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ag-barrierefreiheit - Re: [Ag-barrierefreiheit] [AG-Inklusion] Antrag Inklusion und nationale Identität

ag-barrierefreiheit AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Koordinations und Arbeitsliste der AG Barrierefreiheit

Listenarchiv

Re: [Ag-barrierefreiheit] [AG-Inklusion] Antrag Inklusion und nationale Identität


Chronologisch Thread 
  • From: Björn <bbjoern1 AT yahoo.de>
  • To: Koordinations und Arbeitsliste der AG Barrierefreiheit <ag-barrierefreiheit AT lists.piratenpartei.de>
  • Cc: 'Mailingliste der AG inklusion zum internen Informtionsaustausch' <ag-inklusion AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Ag-barrierefreiheit] [AG-Inklusion] Antrag Inklusion und nationale Identität
  • Date: Sat, 01 Dec 2012 05:59:30 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-barrierefreiheit>
  • List-id: Koordinations und Arbeitsliste der AG Barrierefreiheit <ag-barrierefreiheit.lists.piratenpartei.de>

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Hash: SHA1

Hi,

das Boshafte unterstellt euch ja zum Glück niemand. Genau deshalb
wurde ja versucht, den Antrag zu ändern und "zu retten". Und bei der
überwältigenden ja-Abstimmung dann, zeigte es dann auch, was die
meisten Teilnehmer von der Idee hielten.

Die "kulturelle" Formulierung finde ich an vielen Stellen auch
gelungener, als "national" zu verwenden. Nicht zuletzt, weil selbst
innerhalb der "Nation Deutschland" kein einheitliches Bild besteht
(geschweige denn in anderen Staaten), sondern auch weil sie weniger in
bestimmten Gruppen (oder genau so in deren Parteiprogramm...!) genau
die gängige Formulierung ist. Außerdem war der Ansatz der
Piratenpartei in ihrer kurzen Geschichte im Gegensatz zu viele anderen
Parteien der länderübergreifende und nicht der national trennende.
Oder um es mit der Präambel des Parteiprogramms zu sagen: "Die
Piratenpartei versteht sich daher als Teil einer weltweiten Bewegung,
die diese Ordnung zum Vorteil aller mitgestalten will."

Jetzt müssen beide AGs nur noch schauen, wie wir bis zum BPT131 ein
ordentliches Gesamtpaket schnüren. Ich bin da optimistisch und
motiviert :)

