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Betreff: Kreisverband Wesel
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- To: nrw-kv-wesel AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [NRW-KV-Wesel] Frackingstudie veröffentlicht
- Date: Fri, 07 Sep 2012 20:06:05 +0000
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- List-id: Mailingliste - PIRATEN-KV-Wesel <nrw-kv-wesel.lists.piratenpartei.de>
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Andi_nRw schrieb:
Frackingstudie des Landes NRW:
http://www.bmu.de/binnengewaesser/downloads/doc/49112.php
Hier mal das Gutachten zum Thema Fracking:
Fracking in unkonventionellen
Erdgas-Lagerstätten in NRW
Kurzfassung zum Gutachten
„Gutachten mit Risikostudie zur Exploration und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten
in Nordrhein-Westfalen (NRW) und deren Auswirkungen auf den Naturhaushalt insbesondere die öffentliche
Trinkwasserversorgung“
6. September 2012
Auftraggeber:
Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen
in Abstimmung mit:
Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes
Nordrhein-Westfalen
Gutachter/Auftragnehmer
Ansprechpartner für das Gutachterkonsortium:
Dr. H. Georg Meiners (ahu AG)
ahu AG Wasser • Boden • Geomatik
Kirberichshofer Weg 6
52066 Aachen
http://www.ahu.de
Brenk Systemplanung GmbH
Heider-Hof-Weg 23
52080 Aachen
http://www.brenk.com
IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasser
Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH
Moritzstr. 26
45476 Mülheim an der Ruhr
http://www.iww-online.de
In Kooperation mit
BKR Aachen
Castro & Hinzen
Stadtplanung, Umweltplanung
Kirberichshofer Weg 6
52066 Aachen
http://www.bkr-ac.de
delta h Ingenieurgesellschaft mbH
Parkweg 67
58453 Witten
http://www.delta-h.de
FORALITH Drilling Support AG
Bionstraße 4
CH-9015 St. Gallen
http://www.foralith.ch
FUMINCO GmbH
Heinrichsallee 41
52062 Aachen
http://www.fuminco.com
Titelbild:
Schematische und nicht maßstäbliche Darstellung eines geologischen Schnittes durch den Untergrund mit
einer erdgasführenden Gesteinsschicht (dunkelbraun) mit einer abgelenkten Bohrung und die durch Fracking
erzeugten Risse, geologischen Barriereschichten (hellbraun) sowie einer darüberliegenden grundwasserführenden
Schicht (blau).
Vorwort
Die Möglichkeiten und Risiken der Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten
werden derzeit weltweit intensiv diskutiert. Auch in Nordrhein-Westfalen werden größere unkonventionelle
Erdgas-Vorkommen vermutet. Zahlreiche Firmen haben bereits Aufsuchungserlaubnisse zur Erkundung der
Erdgas-Vorkommen. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ein Gutachten
in Auftrag gegeben, das die Vorkommen und ihre naturräumliche Situation in NRW beschreiben und die mit der
Erkundung und Gewinnung verbundenen Risiken bewerten soll.
Das Gutachten, dessen Kurzfassung hier vorliegt, bewertet die Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus
unkonventionellen Lagerstätten insbesondere in seinen Auswirkungen auf den Natur- und Wasserhaushalt. Die
Hauptfragen, die durch das Gutachten zu beantworten sind, lauten:
• Welche Auswirkungen und Risiken haben Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Lagerstätten für den Naturhaushalt, insbesondere das Grund- und Oberflächenwasser, und für die öffentliche
Trinkwasserversorgung in NRW?
• Ist die Daten- und Informationsbasis ausreichend, um die Auswirkungen und Risiken umfassend zu bewerten
bzw. welche Informations- und Wissensdefizite bestehen und wie lassen sich diese beseitigen?
• Welche Kriterien gibt es, um ggf. zukünftige Genehmigungen so zu gestalten, dass mögliche unerwünschte
Auswirkungen vermieden oder vermindert werden?
• Welche Beobachtungsmaßnahmen (Monitoring) sind notwendig, um mögliche unerwünschte Auswirkungen
(frühzeitig) zu entdecken? Welche Kriterien gibt es, diese zu bewerten? Und welche Maßnahmen sind
vorstellbar, um solche Auswirkungen zu bewältigen?
• Wie ist die Übertragbarkeit der Darstellungen und Studien aus dem Ausland, vor allem den USA, auf die
heimische Region zu beurteilen?
Fragestellungen, mit denen sich das Gutachten nicht beschäftigt, sind u.a. die Wirtschaftlichkeit und Klimabilanz
der Erdgasförderung sowie deren Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft.
Das Gutachten war Mitte 2011 vom Umweltministerium NRW (MKULNV) in enger Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium
NRW (MWEBWV) öffentlich ausgeschrieben worden. Ausgewählt wurde ein Konsortium
aus erfahrenen, von der Erdgasindustrie unabhängigen Firmen, die ihr Ergebnis nach einer achtmonatigen Bearbeitungszeit
hiermit vorlegen.
Die Arbeit des Konsortiums wurde von Beginn an durch einen Arbeitskreis aus Behördenvertretern, Kommunen,
Wasserversorgungsunternehmen, Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen begleitet (siehe Kasten).
Die Vorgehensweise und Zwischenergebnisse des Gutachtens und das fertige Gutachten wurden bzw. werden
in diesem Gremium vorgestellt und diskutiert. Die Beteiligten hatten und haben dort die Gelegenheit, die aus
ihrer Sicht kritischen Punkte darzulegen. Allen Beteiligten am Arbeitskreis sei für ihre Arbeit und ihre Beiträge
schon jetzt ausdrücklich gedankt.
Grundlage der gutachtlichen Bearbeitung waren neben dem Austausch im projektbegleitenden Arbeitskreis
u.a. Gespräche mit vielen Beteiligten, z.B. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Wirtschaftsministerium
und Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) Niedersachsen, Bezirksregierung
Arnsberg (Bergbehörde), Geologischer Dienst (GD NRW) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
(LANUV) in Nordrhein-Westfalen sowie Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen. In unsere
Arbeit sind auch Informationen der Erdöl- und Erdgasindustrie und des parallel laufenden, von der Firma ExxonMobil
initiierten Informations- und Dialogprozesses (kurz: „Exxon-Dialog-Prozess“) eingeflossen. Hilfreich
waren auch die Erkenntnisse aus dem ebenfalls parallel laufenden, vom Umweltbundesamt (UBA) in Auftrag
gegebenen Gutachten „Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus
Teilnehmer am Arbeitskreis
Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen ▪
Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen (Vorsitz)
Bezirksregierung Arnsberg - Abteilung Bergbau und Energie in NRW ▪ Bezirksregierung Detmold ▪ Bezirksregierung Münster
▪ Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV-NRW) ▪ Geologischer Dienst NRW
Landesbüro der Naturschutzverbände
Aktionskreis Wohnen und Leben Bergkamen e.V. ▪ BIGG-Werne ▪ Bürgerinitiative für sauberes Wasser Witten ▪ Bürgerinitiative
Gegen Gasbohren BIGG Hamm ▪ Bürgerinitiative für Sauberes Trinkwasser BIST ▪ Bürgerinitiative für Lebensqualität
und Umweltschutz e.V. ▪ Bürgerinitiative Düsbecke e.V. ▪ Bürgerverein Traar e.V ▪ IG Borken ▪ IG Drensteinfurt ▪
IG Märkischer Kreis ▪ IG Nordwalde ▪ Landesverband der Bergbaubetroffenen – NRW
Kommunale Spitzenverbände ▪ Stadt Dortmund ▪ Stadt Hagen ▪ Kreis Minden-Lübecke ▪ Kreis Steinfurt ▪ Kreis Warendorf
Emschergenossenschaft/Lippeverband ▪ Ruhrverband
Gelsenwasser AG ▪ Stadtwerke Münster GmbH
Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e.V.
Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.
unkonventionellen Lagerstätten – Risikobewertung, Handlungsempfehlungen und Evaluierung bestehender
rechtlicher Regelungen und Verwaltungsstrukturen“ zur ähnlichen Thematik auf Bundesebene, vor allem aus
dessen umfangreichem rechtlichen Teil. Allen Gesprächsteilnehmern sei an dieser Stelle für die Unterstützung
der Arbeit herzlich gedankt.
An dieser Stelle soll betont werden, dass die Gutachter unabhängig gearbeitet haben, d.h. der Gutachteninhalt
allein durch die Gutachter zu verantworten ist und weder die Meinung der beteiligten Ministerien noch die der
Arbeitskreisbeteiligten widerspiegeln muss.
Für die Landesregierung und ihre Genehmigungsbehörden wird das Gutachten eine wichtige Entscheidungsgrundlage
sein. Es soll darüber hinaus dazu beitragen, die öffentliche Diskussion zu versachlichen. Kurzfassung
und Langfassung des Gutachtens sind im Internet unter der Adresse http://www.umwelt.nrw.de/ zugänglich.
Die Vorlage des Gutachtens ist aus Sicht der Landesregierung Auftakt für eine breite, auch parlamentarische
Debatte über die weitere Zukunft und Vorgehensweise zur Erkundung und ggf. Förderung von Erdgas aus unkonventionellen
Lagerstätten in NRW.
Inhalt
1 Ausgangssituation und Vorgehensweise 1
2 Unkonventionelle Gasvorkommen in NRW 5
3 Raum- und umweltplanerische Belange 9
4 Geosysteme 13
5 Erkundungs- und Gewinnungstechniken 18
6 Frack-Fluide, Formationswässer und Flowback 23
7 Umweltauswirkungen 27
8 Umweltrisiken 35
9 Bewertungs- bzw. Genehmigungskriterien und Monitoring 46
10 Erfahrungen aus anderen Staaten 55
11 Gesamtfazit und Empfehlungen zum weiteren Vorgehen 58
Abbildungen
Abb. 1-1: Überblick über den gestuften Ablauf der bergrechtlichen Genehmigungsverfahren 1
Abb. 1-2: Vorgehensweise des NRW-Gutachtens 2
Abb. 1-3: Räumliche und zeitliche Betrachtungsperspektive des Gutachtens 3
Abb. 1-4: Phasen bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Erdgas-Lagerstätten (Lebenszyklusansatz) 3
Abb. 2-1: Tabellarischer Überblick über die Geosysteme mit vermuteten Vorkommen an
unkonventionellem Erdgas in NRW 5
Abb. 2-2: Überblick über die Geosysteme und vermuteten unkonventionellen
Erdgas-Lagerstätten in NRW 6
Abb. 2-3: Karte der beantragten und der erteilten Felder zur Aufsuchung von Erdgas aus
unkonventionellen Lagerstätten in NRW 7
Abb. 3-1: Vorgehensweise zur Bewertung des Raumwiderstands bzw. der Raumempfindlichkeit 9
Abb. 3-2: Zusammenfassende Darstellung von Gebieten mit sehr hohem und hohem
Raumwiderstand in den beantragten und erteilten Erlaubnisfeldern 10
Abb. 3-3: Flächenmäßig bedeutsame Bereiche mit sehr hohem Raumwiderstand für die
Geosysteme in NRW nach Schutzgütern 11
Abb. 4-1: Schematisches geologisches Profil Geosystem Nördlicher Niederrhein 13
Abb. 4-2: Schematisches geologisches Profil Geosystem Südlicher Niederrhein 13
Abb. 4-3: Schematisches geologisches Profil Geosystem Zentrales Münsterland 14
Abb. 4-4: Schematisches geologisches Profil Geosystem Randliches Münsterland 14
Abb. 4-5: Schematisches geologisches Profil Geosystem Ibbenbüren 15
Abb. 4-6: Schematisches geologisches Profil Geosystem Südlicher Niederrhein 15
Abb. 4-7: Schematisches geologisches Profil Geosystem Rheinisches Schiefergebirge 15
Abb. 4-8: Schematisches geologisches Profil Geosystem Weserrandgebirgsmulde 16
Abb. 5-1: Bohrplatz und Bohrturm der Bohrung Goldenstedt
Z21 der ExxonMobil Production
Deutschland GmbH 19
Abb. 5-2: Schematische Beispielgeometrien für multilaterale Bohrungen und für Bohrplätze 20
Abb. 6-1: Einsatzmöglichkeit einiger ausgewählter Additive und Angabe ihrer bisherigen
Einsatzhäufigkeit in Frack-Fluiden in Deutschland (u.a. Tight Gas-Lagerstätten
in Niedersachsen) 24
Abb. 6-2: Zusammensetzung des Flowback als Mischung aus Frack-Fluid und Formationswasser
in Verbindung mit beschaffenheitsverändernden hydrogeochemischen Prozessen 25
Abb. 7-1: Bewertung der Umweltauswirkungen über Wirkfaktoren 27
Abb. 7-2: Zusammenstellung einiger wesentlicher Eigenschaften und Kennzahlen der fiktiven
Erschließungsszenarien 28
Abb. 7-3: Mögliche Auswirkungen auf Schutzgüter durch Flächeninanspruchnahme 29
Abb. 7-4: Zusammenfassung der Gesamtflächeninanspruchnahmen für alle Phasen (572 Betriebe)
in den Szenarien A und B 29
Abb. 7-5: Mögliche Umweltauswirkungen der nichtstofflichen Wirkfaktoren 31
Abb. 7-6: Mögliche Umweltauswirkungen durch stoffliche Einwirkungen 32
Abb. 8-1: Struktur der Risikoanalyse zur Beurteilung der Erdgasgewinnung aus
unkonventionellen Lagerstätten 35
Abb. 8-2: Bewertung der Eingriffsintensität 36
Abb. 8-3: Schematische Darstellung potenzieller Wirkungspfade 36
Abb. 8-4: Bewertung des Gefährdungspotenzials 39
Abb. 8-5: Bewertung der in dem Frack-Fluid Damme 3 und einer geplanten Weiterentwicklung
eingesetzten Additivkonzentrationen anhand human- und ökotoxikologischer
Risikoquotienten 41
Abb. 8-6: Bewertung des Risikos 43
Abb. 8-7: Schematisches geologisches Profil Geosystem Bergbauzone 44
Abb. 9-1: Vorschlag für Bewertungskriterien und notwendige Untersuchungsschritte 47
Abb. 9-2: Monitoringkreis 54
Abb. 11-1: Empfehlungen zum weiteren Vorgehen für die Erkundung und Gewinnung 65
unkonventioneller Erdgas-Vorkommen in NRW
1
1 Einleitung
Rahmenbedingungen und
Grundlagen
Im Mittelpunkt der Bearbeitung unseres Gutachtens
standen der Einsatz und die möglichen Umweltauswirkungen
der Fracking-Technologie in unkonventionellen
Erdgas-Lagerstätten in NRW. Das Gutachten
betrachtet dazu im Wesentlichen die Phase der Erkundung
und die anschließende Phase der Gewinnung.
Tiefbohrungen oder die Erdgasgewinnung im
Allgemeinen waren nicht Gegenstand des Gutachtens.
In NRW gibt es zwar langjährige praktische
Erfahrungen mit Tiefbohrungen (z.B. im Rahmen
der Steinkohlenexploration), aber bis auf wenige
Ausnahmen keine spezifischen Erfahrungen mit der
Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Lagerstätten (inkl. Fracking).
Die Gutachter waren deshalb bei ihren Auswertungen
hauptsächlich auf Erfahrungen außerhalb von
NRW angewiesen (u.a. bisher ca. 300 Fracks, vor
allem in Tight Gas-Lagerstätten in Niedersachsen,
langjährige Erfahrungen in den USA, etc.). Vor allem
die diesbezüglichen Arbeiten in den USA sind Gegenstand
einer umfangreichen und rasant anwachsenden
Fachliteratur, deren Aussagen allerdings nur
mit Einschränkung auf die deutschen Verhältnisse
übertragbar sind (s. Kurzfassung Kap. 10).
Bei unserer Begutachtung haben wir auf einen transparenten
Umgang mit den von uns verwendeten
Daten und Informationen geachtet. In allen Fällen,
in denen aus unserer Sicht die vorhandenen Daten
für eine Bewertung und die Ableitung gutachtlicher
Aussagen nicht ausreichen oder keine entsprechenden
Daten und Informationen vorlagen, wurde dies
vermerkt.
Viele Daten, darunter z.B. relevante Daten zu Bohrungen
aus der Steinkohlenexploration in NRW, waren
aus Gründen des Datenschutzes für uns nicht
zugänglich.
Aufgrund des Umfangs der Thematik, der Datenlage
und der Kürze der Bearbeitungsdauer war allen
Beteiligten klar, dass eine abschließende Bearbeitung
der Fragestellungen für alle zu betrachtenden
Aspekte nicht zu erwarten war. Es war deshalb von
vornherein Konsens, im Zweifelsfall Fragen zu offenen
Punkten zu formulieren sowie Daten- und Erkenntnisdefizite
zu benennen, die zu einem späteren
Zeitpunkt bzw. von den Erdgasfirmen selbst zu
beantworten bzw. zu beseitigen wären.
Maßgebende rechtliche Vorschriften für bergbauliche
Vorhaben im Bereich unkonventioneller Erdgas-
Lagerstätten sind im Wesentlichen das Bundesberggesetz
(BBergG) und das Wasserhaushaltsgesetz
(WHG) sowie die auf deren Grundlage erlassenen
Rechtsvorschriften.
Ein wichtiger Aspekt im Bundesberggesetz ist die
Berücksichtigung der gestuften Vorgehensweise
bei der Planung und Realisierung bergbaulicher
Vorhaben, die im Wesentlichen zwischen der Phase
der Aufsuchung (Erlaubnis) und der nachfolgenden
Phase der Gewinnung (Bewilligung) unterscheidet
(Abb. 1-1). Im vorliegenden Gutachten wurde dies
ebenso berücksichtigt; die rechtlichen Aspekte wurden
ansonsten im Unterschied zum aktuellen Gutachten
im Auftrag des Umweltbundesamtes (s.o.)
nicht vertieft betrachtet.
Suchen des Erdgases
bergrechtliche Erlaubnis zur Aufsuchung des Erdgases
(§ 7 BBergG)
(berechtigt noch nicht, Aufsuchungstätigkeiten tatsächlich
durchzuführen)
für die Durchführung von Aufsuchungstätigkeiten
sind erforderlich:
bergrechtlicher Betriebsplan (§ 51 BBergG)
plus ggf. wasserrechtliche Erlaubnis im Einvernehmen
mit der Unteren Wasserbehörde zur Durchführung
von Aufsuchungsmaßnahmen
(z.B. Erkundungsbohrungen etc.)
Abschlussbetriebsplan (§ 53 BBergG)
Gewinnen des Erdgases
Bewilligung zur Gewinnung des Erdgases
(§ 8 BBergG)
für die Durchführung von Gewinnungstätigkeiten
sind erforderlich:
bergrechtlicher Betriebsplan (§ 51 BBergG)
plus ggf. UVP → dann Planfeststellungsverfahren
(§ 52 Abs. 2a BBergG)
plus ggf. wasserrechtliche Erlaubnis im Einvernehmen
mit der Unteren Wasserbehörde zur Durchführung
von Gewinnungsmaßnahmen
(z.B. Gewinnungsbohrungen etc.)
Abschlussbetriebsplan (§ 53 BBergG)
Abb. 1-1: Überblick über den gestuften Ablauf der
bergrechtlichen Genehmigungsverfahren
(n. GRIGO et al., aus ABK Heft 126, S. 24)
2
Abb. 1-2: Vorgehensweise des
Gutachtens
3
Vorgehensweise und
Grundsätze
Die Vorgehensweise zur Beantwortung der Fragestellung
und der Aufbau des Gesamtgutachtens (s.
Vorwort) sind in Abbildung 1-2 dargestellt.
Die Erkundung der potenziellen unkonventionellen
Erdgas-Vorkommen in NRW steht derzeit noch
ganz am Anfang (Kap. 2). Sie erfolgt schrittweise.
Langfristige und konkrete Pläne für die flächenhafte
Erkundung bzw. spätere Gewinnung in NRW, die
wir unserer gutachterlichen Arbeit hätten zugrunde
legen können, lagen den Gutachtern nicht vor. Veröffentlichte
Betriebspläne für Einzelstandorte wurden
jedoch berücksichtigt.
Der Aufbau des Gutachtens orientiert sich an der
in Abbildung 1-2 dargestellten Vorgehensweise. Wir
stellen die unkonventionellen Gasvorkommen in
NRW (Kap. 2) in den Kontext raum- und umweltplanerischer
Belange (Kap. 3) sowie der unterschiedlichen
geologisch-hydrogeologischen Systeme in
NRW (Kap. 4). Wir beschreiben den Stand und die
Entwicklung der Technik im Bereich Erkundung und
Phase Beschreibung betrachtete
Dimension
Raum Zeit
Aufsuchung
A Bohrung zur Erkundung
(ohne Frack)
Einzelfall Standort / kleinräumig Monate / Jahre
B1 Fracken zur Erkundung Einzelfall Standort / kleinräumig Wochen
Gewinnung
B2 Fracken zur Gewinnung Summenwirkung Gewinnungsfeld /
großräumig
Wochen / Monate
C Gewinnung (Betrieb) Summenwirkung Gewinnungsfeld /
großräumig
Jahrzehnte
D Abschluss / Nachsorge* Summenwirkung Gewinnungsfeld /
großräumig
Jahrzehnte / dauerhaft
* nur randlich bearbeitet
Abb. 1-4: Phasen bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten
(Lebenszyklusansatz)
Abb. 1-3: Räumliche und zeitliche Betrachtungsperspektive des NRW-Gutachtens
4
Gewinnung (Kap. 5) sowie Frack-Fluide, Formationswässer
und Flowback (Kap. 6). Die Abschätzung
und Beurteilung erwarteter oder möglicher
Umweltauswirkungen und Risiken erfolgt allgemein
(generisch) und anhand von Szenarien (Kap. 7 und
8). Räumlich steht zunächst die großräumige Ebene
im Vordergrund (Abb. 1-3). Erkenntnisse aus dieser
Ebene können in die Beurteilung ggf. nachfolgender
Arbeiten auf der Standortebene einfließen und umgekehrt.
Zeitlich haben wir die Erfahrungen vor allem der jüngeren
Vergangenheit betrachtet und dann in die nähere
und weitere Zukunft geschaut. Dabei haben wir
einen „Lebenszyklusansatz“ verfolgt, d.h. wir haben
uns mit allen Phasen eines bergbaulichen Projekts
im Bereich unkonventioneller Erdgas-Lagerstätten
beschäftigt, beginnend mit der Exploration mittels
Bohrungen und Untersuchungen des Untergrundes
ohne Einsatz der Fracking-Technologie (Phase A)
und mit Einsatz der Fracking-Technologie (Phase
B1), über das Abteufen von Gewinnungsbohrungen
bzw. den Ausbau vorhandener Bohrungen zu Förderbetrieben
einschließlich der dazu nötigen Produktionsfracks
(Phase B2), über die Gewinnungsphase
(Phase C) bis hin zur Rückbau- und Nachsorgephase
(Endphase D) (Abb. 1-4).
Mithilfe fiktiver Szenarien haben wir das Vorhaben
„Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Erdgas-Vorkommen in NRW“ vorstellbar
gemacht (Kap. 7), um daraus konkrete Schlüsse
für mögliche Umweltauswirkungen und Risiken abzuleiten.
Die Analyse der Umweltauswirkungen und Risiken
war für uns die Grundlage zur Ableitung von Maßnahmen
und Kriterien, durch die die möglichen Auswirkungen
und Risiken verhindert oder vermindert
werden können und wie dies durch ein Monitoring
überwacht und gesteuert werden könnte (Kap. 9).
Mit der Frage der Übertragbarkeit von Erfahrungen
aus anderen Ländern haben wir uns in Kapitel 10
beschäftigt. Das Gesamtfazit aus unseren Beschreibungen
und Auswertungen ziehen wir in Kapitel 11.
Dort sind auch unsere Empfehlungen zur weiteren
Vorgehensweise enthalten.
Bei unseren Empfehlungen zu erforderlichen Untersuchungen
der Geosysteme und zur weiteren Vorgehensweise
(Vorgehensplan) haben wir uns vor allem
auf die Arbeiten / Maßnahmen konzentriert, die wir
für die nahe Zukunft, d.h. die nächsten Jahre für
wichtig erachten.
Drei Aspekte haben wir bei unserer Begutachtung
besonders vertieft:
• Die raum- und umweltplanerischen Belange haben
wir vor dem Hintergrund bearbeitet, dass
das Vorhaben auf Räume trifft, die zum Teil dicht
besiedelt sind und auch für andere Nutzungen,
wie z.B. Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und
Erholung von großer Bedeutung sind (Kap. 3).
• Bei Betrachtung der Techniken für die Erkundung
und die nachfolgende Gewinnung haben wir den
Frack-Vorgang selbst und alle von ihm beeinflussten
Aspekte in den Vordergrund gestellt (Kap. 5).
• Den Einsatz von Chemikalien haben wir vertiefend
betrachtet, da insbesondere hier ein Gefährdungspotenzial
für den Naturhaushalt und die
Wasserversorgung gesehen wird (Kap. 6 und 7).
Bei allen Aspekten geht es hauptsächlich um die
Auswirkungen auf den Wasser- und Naturhaushalt
und insbesondere die öffentliche Trinkwasserversorgung.
Fragen zum Klimaschutz, zur Wirtschaftlichkeit und
zur Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Geothermiebohrungen
wurden im Rahmen des Gutachtens
nicht behandelt.
Für rechtliche und organisatorische Fragestellungen
verweisen wir auf das Gutachten des Umweltbundesamtes.
5
Einleitung
Unkonventionelle Erdgas-Lagerstätten können in
Kohleflözgas-, Schiefer- und Tight Gas-Lagerstätten
untergliedert werden. Tight Gas liegt im Hinblick auf
die Permeabilität des Speichergesteins im Übergangsbereich
zwischen konventionellen und unkonventionellen
Vorkommen. Da nach Angaben des
Geologischen Dienstes NRW aktuell nicht davon auszugehen
ist, dass in Nordrhein-Westfalen förderbare
Tight Gas-Lagerstätten existieren, wurden diese im
Rahmen dieses Gutachtens nicht weiter behandelt.
Im Hinblick auf die Auswertung bereits durchgeführter
Fracks wurde jedoch auf die Erfahrungen
aus Niedersachsen zurückgegriffen, wo bereits ca.
300 Fracks, vornehmlich in Tight Gas-Lagerstätten,
durchgeführt wurden (s. Kap. 5).
Unkonventionelle Erdgas-Vorkommen werden in
NRW in Bereichen unterschiedlicher Geosysteme
vermutet. Geosysteme beschreiben im vorliegenden
Gutachten Bereiche mit vergleichbaren geologischhydrogeologischen
Verhältnissen. Die Geosysteme
weisen untereinander deutliche Unterschiede
hinsichtlich der Ausbildung und Lage der potenziell
gasführenden Schichten im hydrogeologischen
System auf. Dies macht lokal spezifische Erkundungs-
und Gewinnungsstrategien notwendig, die
hinsichtlich ihrer Umweltauswirkungen und Risiken
standortspezifisch zu bewerten sind.
Potenzielle unkonventionelle
Erdgas-Vorkommen in NRW
Eine Übersicht über die potenziellen Erdgas-Vorkommen
in NRW sowie die Abgrenzung der im
Gutachten betrachteten Geosysteme auf Basis der
genehmigten und beantragten Aufsuchungsfelder
zeigt die Abbildung 2.2.
Die vermuteten unkonventionellen Erdgas-Vorkommen
in NRW teilen sich auf in Kohleflözgas- und
Schiefergas-Vorkommen (Abb. 2-1). In einigen Geosystemen
liegen mehrere potenziell gasführende
Schichten übereinander.
Kohleflözgas-Vorkommen sind in NRW an die flözführenden
Schichten des Oberkarbons gebunden.
Die Schätzungen zum „Gas in Place (GIP)“, d.h. der
im Gestein vorhandenen Gasmenge, die aber aus
technischen Gründen nicht voll gewinnbar sein dürfte,
gehen von Werten > 2.000 km³ aus (BGR 2012,
GD NRW 2011).
Schiefergas wird in NRW in den folgenden kohlenstoffreichen
Tonsteinen paläozoischer und mesozoischer
Formationen vermutet:
• Die paläozoischen Hangenden Alaunschiefer
(Unterkarbon) sind zwar nicht sehr mächtig (20
2 Unkonventionelle Erdgas-Vorkommen in NRW
Kohleflözgas
Geosystem Vermutete
Zielhorizonte
geschätzte Mächtigkeit
in m (ca.)
Geschätzte Tiefenlage
in m (ca.)
