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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Egon W. Kreutzer

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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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[AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Egon W. Kreutzer


Chronologisch Thread 


/Wie ihr wisst, frage ich derzeit bei verschiedenen Geldsystemexperten nach Ihren Positionen bzgl. einer Geldreform an. Ziel ist es, die jeweilige Essenz in einer Position zu erhalten, also komprimierte Aussagen über Erkenntnisse und vor allem auch über konkrete Lösungsvorschläge für eine Geldsystemreform.

Den Anfang machte Egon W. Kreutzer, der nun als zweite Position hier im Forum zur Diskussion gestellt wird. (cos)/

*EWK Positionspapier
Wirtschaft, Geld und Eigentum*

In den letzten zehn Jahren habe ich hunderte von Aufsätzen online gestellt, in denen ich meine Überlegungen und Überzeugungen zu einem menschengerechten Wirtschafts- und Geldsystem - oft punktuell, manches Mal auch übergreifend - öffentlich gemacht habe.

Daneben ist das vierbändige Werk "Wolf's wahnwitzige Wirtschaftslehre" erschienen, in dessen Einzelbänden "Unternehmer und Marktwirtschaft", "Globale Konzepte", "Über das Geld" und "Eigentum und Teilhabe" auf über 1.000 Seiten dargestellt ist, wo die Probleme und Schwierigkeiten, die Tücken und Fallstricke unseres real existierenden Wirtschaftssystems liegen - und welche Konzepte für eine neue Ordnung ich anbiete.

Dabei ging es mir stets darum, neben der Vision dieser neuen Ordnung auch einen gangbaren Weg dahin aufzuzeigen, der weder eine Revolution noch den "neuen, besseren Menschen" voraussetzt, um dem Ziel Schritt für Schritt näher zu kommen.

Daneben habe ich viel über den Zustand unserer Demokratie geschrieben, über die Fehlentwicklungen im Bereich der EU, über die negativen Folgen einer Politik, die, dem Wachstumswahn verfallen, immer mehr darauf abzielt, Löhne und soziale Errungenschaften auf ein Minimum zurückzufahren, um im unseligen Exportüberschuss die Renditen der "internationalen Investoren" zu sichern.

Viele meiner Leser sind von Anfang an dabei gewesen, andere haben sich mit der Zeit durch alles durchgearbeitet, doch Woche für Woche kommen neue hinzu, denen es nicht leicht fällt, all das vorher Gedachte und Geschriebene mit dem jeweils aktuellen Text so in Verbindung zu bringen wie es mir beim Schreiben als "Gesamtkonzept" vorschwebt.

Nun ist vor kurzem die Piratenpartei an mich herangetreten, mit der Frage, ob ich für Vorträge und/oder Workshops zur Verfügung stünde, um dieser jungen demokratischen Kraft bei der Erarbeitung ihres Parteiprogramms Impulse zu geben - verbunden mit der Frage, ob es von mir so etwas wie "ein Positionspapier" gäbe, um schnell einen Eindruck gewinnen zu können, wofür "der Kreutzer" denn so steht.

Ich habe erkannt, dass es sinnvoll ist, ein solches Positionspapier zu schreiben.

Hier ist es:

*Egon W. Kreutzer
Grundsatzpositionen zur Wirtschafts- Geld- und Eigentumsordnung*

Grundsätzliches

Unsere Wirtschaftsordnung, der Kapitalismus, hat das gesellschaftliche Wertesystem inzwischen weitgehend unterhöhlt und wird von der Mehrzahl der Bürger - jenen, die davon profitieren, aber auch jenen, die dafür bezahlen müssen - als Selbstverständlichkeit, als einzig denkbare "Gesellschaftsordnung" angesehen.

Gewinne sind gut, hohe Gewinne sind besser, höchste Gewinne sind am besten - und wenn diese Gewinne mit Anstrengung und Arbeit erzielt werden, dann ist das zwar gut, doch am erstrebenswertesten erscheint es, ganz ohne eigene Leistung höchste Gewinne zu erzielen, nur dadurch, dass das Kapital, das man - wie auch immer - aufgebaut hat, ganz von alleine einen immerwährenden Zustrom von Geld hervorbringt.