Gruß,
Björn

Am 01.12.2012 02:20, schrieb Stefan Kottas:
> Hallo zusammen,
>
>
>
> Ziel des Grundsatzprogrammantrages war es, das Prinzip der
> gesamtgesellschaftlichen Inklusion
> (http://de.wikipedia.org/wiki/Inklusion_%28Soziologie%29) mit den
> Aspekten Teilhabe, Chancengleichheit, Barrierefreiheit (im weiteren
> Sinne), Diskriminierungsfreiheit etc., welche größtenteils bereits
> Bestandteil der Bundes- und Landesprogramme sind, ohne jedoch das
> Wort „Inklusion“ zu verwenden, als Grundwert der PIRATEN in das
> Grundsatzprogramm aufzunehmen. Deshalb ist dieser Antrag weiter
> gefasst und allgemeiner gehalten, als die Inklusion von Menschen
> mit Behinderungen. Es sollen jedoch weitere Grundsatz- und
> Wahlprogrammanträge folgen, welche auf speziellere Bedürfnisse
> einzelner diskriminierter Gruppen eingehen.
>
>
>
> Im Nachhinein betrachtet muss ich zugeben, dass der eine Satz
> ungünstig formuliert ist, da er durch teilweises Zitieren eine
> andere Aussage wiedergibt, als der komplette Satz.
>
>
>
> Denn der Satz "Globale Inklusion bedeutet Raum zu schaffen für
> Menschen jeglicher Herkunft mit dem Ziel, ihre gesellschaftlichen
> Eigenheiten und Mentalitäten, Sprache und nationalen Identitäten zu
> bewahren und zu pflegen." kann in keinster Weise
> deutsch-nationalistisch verstanden werden. Er spricht unter anderem
> den Menschen anderer Herkunft das Recht zu, ihr Empfinden, was sie
> sind, nicht ablegen zu müssen, wenn sie hier wohnen wollen. Jemand,
> der z.B. aus Indien kommt, soll hier ein indisches Geschäft, ein
> indisches Kulturzentrum, eine indische Sprachschule etc. errichten
> dürfen.
>
>
>
> Warum ist das wichtig?
>
>
>
> Die Identitätsentwicklung, Selbstfindung und Selbstgestaltung sind
> Prozesse, die über mehrere Jahre hinweg laufen. Ein Mensch mit
> Migrationshintergrund kann seine Identität nicht von heute auf
> morgen ändern. Wird dies dennoch erzwungen, kann dies zu
> psychischen Erkrankungen führen. Ich konnte beobachten, dass
> Depressionen bei Menschen mit Migrationshintergrund zumindest
> gefühlt häufiger vorkommen, als bei der durchschnittlichen
> Bevölkerung. In allen Fällen konnte ich ein vermindertes
> Selbstwertgefühl feststellen. Ein wesentlicher Faktor für das
> Selbstwertgefühl ist die Bestätigung durch andere (oder anders
> ausgedrückt, keine Diskriminierung durch andere). Neben der
> Hauptforderung unseres Antrags, jeden diskriminierungsfrei zu
> inkludieren, muss jedoch auch der Raum geschaffen werden, dass
> jeder, so lange er möchte, sein und bleiben kann wie er will.
>
>
>
> An der Stelle war unser Antrag schon zu spezifisch. Denn diese
> Problematik betrifft viele, welche Diskriminierung, Mobbing,
> Ausgrenzung etc. ausgesetzt sind.
>
>
>
> Mit piratigen Grüßen
>
> Stefan
>
>
>
>
>
> Von: ag-inklusion-bounces AT lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-inklusion-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von
> Andreas Balsa Gesendet: Freitag, 30. November 2012 23:25 An:
> ag-barrierefreiheit AT lists.piratenpartei.de;
> ag-inklusion AT lists.piratenpartei.de Betreff: [AG-Inklusion] Antrag
> Inklusion und nationale Identität
>
>
>
> Hallo,
>
> Beim BPT in Bochum letzte Woche kam es zu einem Abstimmungsdrama um
> PA048 Inklusion. Wir anwesenden Piraten hatten den Antrag zunächst
> in zwei Abstimmungsrunden für das Grundsatzprogramm angenommen, in
> einer dritten Abstimmung dann aber doch abgelehnt. Mein Eindruck
> war, dass wir alle den eigentlichen Inhalt des Antrags
> überwältigend befürworteten. Auslöser für die GO-Anträge zur
> Wiederholung der Abstimmung war die Formulierung am Ende von PA048,
> auch die „…nationalen Identitäten zu bewahren und zu pflegen“. Die
> Antragssteller konnten den Antrag später als Positionspapier
> verabschieden lassen, in dem sie ankündigten, den Begriff
> „national“ überall im Antrag durch „kulturell“ zu ersetzen.
>
>
>
> Vermutlich war es nicht die beste Lösung, in einem Antrag so
> viele unterschiedlichen Gruppen zu inkludieren(!). Jetzt sind so zu
> sagen alle im Boot der „Nation“ zeitweise untergegangen. Für
> diejenigen mit kirchlichem Background: Es hat mich ein wenig an
> diese Fürbittgebete erinnert, in die der Vortragende auch meint,
> alles hinein packen zu müssen.
>
>
>
> Für mich besonders spannend war aber, dass ich selbst, wie viele
> andere Piraten, nicht über den Begriff „nationale Identität“
> gestolpert war. Und dass diese Wortwahl in 2012 noch solche
> Emotionen auslösen kann. Persönlich hätte ich gut damit leben
