Re: [NRW-Wuppertal] Piraten in Auflösung

[arnim <arnimvherff AT wuplug.org>]

Grüß Dich Franz.

Am 05.10.2017 um 16:56 schrieb Harald Franz (harald AT franzspace.com via 
nrw-wuppertal Mailing List):
> Moin Armin,

ArNiM, wenn ich bitten dürfte... ;-)

> auch wenn Du das mit, ich mutmaße Mal, Freude,

Mitnichten. Ich zitiere mal Thomas Hegenbarth, weil er meinen Modus 
recht gut beschreibt: "[...] meine persönlichen Gefühle liegen [...] 
irgendwo zwischen Enttäuschung und einer melancholischen Stimmung das 
etwas besonderes nach fast 10 Jahren Parteizugehörigkeit bei den Piraten 
sein Ende gefunden hat." Wobei ich einschränken muß, daß ich nicht den 
Nerv hatte zehn Jahre durchzuhalten, sondern schon nach fünfen das 
Handtuch warf. Aber ich bin immer noch aktiv in die Beratung (i. S. 
eines "advisors") eines kommunalen Mandatsträgers der PP eingebunden. 
Und die Teilnahme an dieser Liste hier verfolgt nicht den Zweck des 
mobbings...

> [...] aber
> wer liest schon eine lange Mail bis ans Ende:

Wenn es nicht nur reiner Orga-Kram ist, dann lese ich mails von Dir 
immer bis zum Ende. ;-)

> Wichtig ist mir, dass wir bei den 2020 anstehenden Kommunalwahlen in
> NRW, auch aus jetziger Sicht, deutlich bessere Chancen haben, da die
> Ausgangslage eine andere / bessere ist. In den Kreisen und Städten, in
> denen Piraten in den Kreistagen, Räten und Bezirksvertretungen arbeiten,
> kennen Wähler unsere Arbeit und die Bedeutung der Piraten und ihrer
> Anträge und Forderungen.

Da steckt sehr viel Wunschdenken drin. Nach meiner Beobachtung werden 
kommunale Mandatsträger von der Partei sehr allein gelassen und wenn sie 
dennoch gute Arbeit in den Gremien leisten, dann fehlen ihnen einfach 
die zeitlichen Ressourcen auch noch die "Propaganda" zu erledigen 
(Stichwort "Ehrenamt"). Gleichwohl müssen sie sich dann manchmal auch 
noch minder offenen Anfeindungen aus der Partei erwehren.

> Da spielt es dann auch eine Rolle, dass wir
> z.B.: mit Freifunk und freiem W-Lan für den barrierefreien Zugang zum
> Wissen der Welt und / oder zum Zocken ermöglichen, während die anderen
> Parteien eher so drauf sind: "Kauf Dir doch mehr GB."

Die Abwehrstrategien gegen freies WLAN waren überall ähnlich (nicht 
zuletzt, weil alle Kommunen auf die gleichen Beratungsinstitutionen 
zurück greifen). In der Umsetzung des freien WLAN gibt es dann aber doch 
erhebliche Unterschiede. Vom Freifunk (Arnsberg) über (scheinbar?) 
städtische Router (Wuppertal) bis hin zu kommerziellen Anbietern, die 
aus dem Stadtsäckel bezahlt werden (Duisburg, demnächst Erftstadt). Der 
Satz "Kauf dir GB" ist inzwischen bei all den Parteien verpönt, die 
nicht gezielt Stellung gegen die "Facebook-Bevölkerung" beziehen wollen. 
Also bei allen. Ergo, kein Argument mehr für ein Kreuz bei den Piraten. 
[Selbst die DB - ein Bundesunternehmen - hat inzwischen entdeckt, daß 
das Anbieten von freiem WLAN nicht nur im ICE der richtige Weg ist - 
siehe RE42 von Mönchen-Gladbach nach Münster.]

> Wenn in einer
> Stadt noch keine Piraten in den Rat gewählt worden sind, können wir auf
> Nachbarorte verweisen und das ist dann glaubwürdiger und
> nachvollziehbar, als jetzt bei der BTW.

Aus den Kommunen über die Länder zum Bund. Ja, so sind die Strukturen 
dieses Staat seit 1946 aufgebaut worden. Es wäre schön gewesen, wenn 
eine Mehrheit der Partei das schon 2012 oder früher begriffen hätte. 
Prognose: Inzwischen ist der Zug für dieses Vorgehen abgefahren.

> Dann geht es noch darum, in den
> nächsten 2 Jahren genügend Kandidaten zu finden, um möglichst alle
> Wahlbezirke zu besetzen, da es ja bei den Kommunalwahlen nur die
> Erststimme gibt.

Das ist schon 2014 nicht gelungen und inzwischen stehen noch weniger 
Menschen dafür zur Verfügung. (Und viele derjenigen, die 2014 zur 
Verfügung standen und sogar gewählt wurden, sind nicht mehr da - z.B. 
Thomas Hegenbarth.)

> Dadurch können wir kontinuierlich in der Kommunikation
> mit den Menschen/ Wählern sein.

... "können" ... Seid Ihr es?

> Und einige der Parteien, die uns bei der
> BTW, Stimmen abgenommen haben, kandidieren bisher / wahrscheinlich nicht
> bei Kommunalwahlen und nehmen uns daher keine Stimmen weg.

Zynisch-satirisch überspitzte Frage: Du glaubst also ernsthaft, daß die 
Erdogan-Jünger von der "Allianz Deutscher Demokraten" auf kommunaler 
Ebene "orange" wählen werden? [Nebenbei: "Raider heißt jetzt Twix!" oder 
"Das neue Orange ist jetzt Lila"...]

Einzelne kommunale Mandate machen aus einer toten Partei eine untote Partei:
https://de.wikipedia.org/wiki/Marxistisch-Leninistische_Partei_Deutschlands#Kommunalpolitische_Vertretung_der_B.C3.BCndnisse_mit_MLPD-Beteiligung
https://de.wikipedia.org/wiki/Bayernpartei#Entwicklung_ab_2003

> Wir werden durch die gemeinsame Arbeit auch immun gegen die Auguren und
> Apologeten, die gebetsmühlenartig, das "tote Pferd" oder andere
> Abgesänge ...

Es geht nicht um Wahrsagerei. (Was hier die Apologeten - Verteidiger 
i.S. von "Zustimmungssucher" - verloren haben, erschliesst sich mir 
nicht.) Es geht darum, daß das Feld der Bürgerrechte (im weitesten 
Sinne) in den Parlamenten nicht repräsentiert ist. Es geht darum, daß es 
immer noch Menschen gibt, die das stört. Und es geht darum, daß sich 
diese Menschen nicht für Farben, Logos und bestimmte Parteien 
verkämpfen, sondern das eigentliche Ziel nicht aus den Augen 
verlieren... Stefan scheint das in der vorhergehenden mail verstanden zu 
haben: "Dabei darf auch das gemeinsame Aufstellen von Bewerberlisten 
kein Tabu sein. Und auch über Fusionen, Namensänderungen etc. sollte man 
zumindest nachdenken dürfen."

> Daher packen wir es an, werden wir sichtbar und überzeugend und gewinnen
> dadurch auch neue Mitglieder, Unterstützer und Wähler.

Nochmal eine holzschnittartige, schreckliche Vereinfachung: Aha, das 
funktioniert indem man die Esoterikpartei "Die Violetten" kopiert?

Gruß Arnim