Der Typus des Unternehmers, der etwas unternimmt, um mit seinen Leistungen und Produkten im Rahmen einer arbeitsteiligen Gesellschaft einen Beitrag zur allgemeinen Verbesserung des Wohlstands zu leisten - und seinen Gewinn als den gerechtfertigten Ertrag seiner Leistung ansieht, ist am Aussterben. Er wurde abgelöst vom Typus des Managers, dessen Ziel primär darin besteht, aus dem eingesetzten Kapital der Anteilseigner die höchstmögliche Rendite zu erwirtschaften. Die Produkte und deren Nutzen spielen dabei eine untergeordnete Rolle, Qualität wird vielfach durch Werbung ersetzt, Preise nicht mehr an Kosten, sondern an der eigenen Marktmacht ausgerichtet, Löhne und Gehälter nicht nach Erfahrung und Leistung der Beschäftigten gezahlt, sondern nach den Gegebenheiten eines Arbeitsmarktes, der von der Politik massiv beeinflusst, von einem Millionenheer von hungrigen Arbeitslosen und einem immer weiter wachsenden Niedriglohnsektor gekennzeichnet ist.

Dass es in den 62 Jahren seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland bis heute dahin gekommen ist, hat ganz wesentlich mit dem Geldsystem zu tun, in dem wir wirtschaften, vor allem aber auch mit der Art und Weise, wie wir mit diesem Geldsystem umgehen.

Daher stehen die

Überlegungen zum Geld

am Anfang dieses Positionspapiers.

Das Wesen des Geldes

Unser Geld ist kein Tauschmittel - dazu fehlt ihm der eigene Wert, der es zum Tausch erst fähig machen würde - sondern ein Zahlungsmittel.

Wir bezahlen mit "Zahlen".

Zahlen, die ohne große Mühe in den Computern der Geschäftsbanken erzeugt werden und den Kreditnehmern gleichzeitig als Guthaben auf dem Girokonto und als Schuld auf dem Kreditkonto verbucht werden. Weder das Vermögen der Bank, noch das Vermögen des Kreditnehmers verändert sich durch diesen Vorgang, denn Schulden und Guthaben saldieren sich - sowohl bei der Bank, wie auch beim Kreditnehmer - auf Null.

Der Kreditnehmer verfügt damit über Zahlungsmittel, um seine Rechnungen zu begleichen - und er steht in der Pflicht, diese Zahlungsmittel pünktlich zur Fälligkeit wieder zu erwirtschaften, auf seinem Girokonto zu sammeln und dann seine Schuld zu tilgen.

Mit der Tilgung verschwinden sowohl das neu aufgebaute Guthaben wie auch die Schuld wieder vollständig aus den Büchern, ohne dass sich dadurch das Vermögen der Bank oder das Vermögen des Kreditnehmers verändern würden. Das für bestimmte Transaktionen des Kreditnehmers zur Verfügung gestellte Zahlungsmittel ist nach Abschluss der Tilgung wieder aus der Welt. Es existiert nicht mehr.

Führt man diesen Vorgang auf das Wesen des arbeitsteiligen Wirtschaftens zurück, dann hat der Kreditnehmer die Leistung von Dritten in Anspruch genommen, ohne selbst schon eine Gegenleistung erbracht zu haben. Stattdessen übergibt er das "Zahlungsmittel", dem bei der Bank die entsprechende Schuld gegenübersteht. Gelingt es ihm nun, anderen Wirtschaftsteilnehmern eigene Leistungen zu verkaufen, kann er mit dem dafür eingenommenen Zahlungsmittel seine Schuld tilgen.

Dieses Prinzip ist genial gut.

Bei einer vernünftigen Kreditvergabe könnte es stets so viel Zahlungsmittel im Umlauf geben, wie für die möglichen und wünschenswerten - auf Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Wirtschaftsteilnehmer gegründeten - Transaktionen benötigt wird.
Zahlungsmittel für abgeschlossene Transaktionen verschwinden per Tilgung wieder im Nichts, so dass aus der Geldschöpfung der Banken auch nicht zwangsläufig Inflation entstehen müsste.

Dieses Prinzip ist genial gut.

Doch in der Realität funktioniert es leider ganz anders.

Die Störungen im Geldwesen

a) Der Zins

Alles Geld stammt aus Kredit.
Die Menge des dem Kreditnehmer zur Verfügung gestellten Zahlungsmittels schließt jedoch den Zins nicht ein. Das bedeutet letztlich, dass aus der umlaufenden Zahlungsmittelmenge die vollständige Tilgung der Kreditsumme theoretisch möglich ist, dass es aber vollkommen unmöglich ist, die benötigten Zahlungsmittel für den geschuldeten Zins zu beschaffen, es sei denn, irgendwer hat rechtzeitig vor der Zinsfälligkeit einen weiteren Kredit aufgenommen - und die daraus in Umlauf gelangten Zahlungsmitteln fließen dem Zinsschuldner rechtzeitig zu.