> können, den Text ins Grundsatz­programm aufzunehmen und ggf. beim
> nächsten BPT noch einmal sprachlich zu optimieren. Aus dem ganzen
> Kontext des Antrags ist klar, dass niemand im leisesten daran
> dachte, nationalen Chauvinismus zu fördern.
>
>
>
> Warum empfindet ein Teil der Piraten die Formulierung mit den
> „nationale Identitäten“ anstößig und warum bin ich persönlich der
> Ansicht, dass das erstaunlich altbacken ist?
>
>
>
> Die Idee der Nation ist in Europa stark mit dem 19. Jahrhundert
> verknüpft. In seiner Ausprägung hin zum nationalen Chauvinismus hat
> er zu einer der großen Tragödien der Geschichte, dem 1. Weltkrieg
> geführt. Ich denke, viele Menschen haben nach 1914 gehofft, dass
> dieser Nationalismus sich ein für alle Mal diskreditiert hätte.
> Aber nur wenige Jahre später bauen wir Deutsche eine
> nationalistische Diktatur auf und führen unser Land, ganz Europa
> und Teile der restlichen Welt in die nächste, nochmals gesteigerte
> Katastrophe. Nachvollziehbar, dass zumindest in Deutschland der
> Begriff der Nation damit verbrannt sein sollte.
>
>
>
> Wenn Ihr etwas genauer auf die nationalsozialistische Ideologie
> schaut, sieht die Sache ein wenig differenzierter aus. Grundlage
> dieser Ideologie war streng genommen ein dumpf rassistisches,
> völkisches Denken, dem sich die „Nation“ unterzuordnen hatte.
> Folgerichtig waren die ersten Opfer der Nazis der deutsche Staat,
> deutsche Arbeiter, deutsche Intellektuelle, deutsche Juden,
> deutsche Roma, deutsche Schwule, … Bevor sie Opfer wurden, haben
> sich viele dieser Menschen vermutlich ohne Probleme zu einer
> deutschen Identität bekannt.
>
>
>
> Mein Schlüsselerlebnis war Mitte der 1980er als ich mehrere Monate
> in einem Kibbuz arbeitete, der im Wesentlichen von polnischen und
> deutschen Juden aufgebaut worden war. Die Jüngeren dort haben sich
> klar als Israelis definiert. Bei den Gesprächen mit den Älteren
> wurde mir sehr schnell klar, dass sie ihre Identität auch stark
> über ihre deutsche Herkunft definierten, z.B. wenn sie andere
> Kibbuze kritisierten, die sie als weniger gut organisiert
> wahrnahmen.
>
>
>
> Später als ich längere Zeit in England gelebt habe, ist mir auch
> klar geworden, dass mich neben meiner Familie, meinen Freunden eben
> auch das Land, der Staat, in dem ich aufgewachsen bin geprägt
> haben. Wie sollte das auch anders sein? Wir leben ja nicht für 20,
> 30 Jahre in einem systemischen Regelwerk, ohne dass es Spuren in
> unserer Identität hinterlässt. Menschen aus Südeuropa und der
> Türkei, die seit längerem in Deutschland leben und arbeiten,
> erzählen häufig, dass sie bei Besuchen in ihrem ursprünglichen
> Heimatland, als „Deutsche“ tituliert werden, weil sie bestimmte
> Eigenheiten ihrer neuen Heimat übernommen haben.
>
>
>
> Ganz nüchtern betrachtet ist der Staat, das Land, die Nation, in
> der wir aufwachsen oder längere Zeit leben, eines der Dinge, die
> unsere Identität prägen. Ob wir das jetzt explizit fördern sollten,
> weiß ich nicht. Wenn es aber jemand persönlich als wichtigen Teil
> seiner/ihrer Identität empfindet, sollten wir ihn/sie deshalb nicht
> ausgrenzen. So verstehe ich die Stoßrichtung des Inklusionsantrags
> an diesem Punkt.
>
>
>
> Problematisch ist immer ein nationaler Chauvinismus. Dessen
> Förderung kann ich allerdings bei bösestem Willen nicht in den
> Inklusionsantrag hineininterpretieren.
>
>
>
> Wenn ich mir Unterdrückung und das Morden, das momentan so in der
> Welt abgeht, anschaue, scheint mir, dass religiöser, ethnischer,
> ideologischer und ja, kultureller Chauvinismus dem nationalen
> Chauvinismus seinen Rang als Triebfeder von Gewalt streitig macht.
> Wenn wir jetzt also im Antrag „nationale Identität“ durch
> „kulturelle Identität“ ersetzen, zeigen wir vielleicht, wie toll
> wir Lehren aus dem 19. und 20. Jahrhundert in Europa gezogen haben
> – nur um in die globale Löwengrube des 21. Jahrhunderts zu
> stolpern.
>
>
>
> Worte immer so perfekt zu wählen, dass solche Fallen vermieden
> werden, ist kaum möglich. Investieren wir die Zeit statt in Serien
> von GO-Anträgen und Wortklaubereien doch besser in die Umsetzung
> dessen, was wir inhaltlich im Antrag fordern.
>
>
>
> Beste Grüße
>
> Andreas1964
>
>
>
>
>
>

- --
Björn Glienke
@bjoernMaHe
https://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:DerBjoern
LV Berlin - Crew Nimbus
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Comment: Using GnuPG with undefined - http://www.enigmail.net/

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