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ag-drogen - [AG-Drogen] Landtagswahlen 2011 in Sachsen-Anhalt

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

Listenarchiv

[AG-Drogen] Landtagswahlen 2011 in Sachsen-Anhalt


Chronologisch Thread 
  • From: Maximilian Plenert <kontakt AT max-plenert.de>
  • To: BND Diskussionsliste <bnd-debatte AT bndrogenpolitik.de>, linke-drogenpolitik AT yahoogroups.de, Liste: AG_Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>, "Medienprojekt Cannabislegalisierung DE/AT/CH/LU" <map-de AT domeus.de>
  • Subject: [AG-Drogen] Landtagswahlen 2011 in Sachsen-Anhalt
  • Date: Thu, 10 Mar 2011 18:23:15 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
  • List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>

Landtagswahlen 2011 in Sachsen-Anhalt
http://hanfverband.de/index.php/themen/parteien-a-wahlen/1441-landtagswahlen-2011-in-sachsen-anhalt

Geschrieben von: Daniel Wolff
Donnerstag, den 10. März 2011 um 12:06 Uhr

Informiert Sie über die Programme und Aktivitäten der Parteien zur
Landtagswahl
in Sachsen-Anhalt am 20.03.2011 und gibt eine Wahlempfehlung. Schwerpunkt der
Betrachtungen ist die bisherige und zu erwartende Drogenpolitik, insbesondere
bezüglich Cannabis.
Gliederung

* Ausgangslage
* Bilanz der letzten Fünf Jahre unter Schwarz/Rot
* Parteien und ihre Standpunkte
o CDU
o LINKE
o SPD
o FDP
o GRÜNE
* Zusammenfassung und Wahlempfehlung
* Schlussbemerkung

Vorbemerkungen

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch
Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer
Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer
Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht.

Die Drogenpolitik verrät vielmehr Grundsätzliches darüber, ob eine Partei den
Bürger eher als selbstbestimmtes Individuum sieht oder als lenkbares Schaf,
das
von der Obrigkeit vor bösen Einflüssen beschützt werden muss (und kann!).




Ausgangslage

Glaubt man den Demoskopen, wird sich in Sachsen-Anhalt auch nach der Wahl am
20.03. nicht viel ändern. Die wahrscheinlichsten Regierungskonstellationen
wären
demnach eine Weiterführung der Großen Koalition oder eine Rot/Rote Koalition.
Die CDU liegt mit 31 Prozent knapp vor der LINKEN mit 27 Prozent. Etwas
abgeschlagen rangiert an dritter Stelle die SPD mit 22 Prozent. Den GRÜNEN
prophezeien die Meinungsforscher 7 Prozent, die FDP steht mit 5 Prozent auf
der
Kippe. Auch die rechtsextreme NPD macht sich Hoffnungen auf einen Einzug ins
Parlament.


Bei CDU, FDP und SPD sucht man im Wahlprogramm vergeblich nach
drogenpolitischen
Positionen. GRÜNE und LINKE halten sich im Vergleich zu anderen
Landesverbänden
ihrer Partei sehr zurück. Gerade in Regionen, in denen Drogenkonsum tabuisiert
wird, weil es der landläufigen Meinung nach "hier bei uns soetwas ja sowieso
nicht gibt", können existierende Drogenprobleme nicht thematisiert werden. Wer
die Existenz von Drogen und Drogenproblemen nicht leugnet, spricht damit eine
unbequeme Wahrheit aus.

Die Zahl der Verstöße gegen das BtMG ist bis zum Jahr 2004 auf 7059 Fälle
angestiegen - und damit immer noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Der
Anstieg ab 1990 ist typisch für die neuen Bundesländer. Seit 2005 sinkt die
Zahl
fast jedes Jahr, bleibt seit drei Jahren relativ konstant auf niedrigem Niveau
und ist im Jahr 2010 auf dem niedrigsten Stand seit 1998 (2010: 4492). Über 50
Prozent dieser Verstöße betreffen Cannabis. Die Kriminalstatistik lässt vor
allem Aussagen über den Verfolgungsaufwand des Landeskriminalamts zu. Demnach
wäre der Verfolgungsdruck in Sachsen-Anhalt vergleichsweise gering und in den
letzten Jahren gesunken.



