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ag-familie - [AG-Familie] Einkommensversicherung , Antwort auf die Kritik von Schockolade-Fruithjof

ag-familie AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Familienpolitik

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[AG-Familie] Einkommensversicherung , Antwort auf die Kritik von Schockolade-Fruithjof


Chronologisch Thread 
  • From: eurokrise <eurokrise AT apelojg.de>
  • To: schokolade <schokolade AT news.piratenpartei.de>, by-fg-wirtschaft AT lists.piratenpartei-bayern.de, ag-sozialpiraten <ag-sozialpiraten AT lists.piratenpartei.de>, ag-familie AT lists.piratenpartei.de, ak-soziales AT piratenpartei-hessen.de, "Pir.Michael Jobst" <g.m.jobst AT gmx.net>, Heinze Johannes <johannes.heinze AT gmx.net>
  • Subject: [AG-Familie] Einkommensversicherung , Antwort auf die Kritik von Schockolade-Fruithjof
  • Date: Sun, 22 Feb 2015 20:04:17 +0100
  • Importance: normal
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-familie>
  • List-id: Familienpolitik <ag-familie.lists.piratenpartei.de>

Hallo Schokolade, 

Du Schreibst:

¨  Du stellst eine Versicherung vor, die jemanden der 30 Jahre lang ein 
Monatseinkommen von 5.000 Euro versichert dann anschließend 30 Jahre 
monatlich 5.000 an Leistung erhalten würde.¨ und

¨Mit anderen Worten die Einkommensversicherung führt nicht zu einem 
100%igen Ausgleich des Lohnverlusts? Vielleicht dann doch nur 12%? ¨

Also Schockolade,

erstens:  30 Jahre Arbeit  plus weitere 30 Jahre Leistungsbezug macht eine Lebensarbeitszeit von 60 Jahre , was Du sicherlich nicht gemeint hast ( Nach 40 jahren geht man doch in Rente , oder ?),  eine Klarstellung wäre sehr nett.

Zweitens : Ich habe nie behauptet, daß die EV zu einem 100%igen Ausgleich des Lohnverlustes führt sondern nur zu einem Teil davon. Dies ist schon alleine deswegen nötig, um dem Versicherungsnehmer einen massiven Anreiz zu bieten, seinèn Lohnverlust und somit die Ausgaben der Versichertengemeinschaft so gering wie möglich zu halten. 
Im EV System, um bei dem konkreten Besipiel zu bleiben, ist auch keine Rede davon , daß die Leistung 5000 im Monat beträgt . 
Solltest Du aus meinem Vortrag     http://youtu.be/EqoAuFUZm4I      dies herausgehört haben, so muß ich mich für meine mangelhaften Darstellungskünste entschuldigen.

Deswegen kommen jetzt Beispiele in denen die EV mit ALG I verglichen wird, und zwar mit den 60% des ALG I Satzes. Die 10 Monate aus dem Vortrag habe ich übernommen, auch wenn im nachhinein  es sicherlich besser gewesen wäre, mit 12 Monaten ( Bezugsdauer von ALG I) statt mit 10  zu operieren.

Leistung der ALG I bei einem ursprünglichen Einkommen von 5000 / Monat

A. ALG I : 10 Monate 60% von 5000 ; also 10 X 5000 X 0, 6 = 30000


B. Leistungshöhe und -dauer  der EV bei unterschiedlichen Einkommensverlusten:


B1: neuer job mit 4000 monatlich, Einkommensverlust 1000 pro Monat, Versicherungsleistung 60% von 1000 also 600 € /Monat ergibt
       50  Monate X 600 = 30000 €.
       Gesamteinkommen des Versicherten pro Monat : 4000 selbst verdient + 600 EV-Leistung macht 4600 pro Monat und das  50 Monate    lang gegenüber 3000 für 10 Monate bei ALG I für das zweifelhafte Vergnügen,  10 Monate untätig zu Hause gehockt zu haben.
Kosten für EV = Kosten für die ALG I , aber wesentlich höheres Einkommen für den EV-Versicherten !!!!

