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ostwestfalen-lippe - [OWL] [Fwd: Zu Guttenbergs Nachwehen]

ostwestfalen-lippe AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Regionale Liste für OWL (im Nordosten von NRW)

Listenarchiv

[OWL] [Fwd: Zu Guttenbergs Nachwehen]


Chronologisch Thread 
  • From: "Andreas Rohrmann" <andreas AT rohrmann.com>
  • To: Ostwestfalen-Lippe AT lists.piratenpartei.de
  • Cc: Detmold AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [OWL] [Fwd: Zu Guttenbergs Nachwehen]
  • Date: Wed, 2 Mar 2011 15:31:43 +0100
  • Importance: Normal
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ostwestfalen-lippe>
  • List-id: Regionale Liste für OWL (im Nordosten von NRW) <ostwestfalen-lippe.lists.piratenpartei.de>

Lesenswert!!

Ich schließe mich dem Hinweis von Lukas und vor allem "haekelschwein" voll
an!


Greetz Andreas70
------------------------ Ursprüngliche Nachricht -------------------------
Datum: Mi, 2.03.2011, 15:20

Zu dem Artikel "Spaß mit Rücktritt: Wir wollen Guttenberg zurück!" auf
Netzpolitik.org ( http://is.gd/50QlQB ) gibt es einen sehr
interessanten Kommentar vom 'Haeckelschwein'.

Ich halte diesen Beitrag für so gut, dass ich es schade fände, wenn er
dort bei den Kommentaren untergeht.
Lest selbst und bildet euch eure Meinung.

Gruß
Lukas


---------------

haekelschwein
Mrz 2nd, 2011 @ 13:28

Es bringt nichts, sich über unpolitische Menschen mit einfacherer
Bildung lustig zu machen.

Was sollen die daraufhin tun, plötzlich klug werden? Wie soll das gehen?
Stattdessen muss man sie da abholen und annehmen, wo sie sich
emotional und intellektuell befinden. Das ist nicht die abstrakte Welt
dröger Politik mit ihren ellenlangen Diskussionen und meterhohen
Papierstapeln, sondern es ist die Welt des Events, der Tat, der
bewegenden Bilder.
Wer nur Boulevardmedien konsumiert, aber kaum seriöse Zeitungen oder
Bücher liest, für den ist alles unterhalb von Superstars, Sensationen
und Riesenwirbeln jenseits der Wahrnehmungsschwelle, für den gibt es
nur total toll oder total scheiße.

Guttenberg war seit langem der erste Politiker, der es über die
Wahrnehmungsschwelle dieser Bevölkerungsgruppe geschafft hat, alle
übrigen verschwimmen in ihren Augen in derselben grauen Masse.
Dass er Politiker war, erschien aber nur als Anlass, über ihn zu
berichten, nicht jedoch als Inhalt der Boulevardberichte. Deren
Konsumenten interessieren sich auch nicht für Politik, sondern für
schillernde Prominente.

Guttenbergs Beliebtheit bei dieser Schicht leidet deshalb auch nicht
unter seinen Fehlern als Politiker, weil seine Fans gar nicht genau
sagen könnten, worin dessen Politik eigentlich besteht, sondern sie
sind sich lediglich sicher, dass ein Mensch, der ihnen derart
sympathisch ist, auch auf diesem obskuren Feld namens Politik etwas
Großes leistet.
Alle Gegenargumente, die Guttenbergs politische Versäumnisse
aufzählen, verfangen deshalb nicht. Genauso wenig wie man einer
verliebten Teenagerin den nichtsnutzigen Freund ausreden könnte, denn
sie liebt ihn ja nicht wegen seines beruflichen Erfolgs. Im Gegenteil
verstärkt man in beiden Fällen nur die Anziehung, weil man Trotz
erzeugt und ein Bedürfnis, das Objekt seiner Liebe zu verteidigen.

Ein Großteil der Guttenberger scheint mir aus den Gruppen der
Nichtwähler und der politisch Uninteressierten zu kommen und sich
jetzt erstmals in eine politische Diskussion einzuschalten. Das
erklärt auch, warum in vielen Foren so viele Neumitglieder ohne
vorherige Beiträge sich für Guttenberg einsetzen. Das ist wohl kein
Astroturfing, sondern die haben sich vorher eben nie für Politik
interessiert, und jetzt interessieren sie sich zumindest für einen
Politiker, allerdings auch nicht wegen dessen Politik, sondern wegen
seiner Starqualitäten.

Dadurch unterscheiden sich diese Guttenberger auch von CSUlern. Die
CSUler unterstützen Guttenberg, um ihre Politik nicht zu beschädigen.
Die Guttenberger unterstützen Guttenbergs (unbekannte) Politik, um
Guttenberg nicht zu beschädigen.

Statt Häme über die Guttenberger auszuschütten, sollten sich
Bildungsbürger und etablierte Parteien überlegen, wie sie die
Alltagspolitik verständlicher, aber auch mal spannender und
begeisternder verkaufen könnten, damit nicht nur Buchstabenfresser
sich dafür interessieren, sondern auch Menschen mit weniger
Abstraktionsvermögen. Warum kann eine Regierungserklärung nicht so
mitreißend sein wie eine Apple-Keynote? Man kann doch politische
Themen auch mal mit Schwung und Begeisterung verkaufen. Die
Boulevardmedien wiederum sollten sich fragen lassen, ob
Personalisierung und ständiges emotionales Dauerfeuer der einzige Weg
sein muss, die Zielgruppe anzusprechen, oder ob man nicht mal ein paar
Gänge zurückschalten kann; wer ständig Überwürztes isst, verliert das
Gespür für die feineren Geschmacksnuancen.

Nehmen wir also die Trauer der Guttenberger ernst, sie haben wirklich
etwas verloren. Und das Verlorene sollte man ihnen auch zurückgeben,
aber nicht in der Person Guttenbergs, sondern indem man ein wenig vom
Auftreten und vom Verkäufertalent Guttenbergs in die für viele allzu
graue Politikwelt übernimmt. Man kann von Guttenberg durchaus lernen,
wie man Begeisterung erzeugt, wie man Tatkraft ausstrahlt, wie man
Menschen für sich gewinnt. Das sind Dinge, die auch ehrliche Politiker
durchaus plagiieren dürfen, und dabei muss die politische Substanz
keineswegs auf der Strecke bleiben.





  • [OWL] [Fwd: Zu Guttenbergs Nachwehen], Andreas Rohrmann, 02.03.2011

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