BtmG Verstöße 1994-2010 in Sachsen-Anhalt


Bei der letzten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im Jahr 2006 erreichten die
Parteien folgende Ergebnisse:
Partei Stimmanteil
CDU 36.2 Prozent
Linkspartei.PDS
24.1 Prozent
SPD 21.4 Prozent
FDP 6,7 Prozent
Grüne 3,6 Prozent
DVU 3,0 Prozent

Wahlbeteiligung 44.4% - historisch niedrigster Wert einer bundesdeutschen
Landtagswahl

Bilanz der letzten fünf Jahre unter Schwarz/Rot

Die sozialdemokratische Justizminsterin Angela Kolb hat am 21.10.2008 eine
neue
Richtlinie zur Anwendung des §31a Absatz 1 BtMG erlassen. In der Richtline
heißt
es, dass die Staatsanwaltschaft beim Umgang mit Cannabisprodukten, die
ausschließlich zum Eigenverbrauch bestimmt sind, in einer Bruttomenge von
nicht
mehr als 6 Gramm das Verfahren einstellen kann. Die alte Richtline vom
6.12.1994
sah vor, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen muss. Dies ist
als
Verschärfung der Repression gegen Cannabisendkonsumenten zu werten.

Die Parteien und ihre Standpunkte

CDU

Im aktuellen Wahlprogramm bezieht die CDU keinerlei Position zu legalen oder
illegalen Drogen. An der Regierung hat die CDU Verschärfungen mitgetragen.
Noch
im letzten Wahlprogramm lehnte man eine Legalisierung entschieden ab. Auch
sonst
ist die CDU für ihren repressiven Ansatz bekannt. In einer Neuauflage der
Großen
Koalition würde sich nicht viel ändern. Für Hanffreunde ist die CDU unwählbar.

Zum Wahlprogramm der CDU - E-Mail: post AT cdulsa.de


LINKE
Im Gegensatz zur letzten Wahl in Sachsen-Anhalt hat die LINKE nun einen Absatz
zur Drogenpolitik im Wahlprogramm. Sie fordert konkrete Hilfe für
Drogenabhängige statt Kriminalisierung, Nichtverfolgungsgrenzwerte und eine
etwas schwammige „deutliche Liberalisierung“ des Betäubungsmittelgesetztes:

Wir treten für eine Änderung des Betäubungsmittelrechts im Sinne einer
deutlichen Liberalisierung ein. Wir wollen Nichtverfolgungsgrenzwerte, die bei
Bagatellgebrauch Strafverfolgung durch Beratung ersetzen, wie es auch in
anderen
Bundesländern, z. B. in Berlin oder auch in Schleswig Holstein, gehandhabt
wird.

In der Opposition hat die LINKE in der letzten Legislaturperiode nichts getan.
Obwohl die LINKE die zweistärkste Fraktion im Landtag hat, gab es keine
Pressemitteilungen oder Anfragen im Parlament zu diesem Thema.

Zum Wahlprogramm der LINKEN - E-Mail: kontakt AT dielinke-lsa.de


SPD

Bei den Sozialdemokraten findet sich im Abschnitt „Innere Sicherheit“ eine
Passage über Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum.
Die SPD erwägt dort, den Kommunen „vorbeugende Lösungen“ für das Problem
bereitzustellen:

Wir wenden uns gegen den nicht zuletzt im öffentlichen Raum zu
beobachtenden
zunehmenden Alkoholkonsum von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden. Wir
unterstützen vor allem präventive Konzepte und wollen darüber hinaus eine
angemessene Regelung für die Kommunen schaffen, um ihnen vorbeugende Lösungen
im
öffentlichen Raum zu ermöglichen.

Das riecht streng nach neuen Verboten. Immerhin möchte die SPD gut arbeitende
Suchtberatung und -prävention erhalten. In der Großen Koalition hat die SPD
die
Einstellungspraxis für die Geringe Menge bei Cannabis verschärft, andere
Regierungsoptionen stehen ihr nach diesen Landtagswahlen nicht zur Verfügung.
Wer drogenpolitisch wählt macht sein Kreuz lieber bei einer anderen Partei.