B2: neuer Job mit 3000 monatlich, Einkommensverlust 2000 pro Monat,  Versicherungsleistung 60% von 2000 also 1200 €/Monat ergibt
       25 Monate X 1200 = 30000 €
       Gesamteinkommen des Versicherten pro Monat : 3000 selbst verdient + 1200 EV-Leistung macht 4200 pro Monat und das 25 Monate 
        lang gegenüber 3000 für 10 Monate bei ALG I. 

B3: neuer Job mit 1500 monatlich (ca. Mindestlohn), Einkommensverlust 3500  pro Monat,  Versicherungsleistung 60% von 3500 also 2100    €/Monat ergibt 14 Monate X 2100 = 29400 €
       Gesamteinkommen des Versicherten pro Monat : 1500 selbst verdient + 2100 EV-Leistung macht 3600 pro Monat und das 14 Monate 
        lang gegenüber 3000 für 10 Monate bei ALG I. 

B4: überhaupt keinen Job im ersten Arbeitmarkt gefunden,  daher unbezahlten Job aus dem Programm " Recht auf Arbeit " mit 0 Einkommen angenommen. 
       Neuer Job mit 0 € monatlich, Einkommensverlust 5000 pro Monat, Versicherungsleistung 60 % von 5000 also 3000 €/Monat ergibt
       10 Monate X 3000 = 30000,  also genau soviel und genau so lang wie bei bei ALG I 

Also : Bei allen Arbeitnehmern , die erst 12 Monate gearbeitet haben ist die EV kostentechnisch nicht teuerer als ALG I, aber vom Ergebnis her,  für alle Arbeitnehmer, die einen wenn auch schlechter bezahlten Job auf dem ersten Arbeitsmarkt finden, viel lukrativer. 
Ich gehe davon aus , daß Du gegen diese Zahlen keine Einwände hast.

Die soziale Federung und das bessere ökonomische Sozialverhalten ist hier eindeutig: Mit Ausnahme des Falles wo der Arbeitnehmer überhaupt keinen Job auf den ersten Arbeitsmarkt gefunden hat, ist sein Einkommen mit der EV höher und wird länger bezogen als mit ALG I

Mehr Aufwand auf der Ebene der einzelnen Person entsteht, wenn der Arbeitnehmer länger gearbeitet hat, zum Beispiel 20 Monate statt 10.  In all den Bespielen (B1 bis B4) verdoppelt sich der Aufwand für die EV-Kasse  durch die doppelte Zeit in der die Leistung bezogen wird, aber die Belastung pro Jahr bleibt unverändert.
Richtig lang wird es , wenn der Arbeitnehmer sein Einkommen z.B.  20 Jahre lang erzielt hat und nun seine Bezüge aus der Einkommensversicherung im Extremfall (Beispiel B4) weitere 20 Jahre  bezieht, was an die alte Arbeitslosenhilfe kommen dürfte.
Meines Wissens nach gibt es bei den Piraten keinen Konsens, daß die alte Arbeitslosenhilfe an sich schlecht war, oder ? 

Die Finanzierungsfrage ist sicherlich ein entscheidender Punkt bei jeder gut gemeinten sozialen Idee vom BGE bis zu EV.
Im Falle der EV müssen wir entscheiden, ob wir sie überhaupt haben wollen d.h. ob wir im Gegensatz zu ALG I  eine Abfederung von Einkommensverlusten  von der Erwerbsbiographie des Arbeitnehmers abhängig machen wollen, oder ob es uns wurst ist, wenn ein Arbeitnehmer nach langjähriger Arbeit und Aufstieg nach 12 Monaten  ALG I Bezug auf Harz IV oder meinetwegen auf BGE Niveau abstürzt.
Wenn wir uns für die EV  erwärmen sollten, dann muß die detaillierte Finanzierungsarbeit geleistet werden. Nur momentan bin ich mir nicht sicher, ob die Widerstände gegen die EV Idee nur aus der Finanzierungsecke kommen, oder ganz andere Motive haben.
Jedenfalls bin ich überzeugt, daß die EV zu massiv kosensparenden Verhaltensänderungen der Versicherungsnehmer führen wird, so daß der Finanzbedarf nicht unbedingt die entscheidende Frage sein wird.
Die EV ist keine Lösung für Niedriglohnempfänger oder für Leute, die sich bereits im Hartz IV befinden. Für die bieten  die anderen Bausteine der ¨ Wahl Wirksame Sozialpolitik¨  eine Lösung an.