Die Tatsache, dass die meisten Kredite (noch) pünktlich mit Zins und Tilgung bedient werden können, ist also ausschließlich der Tatsache geschuldet, dass das insgesamt bestehende Kreditvolumen ständig mindestens so weit wächst, dass aus den umlaufenden Zahlungsmitteln Zins und Tilgung bei Fälligkeit gezahlt werden können.

b) Die Hortung

Die Pflicht zur Rückzahlung von Krediten kann nur erfüllt werden, wenn alle in Umlauf gebrachten Zahlungsmittel auch in Umlauf bleiben. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Durch Ersparnisbildung, also die Anlage von Geld (ob im eigenen Safe oder als Einlage bei Banken) werden Zahlungsmittel stillgelegt, dem Umlauf entzogen.
Es ist zwar richtig, dass Banken Teile der Kundeneinlagen verwenden, um auf Basis dieser Einlagen neue Kredite zu vergeben, doch da liegt das Problem: Es werden auch in diesem Fall neue, zusätzliche Kredite benötigt, Kredite, die wiederum zinsbelastet sind, was, wie vorstehend beschrieben, nur wieder zur Inanspruchnahme neuer Kredite zwingt.

Es sei erwähnt, dass das Geldsystem in seiner ganzen Breite durchaus tolerant genug ist,
um Ersparnisbildung, auch wenn sie über lange Jahre besteht, zum Beispiel, um eine Rücklage für das Alter oder das Eigenkapital für den Haubau zu schaffen, ohne Störungen zu verkraften, solange die Ersparnisse irgendwann für zukünftige Ausgaben dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt werden.

Das Problem entsteht da, wo größere und große Geldvermögen gebildet werden, die durch Zins und Zinseszins immer weiter wachsen und im Kern nie angetastet werden. Hier werden dem Markt Zahlungsmittel dauerhaft entzogen, die - will man der Deflation entgehen - nur durch weiteres Schuldenwachstum ausgeglichen werden können.

In diesem Zusammenhang sind auch die von mir so genannten "Nicht leistungsadäquaten Einkommen" zu betrachten. Der Zins gehört dazu, Mieten und Pachten, soweit sie Gestehungs- und Unterhaltskosten der Miet- oder Pachtsache überschreiten, Lizenzgebühren, nach Abgeltung der Kosten der Vorleistungen und ähnliches.

Nicht leistungsadäquate Einkommen, die sich in der Realität zumeist dort ergeben, wo die Ausgaben für Konsum und/oder Investitionen unterhalb der Einkommen bleiben, wo sich also geradezu zwangsläufig Ersparnisse bilden, die nicht mehr in den Kreislauf zurückfließen, bilden einen erheblichen Teil des Zuwachses der Hortung und damit den Zwang zur Neuverschuldung.

c) Destruktive Kreditvergabepraktiken

Maßlose Kreditvergabe, wie sie z. B. als Auslöser der US-amerikanischen Sub-Prime-Krise in Erscheinung trat oder jetzt aktuell in den vielfältigen "Rettungspaketen und -Schirmen", die zur Stützung von europäischen Banken und des Euro zu beobachten ist, mehrt vorübergehend die Zahlungsmittelmenge und fließt binnen kurzer Zeit in die Hortung, mit der Folge, dass wiederum notleidende Kredite entstehen und daraus Rettungsmaßnahmen erforderlich werden.

Unzureichende Kreditvergabe, wie sie seit über einem Jahrzehnt in Deutschland gegenüber der Realwirtschaft praktiziert wird - und wie sie gegenüber den Schuldnerstaaten Europas derzeit als "Streik des Kapitals" praktiziert wird, führt zu Geldmangelerscheinungen, die sich so äußern, dass zehn arbeitslose, aber arbeitsfähige und arbeitswillige Dachdecker Harz IV beziehen, während gleichzeitig das Dach der Schule ihres Stadtviertels den Regen nahezu ungehindert durchlässt.