1 Südlicher Niederrhein Flözführendes Oberkarbon 1.500 1.000 – 5.000
2 Nördlicher Niederrhein Flözführendes Oberkarbon 2.000 1.000 – 2.000
3 Zentrales Münsterland Flözführendes Oberkarbon 3.000 1.500 – 4.500
4a/4b Randliches Münsterland Flözführendes Oberkarbon 500 – 3.000 300 – 500
5 Ibbenbüren Flözführendes Oberkarbon 1.800 > 1500
Schiefergas
6 Südlicher Niederrhein Tonsteine des Unterkarbons genaue Zielhorizonte
nicht bekannt
genaue Zielhorizonte
nicht bekannt
7 Rheinisches Schiefergebirge Hangenden Alaunschiefer 20 – 110 0 – 2.500
8 Ibbenbüren Posidonienschiefer
"Wealden" (Bückeberg-
Formation)
20 – 30
300
0 – 2.000
9 Wesergebirgsrandmulde Posidonienschiefer
"Wealden" (Bückeberg-
Formation)
20 – 70
300
0 – 3.000
10 Ostwestfälisches Bergland Posidonienschiefer ? ? 0 – ?
Abb. 2-1: Tabellarischer Überblick über die Geosysteme mit vermuteten Vorkommen an unkonventionellem Erdgas in NRW
6
Abb. 2-2: Überblick über die Geosysteme und vermuteten unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten in NRW
Erläuterung der Zahlen
siehe Abb. 2-1
bis 30 Meter), sie sind aber großflächig in NRW
verbreitet. Da sie in alten Gebirgsstrukturen „eingefaltet“
sind, treten sie sowohl oberflächennah
als auch in großen Tiefen von mehreren 1.000
Metern auf.
• Die mesozoischen, potenziell gasführenden Tonsteine
im Jura (Posidonienschiefer) sind in NRW
an besondere tektonische Strukturen gebunden
und nur kleinräumig (z.B. Ostwestfälisches Bergland)
verbreitet.
• Die Tonsteine der Unterkreide ("Wealden" (Bückeberg-
Formation) sind vor allem an der Grenze
zu Niedersachsen flächig verbreitet und auch
teilweise bereits erkundet (z.B. Wesergebirgsrandmulde).
Aufsuchungsfelder in NRW
Die Abbildung 2-3 zeigt die Lage und Ausdehnung
der den erteilten und beantragten Aufsuchungserlaubnissen
zugrundeliegenden Erlaubnisfelder in
NRW (Stand: 02.08.2012). Insgesamt wurden bislang
für rund 20.300 km² Aufsuchungserlaubnisse
erteilt. Dies entspricht rund 60 % der Landesfläche
von NRW. Für weitere rd. 150 km² wurden Aufsuchungserlaubnisse
beantragt.
Eine Aufsuchungserlaubnis wird für eine Dauer von
höchstens 5 Jahren erteilt und gewährt lediglich das
ausschließliche Recht (Schutz vor Konkurrenten),
innerhalb des Erlaubnisfeldes Bodenschätze aufzusuchen,
gestattet aber noch nicht automatisch die
tatsächliche Durchführung betriebsplanpflichtiger
7
Die vorgesehenen Arbeiten der Unternehmen sind je
nach Vorkommen und Antragsteller unterschiedlich.
Sie sind im Einzelnen in den mit dem Antrag vorzulegenden
Arbeitsprogrammen beschrieben.
Der aktuelle Stand der erteilten und beantragten
Aufsuchungsfelder ist auf der Homepage der Bezirksregierung
Arnsberg (http://www.bezreg-arnsberg.
nrw.de) einzusehen.
Tätigkeiten – wie etwa das Abteufen von Bohrungen
oder die Durchführung einer hydraulischen Behandlung
des Untergrundes (z.B. Test-Frack); hierfür sind
jeweils gesonderte Betriebsplan- bzw. Sonderbetriebsplanverfahren
und ggf. Genehmigungsverfahren
nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften
durchzuführen (z.B. Wasserrecht) (s. Abb. 1-1).
Die Arbeiten im Rahmen der Aufsuchungserlaubnis
umfassen je nach Arbeitsprogramm u.a. Daten- und
Literaturauswertungen und konkrete Maßnahmen
zur Erkundung des Untergrundes (z.B. Seismik,
Bohrungen, Untersuchungen im Bohrloch, Gesteinsentnahmen
und Laborauswertungen der gewonnenen
Proben).
Abb. 2-3: Karte der beantragten und der erteilten Felder zur Aufsuchung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in NRW
(Quelle: BR Arnsberg, Stand 02.08.2012)
8
Unkonventionelle Erdgas-Vorkommen werden in
NRW in flözführenden Schichten (Kohleflözgas)
sowie in kohlenstoffreichen und inkohlten Tonsteinen
(Schiefergas) vermutet. Aufgrund der
großräumigen geologisch-hydrogeologischen
Verhältnisse wurden für die Regionen, in denen
unkonventionelle Erdgas-Vorkommen in NRW
vermutet werden, Bereiche mit jeweils vergleichbaren
geologisch-hydrogeologischen Verhältnissen
(Geosysteme) abgegrenzt.
Das flözführende Oberkarbon als Zielhorizont
einer Exploration auf Kohleflözgas-Vorkommen
wurde im Rahmen der jahrzehntelangen untertägigen
Steinkohlegewinnung bereichsweise intensiv
erkundet.
Die in NRW vermuteten Formationen mit Schiefergas-
Vorkommen sind beschränkt auf geringmächtigere
Tonsteinlagen, die aber im Gegensatz
zu den einzelnen, geringmächtigen,
gasführenden Kohleflözen möglicherweise über
ihre gesamte Mächtigkeit gasführend sind. Die
Tiefenlage und die Vorkommen sind bisher kaum
erkundet.
Die unterschiedlichen Standortverhältnisse potenzieller
unkonventioneller Erdgas-Vorkommen
in den Geosystemen in NRW bedingen jeweils
spezielle Strategien und Techniken für die Erkundung
und Gewinnung im Bereich der vermuteten
Vorkommen (s. Kap. 5). Dies gilt auch für
die Frage, ob Fracking angewendet werden muss
und welche Stoffe dafür ggf. eingesetzt werden
(s. Kap. 6). Dieser Sachverhalt bedingt wiederum
eine differenzierte Betrachtung der Umweltauswirkungen
(Kap. 7) sowie der Wirkungspfade und
Risiken (Kap. 8).
Informations- und Wissensdefizit: Auch wenn
durch die Steinkohlenexploration das flözführende
Oberkarbon bereichsweise gut hinsichtlich
der Kohlevorkommen erkundet ist, ist für keines
der vermuteten Kohleflözgas- und ebenfalls für
keines der vermuteten Schiefergas-Vorkommen
in NRW bisher die Möglichkeit einer wirtschaftlichen
Gewinnung nachgewiesen. Entsprechend
liegen bisher auch keine standortspezifischen
Anträge auf Erteilung einer bergrechtlichen Bewilligung
und keine konkreten Förderstrategien
und Bewilligungsanträge zur Erdgasgewinnung
vor.
Bei den vermuteten Kohleflözgas-Vorkommen
bestehen insbesondere Fragen hinsichtlich
Kohleflözgasentstehung,
Gasmigration und
heutiger Gasverteilung im Oberkarbon. Im Bereich
der vermuteten Kohleflözgas-Vorkommen
ist derzeit die Genehmigung einer Erkundungsbohrung
(ohne Fracken) bis in das vom Bergbau
noch nicht erschlossene flözführende Oberkarbon
im zentralen Münsterland (Bohrung „Nordwalde
Z1“) beantragt.
Für die vermuteten Schiefergas-Vorkommen
fehlen bis auf wenige punktuelle Informationen
(z.B. Bohrung Oppenwehe) belastbare Daten zu
Gasgehalten und Gesteinseigenschaften, Mächtigkeit
und Tiefenlage der Zielhorizonte. Da in
einigen Gebieten die Gesteinsschichten vermuteter
Schiefergas-Vorkommen oberflächennah
anstehen und der Verwitterung ausgesetzt und
daher in der Regel entgast sind, steht in der
ersten Erkundungsphase die Entnahme von unverwitterten
Proben aus herkömmlichen Kernbohrungen
mit geringer Tiefe (ca. 30 bis 300 m)
ohne Fracking und mit umfangreichen Laboruntersuchungen
im Vordergrund.
Handlungsbedarf: Wie zuvor erläutert fehlen
aktuell für die vermuteten Flöz- und Schiefergas-
Vorkommen in NRW noch grundlegende hydrogeologische
und lagerstättenkundliche Informationen,
um die Möglichkeit einer wirtschaftlichen
Gewinnung prüfen und entsprechende Gewinnungsstrategien
konzipieren zu können. Die Erkundung
der potenziellen Erdgas-Vorkommen ist
Aufgabe der bergbautreibenden Firmen. In den
derzeit beantragten und erteilten Aufsuchungsfeldern
in NRW wollen die Antragsteller die vermuteten
Gasvorkommen schrittweise näher
erkunden. Erst danach wären die Unternehmen
in der Lage, die Möglichkeit einer umweltverträglichen
und wirtschaftlichen Gewinnung zu beurteilen
und ggf. eine dazu geeignete Strategie zu
entwickeln.
Die Daten aus dieser Exploration stehen nach
dem Lagerstättengesetz (§ 3, LagerstG) auch
den zuständigen Anstalten (hier GD NRW und
den Bergbehörden) zur Verfügung. Sie können
damit auch ein wesentlicher Teil der Entscheidungsgrundlagen
für die Behörden bei der möglichen
Bewilligung einer Gewinnung sein.
Aufgabe der Bergbehörde ist es, die entsprechenden
Erlaubnis- und Genehmigungsanträge der
bergbautreibenden Firmen gemäß den rechtlichen
Vorgaben zu prüfen und ggf. zu bescheiden
(s. Abb. 1-1). Durch eine frühzeitige Information
der Öffentlichkeit über die vorliegenden Anträge
und eine z.T. über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende
Beteiligung von Trägern öffentlicher
Belange und insbesondere der Kommunen sorgt
sie für Transparenz in den behördlichen Verfahren.
» siehe Langfassung Kap. 3
Zwischenfazit unkonventionelle Erdgas-Vorkommen in NRW
9
Zu den Aufgaben der Raumordnung gehört u.a die
Entwicklung, Ordnung und Sicherung von Teilräumen
durch Raumordnungspläne sowie die planerische Abstimmung
raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen.
Dies bedeutet, eine planerische Vorsorge
für die einzelnen raumbedeutsamen Funktionen und
Nutzungen zu treffen, unterschiedliche Nutzungsanforderungen
aufeinander abzustimmen und dabei
auftretende Konflikte zwischen gegenläufigen Nutzungsansprüchen
aufzulösen (vgl. § 1 Abs. 1 ROG).
Die auf die Phase der Erkundung vermuteter unkonventioneller
Erdgas-Vorkommen ggf. folgenden Vorhaben
der Erdgasgewinnung werden vom Gutachterkonsortium
vor allem aufgrund ihrer möglichen
räumlich-zeitlich wechselnden Ballung und der gemeinsamen
Infrastruktur in den Gewinnungsfeldern
als raumbedeutsam im Sinne des Raumordnungsgesetzes
(§ 3 Nr. 6 ROG) eingestuft.
Diese Raumbedeutsamkeit zieht die Frage nach dem
generellen Erfordernis eines planerischen Abgleichs
mit anderen Raumnutzungsansprüchen nach sich.
Im Besonderen muss die Frage beantwortet werden,
ob und wie sich die Raumordnung dabei mit
anderweitigen Festlegungen zur Raumstruktur im
Sinne von sogenannten Vorrang-, Vorbehalts- und
Eignungsgebieten auseinandersetzen muss. Wenn
absehbar ist, dass in bestimmten Gebieten die Rohstoffgewinnung
mit anderen raumbedeutsamen
Nutzungen wie z.B. dem Naturschutz oder dem
Grundwasser- und Gewässerschutz konkurriert,
müssen diese Nutzungen untereinander abgewogen
und in Einklang gebracht werden.
Dies ist Gegenstand sogenannter Raumordnungsverfahren
mit zugehörigen Raumverträglichkeitsstudien.
Die Ergebnisse dieser Raumordnungsverfahren
werden in entsprechenden Raumordnungsplänen
(insbesondere Regionalpläne auf Ebene der Regierungsbezirke
NRW) dargestellt. Bei der Aufstellung
oder Änderung von Raumordnungsplänen ist zudem
eine strategische Umweltprüfung durchzuführen
(§ 9 Abs. 1 ROG).
Um grundsätzlich zu verdeutlichen, ob und wie Vorhaben
der Erkundung und Gewinnung von Erdgas
aus unkonventionellen Lagerstätten in NRW mit anderen
Raumnutzungsansprüchen in Konflikt stehen
können, wurde im Rahmen der Begutachtung eine
sogenannte Raumwiderstandsbewertung durchgeführt
(s. Abb. 3-1).
„Als Raumwiderstand bzw. Raumempfindlichkeit
wird der Grad der Vereinbarkeit des Projekts mit den
Naturraumpotentialen bezeichnet.“ (Fürst & Scholles
2001, zit. nach Gschiel 2009, S. 110)
Grundlage der Bewertung des Raumwiderstands bildet
ein prototypischer Bohrplatz bzw. Förderbetrieb
(s. Kap. 5).
In Anlehnung an die Schutzgüter des UVPG werden
bei der Bewertung des Raumwiderstands im Sinne
dieses Gutachtens folgende Aspekte betrachtet:
• Schutz des Menschen und seiner Gesundheit,
• Landschafts- und Freiraumschutz, Erholungsfunktion,
• Naturschutz inkl. Bodenschutz sowie
• Grundwasser- und Gewässerschutz.
Im Ergebnis zeigt die Überlagerung verschiedener
Raumwiderstände Gebiete mit unterschiedlicher
3 Raum- und umweltplanerische Belange
Abb. 3-1: Vorgehensweise zur Bewertung des Raumwiderstandes bzw. Raumempfindlichkeit
10
Konfliktdichte auf. Die Bewertung erfolgt in drei Stufen:
• Gebiete mit sehr hohem Raumwiderstand für
Mensch und Umwelt;
• Gebiete mit hohem Raumwiderstand für Mensch
und Umwelt sowie
• Gebiete mit vermindertem Raumwiderstand
(nicht in der Abb. 3-2 dargestellt).
Zur Ableitung des Raumwiderstands werden raumplanerische,
umweltrechtliche und -fachliche Kriterien
insbesondere aus den Darstellungen der Raumordnungspläne
herangezogen. Ergänzend werden
Schutzgebiete nach Fachrecht und Fachempfehlungen
landesweiter Dienststellen berücksichtigt.
Das Teilergebnis der Raumwiderstandsbewertungfür
die Aspekte des Grundwasser- und Gewässerschutzes
ist in Abbildung 3-2 dargestellt. Bei Überlagerung
aller Aspekte weisen von dem ca. 20.300
km² großen Bereich der erteilten oder beantragten
Erlaubnisfelder in NRW rund 49 % (ca. 10.000 km²)
einen sehr hohen Raumwiderstand hinsichtlich des
Schutzes von Mensch und Umwelt auf. Weitere rund
17 % bzw. ca. 3.500 km² weisen einen hohen Raumwiderstand
auf. Die verbleibenden Flächen (34 %)
weisen einen verminderten Raumwiderstand auf.
Unter der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung
(§ 1 Abs. 2 ROG) und im Sinne einer Umweltvorsorge
weisen die Gebiete mit hohem bis sehr
hohem Raumwiderstand in der Regel keine Eignung
für Tagesanlagen (und möglicherweise untertägige
Maßnahmen, s. Risikoanalyse) von Vorhaben unkonventioneller
Gasförderung auf, weil dort in der Regel
andere raumbedeutsame Maßnahmen oder Nutzungen
als vorrangig zu betrachten sein werden.
In einem möglichen weiteren Genehmigungsverfahren
ist in diesen Bereichen von erheblichen Umweltauswirkungen
und hohen rechtlichen sowie umweltfachlichen
Restriktionen (berg-, naturschutz- und
wasserrechtliche Aspekte) auszugehen. Für Maßnahmen
zur Vermeidung, Verminderung und Kompensation
der mit diesem Vorhaben verbundenen
Eingriffe sind erhebliche Aufwendungen vorzusehen.
Gleichwohl ist einzelfallbezogen eine Genehmigung
von Vorhabensbestandteilen innerhalb dieser
Gebiete nicht von vornherein ausgeschlossen.
Abb. 3-2: Teilergebnis der Raumwiderstandsbewertung für Aspekte des Grundwasser- und Gewässerschutzes in den beantragten
und erteilten Erlaubnisfeldern (Quelle Erlaubnisfelder: BR Arnsberg, Stand 02.08.2012)
11
Geosystem Schutzgüter
Schutz des Menschen
und seiner
Gesundheit
Landschafts- u.
Freiraumschutz,
Erholung
Naturschutz incl.
Boden
Grundwasser- u.
Gewässerschutz
Münsterländer Becken
Kohleflözgas zentrales
Münsterland
allgemeine Siedlungsbereiche,
vor
allem im Bereich
Münster, Hamm und
Gütersloh
regionale Grünzüge
im Bereich Rheda-
Wiedenbrück –
Gütersloh
Bereiche zum Schutz
der Natur gem. Regionalplan
Schutz der Gewässer
gem. Regionalplan im
Münsterländer Kies-
Sand-Zug, Halter-
Sande,
Ur-Ems-Rinne
Kohleflözgas
randliches Münsterland
allgemeine Siedlungsbereiche,
vor
allem im Bereich Paderborn
und Bielefeld
regionale Grünzüge
im Bereich Bielefeld
Vogelschutzgebiet
Hellwegbörde, geplanter
Nationalpark
Teutoburger Wald
und Senne
Schutz der Gewässer
gem. Regionalplan
linker Niederrhein
Kohleflözgas
nördlicher Niederrhein
allgemeine
Siedlungsbereiche,
vor allem in den
Bereichen Wesel,
Bocholt und Kleve
Vogelschutzgebiet
unterer Niederrhein
Schutz der Gewässer
gem. Regionalplan
Bocholter Aa
Kohleflözgas südlicher
Niederrhein
allgemeine
Siedlungsbereiche
Bereiche zum Schutz
der Natur gem.
Regionalplan entlang
der Rur
Schiefergas
südlicher Niederrhein
allgemeine Siedlungsbereiche,
vor
allem im Bereich
Mönchengladbach –
Viersen sowie Städte-
Region Aachen
regionale Grünzüge
im Bereich Mönchengladbach
und Städte-
Region Aachen
Wasserschutzgebiete
Zonen I und II
Ibbenbüren
Kohleflözgas Ibbenbüren allgemeine Siedlungsbereiche,
vor
allem Ibbenbüren
Schutz der Gewässer
gem. Regionalplan
Schiefergas Ibbenbüren allgemeine Siedlungsbereiche,
vor
allem Ibbenbüren
Bereiche zum Schutz
der Natur gem.
Regionalplan
Schutz der Gewässer
gem. Regionalplan
Rheinisches Schiefergebirge
Schiefergas Rheinisches
Schiefergebirge
allgemeine Siedlungsbereiche,
vor allem im
Verdichtungsbereich
Wuppertal – Hagen –
Iserlohn
Vogelschutzgebiet
Egge, FFH-Gebiet
Arnsberger Wald,
FFH-Gebiet Bredelar,
Stadtwald Marsberg
und Fürstenberger
Wald
Schutz der Gewässer
gem. Regionalplan
im Bereich zwischen
Iserlohn und
Dortmund sowie im
Umfeld von Brilon
Weserrandgebirgsmulde
Schiefergas
Weserrandgebirgsmulde
allgemeine Siedlungsbereiche,
vor
allem im Verdichtungsbereich
um
Bielefeld, Detmold
und Lemgo
regionale Grünzüge
im Bereich Bielefeld
sowie Lage/Lemgo
Bereich zum Schutz
der Natur sowie FFHGebiet
Schwalenberger
Wald
Schutz der Gewässer
gem. Regionalplan im
Bereich östlich vom
Bielefeld inkl. WSG
Zone I und II sowie
Heilquellenschutz
Osnabrücker Bergland
Schiefergas
Osnabrücker Bergland
allgemeine Siedlungsbereiche,
vor
allem um Minden
regionale Grünzüge
im Bereich
Eselskamp
Bereich zum Schutz
der Natur Wiehengebirge/
Wesergebirge
Schutz der Gewässer
gem. Regionalplan
im Bereich nördlich
Minden sowie bei
Preußisch Oldendorf
Abb. 3-3: Flächenmäßig bedeutsame Bereiche mit sehr hohem Raumwiderstand für die Geosysteme in NRW
nach Schutzgütern
12
Soweit Auswirkungen auf Gebiete mit sehr hohem
oder hohem Raumwiderstand durch untertägige
Maßnahmen von außerhalb dieser Bereiche wahrscheinlich
sind (vgl. hierzu Kap. 8 Risikoanalyse),
wird eine räumliche Steuerung und ein Abgleich mit
anderen Raumnutzungen auch für diese Vorhabensbestandteile
erforderlich. In diesem Zusammenhang
wird auf die Notwendigkeit einer unterirdischen
Raumordnung verwiesen (s. diesbezüglich laufendes
UBA-Vorhaben zur unterirdischen Raumplanung
(FKZ3711 16 103 1)).
Auf der anderen Seite kann ein Vorhaben in Gebieten
mit vermindertem Raumwiderstand dennoch
mit hohen Umweltauswirkungen verbunden sein
und damit zu Konflikten führen. Derartige Konflikte
können in einer großräumigen Betrachtung nicht
vollständig abgebildet werden: Sie sind in der Regel
in Zusammenhang mit den berg-, naturschutz- und
ggf. wasserrechtlichen Genehmigungen zu lösen.
Zwischenfazit raum- und umweltplanerische Belange
Sachverhalt / Bewertung: Die auf die Phase
der Erkundung ggf. folgenden Vorhaben der
Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Lagerstätten werden aufgrund ihrer möglichen
räumlich-zeitlich wechselnden Ballung und der
gemeinsamen Infrastruktur in den Gewinnungsfeldern
als raumbedeutsam im Sinne des Raumordnungsgesetzes
(§ 3 Nr. 6 ROG) eingestuft.
Diese Raumbedeutsamkeit zieht die Frage nach
sich, ob und wie das generelle Erfordernis eines
planerischen Abgleichs mit anderen Raumnutzungsansprüchen
in Form von Raumverträglichkeitsstudien
sowie der Änderung von Raumordnungsplänen
umzusetzen ist.
Im Gutachten werden durch eine Überlagerung
verschiedener Raumwiderstände Gebiete mit
unterschiedlicher Konfliktdichte aufgezeigt.
Gebiete mit hohem bis sehr hohem Raumwiderstand
weisen unter der Leitvorstellung einer
nachhaltigen Raumentwicklung (§ 1 Abs. 2 ROG)
und im Sinne einer Umweltvorsorge
in der Regel
keine Eignung für Tagesanlagen von Vorhaben
der Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus
unkonventionellen Lagerstätten auf, weil dort
andere raumbedeutsame Maßnahmen oder Nutzungen
als vorrangig zu betrachten sein werden.
Dennoch ist auch in diesen Gebieten eine Genehmigung
von Vorhabensteilen nicht per se ausgeschlossen
und wäre im Einzelfall zu prüfen.
Aktualität und Vollständigkeit der Datengrundlagen:
Der Landesentwicklungsprogramm NRW
ist zum 31.12.2011 ausgelaufen. Der Landesentwicklungsplan
ist aus dem Jahr 1995, einige
Regionalpläne befinden sich in Neuaufstellung
bzw. Fortschreibung. Insofern berücksichtigen
die rechtsgültigen Raumordnungspläne nicht in
allen Punkten veränderte Rahmenbedingungen
(z.B. demographischer Wandel, Klimawandel)
oder neuere Rechtsgrundlagen.
Für einige Belange war aufgrund der Maßstabsebene
unserer Betrachtungen eine Kartendarstellung
nicht möglich (z.B. Oberflächengewässer).
Einige Naturschutzfachinformationen zu
geschützten oder schützenswerten Bereichen
bzw. zum Vorkommen planungsrelevanter Arten
lagen nicht flächendeckend vor.
Handlungsbedarf: Hinsichtlich der Raum- und
umweltplanerischen Belange sehen wir Handlungsbedarf
in folgenden Bereichen:
• NRW-weite Festlegung von dezidierten Kriterien
und ggf. Schwellenwerten, anhand derer
die Raumbedeutsamkeit von Vorhaben der
Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus
unkonventionellen Lagerstätten ermittelt
werden kann;
• Prüfung, in welcher Art und Weise einerseits
raumbedeutsame Vorhaben der Gewinnung
von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten
in Raumordnungsplänen darstellbar sind
bzw. wie andererseits entsprechende Nutzungen
in schutzbedürftigen Bereichen ausgeschlossen
werden können;
• Festlegung von Umfang und Detaillierung
vorzulegender Prüfunterlagen im Raumordnungsverfahren
sowie des Untersuchungsrahmens
der strategischen Umweltprüfung
im Rahmen der Änderung / Neuaufstellung
von Raumordnungsplänen.
» siehe Langfassung Kap. 4
13
Geosysteme bezeichnen im vorliegenden Gutachten
großräumige Bereiche, die – in Bezug auf eine potenzielle
Erkundung und Gewinnung unkonventioneller
Erdgas-Vorkommen – relativ einheitliche geologische
und hydrogeologische Verhältnisse aufweisen.
Die vorgenommene Abgrenzung der Geosysteme in
NRW zeigt die Abbildung 2-1.
Im Folgenden werden die Geosysteme – getrennt
nach möglichen Kohleflözgas- und Schiefergas-
Vorkommen – in ihren Grundzügen charakterisiert.
Hierzu gehört die Darstellung der generellen geologischen
Verhältnisse in Form eines exemplarischen
Profilschnittes sowie eine textliche Erläuterung der
jeweiligen geologisch-hydrogeologischen Besonderheiten.
Um die mit einer durch Fracking stimulierten Gewinnung
von Erdgas verbundenen Risiken erfassen und
bewerten zu können, müssen die hydrogeologischen
Systeme unkonventioneller Erdgas-Lagerstätten
möglichst genau beschrieben und analysiert werden
(Kap. 8, geologische Wirkungspfade). Zu einer
hydrogeologischen Systemanalyse gehören die Beschreibung
der Verbreitung und der hydraulischen
Eigenschaften der das System aufbauenden geologischen
Schichten, der bestehenden Fließwege,
der Potenzialdifferenzen zwischen den einzelnen
Schichten und der sich daraus ergebenden Grundwasserfließbewegungen.
Derzeit bestehen für alle betroffenen Geosysteme
noch große Informations- und Wissensdefizite zu
den Durchlässigkeiten und Potenzialverhältnissen
im tieferen Untergrund, teilweise auch zum Aufbau
und zu den Eigenschaften potenzieller geologischer
Barrieren sowie zur Lage und hydraulischen Funktion
von geologischen Störungen. Kenntnisse hierzu
sind jedoch entscheidend für die Charakterisierung
und Bewertung der Grundwasserströmungsverhältnisse
und potenzieller Gasaufstiege und der damit
verbundenen Einschätzung des Transport- und Ausbreitungsverhaltens
von Frack-Fluiden.
Geosysteme mit Kohleflözgasvorkommen
Nördlicher Niederrhein
Die Kohleflözgas-Vorkommen am nördlichen Niederrhein
– nördlich einer Linie Krefeld - Venlo – liegen
meist unter mehr als 1.000 m permischen, triassischen,
lokal auch jüngeren mesozoischen sowie
tertiären und quartären Sedimenten (s. Abb. 4-1).
Innerhalb dieser Überdeckung können insbesondere
die Zechsteinsalze und Salztone (Perm), bei
entsprechender Ausbildung und Mächtigkeit, als
hydraulische Barrieren angesehen werden. In den
oberhalb folgenden triassischen bis quartären Serien
wechseln Grundwasserleiter und Geringleiter ab.
Für den Tiefenbereich kann von einem weitgehend
statischen Solesystem ausgegangen werden.
Südlicher Niederrhein
Die potenziell gasführenden Schichten des flözführenden
Oberkarbons liegen auf dem Erkelenz Horst
in einer Hochlage (Aufsuchungsfeld Saxon 2, s. Abb.
4-2). Es wird überdeckt von eher geringdurchlässigen
Schichten der Oberkreide und des Tertiärs,
in dem mehrere grundwasserführende Schichten
auftreten. Die Mächtigkeit der Überdeckung ist vergleichsweise
gering und beträgt ca. 300 m im Süd-
4 Geosysteme in NRW
Abb. 4-1: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Nördlicher Niederrhein
Abb. 4-2: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Südlicher Niederrhein
14
westen (Wassenberg Horst) und bis ca. 800 m im
Nordosten des Erkelenz Horstes. Bei der Risikoanalyse
sind die möglichen hydraulischen Verbindungen
zu den oberflächennahen Grundwasserleiterern bei
der geringen Überdeckung zu berücksichtigen.
