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ag-drogen - [AG-Drogen] Lesenswert

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

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[AG-Drogen] Lesenswert


Chronologisch Thread 
  • From: "Georg v. Boroviczeny" <georg AT von-boroviczeny.de>
  • To: "'Mailingliste der AG Drogen'" <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [AG-Drogen] Lesenswert
  • Date: Fri, 14 Oct 2011 15:01:07 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
  • List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>

http://www.welt.de/gesundheit/article13660563/Wille-allein-kann-eine-Sucht-nicht-besiegen.html

mal was wirklich Ordentliches in der Tagespresse:

Wille allein kann eine Sucht nicht besiegen

Für eine Suchtbehandlung gilt weithin der Grundsatz, dass nur der Wille des Abhängigen für den Ausstieg erfolgsversprechend ist. US-Mediziner sagen: Das reicht nicht.

 

Das Loskommen von einer Sucht ist nicht nur eine Frage des Willens. Vielmehr handelt es sich um eine chronische Erkrankung des Gehirns, die es zu therapieren gilt. Eine solche Herangehensweise fordert zumindest eine Gruppe von Medizinern aus den USA. „Bei einer Sucht geht es um viel mehr als nur um schlechte Gewohnheiten“, sagt Michael Miller von der American Society of Addiction Medicine (ASAM).

 

 

"Nur, wenn der Süchtige wirklich raus will, kann ein Entzug erfolreich sein", ist auch hierzulande die Devise der meisten Ärzte. Mehr Verständnis fordern nicht nur Angehörige, die oft hilflos zusehen müssen, wie ein Betroffener in der Sucht versinkt

Miller und seine Kollegen setzen sich für die Entwicklung effektiver Behandlungsmethoden ein. Zugleich aber gilt ihr Einsatz dem Bild von Süchtigen, das in der Gesellschaft in vielen Bereichen vorherrscht. Sie wollen behandelnden Ärzten, aber auch den Betroffenen und ihren Familien deutlich machen, dass sie es mit einem ernst zu nehmenden medizinischen Problem zu tun haben, für dessen Lösung sehr viel Geduld aufgebracht werden muss.

 

Ein Suchtleiden müsse mit der gleichen Ernsthaftigkeit angegangen werden, wie etwa Diabetes oder eine Herzkrankheit, fordern die US-Mediziner. Dies gelte nicht nur bei Alkohol- und Drogensucht, sondern auch bei zwanghaftem Essverhalten oder Glücksspiel. Eine Therapie müsse langfristig angelegt werden und immer auch auf mögliche Rückfälle vorbereitet sein.

 

 

Droge Alkohol unterschätzt

„Die Verhaltensstörungen sind Ergebnis einer Fehlfunktion im Gehirn“, sagt auch Nora Volkow vom staatlichen US-Institut für Drogenmissbrauch. Der Einsatz der ASAM sei daher begrüßenswert. Ihre Behörde, das National Institute on Drug Abuse (NIDA), sei ebenfalls bemüht, in der medizinischen Praxis mehr Ärzte dazu zu bewegen, ihre Patienten routinemäßig auch auf Anzeichen von Suchtverhalten hin zu untersuchen.

 

Schätzungen der NIDA zufolge bräuchten eigentlich allein in den USA etwa 23 Millionen Menschen eine Behandlung wegen des Missbrauchs verschiedener Substanzen. Tatsächlich erhalten lediglich etwa zwei Millionen Patienten professionelle Hilfe. Ein weiteres Problem sei die Frustration, die Rückfälle mit sich brächten, sagt Volkow.

 

„Familienangehörige der Betroffenen sagen: 'Du warst doch bei einer Entziehungskur, und jetzt nimmst du schon wieder Drogen'“, sagt Volkow. Noch immer fehle häufig das Bewusstsein dafür, dass Rückfälle eine Gefahr seien, die bei einer chronischen Erkrankung einfach dazugehöre. Die Symptomatik im Gehirn bestehe auch Jahre nachdem ein Patient etwa mit dem Konsum von Drogen aufgehört habe.

 

 

Doch was genau passiert da im Gehirn? Es ist ein komplexes Zusammenspiel zwischen emotionalen, kognitiven und verhaltensbezogenen Faktoren. Auch Genetik spielt eine Rolle. Das heißt: Einige Menschen sind anfälliger als andere, wenn sie etwa als Teenager mit Drogen experimentieren oder nach einer Verletzung starke Schmerzmittel einnehmen.

 

Auch das Alter könne entscheidend sein, sagt Volkow. Der sogenannte Frontallappen des Gehirns trage in der Regel wesentlich dazu bei, ein ungesundes Verhalten abzustellen. Hier träfen die eher rationalen und die eher emotionalen Seiten des Gehirns aufeinander. Da die neuronalen Strukturen in diesem Bereich jedoch erst vergleichsweise spät gefestigt würden, falle es jungen Menschen oft schwerer, gegenüber Einwirkungen von außen standhaft zu bleiben.

 

Doch auch ohne besondere Veranlagung könne sich in manchen Fällen leicht eine Sucht entwickeln, etwa wenn jemand versuche, Stress oder Trauer durch Alkohol zu kompensieren, sagt Volkow weiter.

 

 

Das Belohnungssystem des Gehirns könne durch den im Volksmund auch „Glückshormon“ genannten Neurotransmitter Dopamin dahingehend verändert werden, dass bestimmte Routinen und Rituale, die einmal als angenehm empfunden wurden, sich verfestigen – sei es das Rauchen, Alkoholkonsum oder übermäßiges Essen.

 

Wenn jemand süchtig sei, dann bringe ihn das verzerrte System dazu, ein Verhalten auch dann fortzusetzen, wenn das Gehirn derart an die Wirkung gewöhnt sei, dass das einst Angenehme daran gar nicht mehr eintrete, erklärt die NIDA-Expertin.

 

 

Genussmittel - wie viel ist zu viel?

Michael Miller von der ASAM betont, dass bei der Überwindung einer Sucht die Willenskraft des Patienten durchaus von großer Bedeutung ist. Doch zugleich hofft er, dass ein tieferes Verständnis für die ursächlichen neurologischen Prozesse das Leben der Betroffenen erleichtern wird.

 

Es gehe ihm darum „das mit dem Thema verknüpfte Schamgefühl“ abzubauen, sagt der Mediziner. Vielen Süchtigen könnte aus seiner Sicht schon geholfen sein, wenn die immer noch häufige Stigmatisierung der Erkrankung ausbliebe.

 

Erfahrung: nur wer ein ausreichend gutes/starkes MOTIV hat, schafft es auf Dauer, Rückfälle sind 'normal'

 

[georgberlin]

Fraktionsvorsitzender

Piratenfraktion BVV

Steglitz-Zehlendorf

AG Drogen + BSG

 



  • [AG-Drogen] Lesenswert, Georg v. Boroviczeny, 14.10.2011

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