Bei ausreichender Zahlungsmittelversorgung könnten die Dachdecker sinnvoll beschäftigt und das Schuldach saniert werden, ihre Löhne und Gehälter flössen bei ungestörtem Zahlungsmittelkreislauf direkt - über die Lohnsteuer - und indirekt durch ihren Konsum und die damit möglichen Folge-Konsume und Investitionen und die darauf fälligen Steuern an die Öffentliche Hand zurück, so dass die zur Tilgung erforderlichen Mittel rechtzeitig wieder zur Verfügung stünden. Bei Kreditzurückhaltung geschieht das Gegenteil, die Mittelzuflüsse zu den Öffentlichen Händen werden geringer, es können selbst Altschulden nicht mehr bedient werden, mit der Folge, dass weitere Kosteneinsparungen - und damit verbunden auch Einsparungen an den Personalkosten unumgänglich werden.

Hinzu kommt, dass Kredite nicht selten außerhalb der Realwirtschaft vergeben werden, um spekulative Geschäfte zu ermöglichen. Kreditfinanzierte Hedge-Fonds sind dann in der Lage, auch durchaus gesunde Unternehmen zu übernehmen, ihnen diese Kredite aufzubürden, sie zu zerschlagen, stille Reserven aufzulösen, daraus entstehende Gewinne abzuziehen und das ausgeblutete Unternehmen samt der Belegschaft in die Insolvenz zu schicken.

Hinzu kommt, dass Anlagen in den reinen Finanzsektor Renditen erzielen, die deutlich über den möglichen Renditen realwirtschaftlicher Unternehmen liegen. Die gepriesene "Allocationskraft des Zinses" verführt also dazu, eher solche Investitionen zu finanzieren, die nur darauf abzielen, spekulative Gewinne zu erwirtschaften, als solche Investitionen zu unterstützen, die auch einen Nutzen für die Bevölkerung darstellen. Kredite für Termingeschäfte mit Waren aller Art, auch mit Nahrungsmitteln, verteuern die Verbraucherpreise um die Spekulationsgewinne und ruinieren nicht selten auch die Produzenten, die ihre "Ernte" zu früh zu einem ungünstigen Preis an den Markt bringen mussten, um ihren eigenen (Kredit-)Verpflichtungen nachkommen zu können.

Folgerungen und Konzepte

a) Kreditgeld

Das Prinzip, Zahlungsmittel bei Bedarf in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen und sie nach Abschluss der Transaktion (= Erbringung der Gegenleistung) wieder durch Tilgung zu vernichten ist ein gutes Prinzip.

Schädlich sind die Wirkungen des Zinses und der Hortung sowie die Manipulationsmöglichkeiten innerhalb dieses Systems, die eine stetige Vermehrung der nicht mehr tilgbaren Verschuldung, Deflation - und anschließende Hyperinflation durch Auflösung der Horte im Run auf die letzten Sachwerte (Privatisierungszwang) hervorrufen.

b) Zins

Der Guthabenzins, der dem Sparer gutgeschrieben wird, wird gewöhnlich als eine Prämie für Konsumverzicht bezeichnet und soll außerdem einen Inflationsausgleich ermöglichen.

Beide Argumente sind zu hinterfragen.

Große Geldvermögen, die sich durch Zins- und Zinseszins vermehren, bei denen alleine die Zinserträge durch Konsum - auch bei größtem Bemühen - nicht aufgezehrt werden können, entstehen nicht durch Konsumverzicht. Eine Prämie für Konsumverzicht stellt in diesen Fällen die Realität auf den Kopf.

Zinsen, die als Zahlungsmittel bei Kreditgewährung nicht mit bereitgestellt werden, erzwingen weitere Kreditvergabe und sie zwingen dazu, Zinsen in den Preisen, auch in den Löhnen und Gehältern weiterzugeben. Der Zins ist also ein Instrument, das zwangsläufig Teuerung hervorbringt, Teuerung, die wiederum nur durch Ausweitung der Geldmenge (Aufblähung - Inflation) so aufgefangen werden kann, dass bei gleichen Einkommen auch gleiche Waren und Leistungen verkauft werden können. Der Zins ist also, wenn überhaupt, nicht nur Inflationsausgleich sondern zugleich auch Inflationsursache.

Die Kosten für die Bereitstellung von Zahlungsmitteln (einschließlich eines nicht zur nachhaltigen Ersparnisbildung führenden Gewinnes der Banken), sowie die Verluste, die durch uneinbringliche Kredite entstehen, verbleiben im Geldumlauf, sind also unschädlich und dürfen als Entgelt für die Kreditgewährung und Kontenpflege in Rechnung gestellt werden.