Zentrales Münsterland
Im zentralen Teil des Münsterländer Beckens werden
die potenziell Kohleflözgasführenden Schichten
des Oberkarbons von mächtigen kreidezeitlichen
Ablagerungen überdeckt (s. Abb. 4-3). Hierbei handelt
es sich um Kalksteine des Cenoman und Turon,
die von Tonmergelsteinen des Coniac bis Santon
(Emscher Mergel) überlagert werden. Randliche
Sandschüttungen in den Emscher Mergel weisen z.T.
wesentlich höhere Durchlässigkeiten auf und haben
bereichsweise zur Bildung bedeutender Trinkwasservorkommen
geführt (z.B. Haltern Sande).
Oberhalb des Emscher Mergel können quartäre Ablagerungen
ebenfalls für die Trinkwasserversorgung
von Bedeutung sein (z.B. Terrassensedimente von
Lippe und Ems sowie der Münsterländer Kiessandzug).
Im Münsterland sind an vielen Stellen in der Auflockerungszone
des Emscher Mergel Methangehalte
im Grundwasser (Grundwassermessstellen) und bei
ca. 5 % der (Haus-)Brunnen bekannt. Für die Analyse
der Umweltrisiken sind im Geosystem „Zentrales
Münsterland“ insbesondere die Durchlässigkeit
(ggf. Verkarstung) der tiefen Cenoman/Turon Kalke,
die Wegsamkeiten über Störungen sowie über die
Explorationsbohrungen auf Steinkohlen (aufgrund
der Anzahl und Tiefe) von Bedeutung.
Randliches Münsterland
Im Randbereich des Münsterlands streichen die
kreidezeitlichen Cenoman/Turon Kalke an der Geländeoberfläche
aus (s. Abb. 4-4) und sind teilweise
deutlich verkarstet. Dieses Geosystem wird
aufgrund des unterschiedlichen geologisch/tektonischen
Baus noch in einen südlichen Teil mit flacher
Lagerung und einen nördlichen Teil, in dem die
Schichten deutlich steiler gestellt sind, unterteilt.
Das flözführende Oberkarbon weist insbesondere
im südlichen Randbereich auch eine geringere Tiefenlage
auf als im zentralen Münsterland. Die hydrogeologische
Bedeutung der Randzone ist in beiden
Teilbereichen vergleichbar.
Da das auf den umgebenden Höhen neugebildete
Grundwasser leichter als die Sole (Salzwasser) im
zentralen Münsterland ist, treten die Grundwässer
an den Rändern des Münsterländer Beckens nach
einer Fließstrecke von weniger als 20 bis ca. 40 km
zum größten Teil wieder aus (z.B. entlang der sogenannten
Quellenlinie in Karstquellen wie den rd. 200
Paderquellen). Im Rahmen großräumiger Betrachtungen
ist zu untersuchen, inwieweit Aktivitäten im
zentralen Münsterland diese randlichen und für die
Trinkwasserversorgung bedeutsamen Grundwasserfließsysteme
beeinträchtigen.
Abb. 4-3: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Zentrales Münsterland
Abb. 4-4: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Randliches Münsterland
15
Südlicher Niederrhein
Unterkarbonische Tonsteine liegen am südlichen
Niederrhein noch unter den kohleführenden Schichten,
die ebenfalls potenziell gasführend sind (s. Abb.
4-6). Weitere Informationen über die Gasführung
dieser Tonsteine
liegen nicht vor. Je nach tektonischer
Position und Überlagerung variiert ihre Tiefenlage
erheblich. Es herrscht ein Schollenbau mit
Kippschollen (Rur-Scholle, Venloer Scholle mit Erkelenzer
Horst), innerhalb derer das Deckgebirge
nach Nord bis Nordosten mächtiger wird (untergeordnet
mesozoische mit mächtigeren tertiären und
quartären Schichten). In den tertiären und quartären
Schichten sind mehrere Grundwasserstockwerke
von regionaler Bedeutung ausgebildet.
Rheinisches Schiefergebirge
Im Rheinischen Schiefergebirge sind die teils bitumenreichen
Hangenden Alaunschiefer ein potenzielles
Schiefergas-Vorkommen (s. Abb. 4-7). Weitere
Informationen über die Gasführung dieser Tonsteine
liegen nicht vor. Es handelt sich hierbei um Gesteinsserien,
die in der Regel über keine nennenswerten
Grundwasservorkommen verfügen. Gleiches gilt
für die überlagernden Schichten. Der Niederschlag
fließt an der Oberfläche und oberflächennah als Interflow
auf der Verwitterungsschicht oberhalb der
Auflockerungszone ab. Die Grundwasserfließsysteme
sind deshalb vor allem oberflächennah ausgerichtet
(z.B. Flussniederungen).
Ibbenbüren
Bei Ibbenbüren tritt das im Münsterland von jüngeren
Schichten überlagerte flözführende Oberkarbon
in einer Horststruktur zutage (s. Abb. 4-5). Relevante
überlagernde Deckschichten fehlen in diesem
Bereich. Durch den hohen Inkohlungsgrad sind sehr
gasreiche Anthrazitkohlen entstanden, die im Westfeld
bis ca. 700 m Tiefe abgebaut werden und im
Ostfeld derzeit noch in über 1.500 m Tiefe abgebaut
werden. Unterhalb dieser Bergbauzone liegen noch
ca. 1.000 m mächtige kohleführende Schichten.
Geosysteme mit Schiefergas-
Vorkommen
Wie in Kapitel 2 erläutert, handelt es sich bei den
potenziellen Zielformationen für Schiefergas in NRW
um paläozoische und mesozoische Tonsteine, die
i.d.R. nur Mächtigkeiten von wenigen 10er Metern
aufweisen (Ausnahme „Wealden“ (Bückeberg-Formation)).
Die paläozoischen Tonsteine sind in alte
Gebirgsstrukturen „eingefaltet“. Eine hydrogeologische
Systemanalyse kann sich aus diesem Grund
nur auf die konkreten Standortsituationen beziehen
und muss die Tiefe der Zielhorizonte und deren Lage
zu oberirdischen Gewässern, lokalen Grundwasserleitern
und Wasserfassungen berücksichtigen.
Abb. 4-7: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Rheinisches Schiefergebirge
Abb. 4-6: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Südlicher Niederrhein
Abb. 4-5: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Ibbenbüren
16
Ibbenbüren und Ostwestfälisches
Bergland
Schiefergas-Vorkommen im Umfeld des Ibbenbürener
Horstes und des Ostwestfälischen Berglandes
sind an den Posidonienschiefer (Jura) sowie an die
Schichten der Unterkreide („Wealden“ (Bückeberg-
Formation)) gebunden, die tektonisch stark überprägt
wurden. Posidonienschiefer und Wealden-Tonsteine
sind Grundwassergeringleiter. Im „Wealden“
(Bückeberg-Formation) treten auch geringmächtige
Kalkbänke auf, die eine Wasserführung ermöglichen.
Aufgrund der intensiven tektonischen Überprägung
des Gebietes sind vor allem für den Bereich der
Randstörungen des Karbonhorstes und der südlich
anschließenden Osning-Überschiebung vertikale
Wegsamkeiten möglich, über die ggf. Fluide in die
oberflächennahen Grundwasserleiter gelangen können.
Weserrandgebirgsmulde
Die Zielhorizonte für die Erkundung und Gewinnung
von Schiefergas sind das „Wealden“ (Bückeberg-
Formation) und der Posidonienschiefer (s. Abb. 4-8).
Diese Gesteine wurden hier über die Bohrung Oppenwehe
teilweise erkundet. Die gesamte vorquartäre
Schichtenfolge im Bereich der Weserrandgebirgsmulde
kann als Grundwassergeringleiter eingestuft
werden. Hydraulische
Wegsamkeiten aus den Zielhorizonten
sind ggf. über große Störungen denkbar.
Profil s. Abb. 4-4
Abb. 4-8: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Weserrandgebirgsmulde
17
Zwischenfazit Geosysteme
Sachverhalt/Bewertung: Die Charakterisierung
der unterschiedlichen Geosysteme zeigt die jeweiligen
regionalgeologischen Unterschiede,
insbesondere in Bezug auf den Aufbau und die
Eigenschaften des Deckgebirges und die jeweiligen
tektonischen und hydrogeologischen Verhältnisse.
Die durchgeführten großräumigen Betrachtungen
zeigen den regionalgeologischen Rahmen
auf. Sie ersetzen in keiner Weise eine intensive
standortspezifische Systemanalyse im Vorfeld
einer hydraulischen Stimulation und möglichen
Gewinnung unkonventioneller Erdgas-Vorkommen.
Informations- und Wissensdefizit: In allen Geosystemen
bestehen noch grundlegende Informations-
und Wissensdefizite zu den Durchlässigkeiten
und Potenzialverhältnissen im tieferen
Untergrund, zum Aufbau und zu den Eigenschaften
potenzieller geologischer Barrieren sowie
zur Lage und hydraulischen Funktion von geologischen
Störungen.
Im Bereich der Kohleflözgas-Vorkommen liegen
Daten und Untersuchungsergebnisse aus den
Erkundungsbohrungen der Steinkohlen vor. Außer
der Lage, Tiefe und der erreichten Formation
dieser Bohrungen waren den Gutachtern keine
weiteren Informationen zugänglich, da die Bohrungen
einem Eigentumsvorbehalt unterliegen.
Im Bereich der Schiefergas-Vorkommen liegen
fast keine Informationen vor.
Die vorliegenden Daten lassen noch keine
Schlussfolgerungen zu, inwieweit eine Gewinnung
von Erdgas aus Kohleflözgas-Vorkommen
in NRW auch ohne Fracken möglich ist und wie
die Vorkommen in den Schiefergas-Vorkommen
einzuschätzen sind. Ohne Bohrungen in die Zielformationen
sind unseres Erachtens diese Erkenntnisdefizite
nicht zu beseitigen.
Handlungsbedarf: In allen Geosystemen ist
eine weiter gehende und detaillierte hydrogeologische
Systemanalyse mit unterschiedlichen
Schwerpunkten erforderlich. Hierzu zählen sowohl
die Auswertung vorhandener Unterlagen
(z.B. Auswertung der bislang nicht verfügbaren
Daten der Steinkohlenbohrungen) als auch Felduntersuchungen
(z.B. 3D-Seismik) zur Erkundung
tiefgreifender Störungen.
Numerische Grundwassermodelle sind ein geeignetes
Instrument, um Systemanalysen durchzuführen
und diese im Hinblick auf ihre Plausibilität
zu prüfen. Außerdem lassen sich mit ihnen
Eingriffe „simulieren“. Sie können je nach Fragestellung
und verbesserter Datenlage sukzessive
verfeinert werden.
Im Zentralen Münsterland halten die Gutachter
eine aktuelle flächendeckende Bestandsaufnahme
der Methangasgehalte, die Klärung der Entstehung
und Herkunft der Gase im oberflächennahen
Grundwasserleiter (Null-Messung) sowie
den Aufbau eines geeigneten „Gas-Monitorings“
für notwendig (s. Kap. 9).
» siehe Langfassung Kap. 5
.
18
Einleitung
Die Darstellung der im Bereich unkonventioneller
Erdgas-Lagerstätten eingesetzten Erkundungs- und
Gewinnungstechniken erfolgte im Rahmen dieses
Gutachtens zwangsläufig generisch, d.h. allgemein,
nicht standortspezifisch. Die grundlegende technische
und verfahrenstechnische Ausgestaltung
der einzelnen Prozessschritte wurde beschrieben.
Einzelne Techniken und Technologien wurden tiefer
durchleuchtet, vor allem der Hauptbetrachtungsgegenstand,
die induzierte hydraulische Rissbildungstechnik
(engl.: induced hydraulic fracturing
oder auch frac) unter Tage im Bohrloch. Da das Fracking
nur im Kontext des übrigen Technik-Systems
betrachtet werden kann, wurde auch das nicht Fracking-
spezifische Technik-System behandelt.
Darstellung der generellen Gewinnungsstrategien
für unkonventionelle
Erdgas-Vorkommen
Wie bereits bei der Beschreibung der Vorkommen
(Kap. 2) dargestellt, weisen unkonventionelle
Erdgas-Lagerstätten eine deutlich geringere Permeabilität
auf als konventionelle Lagerstätten. Aus
fördertechnischer Sicht bedeutet die geringe Ausgangspermeabilität
der Schiefergas- und Kohleflözgas-
Lagerstätten, dass die Durchlässigkeit des
Gebirges unter bestimmten Umständen mit entsprechenden
Stimulationsmaßnahmen (Fracking)
vor der Gewinnung (und ggf. mit späterer Wiederholung)
künstlich erhöht werden muss. Dies ist einer
der wesentlichsten Unterschiede zu konventionellen
Erdgas-Lagerstätten, wobei auch Letztere in einigen
Fällen bereits vor einer Gewinnung oder nach einer
gewissen Förderzeit mit Stimulationsmaßnahmen
behandelt werden.
Kohleflözgas-Lagerstätten
In den analysierten Arbeitsprogrammen der Betreiber
zu den Aufsuchungsfeldern in NRW steht derzeit
die geologische Untersuchung der Lagerstätten im
Vordergrund. Hierzu veranschlagen die Antragsteller
teilweise Laufzeiten von bis zu fünf Jahren. Bislang
ist nur eine Genehmigung zum Abteufen einer Erkundungsbohrung
(ohne Fracken) bis in das unverritzte
flözführende Oberkarbon im zentralen Münsterland
(Bohrung „Nordwalde Z1“) beantragt.
In allen übrigen Fällen sollen in einem ersten Arbeitsschritt
die bereits existierenden Daten und Bohrungen,
die beispielsweise im Rahmen von Explorationskampagnen
des Steinkohlenbergbaus abgeteuft
worden sind, analysiert und ausgewertet werden.
Die Erhebung eigener geologischer Daten soll erst in
einem nachfolgenden Schritt, z.B. durch eine seismische
Aufnahme der Zielregion, erfolgen.
Nach der Erstellung eines geologischen 3D-Modells
des Erdgas-Vorkommens ist geplant, erste Aufsuchungsbohrungen
abzuteufen, um wichtige Lagerstättenparameter
wie den Kohlenwasserstoffanteil
und die Permeabilität des Zielhorizontes zu bestimmen.
Ziel dieser Untersuchungsphase ist eine Bestimmung
des Potenzials des Erdgas-Vorkommens
im gesamten Erlaubnisfeld. Gegebenenfalls sollen
danach weitere Explorationsbohrungen abgeteuft
und Fördertests durchgeführt werden.
Schiefergas-Lagerstätten
In Schieferformationen innerhalb der Erlaubnisfelder
sollen gemäß den zur Verfügung gestellten
Arbeitsprogrammen ebenfalls Erkundungsmaßnahmen
durchgeführt werden. Die angesprochenen
Erlaubnisse haben eine Laufzeit von drei Jahren.
Dabei ist beispielsweise geplant, zunächst die in
bestimmten Regionen zutage tretenden Schieferhorizonte
zu untersuchen. Unter anderem sehen die
Arbeitsprogramme umfassende übertägige Beprobungen
des Gesteins sowie relativ flache Bohrungen
mit anschließender Laboranalyse vor, um die Lagerstätten
genau zu charakterisieren sowie eine Basis
für weitere Erkundungsprogramme zu erarbeiten.
Die Antragsteller planen, aus den gewonnenen Daten
anschließend ein geologisches 3D-Modell des
unkonventionellen Erdgas-Vorkommens zu erstellen,
das mit Hilfe von 2D-Seismik und einer Erkundungsbohrung
verifiziert und verdichtet werden soll.
Dies geschieht unter der Bedingung, dass die Testergebnisse
aus den vorhergegangenen Laborversuchen
ein wirtschaftlich gewinnbares Erdgasreservoir
vermuten lassen.
Bohrplatzgestaltung
Zentrales Element an der Oberfläche ist der Bohrplatz
(s. Abb. 5-1), auf dem während der Bohrphase
der Bohrturm mit seinem Bohrkeller und den dazugehörigen
Fundamenten platziert ist. Zusätzlich
werden noch weitere Anlagen sowie eine umfang-
5 Erkundungs- und Gewinnungstechniken
19
reiche Infrastruktur benötigt. Hierzu gehören sowohl
Speicherbecken und Lagerbehälter als auch
Verkehrswege und Stellplätze für Lkw/Pkw sowie
Wohn- und Sanitäranlagen.
Die benötigte Größe des Bohrplatzes variiert in Abhängigkeit
von der eingesetzten Bohranlage, der geplanten
Anzahl der Bohrungen sowie von möglichen
Auflagen der Aufsichtsbehörden. Clusterbohrplätze
mit bis zu 20 Bohrungen haben einen Platzbedarf
von 7.000 bis 10.000 m² für den Bohrplatz und
1.000 bis 2.000 m² für Nebenanlagen. Bohrplätze
für einzelne Explorationsbohrungen mit kleinen oder
mobilen Bohranlagen haben einen Platzbedarf von
ca. 3.000 m², im Falle von stationären Anlagen von
ca. 6.000 m².
Die Einrichtung von Bohrplätzen wird durch zahlreiche
gesetzliche Bestimmungen und Vorschriften
geregelt. Die konkreten Vorgaben für die Auslegung
und den Bau des Bohrplatzes werden im Rahmen
des Betriebsplanverfahrens durch die zuständigen
Aufsichtsbehörden festgelegt.
Durch den Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung
e.V. (WEG) wurden Richtlinien und Leitfäden
erarbeitet, die die Mindestanforderungen an
Bohrplätze beschreiben und die als Konkretisierungshilfe
der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen
dienen. Besonderer Wert wird dabei auf den
Gewässerschutz gelegt.
Im Rahmen der Bohr- und Frack-Arbeiten werden
auf dem Bohrplatz und in der Bohrung bislang Flüssigkeiten
eingesetzt, die als wassergefährdend eingestuft
sind (s. Kap. 6). Der Bohrplatz muss daher
versiegelt werden, um zu gewährleisten, dass keine
wassergefährdenden Flüssigkeiten mit dem Boden
in Kontakt kommen können. Dazu wird der Bohrplatz
hinsichtlich der Wassergefährdung in zwei
unterschiedliche Bereiche unterteilt: Den Wassergefährdungsklassenbereich
(WGK-Bereich) und die
sonstigen Bereiche.
Wichtiger Teil der Infrastruktur von Bohrplätzen sind
zudem Speicherbecken und Lagerbehälter. Lagerbehälter
dienen neben der Lagerung der Bohrspülungen
auch der Lagerung der diversen Additive
für die Stimulationsmaßnahmen. Auch das für den
Frack-Prozess benötigte Wasser muss vor der Weiterbehandlung
zwischengelagert werden. Die Sicherheitsvorkehrungen
für Lagerbehälter variieren
je nach Wassergefährdungsklasse zwischen eins
(schwach wassergefährdend) bis drei (stark wassergefährdend).
Ist die WGK-Einstufung der jeweiligen
Stoffe nicht bekannt, müssen die Anlagen auf die
Wassergefährdungsklasse 3 hin ausgelegt werden.
In NRW ist die Beförderung von wassergefährdenden
Stoffen in Rohrleitungen durch die Verordnung
über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden
Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS) Nordrhein-
Westfalen geregelt. Nach einer Stellungnahme der
BR Arnsberg kommen zurzeit in NRW nur Stahlverrohrungen
für den Transport von Lagerstättenwasser
zum Einsatz. Zurzeit gibt es hierzu noch keine
einheitliche bundesweite Regelung.
Stand der Bohrtechnik und des
Bohrlochausbaus
Die eingesetzte Bohrtechnik wird im Wesentlichen
den lokalen geologischen und gesetzlichen Randbedingungen
angepasst. Insbesondere betrifft dies die
(Material-)Art der eingesetzten Bohrstränge, -meißel,
die Bohrspülungszusätze, die Bohrverfahren
und die Blowout-Preventer (BOP).
In Abhängigkeit der Ausprägung der Zielformation
erfolgt auch die Auswahl des Bohrlochausbaus. Die
Bohrlochgeometrien reichen von vertikalen Bohrungen
über abgelenkte Bohrungen bis hin zu Horizontalbohrungen.
Je nach gewähltem Ausbauverfahren
können aus einem Bohrloch auch mehrere Laterale
vorgetrieben werden, die einfach abgelenkt oder horizontal
erstellt werden. Für NRW ist den derzeitigen
Konzepten der Betreiber zu entnehmen, dass zur
Erschließung von Kohleflözgas-Lagerstätten einfach
abgelenkte Bohrungen verwendet werden sollen.
Die Erschließung von Schiefergas-Lagerstätten ist
mit Horizontalbohrungen geplant, entweder in Form
Abb. 5-1: Bohrplatz und Bohrturm der Bohrung Goldenstedt
Z21 der ExxonMobil Production Deutschland GmbH
20
von einfachen horizontalen Bohrungen oder mittels
Multilateral-Horizontalbohrungen (s. Abb. 5-2).
Zum Bohrlochausbau ist ebenfalls die Zementation
der Bohrungen zu zählen. Gemäß der geltenden
Tiefbohrverordnung für NRW (BVOT NRW) dient die
Zementation der Abdichtung der Bohrung insbesondere
in Grundwasserleitern sowie der Abdichtung
nicht genutzter Erdöl- oder Erdgasträger und laugenführender
Gebirgsschichten sowie dem Schutz
vor Eindringen von Wasser in nutzbare Salzlagerstätten.
Laut BVOT wird die Prüfung der Qualität der Zementation
grundsätzlich eingefordert. Ein Misslingen der
Zementation ist vom Betreiber unverzüglich der Behörde
zu melden. Abgesehen von der vorgeschriebenen
Drucküberwachung und der Vermessung der
Zementationsstrecken finden sich jedoch weder in
der BVOT NRW noch in den entsprechenden Verordnungen
anderer Bundesländer weitere konkrete
Prüfkriterien zur Beurteilung der Qualität der Zementation.
Stand der Stimulationstechniken
Zu den Stimulationsverfahren gehört auch das Fracking.
Es erfolgt nach Abschluss der Bohrarbeiten
als letzter Schritt der Bohrlochkomplettierung,
wenn die Durchlässigkeit der Lagerstätte für eine
wirtschaftliche Gewinnung des Erdgases zu gering
ist.
Der Frack-Vorgang selbst kann in drei grundsätzliche
Schritte untergliedert werden. Im ersten Schritt
werden über teilweise mehrere Stunden und unter
hohem Druck Fluide in die Lagerstätte gepumpt. Ziel
dieser ersten Phase ist es, Risse in der Lagerstätte
neu zu bilden beziehungsweise bestehende Klüfte
aufzuweiten. In der zweiten Phase wird dem Frack-
Fluid ein Stützmittel (englisch Proppant) beigemischt,
dessen Aufgabe es ist, die Risse und Klüfte
auch nach Absenken des Frack-Drucks offen zu halten
und damit eine längerfristige Erdgasförderung
zu gewährleisten. In einer dritten Phase wird noch
einmal Frack-Fluid ohne beigemischte Stützmittel
in die Lagerstätte gepumpt, um die Rohrtouren vom
Stützmittel zu reinigen.
Für Stimulationen in horizontalen Bohrungen ist das
Multi-Frack-Verfahren entwickelt worden. Während
des Multi-Frack-Prozesses werden mehrere hydraulische
Frack-Behandlungen nacheinander durchgeführt.
Hierbei wird zunächst der Abschnitt am Ende
des Bohrlochs (Bohrlochtiefste) stimuliert und anschließend
werden abschnittsweise weitere Fracks
durchgeführt.
Dieses Verfahren wurde beispielsweise in der Bohrung
Söhlingen Z15 (Niedersachsen) eingesetzt, in
der fünf Fracks innerhalb von elf Stunden durchgeführt
wurden.
Abb. 5-2: Schematische Beispielgeometrien
für multilaterale
Bohrungen (oben) und für
Bohrplätze (unten)
21
Stand der Technik bei Erdgasgewinnung,
Entwässerung und
Wasserhaltung
Die Entwässerung stellt einen wesentlichen Schritt
der Gewinnung von Kohleflözgas dar. Durch die
Entwässerung der Lagerstätte kommt es zu einem
Absinken des Lagerstättendrucks. Das an die Kohle
gebundene Kohleflözgas kann desorbieren und anschließend
gefördert werden. Auch in Schiefergas-
Bohrungen wird Entwässerungstechnik eingesetzt,
um das Frack-Fluid aus der Lagerstätte zurück zu
fördern. Der Flowback ist häufig mit Schadstoffen
belastet und bedarf einer Aufbereitung, bevor er
entsorgt werden kann (s. Kap. 6). In der Langfassung
des Gutachtens werden verschiedene technische
Ansätze zur Lagerstättenentwässerung sowie zur
Wasseraufbereitung dargestellt.
Gesamtkonzept zur Erschließung
von unkonventionellen
Erdgas-Lagerstätten
Die bislang öffentlich kommunizierten Konzepte zur
Erschließung von unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten
in NRW orientieren sich an internationalen
und deutschen (niedersächsischen) Erfahrungen
und Entwicklungen in diesem Sektor. Die Unternehmen
haben in Bezug auf die unkonventionellen Gas-
Vorkommen in NRW noch keine konkreten Erschließungsstrategien
entwickelt. Dies gilt sowohl für die
Einzelstandort- und Bohrungskonzepte als auch für
die bislang nur ansatzweise vorhandenen flächenhaften
Erschließungskonzepte.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass mit konkreten
genehmigungspflichtigen Erkundungsmaßnahmen,
wie sie die Explorationsprogramme der aktuell erteilten
Aufsuchungserlaubnisse für unkonventionelle
Erdgas-Lagerstätten vorsehen, bis auf eine Bohrung
(Oppenwehe 1) nicht begonnen werden konnte
und somit die tatsächlich infrage kommenden Gebiete
– und damit einhergehend die geologischen
und lagerstättenspezifischen Eigenschaften – in
NRW noch nicht eingrenzbar sind (s.a. Kap. 2).
Grundsätzlich ähneln die bislang bekannt gewordenen
konzeptionellen Ansätze für eine auf die Erkundungsphase
folgende Gewinnung der Vorgehensweise
in anderen Staaten, d.h.
• Errichtung von Clusterbohrplätzen mit bis zu 20
Bohrungen pro Bohrplatz,
• Erstellung von abgelenkten, horizontalen Einfach-
oder Multilateralbohrungen in Abhängigkeit
der geologischen Situation,
• Durchführung von Einfach- und Multi-Frack-Stimulationen,
• teilweise bereits mit Überlegungen, Flowback
und Lagerstättenwasser zu recyclen,
• Entsorgung der flüssigen Abfälle in Disposalbohrungen,
wobei für NRW bislang kein Betreiber ansatzweise
Konzepte hierfür öffentlich gemacht
hat.
22
Sachverhalt / Bewertung: Derzeit befinden
sich sämtliche Betreiber in NRW noch am Anfang
der Erkundungsphase und haben bisher
– bis auf eine Bohrung – noch keine konkreten
Erkundungstätigkeiten beginnen können. Die
bisher mit den Anträgen auf Erteilung der Aufsuchungserlaubnisse
vorgelegten Arbeitsprogramme
befassen sich ausschließlich mit der
Aufsuchung und Erkundung potenzieller Lagerstätten.
Die Arbeitsprogramme beinhalten bei
einigen Betreibern auch die Stimulation einzelner
Explorationsbohrungen zu Testzwecken.
Diese Maßnahmen wie auch das Abteufen einer
Explorationsbohrung ohne Test-Frack bedürfen
trotz der erteilten Aufsuchungserlaubnis der
Prüfung in gesonderten Genehmigungsverfahren
(bergrechtliches Betriebsplanverfahren und ggf.
weitere Genehmigungsverfahren nach anderen
öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie etwa ein
wassserrechtliches Erlaubnisverfahren).
Informations- und Wissensdefizit: Die technische
und planerische Konkretisierung von Erschließungs-
und Gewinnungskonzepten kann
erst bei Kenntnis der geologischen Randbedingungen
erfolgen. Die derzeit hierzu bekannt gemachten
Konzepte basieren im Wesentlichen auf
Erfahrungen und Kenntnissen in diesem Sektor
aus den USA. Die Übertragbarkeit der Erfahrungen
im Tight Gas aus Niedersachsen wird betreiberseitig
als nur sehr eingeschränkt möglich
eingeschätzt.