Zum Wahlprogramm der SPD - E-Mail: info AT spd-sachsen-anhalt.de


FDP

Die Liberalen müssen den Umfragen nach um den Einzug ins Parlament zittern.
Sie
stellen sich genau so wie die CDU ohne drogenpolitische Postion im Programm
zur
Wahl. Auf Nachfrage wurde uns ein drogenpolitisches Papier der FDP
Sachsen-Anhalt geschickt. Darin heißt es einerseits, man spräche sich für eine
konsequente Verfolgung durch die Polizei bei illegalen Drogen aus.
Gleichzeitig
möchte man an der Straffreiheit für geringe Mengen festhalten. Dieser
Widerspruch lässt nicht auf ein durchdachtes drogenpolitisches Gesamtkonzept
schließen.

Zum Wahlprogramm der FDP - E-Mail: landesverband AT fdp-sachsen-anhalt.de


GRÜNE

Die GRÜNEN sind seit 13 Jahren nicht mehr im Parlament vertreten. Bei diesen
Wahlen ist ihre Chance zum ersten Mal wieder groß, den Einzug in den Landtag
zu
schaffen. Aus der außerparlamentarischen Opposition konnten die GRÜNEN kaum
Politik machen. Ob sie unsere Interessen vertreten, wenn sie in den Landtag
einziehen, lässt sich schwer abschätzen. Im Wahlprogramm ist von einer
Legalisierung weicher Drogen nur sehr verklausuliert zu lesen:

Eine drogenfreie Gesellschaft gibt es nicht. (...) Die Legalisierung
sogenannter weicher Drogen darf nicht über ihre Gefahren hinwegtäuschen. Bei
harten Drogen wollen wir neben Prävention und Therapie die Überlebenshilfe als
wichtigen Pfeiler der Suchtpolitik ausbauen. Gleichzeitig ist der Vertrieb
harter Drogen mit allen rechtstaatlichen Mitteln im Rahmen der Bekämpfung der
organisierten Kriminalität zu verfolgen.

Dass sich GRÜNE positiv auf Strafverfolgung bei harten Drogen beziehen, liest
man nur selten. Mit ihren Forderungen bleiben die GRÜNEN in Sachsen-Anhalt
hinter denen anderer grüner Landesverbände zurück, die beispielsweise konkrete
Aussagen zur Geringen Menge und zu Drogenkonsumräumen machen.

Zum Wahlprogramm der GRÜNEN - E-Mail: lv.sachsen-anhalt AT gruene.de


Zusammenfassung und Wahlempfehlung

CDU und SPD sind aus drogenpolitischer Sicht unwählbar. Die FDP weiß nicht so
genau, was sie will. Die LINKE verfolgt einen fortschrittlichen Ansatz, ist
aber
in dieser Legislaturperiode nicht positiv aufgefallen. Die GRÜNEN sind im
Vergleich zu anderen Landesverbänden eher zurückhaltend, sprechen aber
indirekt
von einer Cannabis-Legalisierung. Noch ist nicht klar, ob sie ins Parlament
einziehen. Außerdem ist bei einer niedrigen Wahlbeteiligung der Einzug der
neonazistischen NPD zu befürchten, welche die Wiedereinführung der Todesstrafe
unter anderem auch für Drogendelikte fordert. Vom Programm her ist die LINKE
den
GRÜNEN vorzuziehen. Wer eine zweite hanffreundliche Fraktion im Parlament
haben
will, kann trotzdem die GRÜNEN wählen.


Schlussbemerkung

Und nun der vielleicht wichtigste Hinweis zum Schluss. Jeder, dem
Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie
gewählt oder nicht gewählt hat! Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme
enorm! Gerade in Bezug auf Grüne und Linke ist das wichtig, da sie gute
Ansätze
zeigen, aber scheinbar noch nicht ganz begriffen haben, wie gut sie mit diesem
Thema punkten können. Es reicht ein Dreizeiler wie:

"Ich habe Ihnen diesmal meine Stimme gegeben, weil Sie sich für die
Legalisierung von Cannabis einsetzen und erwarte von Ihnen, dass Sie das Thema
die nächsten vier Jahre auch voranbringen!"


"Ich hätte mir vorstellen können, sie dieses Jahr bei der Landtagswahl 2010 zu
wählen, habe aber wegen ihrer repressiven Drogenpolitik davon Abstand
genommen."

Die passenden Emailadressen finden Sie bei den jeweiligen Absätzen zu den
einzelnen Parteien.



  • [AG-Drogen] Landtagswahlen 2011 in Sachsen-Anhalt, Maximilian Plenert, 10.03.2011

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