Zinsanteile, die sich einzig aus der Marktlage darüber hinaus ergeben und im Wesentlichen zur Vermehrung gehorteten Geldvermögens führen, sind schädlich und zu vermeiden.

c) Bankwesen

Das Bankensystem bringt als Träger des Zahlungsverkehrs eine wichtige gesamtgesellschaftliche Leistung. Ebenso bringt das Bankensystem mit dem dort vorhandenen Fachwissen bei der Beurteilung von Kreditwünschen - und der Fähigkeit, Zahlungsmittel aus dem Nichts zu schaffen und ihre Rückführung und Wiederauflösung zu gewährleisten ebenfalls einen erheblichen Nutzen für die Volkswirtschaft.

Ebenso ist die Möglichkeit, Ersparnisse bei Banken für eine begrenzte Zeit zwischen Ersparnisbildung und Auflösung der Ersparnisse für Konsum und/oder Investition zu parken, eine sinnvolle Einrichtung.

Alle übrigen Geschäftsfelder der Banken, insbesondere das Investmentbanking und das - auf Basis von Kundeneinlagen (und mit Hilfe von den Banken auf eigene Rechnung aufgenommener Kredite) - betriebene Eigeninvestment der Banken sollten den Banken per Gesetz untersagt und in rechtlich vollkommen selbstständige, auch nicht durch Kapital verflochtene Investmentgesellschaften ausgelagert werden.

d) Stabilität der Liquiditätsversorgung der Realwirtschaft

Der Egoismus des Menschen, Erbe der Evolution, ist auf lange Frist als eine Rahmenbedingung menschlichen Handelns zu berücksichtigen. Ein Bankensystem, das neben dem Zahlungsverkehr auch die Aufgabe der Kreditversorgung wahrnimmt, ist trotz der vorgeschlagenen Abtrennung des Investmentbankings nicht automatisch so gestaltet, dass die Gewinninteressen nicht auch immer wieder zu einer Geschäftspolitik verführen, die der Wirtschaft und den Konsumenten schadet.

Daher wird ein "gesamtgesellschaftlich" akzeptiertes Korrektiv benötigt, dass im Falle von Kreditverweigerung mit deflationären Folgen - und bei erkennbarem Geldmangel in der Realwirtschaft - außerhalb des Bankensystems Liquidität erzeugen und an geeigneten Stellen in den Wirtschaftskreislauf einschießen kann.

Ein wissenschaftliches Gremium sollte die Situation "Liquiditätsmangel" feststellen und Art und Umfang von Liquiditätshilfen festlegen.

Diese Liquidität sollte nicht als Kredit, sondern als zins- und tilgungsfreies "Geschenk", als Subvention, als verlorener Zuschuss, in den Kreislauf eingebracht werden, ohne dass dem an irgendeiner Stelle - weder beim Empfänger, noch beim Staat - eine Schuld gegenüber stünde.
Eine Überweisung der Bundesbank - ohne Gegenbuchung - wäre der einfachste Weg dahin.

Mit diesen Mitteln sollten schwerpunktmäßig solche gesellschaftlich wünschenswerten Projekte (einmalig, als Anschubfinanzierung) gefördert werden, die von den Banken im Blick auf die fehlende Renditeerwartung oder wegen der Konkurrenz zu vorhandenen Geschäftsbeziehungen nicht finanziert werden. Diese Projekte können sowohl privatwirtschaftlicher Natur sein, wie auch solche, die auf kommunaler Ebene zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Infrastruktur wünschenswert erscheinen. Ebenso könnte die direkte Förderung von Familien oder bestimmter benachteiligter Personengruppen so finanziert werden.

Solche zins- und tilgungsfreien Mittelzuflüsse würden einerseits den Kreditmarkt der Banken beeinflussen, da ein Zuwachs an umlaufender Liquidität einen guten Einfluss auf das allgemeine Zinsniveau hätte.

Zudem würde ein Gutteil dieser Mittelzuflüsse kurz bis mittelfristig in die Tilgung bestehender Kredite fließen, was den Zwang zur Neuverschuldung mindert und ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Marktzins hätte.

Ein Nebeneffekt: Geldanlagen, denen nach Tilgung von Krediten aus solchen Mitteln nur noch ein verminderter Forderungswert gegenübersteht, brächten zwangsläufig niedrigere Zinserträge, müssten folglich aktiv auf den Markt gehen, um neue Kreditnehmer zu akquirieren, wenn eine "Abschreibung" vermieden werden soll, was von sich aus einen positiven Einfluss auf die Geldversorgung und das Zinsniveau haben würde.