Aufgrund der fehlenden geologischen Informationen
sind die meisten Details zu konkreten bohrund
gewinnungstechnischen Aspekten noch sehr
unbestimmt. Für NRW liegen keine Konzepte für
die Entsorgung der Lagerstättenwässer und des
Flowback beispielsweise in Verpressbohrungen
vor. Es ist nicht bekannt, welche Konzepte in Bezug
auf die bekannten Schwächen der Zementation
hinsichtlich der langzeitlichen Barriere-Integrität
existieren. Zudem ist die Übertragbarkeit
von Aussagen, die aus Kohleflözgas-Lagerstätten
der USA und Australien abgeleitet wurden, auf
die Kohleflözgas-Lagerstätten in NRW aus Sicht
der Gutachter nicht belastbar. Für eine belastbare
Aussage über die Fluiddynamik innerhalb von
Kohleflözgas-Lagerstätten in NRW fehlen grundlegende
Forschungsergebnisse.
Handlungsbedarf: Um eine Eingrenzung und
Konkretisierung der Erschließungs- und Gewinnungstechniken
zu ermöglichen, müssen zunächst
die geologischen Randbedingungen bekannt
sein.
Die derzeitig kommunizierten Erschließungs-
Konzepte müssen explizit um den Aspekt des
Umgangs mit anfallenden Lagerstättenwässern
und Flowback ergänzt werden.
Weitere Untersuchungen zu Zementalterung und
langzeitlicher Barriere-Integrität von Bohrungen
müssen durchgeführt werden. Der derzeitige
Stand der Technik diesbezüglich muss auf Verbesserungspotenziale
untersucht werden.
» siehe Langfassung Kap. 6
Zwischenfazit Erkundungs- und Gewinnungstechniken
23
Einleitung
Beim Hydraulic Fracturing wird das Gestein durch
Einpressen einer Flüssigkeit unter hohem Druck aufgebrochen.
Das dabei eingesetzte hydraulische Medium
wird als Frack-Fluid bezeichnet. In die im Gebirge
erzeugten Risse werden mit dem Frack-Fluid sog.
Stützmittel eingebracht (z.B. Quarzsand oder keramische
Partikel), die die Risse gegen den Gebirgsdruck
offen halten und damit dauerhaft bessere
Fließbedingungen für das Erdgas zur Förderbohrung
hin schaffen sollen. Weitere dem Frack-Fluid zugesetzte
Additive haben u.a. den Zweck, den Transport
des Stützmittels in die Risse zu gewährleisten, Ablagerungen,
mikrobiologischen Bewuchs, die Bildung
von Schwefelwasserstoff und ein Quellen der
Tonminerale im Frack-Horizont zu verhindern, Korrosion
zu vermeiden und die Fluidreibung bei hoher
Pumpleistung zu minimieren (Abb. 6-1). Nach Ende
der Druckbeaufschlagung auf die erdgasführende
Formation wird meist nur ein Teil des eingepressten
Frack-Fluids – zusammen mit Formationswässern
und dem der Bohrung zuströmenden Erdgas – im
sog. Flowback zutage gefördert.
Im folgenden werden die vorliegenden Angaben zu
den bislang in Deutschland eingesetzten Frack-Fluiden
ausgewertet und – soweit derzeit möglich – die
Zusammensetzung zukünftig in NRW einsetzbarer
Frack-Fluide dargestellt. Anschließend wird die zu
erwartende Zusammensetzung der Formationswässer
und des Flowback beschrieben.
Frack-Fluide
Nach Angaben der Betreiber ist im Rahmen einer
potenziellen Kohleflözgas- und Schiefergas-Gewinnung
in NRW der Einsatz sog. wasserbasierter
Frack-Fluide geplant, zu denen Gel-, Schaum- und
Slickwater1-Fluide zählen. Die genaue Zusammensetzung
dieser Fluide (Art und Konzentration der
verwendeten Additive) wird in Abhängigkeit der erwarteten
Lagerstättenbedingungen im Allgemeinen
für jede Bohrung individuell angepasst. Die Auswahl
der Frack-Additive basiert insbesondere auf der benötigten
Viskosität zum Stützmitteltransport, den in
der Lagerstätte herrschenden Druck- und Temperaturbedingungen,
der mineralogisch-geochemischen
1 Slickwater-Fluide sind durch Zusatz von Reibungsminderern
für hohe Pumpraten bei niedriger Fluid-Viskosität
und damit relativ niedrige Stützmittel-Konzentration
optimiert.
Zusammensetzung und petrophysikalischen Eigenschaften
des Zielhorizonts, der hydrochemischen
Zusammensetzung des Formationswassers sowie
dem Schutz vor Anlagenkorrosion. Außerdem sind
die Anforderungen des Chemikalienrechts zu beachten.
In Deutschland wurden bislang jeweils ein Frack-
Fluid in einer Schiefergas- und in einer Kohleflözgas-
Lagerstätte eingesetzt, deren Fluid-Zusammensetzungen
im Rahmen des Gutachtens ausgewertet
wurden: Das Fluid Damme 3 wurde 2008 bei 3 Fracks
im "Wealden"-Tonstein in Niedersachsen im Tiefenbereich
1.045 bis 1.530 m unter Gelände eingesetzt;
das Fluid Natarp wurde 1995 bei 2 Fracks im flözführenden
Karbon in NRW im Tiefenbereich 1.800 bis
1.947 m verwendet.
Darüber hinaus liegen den Gutachtern Angaben zu
28 weiteren, vor allem in Tight Gas-Lagerstätten in
Niedersachsen zwischen 1982 und 2011 eingesetzten
Frack-Fluiden vor; die Fluid-Zusammensetzung
ist damit nur für ca. 25 % der ca. 300 in Deutschland
bislang in Erdgas-Lagerstätten durchgeführten
Fracks bekannt. In Ermangelung anderer Daten
beruhen alle Angaben zu Additiven ausschließlich
auf den Informationen, die in Sicherheitsdatenblättern
der zur Herstellung dieser Fluide verwendeten
Frack-Zubereitungen2 von den Herstellern bzw. Importeuren
angegeben werden.
Die Auswertung der verfügbaren Daten zeigt, dass
pro Frack zwischen < 100 m³ und über 4.000 m³
Fluide zum Einsatz kamen, wobei die Mengen in Abhängigkeit
des verwendeten Fluidsystems und der
Lagerstätteneigenschaften
erheblich variieren. Zur
Herstellung der Frack-Fluide wurden insgesamt 88
Zubereitungen im Wesentlichen zweier Hersteller
verwendet; bei neueren, nach dem Jahr 2000 eingesetzten
Gel-Fluiden pro Frack im Durchschnitt ca.
100 t Stützmittel und ca. 7,3 t Additive (davon meist
< 30 kg Biozidprodukte). Insbesondere bei Multi-
Frack-Stimulationen und/oder Einsatz von Slickwater-
Fluiden ergeben sich jedoch teilweise große
Einsatzmengen: In der Bohrung Damme 3 wurden
z.B. bei drei Fracks rund 12.000 m³ Wasser, 588 t
Stützmittel und 20 t Additive (davon 460 kg Biozide)
verpresst.
2 Frack-Zubereitungen sind spezialisierte Produkte verschiedener
Hersteller, die unter Handelsnamen vermarktet
werden und meist aus einem Gemisch verschiedener
Chemikalien bestehen. Frack-Fluide werden
meist aus mehreren Frack-Zubereitungen durch Mischung
mit Wasser hergestellt.
6 Frack-Fluide, Formationswässer und Flowback
24
Bislang wurden mindestens 112 Stoffe/Stoffgemische
bei Frack-Maßnahmen in Deutschland eingesetzt.
Für 76 dieser 112 Stoffe konnte die Stoffidentität
anhand der angegebenen CAS-Nummern3
bzw. der Stoffbezeichnung eindeutig recherchiert
werden. Für die übrigen 36 Stoffe/Stoffgemische
ist keine eindeutige Identifizierung möglich, weil u.a.
nur chemische Sammelbezeichnungen in den Sicherheitsdatenblättern
angegeben werden. Stoffe,
deren Anteil in der Rezeptur eines Gemischs unterhalb
festgelegter Konzentrationsschwellen für die
Einstufungsrelevanz liegen, brauchen nicht im Sicherheitsdatenblatt
angegeben zu werden und entziehen
sich daher der Kenntnis der Gutachter.
Die Gefährlichkeitsmerkmale der eingesetzten Stoffe
sind in der Langfassung des Gutachtens dargestellt.
Es ist festzustellen, dass auch in neueren, seit
dem Jahr 2000 verpressten Fluiden Zubereitungen
3 Die CAS-Nummer (engl. Chemical Abstracts Service)
ist ein eindeutiger Bezeichnungsstandard für chemische
Stoffe.
mit Additiven zum Einsatz kamen, die besorgniserregende
(u.a. sehr giftige, kanzerogene, mutagene
und/oder reproduktionstoxische) Eigenschaften
aufwiesen.
Die Sicherheitsdatenblätter führen vielfach unvollständige
Angaben zu relevanten physiko-chemischen
und toxikologischen Parametern auf; teilweise
sind Parameter auch in Fachdatenbanken nicht
verfügbar. Es ist somit festzustellen, dass Additive
eingesetzt wurden, obwohl eine verlässliche Bewertung
ihres Verhaltens und ihrer Wirkungen in der
Umwelt nicht oder nur eingeschränkt möglich war.
Für die eingesetzten Biozid-Wirkstoffe steht die Entscheidung
über die Aufnahme oder Nicht-Aufnahme
in Anhang I der Biozid-Richtlinie 98/8/EG für die
relevanten Produktarten noch aus, so dass keine
Daten aus dem Prüfverfahren dieser Wirkstoffe öffentlich
verfügbar sind.
Hersteller wie Bergbauunternehmen haben angekündigt,
die Anzahl der eingesetzten Additive zu verringern
und insbesondere sehr giftige, kanzerogene,
Einsatzzweck Additiv
(Beispiel mit CAS-Nummer)
Einsatzhäufigkeit
(Kenntnisstand der
Gutachter)
Stützmittel Offenhaltung der beim Fracking
erzeugten Risse
Quarzsand und Cristobalit
(14808-60-7 und 14464-46-1)
11
Keramische Stoffe, Bauxite (66402-68-4) 6
Biozid Vermeidung von Biofilmen
und Verhinderung von Schwefelwasserstoffbildung
durch
Sulfat-reduzierende Bakterien
Gemisch aus 5-Chlor-2-methyl-2H-isothiazol-
3-on und 2-Methyl-2H-isothiazol-3-on,
Handelsname Kathon® (55965-84-9)
14
Gelbildner Verbesserung des
Stützmitteltransports
Guargummiderivate (k.A.) 7
Hochtemperaturstabilisator
Verhinderung der vorzeitigen
Zersetzung des Gels
Natriumthiosulfat
(7772-98-7 und 10102-17-7)
23
Kettenbrecher Ablagerung des Stützmittels Natriumbromat (7789-38-0) 12
Diammoniumperoxodisulfat (7727-54-0) 8
Korrosionschutz-
mittel
Schutz vor Anlagenkorrosion Methanol (67-56-1) 18
Lösungsmittel Verbesserung der Löslichkeit
der Additive
2-Butoxyethanol (111-76-2) 21
Quervernetzer Verbesserung des
Stützmitteltransports
Natriumtetraborat (1330-43-4), Boratsalze
und anorganische Borate (k.A.)
20
2,2‘,2‘‘-Nitriolotriethanol (102-71-6) 12
Reibungsminderer Verringerung der Reibung
innerhalb der Frack-Fluide
Erdöldestillat hydrogeniert, leicht
(64742-47-8)
6
Schwefelwasserstofffänger
Entfernung von toxischem
Schwefelwasserstoff zum
Schutz vor Anlagenkorrosion
Aromatische Aldehyde (k.A.) 1
Tensid/Netzmittel Verminderung der
Oberflächenspannung
Ethoxylierte Alkohole (k.A.) 13
Nonylphenolethoxylate (9016-45-9) 7
Tonstabilisator Vermeidung der Quellung und
Verlagerung von Tonmineralen
Kaliumchlorid (7447-40-7) 22
Tetramethylammoniumchlorid
(75-57-0)
7
Abb. 6-1: Einsatzmöglichkeit einiger ausgewählter Additive und Angabe ihrer bisherigen Einsatzhäufigkeit in Frack-Fluiden
in Deutschland (u.a. Tight Gas-Lagerstätten in Niedersachsen)
25
mutagene und reproduktionstoxische Stoffe zu ersetzen.
Die gegenwärtigen Entwicklungsarbeiten zur
Reduktion bzw. zum Ersatz der Biozid-Wirkstoffe,
zur Verbesserung der Abbaubarkeit und zur Verwendung
von Lebensmitteladditiven lassen mögliche
Fortschritte bei der Entwicklung umweltverträglicher
Frack-Fluide erwarten, deren Marktreife jedoch
nicht bewertet werden kann. Die Produktpaletten
der Hersteller weisen derzeit sowohl althergebrachte
Zubereitungen wie auch einzelne Neuentwicklungen
auf.
Die genaue Zusammensetzung der in Kohleflözgasund
Schiefergas-Lagerstätten in NRW einsetzbaren
Frack-Fluide lässt sich gegenwärtig noch nicht
endgültig benennen. Es wird erwartet, dass die Rezepturen
in dem Maße modifiziert werden, wie zusätzliche
Erkenntnisse u.a. zu den vorherrschenden
Lagerstätteneigenschaften gewonnen werden. Als
Ausgangspunkt für die potenziell in NRW einsetzbaren
Frack-Fluide werden die bereits eingesetzten
Frack-Fluide Damme 3 und Natarp herangezogen,
wenngleich beide Fluide nur nach substanzieller
Überarbeitung der Rezepturen wieder zum Einsatz
kommen würden. Die gegenwärtigen Überlegungen
zur Entwicklung neuer Fluide werden anhand der
Rezepturen zweier Frack-Fluide (ein Slickwater- und
ein Gel-Fluid) berücksichtigt, die den Gutachtern
von der Firma ExxonMobil Production Deutschland
GmbH genannt wurden. Die Gefährdungspotenziale
aller vier ausgewählten Frack-Fluide werden in Kapitel
8 bewertet.
Formationswässer
Zur Zusammensetzung der Formationswässer in
Kohleflözgas- und Schiefergas-Lagerstätten in NRW
liegen den Gutachtern nur lückenhafte Angaben zu
Haupt-, Neben- und Spurenkomponenten, gelösten
Gasen, organischen Wasserinhaltsstoffen und
NORM (natürlich auftretendes radioaktives Material)
vor; standort- und teufendifferenzierte Angaben
fehlen weitgehend.
Formationswässer in Kohleflözgas-Lagerstätten
wurden anhand von umfangreichen Grubenwasseranalysen
aus Steinkohlenbergwerken abgeschätzt.
Diese Formationswässer weisen neben hohen Salzgehalten
erhöhte Konzentrationen verschiedener
Neben- und Spurenkomponenten auf. NORM-Gehalte
sind in diversen Grubenwässern im Ruhrrevier
bekannt. Konzentrationsangaben zu gelösten Kohlenwasserstoffen
in den Grubenwässern liegen den
Gutachtern nicht vor.
Zu Formationswässern in Schiefergas-Lagerstätten
in NRW liegen keine Angaben vor, so dass nur lückenhafte
Daten zur Bohrung Damme 3 ("Wealden"-Tonstein
in Niedersachsen) bewertet werden können.
Die Gehalte an Kohlenwasserstoffen, Schwermetallen
und NORM können aufgrund fehlender Analysen
nicht abgeschätzt werden. Analysen aus Tight
Gas-Lagerstätten in Niedersachsen zeigen jedoch,
dass teilweise mit sehr hohen Konzentrationen von
aromatischen Kohlenwasserstoffen, u.a. Benzol und
polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen
in Formationswässern zu rechnen ist (Rosenwinkel
et al. 2012).
Flowback
Der nach Ende der Druckbeaufschlagung meist über
die gesamte Produktionsphase zutage geförderte
Flowback setzt sich aus verpresstem Frack-Fluid
Abb. 6-2: Zusammensetzung des Flowback als Mischung aus Frack-Fluid und Formationswasser in Verbindung mit beschaffenheitsverändernden
hydrogeochemischen Prozessen
26
und mitgefördertem Formationswasser in variablen
Mischungsanteilen zusammen, wobei zunächst der
Anteil des Frack-Fluids und später der des Formationswassers
überwiegt. Die Zusammensetzung des
Flowback ist damit nicht nur standortspezifisch,
sondern ändert sich über die Förderdauer. Die Bildung
solcher Mischfluide ist auch bei einer möglichen
Ausbreitung entlang von Fließpfaden im Untergrund
zu erwarten.
Aufgrund verschiedener hydrogeochemischer Prozesse
(Abb. 6-2) können der Flowback bzw. die
Mischfluide neben Frack-Additiven und Bestandteilen
des Formationswassers auch eine Reihe weiterer
Stoffe enthalten, wie z. B. Lösungsprodukte (Salze),
mobilisierte Kohlenwasserstoffe, Transformationsund
Abbauprodukte der eingesetzten Additive, mobilisierte
Feststoffpartikel, Bakterien sowie Gase
(u.a. Schwefelwasserstoff).
Eine systematische Erfassung der zurückgeförderten
Frack-Fluide und der möglichen Transformations-
und Abbauprodukte im Flowback wird derzeit
nicht routinemäßig durchgeführt. Eine Auswertung
der Fracks in der Bohrung Damme 3 kam zu dem
Schluss, dass nur 8 % des injizierten Frack-Fluids
mit dem Flowback wieder zutage gefördert wurde
(Rosenwinkel et al. 2012). Auch wenn bei längerer
Förderdauer ein höherer Rückförderanteil zu erwarten
ist, muss davon ausgegangen werden, dass
ein substanzieller Anteil der Frack-Additive im Untergrund
verbleibt.
Sachverhalt / Bewertung: Bei Frack-Maßnahmen
– vor allem in Tight Gas-Lagerstätten in Niedersachsen
– kam bislang ein breites Spektrum
von mindestens 112 unterschiedlichen Additiven
zum Einsatz. Auch nach Auswertung der in den
USA eingesetzten Fluide und möglicher Weiterentwicklungen
lässt sich die genaue Zusammensetzung
der in Kohleflözgas- und Schiefergas-
Lagerstätten in NRW einsetzbaren Frack-Fluide
noch nicht endgültig benennen. Beispielhaft werden
die Zusammensetzungen der zwei einzigen
bislang in Deutschland in diesen Lagerstättentypen
eingesetzten Frack-Fluide sowie zwei neue/
geplante Frack-Fluide in Kapitel 8 bewertet.
Informations- und Wissensdefizit: Die Sicherheitsdatenblätter
der Zubereitungen stellen oftmals
die einzige Informationsquelle zur Identität
und Menge der eingesetzten Additive in Frack-
Fluiden dar. Für die Genehmigungsbehörden
können sich hieraus erhebliche Unsicherheiten
hinsichtlich der eingesetzten Additive und Frachten
ergeben.
Eine Aussage zum Umweltverhalten und zur Abbaubarkeit
der Additive ist aufgrund der lückenhaften
Datenlage zu physikalisch-chemischen
Parametern nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Die standortspezifische Zusammensetzung der
Formationswässer in relevanten Kohleflözgasund
vor allem in Schiefergas-Lagerstätten in
NRW lassen sich gegenwärtig nur unzureichend
abschätzen.
Für den Flowback als Gemisch aus Frack-Fluid,
Formationswasser und möglichen Reaktionsprodukten
fehlen gegenwärtig aussagekräftige
Analysen und belastbare Massenbilanzierungen,
um den Anteil des zurückgeförderten
Frack-Fluids und das Verhalten und den Verbleib
von Additiven im Untergrund zu quantifizieren.
Handlungsbedarf:
• Vollständige Offenlegung aller eingesetzten
Stoffe bezüglich Stoffidentität und Stoffmengen;
• Bereitstellung der zur Bewertung ihres Umweltverhaltens
relevanten physikalisch-chemischen
Parameter;
• standortspezifische Erfassung und Bewertung
der Zusammensetzung der Formationswässer
und des Flowback bzgl. trinkwasserrelevanter
Wasserinhaltsstoffe (Salze,
Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe, NORM)
und bzgl. der eingesetzten Additive (Primärsubstanzen)
sowie von deren Transformationsprodukten
(Sekundärsubstanzen);
• Erfassung und Bewertung des Anteils des
zurückgeförderten Frack-Fluids;
• Nachweis über Verhalten und Verbleib der
Stoffe im standortspezifischen Untergrund
durch Life-Cycle-Assessment der eingesetzten
Additive;
• Berücksichtigung von Umweltkriterien bei
der Auswahl geeigneter Additive und Entwicklung
umweltfreundlicher Frack-Fluide.
» siehe Langfassung Kap. 7
Zwischenfazit Frack-Fluide, Formationswässer und Flowback
27
Einleitung
Bei der Analyse der Umweltauswirkungen von Vorhaben
zur Erkundung und Gewinnung von Erdgas
aus unkonventionellen Lagerstätten wird im Rahmen
des Gutachtens unterschieden zwischen direkten
Umweltauswirkungen (Kap. 7) und indirekten
Umweltauswirkungen bzw. Umweltrisiken (Kap. 8)
(Abb. 7-1):
• Direkte Umweltauswirkungen resultieren unmittelbar
aus der Dimension des Vorhabens (Kap.
7). Das Maß dieser Umweltauswirkungen kann
– ggf. auch in Bandbreiten – abhängig von der
räumlichen, zeitlichen und technischen Dimension
des Vorhabens standortspezifisch benannt
werden (z.B. Flächenverbrauch). Die Bewertung
erfolgt anhand gültiger Rechtsnormen in einem
vorlaufenden Verfahren (z.B. UVP) und wird über
die Genehmigungen und Auflagen reguliert.
• Bei indirekten Umweltauswirkungen sind das
Eintreten und das Ausmaß der Auswirkungen
von bestimmten Randbedingungen abhängig
und können somit nicht unmittelbar aus der Dimension
des Vorhabens abgeleitet werden. In
diesen Fällen können nur Umweltrisiken benannt
werden (Näheres hierzu s. Kap. 8).
• Sowohl direkte als auch indirekte Umweltauswirkungen
können Summen- und Langzeitauswirkungen
haben, die gesondert bewertet werden
müssen. Dies ist ohne numerische Modelle in der
Regel nicht möglich.
Grundlage für die Analyse der möglichen Umweltauswirkungen
bildet eine – möglichst vollständige
– Beschreibung der Wirkfaktoren, mit denen die Vorhaben
zur Erkundung und Gewinnung von Erdgas
aus unkonventionellen Lagerstätten verbunden sein
können.
Ein Wirkfaktor beschreibt den Einfluss (z.B.
Eigenschaft eines Vorhabens), der auf die
Umwelt wirkt und dort zu Veränderungen
(Auswirkungen) führt, z.B. Schadstoff- und
Lärmemission. Ein Wirkfaktor kann entweder
unmittelbar quantifiziert und bewertet werden
(z.B. Flächenverbrauch) oder es bedarf
bestimmter Wegsamkeiten und Systemvoraussetzungen,
damit ein Wirkfaktor wirksam
werden kann (z.B. Aufstieg von Fluiden über
bevorzugte Fließwege).
Folgende Wirkfaktorgruppen wurden im Rahmen
des Gutachtens identifiziert und werden nachfolgend
erläutert:
• Flächeninanspruchnahme
• Nichtstoffliche Einwirkungen
• Stoffliche Einwirkungen
7 Umweltauswirkungen
Abb. 7-1: Bewertung der
Umweltauswirkungen über
Wirkfaktoren
28
Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Lagerstätten in NRW: Das 10 %-Flächenszenarium
Im Rahmen des Gutachtens können die möglichen Umweltauswirkungen (Kap. 7) und Umweltrisiken (Kap.
8) nur auf Basis der von den Gutachtern abgeleiteten exemplarischen Erkundungs- und Gewinnungsstrategien
benannt, abgeschätzt und qualitativ bewertet werden. Die tatsächlichen Auswirkungen und deren Ausmaß
können nur standortbezogen beurteilt werden.
Die im Gutachten durchgeführten Bewertungen von kumulierten Effekten mehrerer Bohrplätze in einem bestimmten
Gebiet basieren auf fiktiven 10 %-Flächenszenarien, die für NRW von einer Gewinnung aus unkonventionellen
Erdgas-Vorkommen auf einer Fläche von 1.800 km² ausgehen1.
Aus dem 10 %-Basisszenario werden die fiktiven Szenarien A und B entwickelt, die als Gedankenexperiment zu
verstehen sind, mit deren Hilfe auch Summenwirkungen der möglichen Vorhaben analysiert werden können:
Szenario A
• alle Schiefergas-Bohrungen und nur 50 % der Kohleflözgas-Bohrungen werden stimuliert (gefrackt);
• Stimulation nur zu Beginn bei Erstellung der Förderbohrungen (Phase B2);
• Wasserversorgung ausschließlich über Rohrleitungen oder Brunnen.
Szenario B
• alle Schiefergas-Bohrungen und alle Kohleflözgas-Bohrungen werden stimuliert (gefrackt);
• 25 % der Bohrungen werden zusätzlich ein weiteres Mal während der Förderphase C stimuliert;
• Wasserversorgung ausschließlich durch Lkw.
1 Bei Entwicklung des Basisszenarios Anfang 2012 entsprachen die 1.800 km² 10 % der Fläche der Felder, für die Bergbauberechtigungen
zur Aufsuchung erteilt worden waren (rd. 18.000 km²). Aktuell (August 2012) liegt diese Fläche bei
rd. 20.300 km² (s. Kap. 2).
Abb. 7-2: Zusammenstellung
einiger wesentlicher Eigenschaften
und Kennzahlen der
fiktiven Erschließungsszenarien
29
Wirkfaktor Schutzgut Auswirkungen
Überbauung, Versiegelung
Boden/
Untergrund
Verlust von naturnahen Böden mit weitgehend ungestörtem
Bodenprofil
Veränderung der Bodenstruktur und Verlust von Bodenfunktionen
Bodenauf-/-abtrag/-umlagerung
Bodenverdichtung
Landschaft/Erholung Inanspruchnahme von Erholungsgebieten (lokal)
Klima/Luft Verlust von Gehölzbeständen oder Waldbereichen mit besonderen
lokal-klimatischen bzw. lufthygienischen Schutzfunktionen
Wasser Versiegelung von Grundwasserneubildungsflächen
Pflanzen/
Tiere/
biol. Vielfalt
Entfernung der Vegetation
Veränderung der vorhandenen Vegetation (Schutzpflanzungen)
Lebensraumverlust: Inanspruchnahme von Futter-/Nist-,
sonstigen von Tieren genutzten Flächen
Mensch Nutzungsänderung: Inanspruchnahme von Mischgebieten,
Gewerbegebieten, landwirtschaftlich genutzten Flächen
Veränderung des
Landschaftsbildes
Landschaft/Erholung Reduktion des Erholungswertes der Landschaft (Umgebung)
Mensch Störung der visuellen Wahrnehmbarkeit des Landschaftsbildes
Reduktion des Wohnwertes
Verlust von Landschaftselementen
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Visuelle Störung, Irritation von Tieren
Verlust von Orientierungspunkten
Flächenzerschneidung Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Zerschneidung von Lebensräumen von Tieren
Barriere für wandernde Tierarten
Landschaft/Erholung Zerschneidung von Erholungsflächen
Abb. 7-3: Mögliche Auswirkungen auf Schutzgüter durch Flächeninanspruchnahme
Wirkfaktorgruppe Flächeninanspruchnahme
Der Wirkfaktor Flächeninanspruchnahme beschreibt
die Nutzung von Flächen über Tage, die mit
der Aufsuchung, Förderung und dem Transport von
Kohlenwasserstoffen sowie von Lagerstättenwasser
aus unkonventionellen Lagerstätten einhergeht. Es
wird davon ausgegangen, dass nach Beendigung einer
Förderung der Standort rückgebaut und rekultiviert/
renaturiert wird.
Die Nutzung umfasst hierbei die Einrichtung eines
Bohrplatzes, auf dem je nach Betriebsphase unterschiedliche
Prozesse ablaufen, sowie den Bau der dazugehörigen
Infrastruktur (Straßen, Rohrleitungen).
Da die Eingriffe temporär begrenzt und zeitlich variabel
sind, muss die zeitliche Flächeninanspruchnahme
beschrieben und bewertet werden. Die Dauer der
Einwirkung ist hierbei maßgeblich von der Art des
Betriebs abhängig:
• Betriebe, die nur der Erkundung dienen (Phasen
A und B1 gem. Abb. 1-4), haben Standzeiten
von wenigen Monaten bis zu max. 2 Jahren. Die
Ver- und Entsorgungsinfrastruktur beschränkt
sich im Wesentlichen auf die Zufahrtstraße zum
Bohrplatz.
