenlands liegen noch deutlich unter der Japans, und es gibt bei Nullzins keinen Grund, dort Forderungsabschreibungen vorzunehmen – Nicht nur wegen des wirtschaftlichen Schadens, sondern auch wegen der moralischen Demütigung der Schuldnerländer und unnötiger Vorwürfe der Gläubigerländer. Dies alles kann einer erfolgreichen europäischen Entwicklung nicht zuträglich sein.
Schlusswort: Monetäre Grundschulbildung verhindert Schildbürgerstreiche
Grundgesetzliche Schildbürgerstreiche
Was in der sogenannten Schuldenkrise in den letzten Jahren alles passiert ist, erinnert mich an die Geschichte der Bürger von Schilda. Der Versuch, Staatsschulden mit grundgesetzlichen Schuldenbremsen zu bekämpfen, liegt nicht weit von dem Versuch, Licht in Säcken in ein falsch geplantes Gebäude zu tragen. Die kollektive Kritiklosigkeit dazu in allen gesellschaftlichen Gruppen und Medien bestätigt die These eines Volkes von monetären Analphabeten. Dass ein Staatshaushalt anderen Gesetzen unterliegt als ein Privathaushalt, sollte den Kindern bereits in der Grundschule beigebracht werden. Ebenso, dass Geldvermögen kein Ding aus einer Schatztruhe oder von einer Zentralbank, sondern anderer Leute Schulden sind. Mit Grundlagenwissen zu solchen eigentlich trivialen Dingen sind fatale Missverständnisse und ökonomische Katastrophen gut vermeidbar. Dazu braucht es natürlich erst einmal Lehrkräfte, die selbst wissen, was Geld ist und wie die Wirtschaft damit funktioniert.
Erwachsenenbildung jetzt – Volkswirte haben etwas gutzumachen
Wenn wir es freundlich formulieren, haben sich gerade deutsche Volkswirte in der Krise nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Sie sollten sich jetzt selbst zu saldenmechanischen = logischen Zusammenhängen weiterbilden bzw. verdrängtes Wissen endlich zur Anwendung bringen, damit über ihre Beziehung zur Logik nicht auch künftig noch so zu urteilen ist wie im folgenden Auszug aus einem Artikel von Heiner Flassbeck (erschienen in einem Sammelband zum 75. Geburtstag von Wolfgang Stützel, Herbst 2000):
Wenn man heute Wolfgang Stützels Beitrag zur Volkswirtschaftslehre Revue passieren lässt und sich gleichzeitig den Stand der aktuellen wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung vor Augen führt, ist man zwischen Verzweiflung und Zynismus, Wut und Erstaunen hin- und hergerissen. Wolfgang Stützel ging es vor dreißig Jahren ähnlich. In der Veranstaltung zu Wirtschaftstheorie und politik, die er mit Vorliebe sein „Oberseminar“ nannte, begann der vortragende Seminarist regelmäßig mit der Darstellung hochtrabender theoretischer Modelle und endete, im Gefolge eigener Fehler oder „angeregt“ durch Wolfgang Stützel, regelmäßig bei der Deklination der volkswirtschaftlichen Saldenmechanik. Solche Kurse würde man auch heute noch vielen Ökonomen und Politikern wünschen. Genau wie damals werden heute in der wirtschaftspolitischen Diskussion ohne Unterlass Positionen bezogen, von denen man schon aufgrund der saldenmechanischen Zusammenhänge weiß, daß sie nicht haltbar sind. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen haben die Ökonomen, in Deutschland insbesondere, ein gespaltenes Verhältnis zu ihren eigenen logischen Grundlagen. Einen Mathematiker, der sich in seinen Ausführungen immer eilfertig von den Grundrechenarten distanzierte, würde die Disziplin rasch zum Schweigen bringen. Einen Physiker, der bei seinen Ableitungen beiläufig die Newtonschen Gesetze „widerlegte“ oder schlicht ignorierte, würden die Fachkollegen sicher in Minuten demontieren. Anders in der Ökonomie: Es ist geradezu tugendhaft, wenn man sich von „Identitäten“ und „Saldenmechanik“ distanziert, ganz gleich, wie oft man dabei gegen die reine Logik verstößt.
Liebe VWLer – wir sind nicht nachtragend, aber macht bitte endlich euren Job. Bitte entwickelt und diskutiert neue Modelle der Globalsteuerung auf Basis der Wahrnehmung der völlig gestörten makroökonomischen Situation Deutschlands. Deutschland wäre als der Investitionsgüterhersteller ein Hauptopfer einer deflationären Depression, die gerade Deutschland mit seinem (bezüglich saldenmechanischer Zusammenhänge) unaufgeklärten Handeln in Europa gerade heraufbeschwört. Noch können wir diskutieren – aber nicht mehr lange …
„Dabei läuft die Zeit ab, in der ein rationales und auch radikales Hinterfragen der sozialen Verhältnisse (und das Kapital ist nichts anderes als ein soziales Verhältnis), unter denen wir leben, überhaupt noch möglich ist. Ab einer bestimmten Eskalationsstufe der Krise wird die bereits allgegenwärtige blinde Wut, die das in Agonie befindliche System ausschwitzt – und die sich derzeit in wilden Schuldzuweisungen äußert – übermächtig. Der Wahn wird sich der krisengeschüttelten Gesellschaft vollends bemächtigen.“ (Thomas Konicz)
Ich danke für Ihr Interesse.
Augustusburg, 30.01.2012
Jörg Buschbeck
Vorstand Global Change 2009 e. V., http://www.global-change-2009.de
Der Autor steht unter jb[at]global-change-2009.de für Nachfragen zur Verfügung. Ich suche Unterstützung durch Weiterentwickler, Weiterverbreiter, Übersetzer oder auch Spenden zur Beschäftigung entsprechender Dienstleister. Der Text kann unter Nennung der Quelle frei verbreitet und weiterentwickelt werden.
Link auf das Dokument:
http://www.global-change-2009.com/blog/ein-grundlegender-losungsansatz-fur-die-systemkrise-%E2%80%93-notenbanken-werden-zur-%E2%80%9Emonetative%E2%80%9C/2012/01/
-- AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik[at]lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik
- Re: [AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Jörg Buschbeck, Uwe Krüger Winands, 31.01.2012
- Re: [AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Jörg Buschbeck, cosmic, 31.01.2012
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Jörg Buschbeck, Uwe Krüger Winands, 31.01.2012
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.