So könnte, mit punktuellen und durchaus begrenzten Liquiditätsspritzen eine Umkehr der Machtverhältnisse auf den Kapitalmärkten erreicht werden - weg von der Bankenmacht, hin zur Macht einer gesamtgesellschaftlich akzeptierten, halbstaatlichen Organisation.

Selbstverständlich obliegt es dem angesprochenen wissenschaftlichen Gremium auch, Zustände von Inflation - also überschießender Liquidität - festzustellen und entsprechende Abschöpfungsmaßnahmen des Staates zu initiieren.

Dies könnte im akuten Fall bevorzugt durch die Anhebung der Steuersätze einer Finanztransaktionssteuer geschehen.

Prophylaktisch sind die Wiedereinsetzung einer Vermögenssteuer, speziell auf höchste Vermögen (>1Milliarde Euro), die Erhebung einer Sondersteuer auf höchste Einkommen (>100 Millionen p.a.) und zuletzt auch die elastische Anpassung der Mehrwertsteuer-Sätze in Betracht zu ziehen.

Ebenso sollte daran gedacht werden, zur Vermeidung von inflationären Infektionen mit Liquidität aus anderen Teilen der Welt, im akuten Fall Kapitalverkehrskontrollen und -beschränkungen einzuführen.

Am Rande erwähnt sei, dass ich Finanztransaktionen - jeweils beim abgebenden Konto - mit einem jährlichen Freibetrag von 1 Million Euro - mit dem Satz der normalen Mehrwertsteuer belasten würde. Das klingt dramatisch - ist es aber nicht. Der Umfang der Finanztransaktionen ist so gewaltig, dass infolge dieser Gleichbesteuerung bei unverändertem Aufkommen eine ganz erhebliche Senkung der Mehrwertsteuer-Sätze in den niedrigen einstelligen Bereich möglich wäre.

Am Rande sei auch erwähnt, dass die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge selbstverständlich abgeschafft - und alle Einkommen - gleichgültig aus welcher Quelle - nach den Sätzen des jeweils gültigen Einkommensteuertarifs zu versteuern sein sollten.

Wirtschaft

a) Soziale Marktwirtschaft

Die arbeitsteilige Wirtschaft mit freien Unternehmern, die mit ihren Ideen, ihren Kenntnissen und Erfahrungen, auch mit ihrer Risikobereitschaft zur bestmöglichen Versorgung des Binnenmarktes beitragen, ist, verbunden mit der Sozialbindung des Eigentums, wie sie letztlich in guten Ansätzen von Ludwig Erhard als "Soziale Marktwirtschaft" postuliert wurde, eine gute Sache.

Neben dem freien Unternehmertum braucht jedoch auch der Staat - wohlverstanden als Diener und Dienstleister der Bevölkerung - eigene Unternehmereigenschaften, wenn es darum geht, Infrastruktur und Einrichtungen der kommunalen, regionalen und überregionalen Selbstversorgung - frei vom Gewinnstreben privater Unternehmer - für die Bevölkerung bereit zu halten. Dazu gehören neben dem Straßennetz, den Bahnlinien und Schifffahrtswegen auch die Flughäfen, es gehören dazu der regionale Nahverkehr, die Wasser- und Energieversorgung, das Schul- und Bildungswesen, die Einrichtungen der stationären Gesundheitsvorsorge- und pflege, kommunale Wohnraumherstellung und Verwaltung, sowie sämtliche staatliche Verwaltungs- und Hoheitsaufgaben, vom Grundbuchamt bis zur Geschwindigkeitskontrolle.

Bereits erfolgte Privatisierungen in diesen Bereichen sollten rückabgewickelt werden, neue nicht mehr erfolgen, um der Bevölkerung in den wesentlichen Bereichen ihrer Daseinsvorsorge die Sicherheit zu bewahren bzw. zu erhalten.

Gemeint sind damit auch alle Sonderformen der Privatisierung, wie sog. Sale-and-lease-back-Verträge oder die sog. Private-Public-Partnerships (PPS).

Schon alleine das Vordringen von vier oligopolistisch agierenden Großkonzernen der Energieversorgung, die ihre Marktmacht nahezu unbehindert ausspielen können, zeigt auf, welche Folgen aus der Privatisierung erwachsen.

b) Kapitalgesellschaften

Die Verantwortungsfreistellung der Eigentümer von Kapitalgesellschaften für alles, was ihre Unternehmen an "Schäden" anrichten in Verbindung mit der Dominanz des Casino-Kapitalismus, der Unternehmensanteile nur noch als Spekulationsgegenstände ansieht, um aus Kursschwankungen an den Börsen Gewinne zu erzielen, die sich aus dem tatsächlichen, realwirtschaftlichen Geschäft gar nicht erzielen ließen, zeigt eine Fehlentwicklung auf, die aus der eingangs erwähnten Unterhöhlung unseres Wertesystems gespeist wird und sich aufgrund allzu liberaler Gesetze und Regelwerke wildwuchernd entwickeln konnte.