• Betriebe, die in die Gewinnung eintreten (Phasen
B2 und C gem. Abb. 1-4) haben sowohl zeitlich als
auch räumlich wesentlich größere Dimensionen.
Die zeitliche Flächeninanspruchnahme von Förderbetrieben
kann bis zu 30 Jahre ausmachen
und es werden Rohrleitungen zum Transport des
Schiefergas Kohleflözgas
Bohrplätze
[km²]
1,9 3,64
Straßen
[km²]
0,55 1,02
Gas- und Fluidrohrleitungen
[km²]
28,2 bis 42 37,3 bis 54
gesamt
[km²]
31,1 bis 44,5 42 bis 58,7
Abb. 7-4: Zusammenfassung der Gesamtflächeninanspruchnahmen für alle Phasen
(572 Betriebe) in den Szenarien A und B (rein rechnerische Werte)
30
Erdgases sowie zur Entsorgung des Flowback
und Formationswassers gebaut.
Die meisten Auswirkungen der Flächeninanspruchnahme
sind bei Einstellung und Rückbau der Bohrplätze
(Phase D gem. Abb. 1-4) reversibel. Ausgenommen
hiervon ist die Bodenstruktur, die durch die
Bodenumlagerung und Verdichtung bei Errichtung
und Betrieb des Bohrplatzes langfristig verändert
wird.
Die Abbildung 7-3 zeigt eine Aufstellung möglicher
Auswirkungen auf Schutzgüter durch Flächeninanspruchnahme.
Die tatsächlichen Auswirkungen und
deren Ausmaß können nur im Einzelfall und standortbezogen
bewertet werden.
In den fiktiven 10 %-Flächenszenarien ergäben sich
beispielsweise die in Abbildung 7-4 dargestellten
Werte für die Flächeninanspruchnahme. Hierbei
muss jedoch berücksichtigt werden, dass beispielsweise
Erkundungsbohrungen nur wenige Monate
in Betrieb sind und entsprechende Flächen beanspruchen
bzw. dass nicht alle Betriebe gleichzeitig
erstellt werden (Näheres hierzu siehe Langfassung).
Wirkfaktorgruppe Nichtstoffliche
Einwirkungen
In der Wirkfaktorgruppe Nichtstoffliche Einwirkungen
wurden im Gutachten die nachfolgenden Wirkfaktoren
untersucht (Abb. 7-5):
Lärmemissionen
Lärmemissionen sind entlang der Lebenszyklusphasen
eines Bohrlochbergbaubetriebs in allen
Phasen mit Ausnahme der bis zu 30-jährigen Gewinnungsphase
(Phase C) von Bedeutung. Insbesondere
während der Bau-, Bohr- und Komplettierungsphase
eines Bohrplatzes im Zeitraum von ca.
6 bis 16 Monaten entstehen Lärmemissionen. In der
Betriebsphase C ist mit Lärmemissionen im Falle
von Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Nachstimulationsmaßnahmen
für kurze Zeiträume (Wochen)
zu rechnen. Während des Rückbaus (Phase D)
entsteht für ca. 4 Wochen baustellentypischer Lärm,
wenn der Bohrplatz zurückgebaut wird und der ursprüngliche
Zustand hergestellt wird.
Lärmemissionen können teilweise mehrere hundert
Meter weit reichen. Die Ausdehnung des Einwirkungsbereichs
wird maßgeblich durch Geländeform,
Windgeschwindigkeiten und -richtungen sowie bauliche
Lärmschutzmaßnahmen beeinflusst. Für alle
in den einzelnen Phasen anfallenden Arbeiten gibt
es jedoch rechtliche Regelungen, die die zulässigen
Lärmemissionen einschränken und aus denen
sich Vorgaben für Lärmschutzmaßnahmen oder
Abstandsvorgaben zu anderen Strukturen (bspw.
Siedlung) ergeben. Maßstab für die Beurteilung der
Geräusche – getrennt nach Quellengruppen – bilden
die folgenden Verordnungen bzw. Vorschriften:
• Straßenverkehr: DIN 18005 und 16. BImSchV2;
• Gewerbe: DIN 18005 und TA Lärm.
Lichtemissionen
Lichtemissionen sind ein standortbezogener Wirkfaktor.
Sie entstehen bei den Arbeitsprozessen, die
auch nachts durchgeführt werden. Mit solchen Emissionen
wird während der Bohrphase in den Phasen A
und B1 für einen Zeitraum von 4 bis 6 Wochen sowie
in Phase B2 für einen Zeitraum von rund 11 Monaten
zu rechnen sein. Bohrungen, insbesondere Produktionsbohrungen
werden aus Kosten- und technischen
Gründen 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche betrieben.
Die Lichtemissionen können durch eine
entsprechende Bebauung (Damm, Mauer) oder Bepflanzung
(Büsche, Bäume) reduziert werden.
Auch diese Emissionen sind durch gesetzliche
Vorgaben im BImSchG sowie durch den Erlass
„Lichtimmissionen, Messung, Beurteilung und Verminderung“
des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(Stand 13.09.2000) geregelt.
Erschütterungen
Mit Erschütterungen ist insbesondere während der
Bauphase zur Herrichtung des Bohrplatzes und
während des Bohrbetriebs zu rechnen, wobei die
Erschütterungen im Wesentlichen auf den Bohrplatz
begrenzt sein werden.
In der Fachwelt besteht noch keine einheitliche Meinung
in Bezug auf die Frage, ob spürbare seismische
Ereignisse, die durch Frack-Vorgänge für die Erdgasgewinnung
im Bohrlochtiefsten ausgelöst werden,
über Tage auftreten. Die bei Stimulationsmaßnah-
2 Die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV gelten
formal nur für den Neubau oder den wesentlichen
Ausbau von Verkehrswegen. Sie werden allerdings in
Ermangelung anderer rechtsverbindlicher Werte als
Anhaltswerte für eine schädliche Umwelteinwirkung
auch für die bestehenden Straßen zugrunde gelegt.
31
men wirkenden Kräfte und Drücke lösen unter Tage
lokal begrenzte seismische Aktivitäten aus, wobei
die Energien i.d.R. nicht ausreichen, um an der Tagesoberfläche
spürbare Erdbewegungen zu verursachen.
In der Fachliteratur werden vereinzelt Hinweise
auf mögliche Zusammenhänge zwischen einzelnen
induzierten seismischen Ereignissen und Frack-Vorgängen
bzw. beim Verpressen von Flüssigkeiten in
den Untergrund gegeben. Insbesondere in Formationen
mit großflächigen Störungen, die auch unter
tektonischen Spannungen stehen, kann nicht ausgeschlossen
werden, dass diese durch induziertes
hydraulisches Fracken aktiviert werden und Beben
auslösen (sog. getriggerte Erdbeben). In allen bislang
diskutierten Fällen liegen die Erschütterungen bei
maximal einem Wert von 2 bis 3 auf der Richterskala.
Radioaktivität
Auswirkungen durch radioaktive Stoffe könnten
entlang der Lebenszyklusphasen eines Bohrlochbergbaubetriebs
insbesondere in den Phasen
B1 bis D relevant sein, in denen eine Förderung
von Formationswasser (ggf. anteilig im Flowback)
erfolgt. Eine Kontamination des Oberflächenwassers
und Grundwassers könnte infolge
von unkontrollierten Übertritten von Flowback/
Formationswässern in das genutzte bzw. nutzbare
oberflächennahe Grundwasser sowie ggf. infolge
nicht sachgerechter Abwasserbehandlung/
-beseitigung auftreten. In der hier nicht näher betrachteten
Nachsorgephase D könnten ggf. Aufstiege
von NORM-haltigen Tiefenwässern entlang entsprechender
Wirkungspfade in das oberflächennahe
Grundwasser relevant sein.
Eine Strahlenbelastung der Bevölkerung könnte
dann auftreten, wenn kontaminiertes Oberflächenwasser
oder Grundwasser direkt als Trinkwasser
oder über die Nahrungsmittelproduktion genutzt
würde. Entsprechende Regelungen zum Schutz der
Bevölkerung vor zusätzlichen Strahlenexpositionen
infolge der Verwertung/Beseitigung von NORMRückständen
sind in den §§ 97 bis 102 i. V. m. Anlage
XII StrlSchV enthalten. Der Dosisrichtwert für
zusätzliche Strahlenexposition infolge der Beseitigung/
Verwertung von NORM-Rückständen beträgt
dabei 1 mSv je Kalenderjahr.
Wirkfaktorgruppe Stoffliche
Einwirkungen
Zur Wirkfaktorgruppe Stoffliche Einwirkungen wurden
im Rahmen des Gutachtens folgende Wirkfaktoren
untersucht (Abb. 7-6):
Wirkfaktor Schutzgut Auswirkungen
Lärmemissionen
(Phasen A bis
B2,D)
(in Szenario B
kurzzeitig auch
Phase C)
Landschaft/Erholung Reduktion des Erholungswertes der Landschaft (Umgebung)
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Scheuchwirkung auf Tiere; Verhinderung der Paarfindung durch
Übertönen der akustischen Reize
Mensch Reduktion des Wohnwertes
Reduktion des Erholungswertes
Schädliche Einwirkungen bei Überschreiten der Immissionsgrenzwerte
der 16. BImSchV, der Immissionsrichtwerte der TA Lärm
Lichtemissionen
(Phasen A, B1, B2)
Landschaft/Erholung Reduktion des Erholungswertes der Landschaft (Umgebung)
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Anziehung von Insekten
Scheuchwirkung auf Tiere
Mensch Reduktion des Wohnwertes
Reduktion des Erholungswertes
Optische Störungen
Erschütterungen
(Phasen B1, B2)
(in Szenario B
auch Phase C)
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Scheuchwirkung auf Tiere
Mensch Erschütterungen durch den Fahrbetrieb in durchfahrenen
Wohn- und Mischgebieten
Radioaktivität
(Phasen B1 bis D)
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Potenzielle Strahlenexpositionen bei nicht-sachgerechtem Umgang
Mensch mit NORM (§§ 97 bis 102 i. V. m. Anlage XII StrlSchV )
Boden Potenzielle Kontamination bei nicht-sachgerechtem Umgang mit
Wasser NORM (§§ 97 bis 102 i. V. m. Anlage XII StrlSchV)
Abb. 7-5: Mögliche Umweltauswirkungen der nichtstofflichen Wirkfaktoren
32
Gasförmige obertägige Emissionen
Die zu erwartenden obertägigen gasförmigen
Emissionen können nur standortbezogen und projektspezifisch
bei Kenntnis der realen bzw. geplanten
Prozessabläufe und der hierfür eingesetzten
Betriebsmittel und -stoffe ermittelt werden. Untersuchungen
der Umweltbehörde des U.S.-Bundesstaates
New York (DEC) deuten darauf hin, dass
durch die Verbrennungsprozesse der dieselgetriebenen
Anlagen und Betriebsmittel insbesondere während
des Bohrplatzbaus und während der Bohrungen
insbesondere mit erhöhten Emissionen von NO2
und Feinstaub zu rechnen ist.
In Deutschland sind Emissionsgrenzwerte durch das
BImSchG und zugehörige Verordnungen geregelt.
Staubemissionen
Staubemissionen treten insbesondere während der
Bautätigkeiten zur Erstellung der Bohrplätze, während
des Ausbaus der nachgelagerten Infrastruktur
sowie während des Rückbaus der Anlagen auf. Sie
beschränken sich zeitlich und räumlich auf baustellentypische
Emissionen am Bohrplatz und entlang
der auszubauenden Infrastrukturtrassen.
Auch für diese Emissionen sind Regelungen durch
das BImSchG und zugehörige Verordnungen getroffen.
Wirkfaktor Schutzgut Auswirkungen
gasförmige übertägige
Emissionen
(Phasen A bis B2)
Landschaft/Erholung Reduktion des Erholungswertes der Landschaft (Umgebung)
Klima/Luft Beeinträchtigung der Luftqualität
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Beeinträchtigung von Lebensräumen durch Immissionen
Mensch Reduktion des Wohnwertes
Reduktion des Erholungswertes
Staubemissionen
(Phasen A bis B2)
Boden Beeinträchtigung des Bodens durch Staubemissionen
Landschaft/Erholung Reduktion des Erholungswertes der Landschaft (Umgebung)
Klima/Luft Beeinträchtigung der Luftqualität
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Beeinträchtigung von Lebensräumen durch Immissionen
Mensch Reduktion des Wohnwertes
Reduktion des Erholungswertes
flüssige Abfälle zur
Entsorgung
(Phasen B2 bis C)
Boden Potenzielle Schädigung des Bodens bei Deponierung
Wasser Potenzielle Schädigung des Oberflächen-/Grundwassers bei
Einleitung/Injektion
feste Abfälle zur
Entsorgung
(Phasen A bis B2, D)
Boden Potenzielle Schädigung des Bodens bei Entsorgung
Wasser Potenzielle Schädigung des Oberflächen-/Grundwassers bei
Einleitung/Injektion
Entsorgung von NORM
(Phasen B1-C)
Boden Potenzielle Kontamination bei nicht-sachgerechtem Umgang mit
Wasser NORM (§§ 97 bis 102 i. V. m. Anlage XII StrlSchV)
Stoffeinträge in den
Untergrund
(Phasen A bis B2, Szenario
B auch Phase C)
Boden Potenzielle Schädigung des Bodens bei Unfällen
Wasser Potenzielle Schädigung des Oberflächen-/Grundwassers bei
Unfällen
Änderungen Wasserhaushalt
(Phasen B2-D)
Wasser Änderung der Grundwasser-/Oberflächenwasserstände
Änderung der Dynamik der Wasserstände im Jahresverlauf
Unterbindung des Austauschs zwischen Wasservorkommen
Boden Änderung des Wassergehalts im Boden
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Beeinträchtigung grundwasserbeeinflusster Ökosysteme
Stoffemissionen aus
dem Untergrund
(Phasen B1 bis D)
Wasser Kontamination von oberflächennahem Grundwasser mit
Lagerstättenwasser oder Gasen
Potenziell: Eintrag von Frack-Fluiden in oberflächennahes
Grundwasser bei Vorliegen von Wegsamkeiten
Boden Kontamination von Boden mit Lagerstättenwasser oder Gasen
Potenziell: Eintrag von Frack-Fluiden in Böden bei Vorliegen von
Wegigkeiten
Mensch Reduktion des Wohnwertes sowie des Erholungswertes
Klima Freisetzung von klimaschädlichen Gasen
Pflanzen/Tiere/biol. Vielfalt Beeinträchtigungen von Lebensräumen und Individuen
Abb. 7-6: Mögliche Umweltauswirkungen durch stoffliche Einwirkungen
33
Flüssige Abfälle zur Entsorgung
Zu den maßgeblichen flüssigen Abfällen zur Entsorgung
gehören Bohrflüssigkeiten, Flowback und
die langfristig anfallenden Formationswässer. Diese
müssen fachgerecht entsorgt werden. Bei bestimmungsgemäßem
Betrieb sind keine Auswirkungen
durch den Transport über Rohrleitungen oder Lkw zu
besorgen. PET-Rohrleitungen sind für den Transport
von BTEX-haltigen (Lagerstätten-)Fluiden nicht geeignet.
In NRW kommen nur Stahlverrohrungen für
den Transport von Lagerstättenwasser zum Einsatz.
Von den Betreibern wird für die Entsorgung dieser
Abfälle die Nutzung von Disposalbohrungen geplant.
Es liegen jedoch bislang keine belastbaren Aussagen
zu möglichen Injektionsorten und Zielteufen vor (s.a.
Kap. 8).
Feste Abfälle zur Entsorgung
Die im Rahmen der Bohr- und Ausbauvorgänge zu
entsorgenden festen Abfälle sind sehr vielfältig.
Die im Rahmen dieses Gutachtens zu berücksichtigenden
spezifischen festen Abfälle zur Entsorgung
umfassen im Wesentlichen Bohrgestänge, Rohrtouren
sowie das Bohrklein (Cuttings). Die anfallenden
Mengen sind generisch nicht eingrenzbar, da diese
maßgeblich von dem Verlauf der Bohrung und dabei
auftretenden Störungen abhängen (Zerstörung des
Bohrgestänges, Beschädigung einer Rohrtour, Materialfehler
etc.).
Basierend auf den 10 %-Flächenszenarien (s.o.) können
die zu entsorgenden Bohrklein-Volumina (Cuttings)
mit rd. 350.000 bis 400.000 m³ abgeschätzt
werden. Auswirkungen durch die Entsorgung (Deponierung)
der Cuttings müssen in Zusammenhang
mit der gewählten/möglichen Entsorgungsart evaluiert
werden.
Entsorgung von NORM
Die Entsorgung von NORM-Rückständen aus der
Erdöl-/Erdgasindustrie ist generell in der Strahlenschutzverordnung
(StrlSchV) geregelt.
Stoffeinträge in den Untergrund
Stoffeinträge in den Untergrund erfolgen planmäßig
im Rahmen der Bohrung, des Ausbaus der Bohrung
sowie während der Stimulation der Lagerstätte (Fracking).
Zudem werden im Rahmen des Rückbaus
und der Versiegelung der Bohrungen Zement und
Schutzflüssigkeiten planmäßig in die Bohrung eingebracht.
Nähere Angaben zu den beim Fracking
eingesetzten Stoffen sind in Kapitel 6 enthalten.
Änderung des Wasserhaushalts
Die Änderungen im Wasserhaushalt ergeben sich
maßgeblich durch die für die Bohrvorgänge sowie
Frack-Vorgänge nötigen Wasservolumina sowie
durch die Förderung des Flowback und Formationswassers
in den Phasen A bis C gemäß Abbildung 1-4.
Das tatsächliche Verhältnis zwischen in die Formation
injizierten und daraus während der Förderung
entnommenen Volumina ist standortbezogen zu
betrachten. Aus den vorliegenden Literaturwerten
kann geschlossen werden, dass insbesondere in
Schiefergas-Lagerstätten ein Teil der eingebrachten
Volumina unter Tage verbleibt. Beim Kohleflözgas
hingegen ist nach den vorliegenden Literaturwerten
aufgrund des wesentlich höheren Wasseranteils in
der Zielformation damit zu rechnen, dass die Gesamtmenge
der entnommenen Fluide größer ist als
die eingebrachte Menge. Temporär kann es dadurch
– ähnlich wie bei einem Entnahmebrunnen – zur
Ausbildung einer Potenzialsenke kommen, bei der
alle Strömungen im Auswirkungsbereich auf die Potenzialsenke
gerichtet sind. Genauere Analysen sind
hier nur mit Hilfe numerischer Modellierungen möglich.
Stoffemissionen aus dem Untergrund
Die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß von Stoffemissionen
aus dem Untergrund ist von unterschiedlichen
technischen und standortbezogenen
Faktoren abhängig und wird im Kapitel Umweltrisiken
(Kap. 8) näher betrachtet.
34
Zwischenfazit
Umweltauswirkungen
Sachverhalt / Bewertung: Die Analyse der
maßgeblichen direkten Umweltauswirkungen
zeigt, dass für fast alle Einwirkungen und
Emissionen technische Regeln, Verordnungen
oder Gesetze existieren, die Vorgaben für
Art und Höhe der zulässigen Emissionen machen.
Es zeigt sich auch, dass nur mit einer
standortbezogenen Analyse die tatsächliche
Höhe der Einwirkung bewertet werden kann,
da diese Bewertung in Abhängigkeit der betroffenen
Schutzgüter erfolgen muss.
Darüber hinaus gilt es festzuhalten, dass die
rein standortbezogene Betrachtung nicht für
alle Fragestellungen ausreichend erscheint.
Insbesondere in Bezug auf den Wasserhaushalt
müssen Szenarien erarbeitet werden,
die die Auswirkungen einer großflächigen
Erschließung von Schiefergas- oder Kohleflözgas-
Lagerstätten abbilden.
Informations- und Wissensdefizite: Der
auf Mengen- und Volumenbilanzierung ausgerichtete
Szenarioansatz, der in diesem
Gutachten für die 10 %-Flächenszenarien
gewählt worden ist, ist ein reines Gedankenexperiment
und muss bei Konkretisierung
der Gewinnungsstrategien entsprechend
überarbeitet und angepasst werden.
In Bezug auf die Situation in NRW ist die Art
der Entsorgung der Lagerstättenwässer und
des Flowbacks noch völlig ungeklärt. Hier
fehlen noch konkrete Konzepte der Betreiber,
wie mit diesen Stoffen verfahren werden soll.
Handlungsbedarf: Es gilt zu prüfen, inwieweit
die bestehenden technischen Regelungen in
Bezug auf die direkten Umweltauswirkungen
ausreichend und vollständig sind. Vorschläge
und Erläuterungen hierzu und zu möglichen
Bewertungs- und Genehmigungskriterien folgen
in Kapitel 11.
In Bezug auf die Bohrplatzgestaltung sollte
eine Durchsicht und Überarbeitung des derzeitigen
WEG-Leitfadens stattfinden. Dabei
sollte geprüft werden, ob die dort vorgeschlagenen
Maßnahmen auch für künftige Cluster-
Bohrplätze den Schutz des Trink- und Grundwassers
sicherstellen.
Aus Sicht der Gutachter müssen für die Entsorgung
des Lagerstättenwassers und des
Flowback schlüssige Konzepte vorgelegt und
im Vorfeld diskutiert werden.
» siehe Langfassung Kap. 8
.
35
8 Umweltrisiken
Einleitung/
Untersuchungsansatz
Die direkten Umweltauswirkungen können, wie in
Kapitel 7 beschrieben, aus der Dimension eines Vorhabens
abgeleitet werden. Bei indirekten Umweltauswirkungen
sind das Eintreten und das Ausmaß
der Auswirkungen von bestimmten Randbedingungen
abhängig und können somit nicht unmittelbar
aus der Dimension des Vorhabens abgeleitet werden.
In diesen Fällen können nur Umweltrisiken benannt
werden, die im Rahmen einer Risikoanalyse zu
ermitteln und dann zu bewerten sind. In der nachfolgenden
Risikoanalyse liegt das Hauptaugenmerk
auf den Faktoren Medium (Geosystem), Maschinen
(Technik) und Material (Fluide und Flowback).
Die Ermittlung der Umweltrisiken ist im vorliegenden
Fall der Erdgasgewinnung aus unkonventionellen Lagerstätten
– vor allem aufgrund der noch unvollständigen
Datenlage – schwierig. Zum einen liegen wesentliche
Grundlageninformationen insbesondere
zur Geologie und Hydrogeologie nicht vor. Erfahrungen
liegen in Deutschland aus der Tight Gas-Gewinnung
vor; die Erfahrungen mit Fracking-Maßnahmen
in Schiefergas- und Kohleflözgas-Lagerstätten beschränken
sich aber bislang auf zwei dokumentierte
Erkundungsbohrungen. Für die durchzuführenden
(standortspezifischen) Risikoanalysen für Vorhaben
der Erkundung und Gewinnung unkonventioneller
Erdgas-Vorkommen wird eine Kombination der verschiedenen
Methoden zur Risikoanalyse vorgeschlagen
(Abb. 8-1), die im folgenden erläutert wird.
Die Risiken, die mit der Erkundung und Gewinnung
von unkonventionellen Erdgas-Vorkommen für den
Naturhaushalt und die öffentliche Trinkwasserversorgung
verbunden sein können, ergeben sich aus
der Relevanz von Wirkungspfaden (Eingriffsintensität)
und dem Gefährdungspotenzial der Stoffe
(Frack-Fluide, Formationswässer und Flowback).
Die Relevanz der Wirkungspfade hängt ab von einer
ausreichenden Durchlässigkeit und einer Potenzialdifferenz,
die eine Strömung von Frack-Fluiden,
Formationswässern und/oder Gasen in die oberflächennahen
Wasserkreisläufe ermöglicht. Die
Gefährdungspotenziale der Stoffe werden anhand
geeigneter Bewertungsmethoden insbesondere im
Hinblick auf den Menschen bei Aufnahme über das
Trinkwasser und auf die in der aquatischen Umwelt
lebenden Organismen bewertet.
Das Risiko kann durch Verknüpfung der o.g. Faktoren
(s. Abb. 8-1) für einzelne Geosysteme und Standorte
in einem ersten Ansatz qualitativ abgeschätzt
werden.
Abb. 8-1: Struktur der Risikoanalyse
zur Beurteilung der
Erdgasgewinnung aus unkonventionellen
Lagerstätten
36
Wirkungspfade /
Eingriffsintensität
Im vorliegenden Gutachten wird zwischen technischen
Wirkungspfaden (z.B. Versagen der Rohrtouren)
und geologischen Wirkungspfaden (z.B.
Störungen) unterschieden. Im Rahmen der Risikobetrachtung
werden die technischen Pfade und die
geologischen Pfade in den einzelnen Pfadgruppen
miteinander verknüpft. Ziel ist es, die Relevanz der
Wirkungspfade abzuleiten.
Geologische Pfade können teilweise erst dann „aktiviert“
werden, wenn ein technischer Pfad (z.B. durch
Versagen der Zementation oder hydraulischen Anschluss
von Altbohrungen und Störungen) relevant
ist. Eine Übersicht der betrachteten Wirkungspfade
– auf die im Nachfolgenden Bezug genommen
wird – zeigt die Abbildung 8-3. Für alle dargestellten
Wirkungspfade sind darüber hinaus Summen- und
Langzeitwirkungen zu betrachten.
Technische Wirkungspfade
Im Rahmen der Bearbeitung dieses Abschnitts haben
wir uns mit den frei verfügbaren Daten, die es
z.B. zum Thema Bohrlochintegrität, Blowout etc.
gibt, beschäftigt. Unsere Fragestellung war, ob diese
Daten in irgendeiner Weise Aussagekraft für NRW
haben können. Wir haben festgestellt, dass die derzeit
frei verfügbaren Daten nicht unmittelbar auf die
hier zu bearbeitende Thematik der „unkonventionellen
Erdgas-Vorkommen in NRW“ übertragbar sind.
Dies bedeutet, dass die statistischen Werte weder
eine Unter- noch eine Obergrenze für die Verhältnisse
in NRW darstellen. Wir haben ebenso festgestellt,
dass solche Daten, wenn sie denn auf die Verhältnisse
passen, durchaus für die Bewertung von Umweltrisiken
von Interesse sein können.
Abb. 8-3: Schematische Darstellung potenzieller Wirkungspfade
Abb. 8-2: Bewertung der Eingriffsintensität
37
Technische Wirkungspfade betreffen in erster Linie
mögliche (Schad-)Stoffeinträge an der Erdoberfläche
(Pfadgruppe 0) sowie die technischen Komponenten
der Bohrung (Pfadgruppe 1). Im Hinblick auf
die Pfadgruppen 1 bis 3 ist weiterhin die Ausdehnung
der Fracks, deren Überwachung und Steuerung als
technische Komponente von Bedeutung.
Pfadgruppe 0
Die Pfadgruppe 0 beschreibt (Schad-)Stoffeinträge
unmittelbar an der Erdoberfläche, insbesondere
beim Umgang mit den Frack-Fluiden (Frack-Vorgang,
Transport, Lagerung, etc.) und bei der Entsorgung
des Flowback (ohne Disposal, s.u.). An der Oberfläche
auf einem Bohrplatz befinden sich im Laufe des
Lebenszyklus (Phase A bis D) teilweise unterschiedliche
Betriebsanlagen und Betriebsmittel, die sich
grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilen lassen:
• Anlagen und Prozesse, die direkt mit der Bohrung
in Verbindung stehen (Bohrungsanlagen) und
• Anlagen und Prozesse, die nicht oder nur indirekt
(über andere Anlagen) mit der Bohrung in Verbindung
stehen (sonstige Anlagen und Prozesse).
Der für die Pfadgruppe 0 betrachtete Versagensfall
von Bohrungsanlagen ist der unkontrollierte Ausbruch
von Fluiden und/oder Gasen (Blowout). Die
frei verfügbaren Daten zu Blowouts (aus Offshore-
Bohrungen etc.), die von uns ausgewertet wurden,
zeigen, dass entlang des Lebenszyklus (Phasen A bis
D) für einen einzelnen Bohrplatz zunächst die Größenordnung
für die Wahrscheinlichkeit von Blowout-
Ereignissen statistisch gesehen bei Werten zwischen
10-3 bis 10-4 angesiedelt werden kann. Aus den bisherigen
geologischen Erkenntnissen lässt sich nicht
schließen, dass die Zielformationen in NRW Drücke
oder Temperaturen aufweisen werden, die vergleichbar
mit denen in konventionellen Offshore-Erdöl-/
Erdgas-Lagerstätten sind. Dies kann jedoch nur
durch gezielte Erkundungsmaßnahmen verifiziert
werden.
