ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste
Listenarchiv
Re: [Ag-bauen-verkehr] [Energiepolitik] Neuer Programmantrag "Risikovorsorge gegen Peak Oil"
Chronologisch Thread
- From: Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>
- To: Mailingliste der AG Energiepolitk <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>
- Cc: AG Bauen & Verkehr <AG-Bauen-Verkehr AT lists.piratenpartei.de>, NDS AG-Bauen-Verkehr <NDS-AG-Bauen-Verkehr AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-bauen-verkehr] [Energiepolitik] Neuer Programmantrag "Risikovorsorge gegen Peak Oil"
- Date: Sun, 14 Apr 2013 04:42:00 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-bauen-verkehr>
- List-id: Bundes-AG-Bauen-und-Verkehr <ag-bauen-verkehr.lists.piratenpartei.de>
La Caleta GmbH schrieb:
Ich denke, diese Formulierung "die Senkung der Energiekosten von
Wohnungen durch eine effektive und faire Förderung von Wärmedämmungen
und modernen Heizungen auch in Mietwohnungen." lenkt die Diskussion
in eine Sackgasse.
Das denke ich nicht. Ich denke viel eher, das uns eine Verbesserung der
Bilanz im Gebäudesektor aus der Sackgasse heraushelfen wird. Siehe z.B.
die Studien, welche die Grünen beauftragt haben:
das Energiekostenrisiko ist weniger das EEG, sondern die Kostenexplosion
bei Ölheizungen.
http://www.energiepolitik.de/verheizt-heizol-im-deutschen-warmemarkt-preisrisiken-und-alternativen/
Es entsteht der Eindruck, dass die Kosten nicht steigen sollen. Doch
für den Nutzer ist es egal, ob er 10 Cent/kWh Wärme für 150 kWh/m²a
bezahlt oder 20 Cent/kWh Wärme für 75 kWh/m²a. Oder die Differenz
als Mieterhöhung die Investitionen in Wärmedämmung refinanziert.
Das steht doch nicht im Wiederspruch zur Aussage oben, oder? Nichts zu
tun wird auf jeden Fall teuerer, weil die energetische Sanierung
irgendwann sowieso Geld kostet und man in der Zwischenzeit die Ausgaben
für den energetischen Aderlass etwas bremsen kann.
Dieser Ansatz wird dazu führen, dass die billigste und nicht die
energetisch beste Lösung regelmäßig den Vorzug erhält. Und das ist
dann die Gastherme oder im Zweifel ein mehr oder weniger
wirtschaftliches BHKW.
Zu Einschätzung der energetischen Effizienz gibt es den sogenannten
Primärenergiefaktor der Wärmeversorgung. Der liegt bei Brennwertthermen
bei 1,1 d.h. man braucht 110% Primäreenergieeinsatz um 100% Heizwärme zu
erzeugen. Bei BHKWs liegt er aufgrund der Stromgutschrift deutlich unter
100%, siehe beispielsweise hier:
http://www.ffe.de/download/langberichte/pe_faktoren_kwk.pdf
Aufgrund der regulatorischen Ungleichbehandlung von eingespeistem Strom
und bezogenem Strom in der EnEV ist hier bislang noch eine
Marktverzerrung zu beobachten. Genausowenig wie der KWK-Strom PV-Strom
verdrängt, wird eine Stromheizung keinen PV-Strom verbrauchen, sondern
der wird bedarfsgerecht aus Kraftwerken mit freien Kapazitäten (z.B.
Steinkohle) erzeugt. PV-Strom wird sowieso erzeugt, da er in der
Merit-Order ganz links steht, das marginale Kraftwerk ist zuständig, die
Bilanz auszugleichen, d.h. es wird entweder ein bischen rauf oder
runtergefahren.
Das so lange "günstiger" bleibt, als der Gaspreis sich wie derzeit
bei 5 Cent/kWh bis 6 Cent/kWh bewegt. Die umweltpolitische
Komponente blendet der Kostenbezug vollkommen aus.
Aus umweltpolitischer Sicht ist eine Emission von 250 g/kWh_el beim
verdrängen von 750 g/kWh Steinkohlestrom durch ein BHKW zu begrüßen.
Damit wird durch jede kWh eingespeisten KWK-Strom die Bilanz um 500 g
verbessert. Bei einem COP von 3 für Wärmepumpen kommt man auf eine
Bilanz von 250 g/kWh_thermisch wenn man genau hinschaut und nicht im
Winter den PV-Strom aus dem Sommer verbraucht, sondern den vom Kraftwerk
nebenan, dass nun zusätzlich benötigt wird. Das ist schlechter als ein
guter Brennwertkessel mit rund 200 g/kW_thermisch.
Siehe auch
http://www.agenda-energie-lahr.de/leistungwaermepumpen.html
Will auch sagen: Die Umlegung der Kosten für Wärmedämmung auf den
Wärmepreis wird bei Mietwohnungen auch eher nicht gelingen.