Es ist richtig, dass für bestimmte Aufgabenstellungen auch Großunternehmen benötigt werden. Es ist richtig, dass Großunternehmen, um zu ihrer Größe zu gelangen, immer wieder auch neues Kapital einsammeln müssen.

Es ist jedoch vom Prinzip her falsch, dieses Kapital von jeglicher Haftung zu befreien.
Der mögliche Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist ein Risiko, das dem Schaden, das ein Unternehmen - beeinflusst vom Gewinnstreben seiner Anteilseigner - anzurichten vermag, in keiner Weise entspricht. Die Haftung liegt letztlich alleine beim Vorstand - und dessen Vermögen ist in aller Regel deutlich geringer als das Aktienkapital der Gesellschaft, der er vorsteht.

Der - zugegebenermaßen sehr weitgehende - Vorschlag lautet:

Jeder Aktionär eines Unternehmens trägt in Zukunft die gesamtschuldnerische Haftung für die Aktivitäten seines Unternehmens. Nur dann stehen ihm die vollen Aktionärsrechte nach dem derzeitigen Aktienrecht zu.

Bei Alt-Aktionären, die diese Haftung nicht übernehmen wollen, werden die Gesellschaftsanteile in langfristige, verzinsliche Darlehen umgewandelt, die aktienrechtlich für eine ausreichende Übergangszeit als Eigenkapitalanteile angesehen werden.

Das würde nicht nur dazu führen, dass die verbleibenden echten (Groß-)Aktionäre mit ihrer Einflussnahme auf die Vorstände sehr viel vorsichtiger würden, als das heute der Fall ist, was uns so manchen Großschaden (denken wir nur Umweltschäden) ersparen würde, es käme gleichzeitig auch die wilde Spekulation an den Börsen und das unsinnige Schielen auf Quartalszahlen und Börsenkapitalisierung zum Erliegen.

Eigentum

Dem uneingeschränkten Recht auf Eigentum steht im Grundgesetz zwar gleichrangig die Sozialbindung des Eigentums gegenüber (Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.), jedoch wird diese Verpflichtung praktisch niemals eingefordert.

So finden wir neben dem guten, schützenswerten Eigentum, das - unabhängig von Umfang und Wert - vom Eigentümer selbst genutzt bzw. gebraucht wird, auch das von mir so genannte "Aggressive Eigentum", dessen Nutzung nur darin besteht, seine Nutzung der Allgemeinheit vorzuenthalten und damit in erpresserischer Art "Nutzungsgebühren" erheben zu können.

Vorrangig ist hier das Eigentum an Grund und Boden zu nennen, dessen Verteilung äußerst ungleich ist, dergestalt, dass ein Großteil der Menschen hierzulande keinerlei Eigentum an Grund und Boden hat, und sie folglich ab Geburt, um den eigenen Körper, der nun einmal "materiell" ist und "Raum" benötigt, irgendwo unterzubringen, bereits für die bloße Existenz an einen Grundbesitzer ein Entgelt für den Aufenthalt zu zahlen haben.

Diesen Gedanken fortspinnend habe ich ein eigenes Konzept, das

Wahlfreie Grundeinkommen

entwickelt.

Grundlage ist der Gedanke, dass ein Staatsvolk, auf einem Staatsgebiet lebend, jedem Bürger ein Grundrecht auf die kostenlose Nutzung eines Anteils am Staatsgebiet zugestehen sollte.

Der Bürger soll nun wählen können, ob er diesen ihm zustehenden Grund selbst nutzen will - in welcher Form auch immer - oder ob der auf diese Eigennutzung verzichtet und stattdessen eine Art "Pacht" als ein "Grundeinkommen" wählt.

Selbstverständlich ist es in diesem Modell möglich, mehr Grund zu nutzen, als den Anteil, der kostenlos zur Nutzung zur Verfügung steht, man kann diesen Grund zusätzlich vom Staat zur Nutzung erhalten - und man kann ihn an den Staat zurückgeben. Nutzungsrechte sind vererblich, auf dem Grund errichtete Gebäude oder andere Nutzungsmöglichkeiten stehen im Eigentum des Nutzers und können gehandelt oder mit angemessener Entschädigung zu Verkehrswerten mit dem Nutzungsrecht am Grund an den Staat zurückgegeben werden.