Für die sonstigen Anlagen und Prozesse wurden im
Rahmen des Gutachtens für die Pfadgruppe 0 der
Transport wassergefährdender Stoffe per Lkw sowie
der Transport wassergefährdender Stoffe per
Rohrleitung betrachtet. In diesem Zusammenhang
wurden auf Basis frei verfügbarer Daten Unfallhäufigkeiten
und Versagenswahrscheinlichkeiten statistisch
ausgewertet. Ergebnis dieser statistischen
Betrachtungen ist – bezogen auf die 10 %-Flächenszenarien
–, dass mit rund 99 %iger Wahrscheinlichkeit
höchstens 14 Lkw-Unfälle in Szenario A und 17
Lkw-Unfälle in Szenario B in den 48 angenommenen
Produktionsjahren auftreten und bei insgesamt fast
6.000 km Rohrleitung mit maximal 16 Versagensfällen
bei Erdgas-Rohrleitungen und ca. 70 Versagensflällen
bei Lagerstättenwasser-Rohrleitungen
gerechnet werden kann.
Pfadgruppe 1: Bohrungen
Aus technischer Sicht sind in der Pfadgruppe 1 der
Austritt von Frack-Fluiden durch Versagen der Rohrtouren
und der Zementation während des Frack-
Vorgangs (Phase B sowie in Szenario B zusätzlich in
Phase C) sowie das Versagen der Zementation (z.B.
durch einen unsachgemäßen Ausbau, Korrosionsprozesse
etc.) und ein dadurch ermöglichter Aufstieg
von Fluiden und Gasen zu betrachten.
Nach Auswertung der vorliegenden Daten ist statistisch
gesehen für das angenommene Gewinnungsszenario
für NRW (10 %-Flächenszenarien) nicht mit
einem Versagen der genannten technischen Komponenten
der Pfadgruppe 1 während der Stimulationsprozesse
zu rechnen. Bei der Langzeitbetrachtung
muss jedoch mit einem Versagen der Barrieren
nach einigen Hundert Jahren gerechnet werden. Die
gemachten Angaben sind jedoch mit großen Unsicherheiten
behaftet und müssen durch gezielte
Untersuchungen verifiziert werden, da sie teilweise
nur auf Analogieschlüssen durch Vergleich mit Injektionsbohrungen
oder durch Auswertung von Untersuchungen
an Offshore-Bohrungen basieren.
Ausdehnung des Fracks
Risiken beim Frack-Vorgang sind insbesondere in
Bezug auf die Kontrolle und Steuerung der tatsächlichen
Risseigenschaften (Höhe, Halblänge, Richtung)
zu sehen. Aus wenigen vorliegenden Fallbeispielen
zu ungeplanten Rissausbreitungen kann derzeit nur
abgeleitet werden, dass ungeplante Rissausbreitungen
möglich sind. Die gemessenen Risse erreichten
– für die veröffentlichten Beispiele – mit einer
Wahrscheinlichkeit von ca. 1 % (ungeplante) vertikale
Risshöhen von über 350 m. In einem Fall ist auch
eine Risshöhe von über 580 m gemessen worden.
Geologische Wirkungspfade
Bei den geologischen Pfaden, d.h. Pfaden, bei denen
die Faktoren Durchlässigkeit und/oder Potenzialdifferenzen
des Geosystems eine entscheidende
Rolle spielen, werden Bohrungen und Altbohrungen
(Pfadgruppe 1), Störungen (Pfadgruppe 2) und die
Verlagerung von Fluiden und Gasen innerhalb geologischer
Formationen ohne besondere Wegsamkeiten
(Pfadgruppe 3) differenziert. Weiterhin werden
die Entsorgungsmöglichkeiten des Flowback und die
Summen- und Langzeitwirkungen betrachtet.
Für die einzelnen Geosysteme muss eine weitere,
systembezogene Aufgliederung der Wirkungspfa38
de erfolgen. Da in diesem Bearbeitungsschritt des
Gutachtens keine numerischen Modelle eingesetzt
wurden, lässt sich die Relevanz der Geopfade nur abschätzen
bzw. es können Hinweise gegeben werden,
welche Fragestellungen bei den einzelnen Pfadgruppen
zu betrachten sind.
Durch das Versagen der technischen Systeme kann
es zu Strömungsvorgängen über die Pfadgruppen 1
bis 3 kommen, wenn die entsprechenden Durchlässigkeiten
und/oder Potenzialdifferenzen im Geosystem
vorhanden sind. Eine Analyse und Bewertung
der Potenzialverteilungen während der Gewinnungsund
Nachsorgephase (Phasen C und D) sowie ihrer
räumlichen und zeitlichen Entwicklung ist nur mit
numerischen Grundwassermodellen möglich. Hierzu
zählt auch die Fragestellung, inwieweit es in der
Gewinnungsphase zur Ausbildung einer Potenzialsenke
kommen kann, bei der alle Strömungen auf
den Förderbetrieb hin gerichtet sind.
Pfadgruppe 1: Bohrungen
Die Pfadgruppe 1 beschreibt potenzielle (Schad-)
Stoffaufstiege und -ausbreitungen entlang von Bohrungen,
also künstlichen Wegsamkeiten im Untergrund.
Zu unterscheiden sind:
• Aufstieg in/an der Erkundungs- oder Produktionsbohrung
aufgrund von teilweisem/vollständigem
Versagen der Zementierungen oder ungenügender
Abdichtung gegenüber dem durchteuften
Gesteinskörper in den Phasen A, B1, B2 und C.
• Aufstieg in/an Altbohrungen aufgrund ungenügender
oder mittlerweile nicht mehr intakter
Bohrlochabdichtung in der Phase D.
• Ungewollter Direkteintrag in den Untergrund
durch Versagen des Casings beim Frack-Vorgang
(oberflächennah und in größerer Tiefe).
Pfadgruppe 2: Störungen
Die Pfadgruppe 2 beinhaltet alle Wirkungspfade entlang
von geologischen Störungen. Hinsichtlich ihrer
Relevanz für die Risikoanalyse ist zu unterscheiden
zwischen
• tiefgreifenden Störungen/Störungszonen, die
durchgängig aus dem Bereich der Lagerstätte
bis in die (oberflächennahen) nutzbaren Grundwasservorkommen
reichen und eine entsprechende
Durchlässigkeit aufweisen und
• Störungen/Störungszonen, die nur Teilstrecken
zwischen der Lagerstätte und den (oberflächennahen)
nutzbaren Grundwasservorkommen
durchschlagen und eine entsprechende Durchlässigkeit
aufweisen.
Das Wissen über die Existenz und die Durchlässigkeit
dieser Störungen ist in den einzelnen Geosystemen
unterschiedlich, aber in keinem Geosystem
vollständig. Über eine 3D-Seismik sind Störungen
erkennbar.
Pfadgruppe 3: Geologische Formationen ohne
besondere Wegsamkeiten
Die Pfadgruppe 3 beinhaltet flächenhafte Aufstiege
von Gasen und Fluiden bzw. deren laterale Ausbreitung
durch die geologischen Schichten, ohne
bevorzugte Wegsamkeiten. Die Wirkungspfade der
Pfadgruppe 3 hängen somit im Wesentlichen von
den Durchlässigkeiten und der Potenzialverteilung
der Gesteinsschichten ab. In Pfadgruppe 3 werden
folgende Wirkungspfade unterschieden:
• Direkteintrag von Frack-Fluiden in den Untergrund,
• (diffuser) Aufstieg von Gasen und Frack-Fluiden
durch die überlagernden Schichten und
• (diffuse) laterale Ausbreitung von Gasen und
Frack-Fluiden.
Noch weit mehr als in den anderen Pfadgruppen ist
in der Pfadgruppe 3 eine Kombination der Wirkungspfade
möglich.
Summen- und Langzeitwirkungen
Die Wirkungspfade sind im Hinblick auf eine potenzielle
Gefährdung des Grundwassers durch Fracking
sowohl singulär als auch in Kombination bzw. in ihrer
summarischen Wirkung zu betrachten. Da viele
Fließvorgänge im tiefen Untergrund sehr langsam
ablaufen, sind – auch im Zusammenhang mit den
Summenwirkungen – die Langzeitwirkungen abzuschätzen.
Hierbei sind die geologischen und hydrogeologischen
Eigenschaften des jeweiligen Geosystems
zu berücksichtigen.
Auswirkungen auf das hydrogeologische Gesamtsystem
sind in erster Linie langfristige Veränderungen,
die voraussichtlich erst nach Jahren/Jahrzehnten
zu signifikanten Auswirkungen führen (z.B. Auswirkungen
von intensivem großflächigem Fracking). Für
eine solche Bewertung ist derzeit in keinem Geosystem
eine ausreichende Datenbasis vorhanden.
Entsorgung des Flowback über Disposalbohrungen
Von den Betreibern wird die Möglichkeit der Verpressung
des Flowback über Disposalbohrungen derzeit
als wichtige Randbedingung für die (wirtschaftliche)
Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten
angesehen. Nach unserem derzeitigen
Kenntnisstand liegen für NRW keine Angaben der
Betreiber vor, wo Flowback verpresst werden soll.
Aus Sicht des Gutachterkonsortiums sind mit der
Entsorgung des Flowback durch Verpressung in den
Untergrund Risiken verbunden, so dass es in jedem
Fall für die Verpressung in den Untergrund aus unserer
Sicht einer standortspezifischen Risikoanalyse
und eines Monitorings bedarf.
39
Sachverhalt / Bewertung: Für die Bewertung
der Relevanz der einzelnen Wirkungspfade und
ihrer Aussagesicherheit fehlt es derzeit an einer
belastbaren und aussagekräftigen Datengrundlage.
Allgemein ist festzuhalten, dass die technischen
Wirkungspfade in den Betriebsphasen B1 und
B2 relevanter sind als in den Betriebsphasen C
und D. Demgegenüber sind die geologischen Wirkungspfade
– bei entsprechenden hydraulischen
Voraussetzungen – eher in den Betriebsphasen
C und D von Bedeutung.
Für die technischen Wirkungspfade liegen z.T.
statistische Daten aus der allgemeinen Kohlenwasserstoffexploration
vor, die jedoch nicht zur
Ableitung von Eintrittswahrscheinlichkeiten im
vorliegenden Fall geeignet sind.
Die geologischen Wirkungspfade müssen in den
Betriebsphasen B1 und B2 durch das Versagen
der technischen Komponenten „aktiviert“ werden,
z.B. wenn es zu einem Casing- oder Zementationsversagen
kommt. Eine andere Möglichkeit
ist, wenn ein Frack unmittelbar bis in eine
durchlässige Störung oder Altbohrung reicht.
Für die Phasen C und D ist eine Bewertung der
Relevanz der geologischen Wirkungspfade nur
möglich, wenn ausreichende Informationen über
das geologische und hydrogeologische System
(inkl. tieferer Untergrund) vorliegen. Entscheidend
sind hier belastbare standortspezifische
Erkenntnisse zu Durchlässigkeiten und Potenzialunterschieden.
Informations- und Wissensdefizit: Bei den technischen
Pfaden bestehen v.a. Defizite hinsichtlich
der Langzeitintegrität der Bohrungen und es
ist unklar, inwieweit die bisherigen Erfahrungen
aus der langjährigen Kohlenwasserstoffexploration
auf die Ausbeutung der Erdgas-Vorkommen
aus unkonventionellen Lagerstätten übertragen
werden können.
Bei den Geopfaden bestehen v.a. Defizite hinsichtlich
der Störungen (Pfadgruppe 2) und des
Aufbaus der Geosysteme in Bezug auf Durchlässigkeiten
und Potenzialdifferenzen (Pfadgruppe
3). Die Defizite sind für die einzelnen Geosysteme
sowie standortbezogen unterschiedlich.
Handlungsbedarf: Bei den technischen Pfaden
bedarf es gezielter Erhebungen und Auswertungen
im Hinblick auf Eintritts- und Versagenswahrscheinlichkeiten
in Bezug auf die technischen
Komponenten von Vorhaben zur Gewinnung von
Erdgas aus unkonventionellen Vorkommen.
Bei den Geopfaden sind systemspezifische Datenauswertungen,
Geländeuntersuchungen und
der Aufbau von geeigneten numerischen Regionalmodellen
erforderlich. Die Regionalmodelle
müssen in einer Gewinnungsphase mit Standortmodellen
gekoppelt und fortlaufend miteinander
abgeglichen werden.
In jedem Fall bedarf es für die Verpressung des
Flowback in den Untergrund aus unserer Sicht
einer standortspezifischen Risikoanalyse und eines
Monitorings. Auch eine systematische Aufarbeitung
der Erfahrungen in Niedersachsen könnte
hier helfen, die Risken einzuschätzen.
» siehe Langfassung Kap. 9
Zwischenfazit geologische und technische Wirkungspfade
Stoffe / Gefährdungspotenzial
Bewertungsmethoden
Die Gefährdungspotenziale, die von einer möglichen
Freisetzung der Frack-Fluide, der Formationswässer
und/oder des Flowback auf den Wasserhaushalt –
insbesondere auf das Grundwasser – ausgehen können,
werden für den Menschen bei Aufnahme über
den Trinkwasserpfad und für die in der aquatischen
Umwelt lebenden Organismen bewertet. Auf die Einstufungen
der eingesetzten Stoffe hinsichtlich der
Anforderungen an übertägige Anlagen (Wassergefährdungsklassen)
und an den Arbeitsschutz (Gefahrstoffrecht)
wird in der Langfassung des Gutachtens
eingegangen (s. Abb. 8-4). Abb. 8-4: Bewertung des Gefährdungspotenzials
40
Eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit
ist zu besorgen, wenn im wasserwirtschaftlich
nutzbaren Grundwasser gesetzliche und
untergesetzliche Grenz-, Richt- und Höchstwerte,
insbesondere die Geringfügigkeitsschwellenwerte
der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser
(LAWA 2004) überschritten werden. Diese Geringfügigkeitsschwellenwerte
(GFS)1 berücksichtigen
vorrangig die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung
(TrinkwV) sowie human- und ökotoxikologisch
begründete Wirkschwellen, damit das Grundwasser
überall für den menschlichen Gebrauch als Trinkwasser
nutzbar und als Lebensraum und als Bestandteil
des Naturhaushalts intakt bleibt.
Da für einen Großteil der als Frack-Additive eingesetzten
Stoffe keine Geringfügigkeitsschwellen
oder andere wasserrechtliche Beurteilungswerte
vorliegen, wurden für diese Stoffe aufbauend auf
LAWA (2004) gesundheitliche Leitwerte2 bzw. Orientierungswerte3
und ökotoxikologisch begründete
PNEC-Werte4 recherchiert bzw. in Anlehnung an publizierte
Methoden abgeleitet.
Die Abschätzung der Gefährdungspotenziale der
Fluide erfolgt in einer Einzelstoffbewertung, indem
stoffspezifische Risikoquotienten aus Stoffkonzentration
und Beurteilungswert (GFS, LW, GOW oder
PNEC) berechnet werden:
Beurteilungswert
Risikoquotient = Stoffkonzentration im Fluid
Während bei einem Risikoquotienten < 1 für den
betreffenden Stoff kein Gefährdungspotenzial zu
erwarten ist, ist bei einem Risikoquotienten ≥ 1 ein
humantoxikologisches bzw. ökotoxikologisches Gefährdungspotenzial5
des Fluids bei Eintritt in den
nutzbaren Grundwasserleiter nicht auszuschließen.
Im Rahmen dieses Gutachtens wird exemplarisch
und nicht wissenschaftlich begründet bei einem
Risikoquotienten > 1.000 von einem hohen Gefährdungspotenzial
ausgegangen; der Schwellenwert ist
jedoch im Einzelfall standortspezifisch festzulegen.
Bei Pfadgruppe 0 ist die Stoffkonzentration an der
Grundwasseroberfläche (Sickerwasser), bei Pfadgruppe
1 bis 3 dagegen an der Basis des wasserwirtschaftlich
nutzbaren Grundwasserleiters zu
bewerten (Abb. 8-3). Eine Abschätzung dieser Stoffkonzentrationen
kann nur standortspezifisch für
mögliche Austrags- und Expositionsszenarien unter
Verwendung geeigneter Modell- und Bewertungsansätze
erfolgen, die alle relevanten hydraulischen und
geochemischen Transport-, Mischungs-, Abbau- und
Reaktionsprozesse entlang der Fließpfade im Untergrund
abbilden. Gegenwärtig stehen derartige
Modelle in der geforderten Detailschärfe nicht zur
Verfügung.
Solange derartige Modelle fehlen, wird die Bewertung
der Gefährdungspotenziale anhand der Stoffkonzentrationen
im (unverdünnten) Frack-Fluid bzw.
Formationswasser vorgenommen. Mit dieser Vorgehensweise
werden mögliche Verdünnungseffekte
der Stoffe bei einer Freisetzung in die Umwelt aus
folgenden Gründen nicht berücksichtigt:
1. Auf Fließpfad 0 sind nur geringe Verdünnungseffekte
zu erwarten.
2. Auf den Fließpfaden 1 bis 3 durch das Deckgebirge
erfolgt – bei einer Aktivierung durch die
Eingriffe – eine Mischung und Reaktion in erster
Linie mit salinaren Tiefengrundwässern, die ihrerseits
hohe Gefährdungspotenziale aufweisen
können. Mit einer wesentlichen Verringerung
der Gefährdungspotenziale durch Verdünnung
ist erst mit Erreichen von Süßwasservorkommen
zu rechnen; dann ist aber bereits eine
Kontamination nutzbarer Wasserressourcen zu
besorgen.
Das Gefährdungspotenzial möglicher in den nutzbaren
Grundwasserleiter eintretender Fluide wird
deswegen anhand einer Bewertung der beiden Endglieder
der Mischungsreihe (Frack-Fluid und lagerstättenspezifische
Formationswässer) abgeschätzt.
Mögliche Transformations- und Abbaureaktionen
sowie Sorptions- und Lösungsprozesse entlang der
1 Die Geringfügigkeitsschwelle ist die Stoffkonzentration, bei der trotz der Erhöhung im Grundwasser gegenüber
regionalen Hintergrundwerten keine relevanten ökotoxikologischen Wirkungen auftreten können und die Anforderungen
der Trinkwasserverordnung oder entsprechend abgeleiteter Werte eingehalten werden (LAWA 2004).
2 Der gesundheitliche Leitwert (LW) ist die lebenslang gesundheitlich duldbare Höchstkonzentration eines Stoffes
im Trinkwasser.
3 Der gesundheitliche Orientierungswert (GOW) ist ein Vorsorgewert für humantoxikologisch nicht oder nur teilweise
bewertbare Stoffe (UBA 2003).
4 Der PNEC-Wert (Predicted No Effect Concentration) ist die höchste Stoffkonzentration, bei der keine Wirkung auf
Organismen eines aquatischen Ökosystems zu erwarten ist (EC TGD 2003).
5 Unter humantoxikologischem Gefährdungspotenzial werden auch Überschreitungen der Geringfügigkeitsschwellenwerte
für Biozidprodukte verstanden, die in der TrinkwV nicht humantoxikologisch begründet sind.
41
Fließpfade können wegen akuter Wissensdefizite
bei der Bewertung gegenwärtig nicht berücksichtigt
werden. In der Langfassung des Gutachtens wird
aber – soweit bekannt – auf die physikalisch-chemischen
Eigenschaften der Stoffe, ihre Abbaubarkeit
und ihre Abbauprodukte hingewiesen.
Im Folgenden werden die Gefährdungspotenziale
der zwei einzigen bislang in Schiefergas- und Kohleflözgas-
Lagerstätten eingesetzten Fluide (Damme 3
bzw. Natarp) sowie zwei von einem Betreiber als potenziell
einsetzbare neue/geplante Weiterentwicklungen
bewertet.
Gefährdungspotenzial des Frack-Fluids
Damme 3 (Schiefergas-Lagerstätte)
Bei dem 2008 eingesetzten Fluid kamen Additivkonzentrationen
zum Einsatz, die relevante Beurteilungswerte
um teilweise 4 bis 6 Größenordnungen
überschreiten (Risikoquotienten 2.200 bis > 106,
siehe Abb. 8-5). Besonders die Datenlage zur Bewertung
des Tonstabilisators und zum Abbauverhalten
des Biozids unter Lagerstättenbedingungen ist als
mangelhaft zu bewerten. Beim Abbau des Netzmittels
ist mit der Bildung des hormonell wirkenden
Stoffs Octylphenol zu rechnen. Aufgrund der Risikoquotienten
und fehlender Daten zum Abbauverhalten
muss von einem hohen Gefährdungspotenzial
dieses Fluids ausgegangen werden.
Gefährdungspotenzial des Frack-Fluids
Natarp (Kohleflözgas-Lagerstätte)
Bei dem 1995 eingesetzten Fluid wurden Additive in
Konzentrationen eingesetzt, die die Beurteilungswerte
teilweise um 2 bis 4 Größenordnungen überschreiten
(Risikoquotienten < 1 bis 21.200), so dass
das Frack-Fluid mit einem mittleren bis hohen Gefährdungspotenzial
zu bewerten ist.
Gefährdungspotenzial der geplanten
Weiterentwicklungen
Die Bewertung der geplanten Weiterentwicklungen
im Vergleich zum Frack-Fluid Damme 3 (Abb. 8-5)
zeigt, dass es gelungen ist, mehrere Additive durch
Stoffe mit niedrigerem Gefährdungspotenzial zu
ersetzen. Das verbleibende Gefährdungspotenzial
wird im Wesentlichen durch den Einsatz eines Formaldehyd-
abspaltenden Biozids bestimmt. Aufgrund
der geplanten hohen Einsatzkonzentration und der
mangelhaften (öffentlich zugänglichen) Datenlage
zu diesem Wirkstoff während des noch laufenden
Prüfverfahrens nach Biozid-Richtlinie 98/8/EG
muss auch für die beiden Weiterentwicklungen von
einem hohen human- und ökotoxikologischen Gefährdungspotenzial
ausgegangen werden.
Die geplante Substitution von drei noch 2008 im
Fluid Damme3 eingesetzten Additiven durch Stoffe
mit niedrigerem Gefährdungspotenzial lässt erkennen,
dass auch in der jüngeren Vergangenheit Stoffe
verwendet wurden, die innerhalb weniger Jahre als
verbesserungsfähig bzw. überholt angesehen werden
müssen.
Frack-Fluid Damme 3 geplante Weiterentwicklung
Einsatzzweck
Additiv gelöste
Konzentration
Risikoquotient Additiv gelöste
Konzentration
Risikoquotient
humantox.
Bewertung
ökotox.
Bewertung
humantox.
Bewertung
ökotox.
Bewertung
Tonstabilisator
Tetramethylammoniumchlorid
520 mg/l 1.733.000 Datenlage
mangelhaft
(> 2.600.000)
Cholinchlorid 750 mg/l < 43 210
Reibungsminderer
Erdöldestillat,
hydrogeniert,
leicht
220 mg/l 2.200 55.000 Butyldiglycol 350 mg/l 40 6.600
Netzmittel Octylphenylether,
ethoxyliert
36 mg/l 120.000 20.000 1-Hexanol,
ethoxyliert
130 mg/l 743 760
Biozid Isothiazolinon-
Derivate
(Kathon®)
4 mg/l 7.520 72.000 Ethylenglycol(
bis)-
hydroxymethylether
1.000 mg/l 10.000.000 Datenlage
mangelhaft
(139.000)
Abb. 8-5: Bewertung der in dem Frack-Fluid Damme 3 und einer geplanten Weiterentwicklung eingesetzten Additivkonzentrationen
anhand human- und ökotoxikologischer Risikoquotienten
42 Handlungsbedarf:
• Bewertung der human- und ökotoxikologischen
Gefährdungspotenziale der eingesetzten
Stoffe und ihres Abbauverhaltens.
Bereitstellung aller hierfür notwendigen physiko-
chemischen und toxikologischen Stoffdaten.
Die Wirkung von Stoffgemischen ist zu
berücksichtigen.
• Substitution besorgniserregender Stoffe, Reduktion
bzw. Ersatz der Biozidwirkstoffe, Reduktion
der Anzahl eingesetzter Additive und
ihrer Einsatzkonzentrationen.
• Technische Aufbereitung und umweltgerechte
Entsorgung des Flowback.
• Standortspezifische Eintrags- und Expositionsszenarien
mit Hilfe hydraulischer und
hydrogeochemischer Modellrechnungen
(Transport-, Sorptions-, Transformations-,
Abbauprozesse).
• Entwicklung von Monitoringstrategien;
• rechtsverbindliche Beurteilungsvorgaben,
z.B. zur Einmischung von Stoffen in das
Grundwasser
» siehe Langfassung Kap. 7 und 9
Gefährdungspotenzial des Flowback
Die Bewertung der vorliegenden Beschaffenheitsdaten
zu Formationswässern und zum Flowback
zeigt, dass relevante Beurteilungswerte für einige
Haupt-, Neben- und Spurenkomponenten zum Teil
um Größenordnungen überschritten werden und
dass relevante Angaben zu Kohlenwasserstoffen,
Schwermetallen und NORM für eine abschließende
Bewertung fehlen. Es ist jedoch abzusehen, dass die
Formationswässer und der Flowback standortspezifisch
erhebliche Gefährdungspotenziale aufweisen
können. Eine umweltgerechte Entsorgung des Flowback
stellt damit eine vordringliche Aufgabe dar.
Zwischenfazit Gefährdungspotenzial Stoffe
Sachverhalt / Bewertung: Die Bewertung der
beiden einzigen bislang in Schiefergas- bzw. Kohleflözgas-
Lagerstätten in Deutschland bislang
eingesetzten Frack-Fluide zeigt, dass diese Fluide
ein hohes bzw. ein mittleres bis hohes humanund
ökotoxikologisches Gefährdungspotenzial
aufweisen.
Die Zusammensetzung zweier weiterentwickelter
Frack-Fluide zeigt die Anstrengungen der
beteiligten Unternehmen, einzelne der in der
Vergangenheit verwendeten Additive durch Stoffe
mit niedrigerem Gefährdungspotenzial zu ersetzen.
Trotz Verbesserungen muss angesichts
der geplanten hohen Einsatzkonzentration eines
Formaldehyd-abspaltenden Biozids und dessen
lückenhafter Bewertungsgrundlage auch für die
beiden genannten weiterentwickelten Fluide derzeit
von einem hohen Gefährdungspotenzial ausgegangen
werden.
Informations- und Wissensdefizit: Die Gutachter
sehen derzeit erhebliche Defizite in der
Bewertung der physikalisch-chemischen und
toxikologischen Eigenschaften der eingesetzten
Frack-Fluide sowie ihres Kurz- und Langzeitverhaltens
in der Umwelt. Über die Einzelstoffe hinaus
bestehen kritische Wissenslücken bei der
Bewertung der Frack-Fluide und Mischfluide als
Ganzes und ihrer Reaktivität unter Lagerstättenbedingungen.
43
Risiko
Zur Ermittlung bzw. Abschätzung des Risikos werden
die Relevanz der Wirkungspfade und das Gefährdungspotenzial
der Stoffe miteinander verknüpft
(Abb. 8-6). Die Relevanz der Wirkungspfade ist auf
der großräumigen Betrachtungsebene des Gutachtens
bzw. aufgrund unzureichender, statistisch auswertbarer
Daten nicht zu bewerten. Hierzu bedarf
es regionaler und standortspezifischer Untersuchungen
(geologische Wirkungspfade) bzw. vorhabensspezifischer
Datenauswertungen (technische
Wirkungspfade). Auf spezifische Besonderheiten in
den Geosystemen, die bei diesen Untersuchungen
zu berücksichtigen sind, wird nachfolgend anhand
von exemplarischen Fallbeispielen hingewiesen. Da
sowohl noch grundlegende Informationen als auch
Werkzeuge (z.B. Grundwassermodelle) fehlen, müssen
die nachfolgenden Ausführungen als erstmalige,
vorläufige Einschätzung verstanden werden.
So lange die Relevanz eines Wirkungspfades nicht
mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden
kann, wird die Höhe des Risikos allein vom
Gefährdungspotenzial der Stoffe bestimmt. Die
Gutachter gehen dabei davon aus, dass eine Vermischung
/ Verdünnung mit Formationswasser keine
Verringerung des Gefährdungspotenzials bedeutet.
Der bergbaubedingte Zufluss von Formationswasser
(mit oder ohne Frack-Fluide) in das oberflächennahe,
nutzbare Grundwasser wird bereits als Schadensfall
angesehen.
In den folgenden Fallbeispielen erfolgt eine erste Einschätzung
der Relevanz der Wirkungspfade. Durch
weitere numerische Modellierungen können diese
Einschätzungen zukünftig konkretisiert werden (vgl.
auch die überschlägigen numerischen Modellierungen
im Exxon Dialogprozess).