Dafür gibt's ja andere Instrumente, wie z.B. eine Mieterhöhung. Auf den
Wärmepreis darf man die Dämmkosten meines Wissens nach
Heizkostenverordnung auch gar nicht umlegen.
Worauf es in meinen Augen unter dem Strich ankommt, ist nicht die
Wärmedämmung und die "moderne" Heizung. Eine Heizung, die letztlich
auf dem Prinzip der Verbrennung degenerativer oder regenerativer
Energieträger beruht, ist niemals modern. Das machen wir Menschen
nun seit ein paar hunderttausend Jahren.
Das sehe ich anders. In Frankreich waren im letzten Februar moderne
Stromheizungen in Betrieb, in Deutschland ist man etwas altbackener und
heizt noch mit Brennstoffen, die man lagern kann. Das hat während der
Kältewelle dazu geführt, dass wir knapp an einem Mangel an
Erzeugungskapazitäten (-> Lastabwurf) entlanggeschrammt sind und in
dieser kritischen Situation Frankreich von Deutschland aus über eine
Exportleistung von einigen GW mitversorgt wurde.
Gas wird auch nach dem Ende des Erdgaszeitalters über die Ressource
Biogas, Bio-SNG oder Speichergas aus Wind- und Solarenergie genutzt
werden, einfach weil es ein wunderbarer Langzeitspeicher ist.
Zu kurz kommt der Primärenergiewert. Und der allein berücksichtigt
die Qualität und die Umweltverträglichkeit einer Gebäudebeheizung.
Full ACK. Die Primärenergie ist das A und O. Allerdings muss man die
PE-Berechnungsvorschriften auf den Prüfstand stellen können. Bioenergie
wie z.B. Holzpelletheizungen haben keinen PE-Faktor von Null. Bioenergie
ist kostbar und nur begrenzt nutzbar, sonst ist ratz fatz der Wald weg.
Der Westharz ist z.B. nach dem 2. Weltkrieg großflächig abgeholzt
worden, zum einen als Brennholz aufgrund der Kohleknappheit im Winter,
zum anderen als Reparationszahlung nach England. Der Ostharz wurde
hingegen von den Russen bewacht, da blieb der Wald stehen.
Von daher sollte es heißen: "die Senkung des Primärenergiebedarfs von
Wohn- und Nichtwohngebäuden durch eine effektive und faire Förderung
von Effizienzmaßnahmen wie Heizungserneuerung,
Verteilungsoptimierung, Gebäudesanierung und
Energiequellenmanagement, vor allem auch im Mietwohnungsbereich!"
Dann bin ich bei Euch.
Wo ist inhaltlich der Unterschied zur Urspungstext? Effizienzmaßnahmen senken Energiekosten und sind natürlich eine der zentralen Dreh- und Angelpunkte in der Energiewende (neben weiterem Ausbau der erneuerbaren Energien). Ansonsten finde ich eine länglich Aufzählung aller denkbaren Optionen in einem solchen Text eher hinderlich beim Lesen.
Das Ziel für den Wärmebereich muss heißen: Weg vom Feuer.
Nö, aber man sollte die Feuerstätten mit einer exergetischen Optimierung der Nutzungskette upgraden. Beim Feuermachen nicht 60% der Wärme wegschmeissen, wenn man es primär auf den exergiereichen Strom abgesehen hat und auch nicht beim Feuermachen 90% der Exergie des Brennstoffs wegschmeissen, wenn man damit nur lauwarmes Wasser erzeugen will.
Exergiegehalt Brennstoff: 100%
Exergiegehalt Strom: 100%
Exergiegehalt Heizwärme: (je nach Carnot'schem Wirkungsgrad) ca. 10%
Gruß,
Gunnar
--
/^\
\ / Plain-Text Ribbon Campain
X Say NO to HTML in email and news!
/ \
- [Ag-bauen-verkehr] Neuer Programmantrag "Risikovorsorge gegen Peak Oil", Bitte um Unterstützung !, Johannes Nix, 11.04.2013
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Neuer Programmantrag "Risikovorsorge gegen Peak Oil", Bitte um Unterstützung !, Bjoern, 12.04.2013
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Neuer Programmantrag "Risikovorsorge gegen Peak Oil", Gunnar Kaestle, 14.04.2013
- Re: [Ag-bauen-verkehr] [Energiepolitik] Neuer Programmantrag "Risikovorsorge gegen Peak Oil", Gunnar Kaestle, 14.04.2013
- Nachricht nicht verfügbar
- Re: [Ag-bauen-verkehr] [Energiepolitik] Neuer Programmantrag "Risikovorsorge gegen Peak Oil", Gunnar Kaestle, 14.04.2013
- Re: [Ag-bauen-verkehr] Neuer Programmantrag "Risikovorsorge gegen Peak Oil", Bitte um Unterstützung !, Bjoern, 12.04.2013
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.