Nutzungsentgelte für zusätzlichen Grund ermitteln sich am Ertragswert und werden - ähnlich der Grundsteuer heute - vom Staat eingezogen. Aus diesen Einnahmen wird das Grundeinkommen derjenigen finanziert, die auf die Eigennutzung verzichten.

Dies ist ein Grundeinkommens-Ansatz, der sich aus den Erträgen des von anderen genutzten Grundes finanziert. Dabei soll grundsätzlich die Höhe des Grundeinkommens bestimmend für die Höhe der Nutzungsabgaben sein. Dieses Grundeinkommen soll nicht als Ersatz für alle möglichen Transferleistungen, schon gar nicht für Rente oder Arbeitslosengeld, sondern als eigenes, frei gewähltes Einkommen ein Leben in bescheidenem Wohlstand ermöglichen.

Die in der Folge zu erwartenden Umwälzungen in den Kostenstrukturen, die Lösungen für eine Übergangszeit - die auch Entschädigungsleistungen für Grundbesitz umfassen, der von den Eigentümern aufgrund der nun - statt Pachteinnahmen - anfallenden Ausgaben für Nutzungsgebühren nicht mehr gehalten werden kann, habe ich durchgespielt und durchgerechnet - es würde funktionieren, und es hätte nicht, wie die derzeit bevorzugt diskutierten, Mehrwertsteuer-basierten Grundeinkommensmodelle, eine Umverteilung von unten nach oben zur Folge, sondern das Gegenteil.

Das sind, in komprimierter Form,
meine Positionen zu Geld, Wirtschaft und Eigentum.

Sehr viel ausführlicher, umfassender und detaillierter nachzulesen in
"Wolf's wahnwitzige Wirtschaftslehre" und in meinem kleinen Büchlein
"Unsere Freiheit - man kann sich dafür einsetzen".

Ich sympathisiere mit der Initiative "Monetative" von Joseph Huber,
finde mich in vielen Ansätzen auch in Samirah Kenawis Buch "Falschgeld - Die Herrschaft des Nichts über die Wirklichkeit", in Thomas Koudelas "Entwicklungsprojekt Ökonomie" und in Freimuth Kahrs' "Lebenslüge Freiheit" wieder.

(Alle im EWK-Verlag unter Sachbuch Wirtschaft bzw.. Sachbuch Soziales erschienen)

Die dort zum Teil angesprochenen Regional- und Komplementärwährung begrüße ich als Experimente. Besonders gefällt mir "Rheingold", weil es von den Teilnehmern - ohne Deckung durch eine Primärwährung - selbst emittiert und dann als Zahlungsmittel wieder akzeptiert wird.

Von einer Umlaufsicherung auf Geld - in welcher Form auch immer - konnte ich bisher nicht überzeugt werden. Der gesellianische Ansatz geht von einem "Tauschmittel", einem "Warengeld" mit eigenem Wert aus. Er ist auf unser modernes Geld nicht übertragbar und wäre, wie auch immer er implementiert wird, mit sehr einfachen Mitteln auszuhebeln.

Die von mir vorgeschlagene Lösung, nicht den Umlauf gehorteten Geldes erzwingen zu wollen, was nicht funktionieren oder kontraproduktive Wirkungen zeigen würde - sondern die benötigte Liquidität bei "Geldmangel" einfach da in die Realwirtschaft einzuspeisen, wo sie benötigt wird, ließe sich ganz ohne Reibungsverluste und ohne den Ärger über die "neue Steuer" implementieren und brächte sofort greifbare, gute Ergebnisse.

Absicht und Ziele

Mit meinen Veröffentlichungen will ich aufklären und Anregungen geben, wie der Weg zu einer besseren Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung gestaltet werden könnte.

Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen sich im Bewusstsein der Verbesserungspotentiale organisieren, sich auf gangbare Lösungen verständigen und diese auf demokratischem Wege in Kraft zu setzen vermögen.

Egon W. Kreutzer

Link zum Dokument:
http://www.egon-w-kreutzer.de/0PaD2011/50.html



  • [AG-Geldordnung und Finanzpolitik] Position Geldsystemreform: Egon W. Kreutzer, cosmic, 31.01.2012

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