Du Schreibst:

¨Andererseits ignorierst du die Tatsache, dass Arbeitsplätze im 
ausreichenden Maß nicht vorhanden sind und vertrittst die Mär der 
Sozialdemokraten, dernach den Arbeitslosen lediglich der Anreiz zur 
Arbeitsaufnahme fehle.
Ich hatte bereits erwähnt, dass alleine in Deutschland gut 6 Millionen 
Arbeitsplätze fehlen.¨

Dieser Dein Einwand hat mit der EV nichts zu tun !!!!!
Die EV beinhaltet auch die Möglichkeit, daß der Versicherungsnehmer auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht mal zum Mindestlohn eine Stelle finden ( Bsp B4) und durchaus  die gleichen Versicherungsleistungen  wie bei ALG I  bezieht, aber je nach Erwerbsbiographie entsprechend länger.
Übrigens, meine Erfahrung aus unserem kleinen Betrieb ist, daß mancher  Arbeitnehmer, den wir betriebsbedingt kündigen mußten,  ohne die geringste Scham als Schwarzarbeiter für einen anderen Arbeitgeber bei uns Waren abholte. Es gab bei uns aber auch  einen anderen Arbeitnehmer, ein ausgebildeter Bürokaufmann mit hervorragenden Buchhaltngskenntnisse , der statt ALG I zu beziehen, sich lieber als Lager-Kommissionierer verdingte.
Übrigens, ich vertrete weder die Märs von der SPD noch von sonst einer Partei. Die fehleden 6 Millionen Arbeitsplätze sind ein Kapitel für sich aber weder ein Kapitel für ALG I noch für die EV.

Du schreibst 

¨Obendrein reduzierst du das Problem des Arbeitsplatzverlustes einzig auf 
Einkommensverlust. Nun kann aber ein Beschäftigungswechsel trotz 
Einkommensverlust zum Lebensqualitätsgewinn führen.¨

Was dieser  Einwand mit der EV zu tun hat , verstehe ich gar nicht. Für die EV ist die Steigerung der Lebensqualität bei Einkommens-
Verlusten gar kein Problem. Wenn der Wechsel freiwillig erfolgt, dann kann man diskutieren, ob die EV auch für diese Einkommensverlusten aufkommen  soll. 
In Realita läßt sich der wechselwillige Arbeitnehmer vom Arbeitgeber kündigen, falls er momentan eine ALG I finanzierte Pause einlegen will bzw bei einer EV er zwar die Steigerung der Lebensqualität aber nicht die Einkommenseinbußen mitnehmen will. Alternativ kündigt er selber und gut ist.. 
Jedenfalls ist dieser Einwand ein kompletter Nebenschauplatz.

Wichtiger wäre zu untersuchen, inwiefern die EV zwar Mißbrauchsmöglichkeiten beim Arbeitnehmer reduziert dafür u.U. diese um so mehr beim Arbeitgeber eröffnet.
Wir sollten bei jedem System das ¨Menschliche allzu Menschliche¨ nicht aus den Augen verleiren und den Spruch des großen bayerischen Philosophen Valentin beherzen; ¨ Der Mensch ist gut , nur die Leit (Leute) sind schlecht¨

In diesem Sinne
LG Schulym



  • [AG-Familie] Einkommensversicherung , Antwort auf die Kritik von Schockolade-Fruithjof, eurokrise, 22.02.2015

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