Fallbeispiel 1
Zentrales Münsterland
Im Geosystem zentrales Münsterland treten u.a. folgende
Besonderheiten auf, die im Rahmen der Risikoanalyse
zu berücksichtigen sind:
Pfadgruppe 1: Altbohrungen
Im Münsterland wurden im Rahmen der Erkundung
der Steinkohlenvorräte in den 1970er bis 1990er
Jahren ca. 1.000 Bohrungen niedergebracht, die
das Oberkarbon erreicht haben. Diese konzentrieren
sich auf die damaligen Erweiterungsgebiete des
Bergbaus (Nordwanderung). Einige Bohrungen liegen
auch an der Landesgrenze von NRW zu den Niederlanden
und Niedersachsen. Über den damaligen
Verschluss und heutigen Zustand der Bohrlöcher
ist den Gutachtern nichts bekannt. Die ermittelten
Daten aus den Bohrungen liegen allerdings den zuständigen
Behörden (Abt. 6 der BR Arnsberg und GD
NRW) vor.
Sollte sich die derzeitige Einschätzung fehlender
aufsteigender Potenzialdifferenzen im zentralen
Münsterland durch die weiteren auch standortbezogenen
Untersuchungen bestätigen, so könnte der
Pfad „Altbohrungen“ als weniger wahrscheinlich angesehen
werden und das Risiko ergäbe sich vor allem
aus dem Gefährdungspotenzial der Fluide.
Pfadgruppe 2: Störungen
Die Existenz tiefer Störungen, die aus dem oberkarbonischen
Grundgebirge bis in die oberflächennahe
Auflockerungszone und damit das oberflächennahe
Grundwasser gehen, kann nicht ausgeschlossen
werden. Bei entsprechenden Durchlässigkeiten und
Potenzialdifferenzen sind dies potenzielle Aufstiegs-
Abb. 8-6: Bewertung des Risikos
44
wege. Zurzeit gibt es keine Hinweise in Form von
Sole- und/oder Gasaufstiegen auf solchen tiefgreifenden
Störungen im zentralen Münsterland. Den
Störungen innerhalb des Deckgebirges und den Störungen,
die im Deckgebirge enden, wird derzeit eine
geringe Bedeutung beigemessen. Die Störungen
können über eine 3D-Seismik gut lokalisiert werden.
Auch könnten zunächst die vielfach vorhandenen
seismischen Untersuchungen älteren Datums gezielt
und flächendeckend auf Störungen hin ausgewertet
werden.
Pfadgruppe 3: Geologischer Untergrund ohne
besondere Aufstiegswege
Im zentralen Münsterland gibt es eine Reihe von
hydrogeologischen Hinweisen darauf, dass der Emscher
Mergel eine geringe Durchlässigkeit hat. Für
den darunterliegenden Cenoman-Turon-Kalk kann
eine großräumige, laterale Durchlässigkeit nicht
ausgeschlossen werden, auch wenn es darauf zzt.
keine hydrogeologischen Hinweise gibt.
Der lokal verbreitete, ehemalige Strontianitbergbau
zeigt keine Korrelation mit erhöhten Gas- und Mineralwasseraufstiegen.
An vielen Stellen im Münsterland werden erhöhte
Methangehalte in der Bodenluft und im Grundwasser
festgestellt. Die bisherigen Untersuchungen
deuten darauf hin, dass es sich um in der Regel biogenes,
d.h. im Emscher Mergel entstandenes Gas
handelt. In der Bergbauzone (z.B. bei Hamm) sind
auch thermogene Gasaufstiege aus dem Oberkarbon
bekannt. Ein flächendeckendes Methanmonitoring,
das Auskunft über die Konzentration, die Verbreitung
und die Herkunft sowie die Veränderungen
gibt, fehlt bislang.
Vor allem aufgrund der geringen Durchlässigkeiten
(und der wahrscheinlich fehlenden Potenzialdifferenzen)
wird der Pfad 3 außerhalb von Altbohrungen
und Störungen als unwahrscheinlich erachtet.
Fallbeispiel 2
Rheinisches Schiefergebirge
Im Geosystem Rheinisches Schiefergebirge treten
u.a. folgende Besonderheiten auf, die im Rahmen
der Risikoanalyse zu berücksichtigen sind:
Pfadgruppe 1: Bohrungen
Tiefe Bohrungen wie im Münsterland sind im Rheinischen
Schiefergebirge nicht bekannt. Die Existenz
einzelner Bohrungen kann jedoch nicht ausgeschlossen
werden und wäre standortbezogen zu prüfen.
Oberflächennah kann es ehemaligen Erzbergbau geben.
Die Bedeutung wäre standortbezogen zu prüfen.
Pfadgruppe 2: Störungen
Tiefgreifende Störungen treten im gefalteten Schiefergebirge
auf und sind auch teilweise lokalisiert.
Über die Durchlässigkeit gibt es keine Informationen.
Die Existenz von Störungen und ihre Bedeutung wäre
standortbezogen zu prüfen. Dies ist vor allem dort erforderlich,
wo es quartäre Ablagerungen mit Bedeutung
für die lokale Trinkwassergewinnung gibt.
Pfadgruppe 3: Geologischer Untergrund ohne
besondere Aufstiegswege
Über den hydrogeologischen Aufbau des tieferen
Untergrundes gibt es nur vereinzelte Informationen.
Hier steht die Frage im Vordergrund, ob es Grundwasserleiter
gibt und welche Bedeutung Grundwasserfließsysteme
im Verbreitungsgebiet Hangende
Alaunschiefer haben.
Fallbeispiel 3
Bergbauzone Entwässerung Ruhr
Bergbauzone
Unter Bergbauzone wird im Gutachten der Bereich
verstanden, in dem es durch die untertägige Gewinnung
von Steinkohlen großräumig zu einer Auflockerung
des Grundgebirges kam. Näherungsweise kann
die Lippe als Grenze der Bergbauzone nach Norden
zum Münsterland hin gelten. Das den stillgelegten
und aktiven Bergwerken zutretende Grubenwasser
wird gehoben und in die Hauptfließgewässer eingeleitet.
Im Rahmen der Risikoanalyse müssen hier vor
allem die Auswirkungen der Grubenwasserhaltung
auf die Dynamik der tiefen Grundwassersysteme berücksichtigt
werden.
Für die Risikobewertungen ist es erforderlich, die
heutigen und zukünftigen hydraulischen Randbedingungen
(z.B. nach Reduzierung oder Einstellen der
Grubenwasserhaltung) zu unterscheiden.
Abb. 8-7: Schematisches geologisches Profil Geosystem
Bergbauzone
45
Die sich südlich und südwestlich an das Münsterland
anschließende Bergbauzone ist durch den noch
aktiven oder bereits eingestellten Steinkohlenbergbau
und die damit verbundenen Umweltauswirkungen
geprägt. Im Rahmen der Risikoanalyse müssen
hier zusätzlich die Auswirkungen der Grubenwasserhaltung
berücksichtigt werden. Derzeit werden
die den stillgelegten und aktiven Bergwerken zutretenden
Grubenwässer gehoben und in die Ruhr, die
Emscher und die Lippe eingeleitet.
Auch wenn nicht von Fracking-Maßnahmen im bergbaulich
direkt beeinflussten Umfeld auszugehen ist,
so kann ein potenzieller Austrag von Frack-Fluiden
aus entfernteren Bereichen über die Grubenwasserhaltung
nicht ausgeschlossen werden. Sowohl
Altbohrungen als auch tiefreichende Störungen, die
aus dem flözführenden Karbon bis in den oberhalb
folgenden Cenoman-Turon Kalke reichen, können
potenzielle vertikale Aufstiegswege für Frack-Fluide
darstellen.
Solange der Grubenwasserspiegel unterhalb der
Karbonoberfläche gehalten wird, liegt eine auf den
Grubenwassertiefstpunkt ausgerichtete Potenzialdifferenz
vor, entlang derer ein Transport von Frack-
Fluiden in Richtung auf die Grubenwasserhaltungen
erfolgen kann. Eine Zumischung von Frack-Fluiden
zu den gehobenen und in die Fließgewässer eingeleiteten
Grubenwässern ist somit prinzipiell möglich.
Eine belastbare Bewertung dieser Pfadkombination
ist aber ohne Kenntnis relevanter hydrogeologischer
Kenngrößen (u.a. Verteilung, Lage und Durchlässigkeit
von Störungen und Altbohrungen, Durchlässigkeit
des Cenoman-Turon Kalke) nicht möglich.
Unsicherheiten hinsichtlich der Durchlässigkeit der
möglichen tiefen Grundwasserleiter und der sich
daraus ergebenden Auswirkungen auf die derzeitige
und die durch das Fracking überprägte tiefe Grundwasserdynamik
könnten erst mit großräumigen
Grundwasserströmungsmodellen und Stofftransportmodellen
sowie darauf aufsetzenden Sensitivitätsanalysen
reduziert werden.
Ebenso können dann Summenwirkungen unterschiedlicher
Pfadkombinationen berücksichtigt
werden. Erst auf Grundlage dieses quantitativen
Prozessverständnisses wären beispielsweise Aussagen
zu den erforderlichen Mindestabständen von
Fracking-Maßnahmen zur Bergbauzone möglich.
Zwischenfazit Risiko
Sachverhalt / Bewertung: Anhand der vorliegenden
Daten erfolgte eine erste, grundsätzliche
Charakterisierung der Geosysteme.
Auf dieser Grundlage wurden die möglichen
Risiken und die Datendefizite beispielhaft für
einige Geosysteme abgeschätzt und Fragestellungen
für weitere Untersuchungen formuliert.
Falls relevante Störungen und Altbohrungen
im Auswirkungsbereich von Erkundungsbohrungen
liegen, würde dies ein Risiko für
das Geosystem bedeuten. In Bezug auf die
Genehmigungskriterien sind deshalb ausreichende
Abstände zu geplanten Erkundungsbohrungen
zu definieren (s. Kap. 9).
Treten artesische Grundwasserverhältnisse
oder aufsteigende Potenzialdifferenzen bis
in die Auflockerungszone bzw. das oberflächennahe
Grundwasser auf, so stellt dies ein
Risiko dar, weil damit eine wichtige Voraussetzung
für die Aktivierung eines Wirkungspfades
gegeben ist und es z.B. bei Versagen
der Bohrlochintegrität zu einem Aufstieg von
Formationswässern kommen kann.
Informations- und Wissensdefizit: Zur Abschätzung
der Risiken fehlen die Erkundung
der Altbohrungen und der tiefgreifenden
Störungen, insbesondere im Hinblick auf die
Potenzialdifferenzen und Durchlässigkeiten.
Ergebnisse aus entsprechenden Untersuchungen
im Verbund mit weiteren numerischen
Modellierungen (vgl. auch die bereits
vorliegenden überschlägigen numerischen
Modellierungen im Exxon Dialogprozess)
könnten dazu beitragen, diesbezüglich zukünftig
belastbare Aussagen machen zu können.
Handlungsbedarf:
• Auswertung bislang nicht zugänglicher
Unterlagen,
• Felduntersuchungen (3D-Seismik, Bohrungen
ohne Frack),
• Aufstellung von Regionalmodellen,
• ggf. Abgleich mit den Ergebnissen des ExxonDialogprozesses).
» siehe Langfassung Kap. 9
46
Einleitung
Im vorliegenden Kapitel wird auf die Fragen eingegangen,
1. welche Kriterien nach belastbaren naturwissenschaftlichen
Gesichtspunkten entwickelt bzw.
ausgewählt werden müssen, um ggf. zukünftige
Anträge auf Genehmigungen derart beurteilen
und mit entsprechenden Auflagen versehen
zu können, dass mögliche unerwünschte Auswirkungen
gänzlich vermieden oder zumindest
vermindert werden und
2. welche aktiven Begleit- und Beobachtungsmaßnahmen
(Monitoring) notwendig sind, um mögliche
unerwünschte Auswirkungen (frühzeitig)
zu entdecken?
Bei der Beantwortung dieser Fragen haben wir uns
auf die erforderlichen Bewertungs- und Genehmigungskriterien
für die indirekten Umweltauswirkungen
(Umweltrisiken) konzentriert, die wir mit Hilfe
der Risikoanalyse soweit möglich benannt und bewertet
haben (Kap. 8).
Die zur Bewertung der direkten Umweltauswirkungen
(Kap. 7) notwendigen Genehmigungskriterien
sollten ggf. im Zusammenhang mit der Bearbeitung
einer UVP-Verordnung Bergbau überprüft
bzw. ergänzt werden. Hinsichtlich weitergehender
Ausführungen sei auf das vom Umweltbundesamt
in Auftrag gegebene Gutachten (FKZ 3711 23 299)
verwiesen.
Wie ausführlich dargestellt, ist eine abschließende
Risikoanalyse, die zur Ableitung von Bewertungsund
Genehmigungskriterien notwendig wäre, aufgrund
von Informations- und Wissensdefiziten zum
derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich.
Selbst auf der übergeordneten (generischen) Ebene
sind viele vorliegende Informationen noch nicht
ausgewertet bzw. sollten noch identifiziert, z.T. erarbeitet
und ausgewertet werden. Standortspezifische
Informationen fehlen fast vollständig.
Entsprechend halten wir auch die Ableitung von belastbaren
Bewertungs- und Genehmigungskriterien
derzeit für verfrüht. Dazu bedarf es nach unserer
Auffassung noch grundlegender Arbeiten, für die wir
hier Vorschläge unterbreiten.
Wir haben uns dennoch Gedanken dazu gemacht,
welche Struktur ein solcher Katalog mit Bewertungs-
und Genehmigungskriterien haben sollte
und haben, wenn möglich, Hinweise auf die Ausgestaltung
einzelner Kriterien gegeben. Wir verstehen
unsere Arbeit als Grundlage für eine weitere Bearbeitung,
die zweckmäßigerweise im Dialog mit den
verschiedenen Beteiligten ablaufen sollte.
Wir sehen folgende Kernelemente für die Struktur
der Bewertungs- und Genehmigungskriterien:
• Bewertungskriterien: Sie beschreiben und definieren
den zu prüfenden bzw. nachzuweisenden
Sachverhalt.
• Entscheidungskriterien: Sie unterlegen die Entscheidungen
an den sogenannten Entscheidungspunkten,
an denen darüber entschieden
wird, ob und wie in eine nächste Arbeitsphase
eingetreten werden soll (s. Kap. 11).
• Genehmigungskriterien: Sie konkretisieren die
Bewertungskriterien in Form von klaren Vorgaben
für den Antragsteller und sind nachprüfbar
bzw. überwachbar.
• Monitoring-Indikatoren: Sie werden für die Genehmigungskriterien
festgelegt und dienen der
Überwachung und der Steuerung im Verlauf des
Vorhabens.
Wir empfehlen, die Bewertungs- und Genehmigungskriterien
an den Betriebsphasen eines Vorhabens
zu orientieren:
• Erkundung (Phase A),
• Fracken zur Erkundung (Phase B1),
• Fracken zur Gewinnung (Phase B2),
• Gewinnungsphase (Phase C),
• Abschluss/Nachsorge (Phase D) (Abb. 1-4).
Grundlage der Maßnahmen in den Phasen A und B1
ist eine bergrechtlich erteilte Aufsuchungserlaubnis.
Grundlage der Phasen B2 bis D ist eine bergrechtlich
ausgesprochene Bewilligung der Gewinnung.
Unabhängig davon muss für jede Maßnahme eine
Betriebszulassung und eng damit verbunden eine
wasserrechtliche Erlaubnis erteilt werden.
Die hier empfohlenen und weiter zu erarbeitenden
Bewertungs- und Genehmigungskriterien beziehen
sich auf die Betriebszulassung bzw. die wasserrechtliche
Erlaubnis, die nur dann erteilt werden sollten,
wenn die dafür jeweils geregelten Umweltanforderungen
erfüllt sind.
9 Bewertungs- und Genehmigungskriterien
und Monitoring
47
Betriebsphase
System Sachverhalt Bewertungskriterium
(Prüfgegenstand)
notwendige Untersuchung/Instrumente
A - Bohrung zur Erkundung
Geosystem
Systemerkundung mit
relevanten Wirkungspfaden
Darlegung besonderer
standortspezifischer
Risiken, die über eine
normale Tiefbohrung
hinausgehen
Auswertung vorliegender Daten:
Lage Störungen, Lage Altbohrungen,
Grundwasserpotenziale, historische Gasausbrüche.
Ggf. eigene Untersuchungen
zur Bedeutung von Störungen und Altbohrungen
(Ableitung Sicherheitsabstände)
Aufbau konzeptioneller Modelle,
ggf. bereits Aufbau Grundwassermodelle
Technik Wenn zu Phase B1 weiterzuentwickeln:
Dichtigkeit
der Bohrung
Qualität der Zementation verbindliche/anwendbare Kriterien für die
Qualität der eingebrachten Zementation;
Überprüfung von Industriestandards bzw.
EPA-Vorschlag
Wenn zu Phase B1 weiterzuentwickeln:
Langzeitintegrität
der Barrieren
Alterung/langzeitliche
Änderung der Eigenschaften
der Zementation
und der Rohrtouren
Untersuchung der Mutungsbohrungen in
NRW
regelmäßige Prüfung der Dichtigkeit von
abgeworfenen Explorationsbohrungen
Wenn zu Phase B1 weiterzuentwickeln:
Abstand zu
anderen Strukturen an der
Oberfläche
Risikoanalyse, z.B. Ausbreitung
von Gasen bei
Blowout
Erhebung von Grunddaten für Risikoanalyse
spezifisch für NRW
Stoffe Formationswasser Beschaffenheit Beprobung und Analytik
B1 - Fracken zur Erkundung
Geosystem
mögliche Aufstiege von
Fluiden und/oder Gasen
Relevanz der Wirkungspfade
hydrogeologische Systemanalyse, ggf. Modellverfeinerung
und Modellrechnungen
Technik Wie Phase A
Rissausbreitung Fehlerwahrscheinlichkeit
der geplanten
Rissdimensionen sowie
statistisch erwartete
Abweichung von
Rissdimensionen
History-Matching der Modelle: Ableitung
von Irrtumswahrscheinlichkeiten
Stoffe Frack-Additive Stoffinformationen;
Stoffverhalten und
-ausbreitung; Toxizität;
Grundwassergefährdung
Informationsoffenlegung; Datenbereitstellung
u. ggfs. Datenrecherche, Laborversuche,
Modellrechnungen; lokale Massenbilanzierungen;
Stofftransportmodellierung
Flowback Beschaffenheit;
Entsorgung
Beprobung und Analytik; Massenbilanzrechnungen;
Untersuchungen zur Wiederverwendung
bzw. techn. Aufbereitung und
Entsorgung
B2 - Fracken zur Gewinnung
Geosystem
mögliche Aufstiege von
Fluiden und/oder Gasen
Relevanz der
Wirkungspfade
Modellverfeinerung und Modellrechnungen
Summen- und Langzeitwirkungen
(z.B. Beeinträchtigung
Wasserhaushalt)
Relevanz der
Wirkungspfade
Modellverfeinerung und Modellrechnungen
Technik Wie in Phase B1
Großräumige
Erschließungspläne
Auswirkungen der flächenhaften
Erschließung
Rahmenbetriebsplan
Rahmenbetriebspläne angrenzender
Antragsteller
Cluster-Bohrplätze Sicherheit benachbarter
Bohrungen auf Bohrplatz
Risikoanalyse bei parallel durchgeführten
Prozessen an benachbarten Bohrungen auf
einem Bohrplatz
Stoffe Frack-Additive wie B1 zzgl. Summenwirkung
und regionale
Stoffausbreitung
wie B1 zzgl. regionale Massenbilanzierungen
und Stofftransportmodellierung
Flowback wie B1 wie B1 für jeden Gewinnungsstandort; bei
Untergrundverpressung Wasserhaushaltsberechnung,
Strömungs- und Stofftransportmodellierung
Abb. 9-1: Vorschlag für Bewertungskriterien und notwendige Untersuchungsschritte
48
Im Folgenden haben wir uns vor allem auf die Phasen
A und B1 konzentriert und differenzieren hier
zwischen Kriterien für die Themenkomplexe
• Geosystem,
• Technik und
• Stoffe.
Wir erwarten grundlegend neue Erkenntnisse, so
dass wir für die weiteren Phasen B2, C und D derzeit
lediglich einen Ausblick geben können.
Bewertungs- und Genehmigungskriterien
Betriebsphase A
Die Betriebsphase A (Erkundungsbohrung ohne
Frack) unterscheidet sich nicht grundlegend von
gängigen Tiefbohrvorhaben, da keine hydraulische
Stimulation erfolgt und somit entscheidende Risikofaktoren
(z.B. Frack-Fluide, Flowback, Rissausbreitung)
entfallen.
Für Bohrbetriebsmaßnahmen, die laut Arbeitsprogramm
des Antragstellers ausschließlich Phase A
durchlaufen sollen, also nur der Aufsuchung dienen,
und in denen nur gebirgsschonende Lagerstättenuntersuchungen
durchgeführt werden, ergibt sich
aus unserer Sicht keine Notwendigkeit, zusätzliche
neue/ergänzende Kriterien zu den Bestehenden zu
definieren.
Sollte der Antragsteller die Erkundungsbohrungen
zu Phase B1-Betrieben ausbauen wollen (d.h. Test-
Frack und Test-Förderung), sind bereits in dieser
Phase die Anforderungen für Phase B1-Betriebe anzuwenden
(s. u.).
Die Betriebsphase A muss dazu genutzt werden,
die bestehenden Wissens- und Informationsdefizite
insbesondere im Hinblick auf das hydrogeologische
System dahingehend zu verfeinern, dass zum Ende
der Betriebsphase A eine belastbare Bewertung der
Umweltrisiken, die durch den Einsatz der Fracking-
Technologie zu erwarten wären, erfolgen kann.
Insofern sollten im Rahmen der Genehmigungen für
die Betriebsphase A Untersuchungen zu folgenden
Aspekten verbindlich vorgeschrieben werden:
• Lage und hydraulische Funktion von Störungen
und Störungssystemen,
• Lage, Ausbau, Zustand und hydraulische Funktion
von Altbohrungen,
• hydrogeologischer Aufbau (Grundwasserfließsysteme
mit Durchlässigkeiten und Potenzialen)
sowie
• hydrochemische Verhältnisse (insbesondere
auch in der Zielformation).
Folgende Arbeitsschritte/Instrumente werden vorgeschlagen,
die sich je nach Datenlage in den einzelnen
Geosystemen hinsichtlich ihres Umfangs und
ihrer Bearbeitungstiefe unterscheiden können:
1. Durchführung einer hydrogeologischen Systemanalyse,
mit deren Hilfe die Auswirkungen
und Risiken geplanter Vorhaben auf den Wasser-
und Naturhaushalt sowie die öffentliche
Trinkwasserversorgung abgeschätzt werden
können.
2. Hierzu gehört u.a. die Erstellung konzeptioneller
hydrogeologischer Modelle. Das konzeptionelle
Modell muss von seiner Ausdehnung her
ermöglichen, sowohl die Umweltrisiken für den
jeweiligen Standort als auch die Wirkungszusammenhänge
innerhalb eines großräumigen
Systems beurteilen zu können.
3. In Abhängigkeit von den Ergebnissen der Risikoanalyse
(Schritt 1) sind für die Bereiche, in
denen Umweltauswirkungen nicht ausgeschlossen
werden können, numerische Grundwassermodelle
zu erstellen/zu verfeinern, mit deren
Hilfe die Risiken quantifiziert und genauer bewertet
werden können. In der Regel sind hierzu
ergänzende Auswertungen und Geländeuntersuchungen
erforderlich.
4. Konzeption und Durchführung eines fortlaufenden
Monitorings zur Verifizierung und Kalibrierung
der Modelle (vorlaufend und ggf. vorhabenbegleitend).
Die entsprechenden numerischen Grundwassermodelle
für geplante Vorhabenbereiche bilden eine
wesentliche Entscheidungsgrundlage für die zuständigen
Behörden in Bezug auf die generelle Genehmigungsfähigkeit
von Vorhaben in den weiteren
Betriebsphasen und für die Ausgestaltung der (wasserrechtlichen)
Nebenbestimmungen.
Die Lage von Störungen kann mit Hilfe von seismischen
Methoden (3D-Seismik) erkundet werden.
Hinweise auf ihre hydraulische Funktion liefern u.a.
die aktuellen Grundwasserfließverhältnisse sowie
weitere Untersuchungen.
Hinsichtlich der Altbohrungen sind die vorhandenen
Kataster und Ausbaupläne auszuwerten. Von Interesse
sind dabei in erster Linie tiefe Bohrungen und
die Art bzw. der Zustand ihrer Verfüllung und ggf. örtliche
Untersuchung.
49
Zur Verbesserung der Datenlage über die Beschaffenheit
der Formationswässer von Schiefer- und
Flözgas-Lagerstätten in NRW sollten die in den Erkundungsbohrungen
angetroffenen Formationswässer
beprobt und auf relevante Wasserinhaltsstoffe
(Salze, Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe, NORM
und Gase) analysiert werden.
Bereits in der Phase A sind konkurrierende unterirdische
Nutzungen zu betrachten und zu berücksichtigen.
Betriebsphase B1
Der Einstieg in die Betriebsphase B1 sollte unter
dem Vorbehalt der Erfüllung von Entscheidungskriterien
stehen (s. Kap. 11).
Geosystem
Auf Basis der in der Betriebsphase A gewonnenen
Erkenntnisse ist für die Betriebsphase B1 nachzuweisen,
dass es durch eine hydraulische Stimulation
zum Zwecke der Erkundung nicht zu signifikanten
schädlichen Umweltauswirkungen durch aufsteigende
Fluide oder Gase kommen kann (z.B. mit Hilfe
numerischer Grundwassermodelle). Dies betrifft sowohl
die zum Einsatz kommenden Frack-Fluide als
auch einen potenziellen Aufstieg von Formationswasser
(s.u.).
Gebiete mit ungünstigen hydrogeologischen Verhältnissen
(v.a. starke tektonische Zerrüttung, artesische
Grundwasserverhältnisse und große aufsteigende
Potenzialdifferenzen) sollten im Hinblick
auf die Wirksamkeit der Wirkungspfade besonders
kritisch betrachtet werden.
Im Hinblick auf (potenziell) hydraulisch wirksame
Störungen und Altbohrungen ist der Nachweis zu
führen, dass ein ausreichender Sicherheitsabstand
eingehalten wird. Notwendig zur Quantifizierung des
Sicherheitsabstandes ist eine verlässliche Prognose
zur Rissausbreitung während der hydraulischen Stimulation.
Während des Frack-Vorgangs ist die Rissausbreitung
zu überwachen und zu dokumentieren.
Aufgebaute numerische Grundwassermodelle sind
mit den in der Betriebsphase B1 gewonnenen Erkenntnissen
weiter zu verfeinern. Die Modelle können
auch Hinweise auf die Auswahl von Indikatoren
für das Monitoring geben.
Technik
Für Bohrbetriebe, bei denen der Antragsteller im
Arbeitsprogramm nicht ausschließen kann, dass sie
nicht nur Phase A durchlaufen, sondern zu Phase B1-
Betrieben (und ggf. auch zu Förderbetrieben, also
Phase B2-, C- und D-Betrieben) ausgebaut werden
sollen, werden folgende Empfehlungen für Genehmigungsbedingungen
gegeben:
1. Nachweise der Dichtigkeit der Zementation
während der Betriebsphase B1
a. Die derzeitigen Regelungen (insbesondere
§ 19 BVOT NRW) müssen überprüft und
konkretisiert werden, da sich keine konkreten
Prüf- bzw. Genehmigungskriterien ableiten
lassen, so dass hier auf Einzelfallentscheidungen
abgestellt werden muss.
Insbesondere sind keine konkreten Kriterien
für den Bezugszeitraum der geforderten
Dichtheit der Zementationsstrecken genannt.
Auch ist keine Vorgabe für Mindestlängen
der Zementation gegeben, außer dass sie
gem. § 19 Abs. 5 so zu bemessen sind, „dass
nutzbare Wasserstockwerke, nicht genutzte
Erdöl- oder Erdgasträger […] abgedichtet
werden“. Wie der Nachweis der Dichtheit
entlang der Zementationsstrecke zu führen
ist, kann dieser Regelung nicht entnommen
werden.
b. Derzeit nutzt die Industrie nach Erkenntnissen
der Gutachter interne Standards
für die Planung von Zementationstrecken.
In Abhängigkeit des Durchmessers der zu
zementierenden Rohrtour werden Mindeststrecken
definiert, bei welchen eine
Mindestzementationsqualität eingehalten
werden muss, um eine Abdichtung der entsprechenden
Bereiche zu gewährleisten.
In der Praxis dienen der Industrie solche
Werte als Orientierungswert. Um sicherzustellen,
dass die Vorgabe eingehalten wird,
werden Zementationsstrecken überdimensioniert.
