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Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
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[AG-Drogen] "Es erscheint mir kein Zufall, dass totalitäre Ideologen die konsequentesten Drogenkrieg"
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- From: Maximilian Plenert <max.plenert AT hanfverband.de>
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- Subject: [AG-Drogen] "Es erscheint mir kein Zufall, dass totalitäre Ideologen die konsequentesten Drogenkrieg"
- Date: Wed, 30 Nov 2011 09:21:56 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
- List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
- Organization: Deutscher Hanfverband
Rechtsextremismus und Drogenpolitik
Ein Interview mit dem Geraer Pfarrer Michael Kleim, Mitglied im Schildower
Kreis
Gera, 29. November 2011
http://www.schildower-kreis.de/themen/Rechtsextremismus_und_Drogenpolitik.php
Der Geraer Pfarrer Michael Kleim kämpft seit Jahren gegen den
Rechtsextremismus.
Als Mitglied im Schildower Kreises, einem Drogenpolitiker-Netzwerk aus
Wissenschaft und Praxis, beschreibt er die Verankerung der
Drogenverbotspolitik
in der rechten Ideologie und anderen totalitären Ideologien.
Frage: Pfarrer Kleim, Sie sind seit Jahren gegen Rechtsextremismus engagiert
und
auch mehrfach ins Visier radikaler Kräfte gekommen. Andererseits setzen Sie
sich
im Schildower Kreis für den grundlegenden Wandel in der Drogenpolitik ein.
Gibt
es da einen inhaltlichen Zusammenhang?
Michael Kleim: In der Todesanzeige des Hitlerstellvertreters Rudolf Hess
wurden
Spendengelder für die Bekämpfung der Opiumgewinnung im Goldenen Dreieck
erbeten.
Hitler wird als Vorbild propagiert, weil er angeblich konsequent abstinent
gelebt hätte. Aufkleber der militanten Nazi-Szene verkünden einen totalen
Krieg
gegen Drogen. In Positionspapieren und Internetaufrufen fordern rechtsradikale
Gruppen ein schärferes Vorgehen bei sogenannten Drogendelikten.
Rechtsextremisten versuchen mit populistischen Parolen – so z.B. Todesstrafe
für
Kinderschänder oder Wiedereinführung der D-Mark – in der Mitte der
Gesellschaft
Zustimmung zu finden.
Das Drogenthema ist für die neue Rechte deshalb so wichtig, weil sie hier an
ein
weitverbreitetes Feindbild anknüpfen kann. Über dieses Thema versucht sie, in
Bevölkerung, Medien und Politik insgesamt eine breitere Akzeptanz zu
erreichen.
Frage: Rechtsterroristische Ansätze sind aber hierbei doch nicht auszumachen?
Michael Kleim: Auch hinter dem drogenpolitischen Konzept der neuen Nazis ist
deren Menschenverachtung verborgen. Internierung von Drogengebraucher und
Todesstrafe für Dealer – darin sehen braune Propagandisten die Stützpfeiler
ihrer Drogenpolitik. Und hinter der Ablehnung von Drogenhilfe lugt der
altbekannte Teufel des Sozialdarwinismus hervor. Doch oft bleibt es nicht bei
Worten.
Drogengebrauchende Menschen werden zunehmend zu Zielen rechtsradikaler
Bedrohungen und Gewalt.
Frage: Wie sieht es mit Drogen in der rechten Szene aus?
Michael Kleim: Das drogenfreie Saubermann-Image der rechtsradikalen Bewegung
ein
Betrug. Abgesehen von dem exzessiven Alkoholkonsum innerhalb der Szene gehören
Speed und Kokain zum rechten Umfeld dazu.
Bereits die nationalsozialistische Elite des sogenannten III:Reiches war
keinesfalls drogenabstinent. Adolf Hitler experimentierte mit
Nachtschattendrogen und Strychnin, Goeppels war Morphinist, Göring war dem
Kokain zugetan und die deutsche Luftwaffe bekam regelmäßig vor ihren Einsätzen
Amphetamine, um aufgeputscht in den Krieg zu fliegen.
Frage: Wie können sich demokratische Politiker hier von einer Vereinnahmung
durch rechtsradikale Positionen abgrenzen?
Michael Kleim: Es erscheint mir kein Zufall, dass totalitäre Ideologen die
konsequentesten Drogenkrieger sind. Neben rechtsradikalen Propagandisten
stehen
ja auch militante Islamisten, fundamentalistische Christen und kommunistische
Maoisten für eine brachiale Verbotspolitik.
Deshalb gehört die Prohibition grundlegend auf den demokratischen Prüfstand.
Auch in der Drogenpolitik können wir uns am sichersten von
menschenverachtenden
Ideen abgrenzen, indem wir auch hier Demokratie, Menschenwürde und
Zivilgesellschaft zum grundlegenden Maßstab machen.
- [AG-Drogen] "Es erscheint mir kein Zufall, dass totalitäre Ideologen die konsequentesten Drogenkrieg", Maximilian Plenert, 30.11.2011
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