Die US EPA beispielsweise schlägt vor, die
Industriestandards in Bezug auf die zu zementierenden
Mindeststreckenlängen um
einen Faktor 3 zu vergrößern.
Im Rahmen dieses Gutachtens konnten
jedoch keine weiteren Details zu dieser
Fragestellung in der Literatur aufgefunden
werden, so dass in einem nächsten Schritt
die diesen (Industrie- und EPA-Vorschlägen
zugrunde liegenden Annahmen identifiziert
werden müssen, deren Übertragbarkeit auf
mögliche Prüf- und Genehmigungskriterien
für NRW überprüft werden sollte.
2. Langzeitliche Barriereintegrität (insbesondere
hinsichtlich Phase D)
a. Die im Gutachten analysierten Studien (z.B.
50
Veröffentlichung in Society of Petroleum
Engineers oder Berichte der US EPA [EPA
2004] und [EPA 2011]) geben Hinweise
darauf, dass zur langzeitlichen Barriereintegrität
gezielt Untersuchungen erfolgen
sollten. Obwohl die Frage der langzeitlichen
Barriereintegrität in den EPA-Studien nur
angerissen wird und eine abschließende
Beantwortung nicht geliefert werden kann,
zeigt sich schon jetzt, dass in diesem Punkt
grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht.
In einem ersten Schritt muss festgestellt
werden, ob es zu NRW vergleichbare Erkenntnisse
für Erdgasbohrungen in unkonventionellen
Lagerstätten gibt.
Parallel hierzu können die Bohrungen in
Niedersachsen auf Tight Gas mit einbezogen
werden. Die Ergebnisse einer solchen
Untersuchung können einen ersten Hinweis
auf eine Übertragbarkeit auf die Verhältnisse
in NRW ergeben.
Desweiteren sollten die umfangreichen Untersuchungen,
die von der US EPA derzeit
zur Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Lagerstätten durchgeführt werden,
analysierend begleitet werden. Viele der in
[EPA 2011] angesprochenen Fragen decken
sich mit den Fragen, die im Rahmen dieses
Gutachtens ebenfalls nicht abschließend
beurteilt werden konnten. Ein erster Fortschrittsbericht
ist von der EPA für Ende
2012 angekündigt und bis 2014 soll der
Endbericht fertig gestellt sein.
b. Desweiteren sollten entsprechende Modelle
erarbeitet werden, die sich spezifisch
mit den Mechanismen solcher Gaszutritte
durch die Zementation in den Ringraum von
Bohrungen beschäftigen.
Die durch die zuvor vorgeschlagenen Erhebungen
erlangten Informationen und Daten
können einer Kalibrierung und Validierung
solcher Modelle dienen. Mit Hilfe der Modelle
können unter den Randbedingungen
in NRW (Technik sowie Geologie) Abschätzungen
der zu erwartenden Effekte getroffen
werden und die wesentlichen Einflussgrößen
identifiziert werden.
c. Hierauf aufsetzend können aus den maßgeblichen
Einflussgrößen in Bezug auf die
technische Ausgestaltung von Bohrungen
Genehmigungskriterien erarbeitet werden,
die für die Betriebsplanzulassungsverfahren
zugrunde gelegt werden können.
Auch können auf Grundlage dieser Daten
Prüfzeiträume definiert werden, die sicherstellen
sollen, dass die Barriereintegrität
planmäßig eingehalten wird.
3. Rissdimensionen
a. Im Gutachten ist dargelegt worden, dass
Auswertungen von Rissdimensionen aus
Schiefergas-Lagerstätten in den USA vorliegen,
in denen 1 % der Fracks 350 m und
mehr Risshöhe erreicht haben. In einem Fall
der publizierten Daten ist sogar 580 m vertikale
Risshöhe erreicht worden.
b. Die gesetzlichen Anforderungen an Einpressbohrungen
(§ 36 BVOT NRW) sind aus
unserer Sicht auf Stimulationsmaßnahmen
anzuwenden und zu konkretisieren.
Da die tatsächlichen Abmaße der induzierten
Risse maßgeblich von der Geologie abhängen
werden, ist anzunehmen, dass die
Prüfung der von der Industrie eingesetzten
Rechenmodelle auf die Ermittlung der Genauigkeit
der Modellierung der gebirgsmechanischen
Parameter hinauslaufen wird.
Letztendlich wird jedoch eine Art „history“-
matching vorgelegt werden müssen, indem
der Betreiber nachweist, dass das vorgeschlagene
numerische Modellierungsprogramm
in der Realität genügend oft bestätigt
worden ist. Unklar ist, wie hoch eine
solche Schwelle („genügend oft“) zu legen
ist, d.h. es muss untersucht werden, welche
Genauigkeiten erreicht werden können, bevor
Vorgaben hierzu gemacht werden können.
4. Abstand von Bohrplätzen zu anderen Oberflächenstrukturen
a. Ist nicht ausgeschlossen, dass die Bohrplätze
zu Phase B2/C-Betrieben ausgebaut
werden, sollte bereits in dieser Genehmigungsphase
die Auswirkung von mehreren
Bohrungen auf einem Bohrplatz in die Risikobetrachtung
mit einbezogen werden.
b. Aus Sicht der Gutachter ist die Regelung
für Mindestabstände von Bohrungen zu
Gebäuden (mindestens das 1,1-fache der
Bohrgerüsthöhe, in § 18 BVOT NRW) zu
überarbeiten. In Abhängigkeit von durchzuführenden
Untersuchungen bezüglich zu
erwartender Pfad 0-Risikoszenarien (bspw.
Blowout-Häufigkeiten sowie Blowout-Auswirkungen)
sollten Genehmigungskriterien
für die Abstandsbestimmung zu den in § 18
Abs. 1 aufgeführten Objekten definiert werden.
c. Hierzu müssten aufsetzend auf den lagerstättenspezifischen
Erkenntnissen für NRW
bspw. Ausbreitungsrechnungen bei Ausbruch
von Gas und/oder Formationswasser
durchgeführt werden, die somit die Vorgabe
für Mindestabstände erbringen würden.
51
Im technischen Anhang zu Kapitel 8 (Risiko)
sind beispielhaft Vorgehensweisen im Rahmen
von Risikobetrachtungen für Offshore-
Bohrplattformen in der Nordsee aufgeführt.
Diese Regelung muss jedoch so ausgeführt
sein, dass eine standortspezifische Betrachtung
durchgeführt werden muss.
Stoffe
In der Betriebsphase B1 werden Frack-Fluide in einer
für den Standort optimalen Rezeptur eingesetzt.
Neben den Informationen zur Identität und Menge
der eingesetzten Stoffe sind wesentliche Daten zum
Kurz- und Langzeitverhalten im Untergrund und
zur Toxizität notwendig. Hierbei wird die vollständige
Offenlegung der eingesetzten Stoffe und die
Bereitstellung relevanter physiko-chemischer und
toxikologischer Wirkdaten durch den Antragsteller
gefordert.
Liegen diese Daten nicht in Sicherheitsdatenblättern
oder einschlägiger Fachliteratur vor, müssen
diese Daten ggf. durch Laborversuche oder Modellrechnungen
ermittelt werden.
Genehmigungskriterien sind die Kenntnis der Stoffidentität
und der Stoffmengen, eine Bewertung des
öko- und humantoxikologischen Gefährdungspotenzials
der Frack-Additive und möglicher Transformationsprodukte,
die Abbaubarkeit der Stoffe unter
Lagerstättenbedingungen sowie ein Nachweis über
die Prüfung geeigneter Substitutionsmaßnahmen
persistenter und/oder gefährlicher Stoffe.
Ferner sind Nachweise über das Verhalten und den
Verbleib der Stoffe im Untergrund zu führen. Eine lokale
Stoffbilanzierung der eingesetzten Additive soll
zu einer transparenten Darstellung der Einsatzmengen,
der Konzentrationen der Additive und Transformationsprodukte
im Frack-Fluid im Untergrund und
im Flowback führen.
Laborversuche und hydrogeochemische Modellrechnungen
können Erkenntnisse zu möglichen Abbau-,
Sorptions- und Redoxreaktionen der Additive
im Lagerstättenhorizont sowie zu Reaktionen des
Frack-Fluids und des Formationswassers mit den
reaktiven Mineralphasen der Gesteinsformationen
liefern.
Für die Bewertung einer möglichen Gefährdung des
Grundwassers im wasserwirtschaftlich nutzbaren
Grundwasserleiter durch möglicherweise aufsteigende
Formationswässer, Frack-Fluide oder Mischfluide
ist eine Stofftransportmodellierung erforderlich.
Als Genehmigungskriterium wird die Einhaltung
der Geringfügigkeitsschwellenwerte oder entsprechender
human- und ökotoxikologisch abgeleiteter
Wirkschwellen an der Basis des Grundwasserleiters
empfohlen.
Eine Bewertung des Gefährdungspotenzials des
Flowback ist nur durch eine zeitabhängige Beprobung
des standortspezifischen Flowback und die
Analyse auf relevante Wasserinhaltsstoffe (Salze,
Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe, NORM und
Gase) sowie auf die eingesetzten Additive (Primärsubstanzen),
deren Transformationsprodukte
(Sekundärsubstanzen) und Feststoffe möglich.
Massenbilanzrechnungen erlauben detaillierte Aussagen
über den Anteil der zurückgeführten Additive.
Die Darstellung der Möglichkeiten einer Wiederverwendung
der eingesetzten Additive sowie die nach
derzeitigem Stand der Technik möglichen Aufbereitungsverfahren
mit anschließender fach- und umweltgerechter
Entsorgung wird gefordert. Im Falle
einer geplanten Untergrundverpressung ist vom Antragsteller
eine standortspezifische Risikobetrachtung
durchzuführen, die die Aspekte Zusammensetzung
des Flowback, die Wegsamkeit/Verdrängung
von Formationswasser bei wassergefüllten Porenräumen
und die Wegsamkeit bei gasgefüllten Hohlräumen
zum Gegenstand haben muss.
Ausblick auf weitere Betriebsphasen
Die folgenden Ausführungen zur Betriebsphase B2
können nur vorläufig sein, da die Erkenntnisse aus
den Phasen A und B1 entscheidend dafür sein werden,
ob und wie in die Phase B2 eingestiegen werden
kann.
Geosystem
Für die Betriebsphase B2 sind sowohl die Relevanz
der Wirkungspfade als auch die Summenwirkungen
der geplanten Erschließungsvorhaben mit Hilfe eines
numerischen Grundwassermodells zu simulieren
und zu bewerten. Die Modelle können auch Hinweise
auf die Bewertungsbandbreite der Indikatoren
für das Monitoring geben.
Der Betrachtungs- und Modellraum ist hierfür ausreichend
groß zu wählen, so dass auch kumulierte
Effekte angrenzender Antragsteller berücksichtigt
werden können.
Ziel ist es auch hier, dass signifikante großräumige
und/oder langfristige Beeinträchtigungen der nutzbaren
Grundwasservorkommen ausgeschlossen
werden können. Dies betrifft sowohl die hydraulischen
als auch die hydrochemischen Verhältnisse.
52
Geeignete Indikatoren zur Überwachung der Ziele
sind festzulegen (s. Monitoring).
Technik
Die Phasen B2, C und D werden genehmigungsrechtlich
im Rahmen der Bewilligung behandelt. Für
die Betriebsphase B2 sollten für jede Bohrung die
bereits unter den Betriebsphasen A und B1 behandelten
Punkte geprüft werden. Explizit gilt dies auch
für wiederholte Stimulationsmaßnahmen während
Phase C (refracs).
Zusätzlich sollte ein Rahmenbetriebsplan vom Antragsteller
gefordert werden, in dem die großflächige
Erschließung dargestellt wird. Wie im Gutachten
dargestellt, gehen mit der großflächigen Erschließung
eines Vorkommens der Ausbau von Infrastruktur
sowie erhöhte Transportvorgänge einher.
Im Rahmenbetriebsplan sollten Art und Anzahl in
Zukunft absehbar geplanter Bohrplätze, deren Lage
und infrastrukturelle Einbindung in das vorhandene
Infrastrukturnetz aufgeführt werden. In Verbindung
mit Zeitablaufplänen sollten die Auswirkungen auf
das Bewilligungsfeld geprüft und ggf. Anpassungen
durchgeführt werden (bspw. Umstellung der Wasserversorgung
von Lkw auf Rohrleitung).
Ein weiterer Aspekt umfasst die Abstimmung von
Rahmenbetriebsplänen von mehreren angrenzenden
Antragstellern. Im Rahmen einer übergreifenden
Planung sollten die kumulierten Effekte aufeinander
abgestimmt werden, so beispielsweise die Abstimmung
der geplanten Rohrleitungsinfrastruktur, das
Transport-/Verkehrsaufkommen bzw., – wie bereits
im Kapitel Geologie angesprochen – die großflächige
Auswirkung auf den Wasserhaushalt bei parallel
durchgeführten Stimulationsmaßnahmen.
In dieser Phase B2 (sowie C) sollte auch die Regelung,
wonach bei Unterschreitung bestimmter Förderraten
und anderer Kriterien eine Absperreinrichtung
erforderlich ist, wenn benachbarte Bohrungen
nicht gefährdet sind (§ 34, Abs. 8 BVOT NRW), konkretisiert
werden.
Es stellt sich hierbei die Frage, wie sichergestellt werden
kann, dass auf Cluster-Bohrplätzen, auf denen
Bohr- und Frack-Prozesse teilweise zeitlich parallel
an verschiedenen Bohrungen durchgeführt werden,
„benachbarte Bohrungen im Falle eines Ausbruches
nicht gefährdet sind.“ Gegebenenfalls kann hier
durch eine zeitliche Entzerrung solcher Prozesse die
Vorgabe erfüllt werden, d.h. durch ein Verbot von parallel
durchgeführten Frack- und Bohrmaßnahmen.
Dies muss jedoch Ergebnis einer Risikoanalyse für
den einzelnen Bohrplatz sein und kann nicht pauschal
Vorgabe oder Genehmigungskriterium in der
Verordnung sein.
Stoffe
In der Betriebsphase B2 sind die Summenwirkungen
zu bewerten, die von dem großräumigen Einsatz der
Frack-Fluide ausgehen können.
Über eine regionale Stoffbilanzierung und Stofftransportmodellierung
ist der Nachweis über das
Langzeitverhalten und den Verbleib der Stoffe im
Untergrund zu liefern. Insbesondere ist der Nachweis
zu erbringen, dass eine vertikale und/oder horizontale
Stoffausbreitung von der Zielformation in
andere Geosysteme nicht zu besorgen ist.
Die Bewertung des Gefährdungspotenzials des
Flowback unterscheidet sich nicht vom Vorgehen in
der Betriebsphase B1, mit der Ausnahme, dass an
jedem Gewinnungsstandort der Flowback beprobt,
analysiert und entsprechende Massenbilanzrechnungen
durchgeführt werden müssen.
Die Möglichkeiten zur Wiederverwendung, technischen
Aufbereitung und fach- und umweltgerechten
Entsorgung des Flowback sind für jeden Standort
gesondert darzustellen.
Im Fall einer Untergrundverpressung des Flowback
sind die räumlichen und zeitlichen Summenwirkungen
auf den quantitativen und qualitativen
Wasserhaushalt mit entsprechenden Instrumenten
(Wasserhaushaltsberechnungen, Grundwasserströmungsmodellierung,
Stofftransportmodellierung)
nachzuweisen.
Raumplanerische Anforderungen
Die Analysen zur Raumbedeutsamkeit und -wirksamkeit
(s. Kap. 3) bilden eine erste Grundlage für die
Bewertung von Vorhaben zur Erkundung und Gewinnung
von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten
in Nordrhein-Westfalen aus raumplanerischer Sicht.
Nachfolgend sind auf dieser Basis in zeitlich und inhaltlich
aufeinander aufbauenden Untersuchungs-,
Planungs- und Genehmigungsphasen im Hinblick
auf die weiteren Bearbeitungsschritte (s. Abb. 11-1)
verschiedene Aspekte zu klären:
Standortunabhängig ist die Raumbedeutsamkeit
von Vorhaben zur Erkundung und Gewinnung von
Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten sowie
deren Übereinstimmung mit der Leitvorstellung
nachhaltiger Raumentwicklung vertieft rechtlich zu
prüfen. Diese Prüfung sollte sowohl oberirdische
als auch unterirdische Aspekte der Raumplanung
beinhalten. Insbesondere ist unter Bezug auf die
Betriebsphasen A bis C zu klären, welcher Schwel53
lenwert eine Raumbedeutsamkeit entsprechender
Vorhaben auslöst.
Da die Raumbedeutsamkeit und Raumverträglichkeit
nicht ausschließlich mit der Flächengröße oder
Fördermenge korreliert, sondern vielmehr abhängig
vom Standort, dessen Nutzung und infrastruktureller
Einbindung ist, wird empfohlen, die Schwellenwerte
für die Raumbedeutsamkeit nicht unter
Berücksichtigung der Fördermengen festzulegen,
sondern in Anlehnung an Anlage 2 und 4 des UVPG
Kriterien zugrunde zu legen, die auf erhebliche
nachteilige Umweltauswirkungen hinweisen können.
Darüber hinausgehend erscheint eine inhaltliche
und rechtliche Prüfung sinnvoll, in welcher Art und
Weise einerseits raumbedeutsame Vorhaben der
Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten
in Raumordnungsplänen darstellbar sind
(auch in der 3. Dimension unter Berücksichtigung
der unterirdischen Raumplanung) bzw. wie andererseits
entsprechende Nutzungen in schutzbedürftigen
Bereichen ausgeschlossen werden können.
Aufbauend auf den zuvor genannten Darstellungsvorschlägen
wird in Abhängigkeit von der Festlegung
der Kriterien und Schwellenwerte möglicherweise
bereits vor Eintritt in die Phase B1 (Fracken zur Erkundung)
eine Änderung von Raumordnungsplänen
empfohlen, die eine Definition textlicher Ziele zur
räumlichen Steuerung im Sinne von Ausschlussgebieten
für Vorhaben unkonventioneller Gasgewinnung
beinhaltet. Hierzu ist ein Abgleich mit anderen,
in erster Linie vorrangigen Raumnutzungsansprüchen
durchzuführen. Bei der Aufstellung und Änderung
der Raumordnungspläne ist eine strategische
Umweltprüfung durchzuführen (§ 9 ROG).
Es wird weiterhin empfohlen, nach Festlegung der
Schwellenwerte für die Raumbedeutsamkeit zur
räumlichen Steuerung und Umsetzung raumbedeutsamer
Vorhaben der Gasförderung aus unkonventionellen
Lagerstätten ein obligatorisches
Raumordnungsverfahren mit integrierter Raumverträglichkeitsprüfung
durchzuführen.
In diesem Raumordnungsverfahren sind die raumbedeutsamen
Auswirkungen der Planungen / Maßnahmen
(einschließlich Standortalternativen) im
Abgleich mit anderen Raumfunktionen und -nutzungen
zu prüfen. Ergebnis der Prüfung ist eine Entscheidungsgrundlage
für die Träger der Regionalplanung
zur Änderung von Regionalplänen.
Die planerischen kommunalen Entscheidungen von
Gemeinden müssen mit den Zielen der Raumordnung
in Übereinstimmung gebracht werden. Insoweit
folgt aus möglichen Festlegungen der Raumordnungspläne
für die Förderung von Erdgas aus
unkonventionellen Lagerstätten unmittelbar eine
Anpassungspflicht für die Gemeinden.
Monitoring
Für die Phasen der Erkundung und Gewinnung von
Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten (Phasen
A, B1, B2 und C) dient das Monitoring vor allem der
Kontrolle (Einhaltung der Genehmigungskriterien),
der Früherkennung und Bewertung von Abweichungen
von den vereinbarten Zielen sowie der Steuerung
des Vorhabens gemäß den jeweiligen Handlungsoptionen.
Um die o.g. Ansprüche zu erfüllen, benötigt ein Monitoring
vier Kernelemente:
1. Ziele, Zielerreichung und Informationsbedarf
→ Aus den Zielen ergibt sich Informationsbedarf,
der das Monitoring steuert. Erst auf dieser
Basis wird das Monitoring konzipiert (Strategie,
Messnetze, Parameter, Indikatoren, Auswertemethoden,
etc.).
2. Monitoringstrategie und Indikatoren
Umweltmedienübergreifende, auf der Systemkenntnis
basierte Strategie zur Erfassung der
systemrelevanten Parameter und Veränderungen
anhand aussagekräftiger Indikatoren.
→ Eindeutige Erfassung und Beurteilung des
Prozesses.
3. Bewertungssystem
→ Nachvollziehbare, schnelle und eingängige
Vermittlung der Entwicklungen und Bewertungen
(z. B. Ampelsystem).
4. Handlungsoptionen und Steuerung
→ Erprobte und definierte Handlungen, die zur
Steuerung unerwünschter Entwicklungen geeignet
sind.
Ein Monitoring verläuft in einem Kreislaufprozess
und ist fortlaufend den hinzukommenden Erkenntnissen
und Anforderungen anzupassen.
Bereits in der Betriebsphase A – und fortgesetzt in
den eventuell anschließenden Betriebsphasen –
sind für die fachlich abgeleiteten Genehmigungskriterien
geeignete Monitoringindikatoren abzuleiten,
mit deren Hilfe das Vorhaben – bzw. die jeweils genehmigten
Teile – überwacht und gesteuert werden
können.
54
Nach den Erfahrungen aus anderen großräumigen
Eingriffen (z.B. Braunkohlentagebau Garzweiler)
sollte das Monitoring auf Basis einer breiten Beteiligung
der jeweiligen Akteursgruppen (Behörden,
Bergbautreibender, Kommunen, Wasserversorger,
Naturschutzverbände, etc.) abgestimmt und transparent
kommuniziert werden.
Hierbei ist es wichtig, mit dem Konzept des Monitorings
frühzeitig (weit im Vorfeld der geplanten Vorhaben)
zu beginnen, um beispielsweise im Hinblick
auf die aktuelle Grundwasserbeschaffenheit und
Gasgehalte im oberflächennahen Grundwasser geeignete
Nullmessungen zu haben. Das Monitoring ist
dann im Laufe der Zeit fortlaufend zu konkretisieren.
Aufbau und Organisation eines funktionierenden
Monitorings sind komplexe Aufgaben. Mit den entsprechenden
Arbeiten sollte frühzeitig begonnen
werden. Vor dem Hintergrund der fast 15-jährigen
Erfahrungen des Monitorings „Braunkohlentagebau
Garzweiler II“, der durch das MKULNV initiert wurde
und begleitet wird, empfehlen wir folgenden Prozessablauf
zum Aufbau eines Monitorings:
1. Klärung der möglichen Beteiligten für einen begleitenden
Monitoringarbeitskreis
2. Verständigung über die Ziele des Monitorings
3. Aufbau einer fachlichen Struktur des Monitorings
(u.a. Festlegung der Arbeitsfelder, Strukturierung
und Zuordnung der Themen zu Arbeitsfeldern).
Zum derzeitigen Zeitpunkt sehen
wir hier i.W. die Arbeitsfelder:
• Grundwassersystem / Grund- und Oberflächengewässer,
• unterirdische Gasausbreitung,
• Gefährdungspotenziale Stoffe (Frack-Fluide,
Formationswässer und Flowback) / Fracking-
Technologie,
• Seismizität,
• Anlagensicherheit / Bohrlochintegrität,
• Bergschäden.
4. Aufbau von organisatorischen Strukturen des
Monitorings (u.a. Zusammensetzung der Arbeitsgruppen,
Kommunikationsprozesse und
-regeln, Kriterien für die Offenlegung von Daten,
Entscheidungsstrukturen, Schnittstellen zum
Betreiber und den Genehmigungs- und Fachbehörden).
5. Dokumentation von allen fachlichen, organisatorischen
und sonstigen Vereinbarungen in einem
Projekthandbuch und dessen regelmäßige
Aktualisierung.
6. Dokumentation von Verfahren, Auswertemethoden,
Ableitung von Indikatoren etc. in Methodenhandbüchern.
7. Regelmäßige Zusammenstellung und Bewertung
der Ergebnisse aller Arbeitsfelder in zusammenfassenden
Monitoringberichten (z.B.
Jahresberichte).
Abb. 9-2: Monitoringkreis
55
Einleitung
Der Großteil der ausgewerteten Fachliteratur
stammt aus den USA, da dort bereits jahrzehntelange
Erfahrungen mit dem Einsatz der Fracking-Technologie
vorliegen und insbesondere in den letzten
Jahren die Forschungsanstrengungen in Bezug auf
die Umweltauswirkungen intensiviert wurden. Darüber
hinaus wurden im Wesentlichen noch Studien
und Berichte aus Australien und einzelnen europäischen
Staaten (Großbritannien, Niederlande, etc.)
berücksichtigt.
In der aktuellen Diskussion zum Einsatz der Fracking-
Technologie werden immer wieder Verweise
auf Fallbeispiele oder Studien in den USA gemacht.
Dabei gibt es in der Regel je nach Argumentationsstandpunkt
zwei grundsätzlich verschiedene Reaktionsmuster:
Der Verweis auf die USA wird entweder
abgelehnt, „weil dort die Verhältnisse ganz anders
sind als bei uns“ oder es wird ausdrücklich auf die
dortigen (positiven oder negativen) Erfahrungen
verwiesen: „seit 40 Jahren ist dort nichts passiert“
oder „dort brennen die Wasserhähne“.
Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen des Gutachtens
zu ausgewählten Themen eine Einschätzung
zur Übertragbarkeit der Darstellungen und
Studien aus dem Ausland, vor allem den USA, auf die
heimische Region vorgenommen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Eine Analyse der bergrechtlichen Rahmenbedingungen
in den USA zeigt, dass die Ausführungsbestimmungen
auf bundesstaatlicher Ebene teilweise
sehr unterschiedlich sein können. Insofern kann kein
pauschaler Vergleich zu einem US-Standard durchgeführt
werden, sondern es sind viele einzelne Standards
zu betrachten.
In Deutschland sind die Detailregelungen für Bohrungen
in den Tiefbohrverordnungen der Bundesländer
geregelt, für NRW also beispielsweise die
BVOT NRW. Zwar sind die BVOTs der Bundesländer
in vielen Passagen ähnlich oder gar identisch, aber
in einzelnen Punkten bestehen in einzelnen Bundesländern
Regelungen, die in anderen nicht vorhanden
sind. Auch darauf aufsetzende untergesetzliche
Regelungen (Technische Anleitungen, Merkblätter)
können je nach Bundesland unterschiedlich oder
nicht vorhanden sein.
Nach Aussage der BR Arnsberg kann in Fällen, in
denen die BVOT NRW keine Regelungen vorsieht,
auf Regelungen in anderen Bundesländern Bezug
genommen und im Rahmen von Genehmigungsverfahren
auf dortige Regelungen/Technische Anleitungen/
Merkblätter verwiesen werden.
Öffentlichkeit
Die Offenlegung der eingesetzten Frack-Fluide ist
derzeit auf der Ebene der U.S. Bundesstaaten geregelt,
mit teilweise erheblichen Unterschieden bzgl.
Anforderungen, Umfang der anzugebenden Informationen
und Umgang mit Betriebsgeheimnissen
(Murrill & Vann 2012). Elf Bundesstaaten, in denen
Erdgas gewonnen wird, verlangen eine Offenlegung
in der einen oder anderen Form. Die Anforderungen
reichen von der Veröffentlichung auf der öffentlich
zugänglichen Internetseite FracFocus (http://www.fracfocus.
org), über die Angabe der Zusammensetzung an
staatliche Stellen (mit und ohne nachfolgende Veröffentlichung)
bis hin zu freiwilligen Angaben.
Die Offenlegungspraxis wird in den USA derzeit rege
diskutiert; dazu wurden mehrere Gesetzesvorlagen
auf Bundesebene vorgelegt. Im März 2011 wurde
u.a. das „Fracturing Responsibility and Awareness
of Chemical Act (FRAC Act)“ in den Senat und das
Repräsentantenhaus eingebracht, in dem die Aufnahme
von Hydraulic Fracturing in den Safe Drinking
Water Act und bundesweite Anforderungen
an die Offenlegung der verwendeten Chemikalien
gefordert werden (Murrill & Vann 2012). Wegen Gemeinsamkeiten
hinsichtlich der verwendeten Frack-
Zubereitungen (s.u.) könnte die Umsetzung dieser
Gesetzesvorlagen auch eine Verbesserung der Datenlage
in Deutschland nach sich ziehen.
Geologie
In den USA sind mittlerweile über 100.000 Bohrungen
mit Fracks in vielen unterschiedlichen geologischen
Settings niedergebracht worden. Es ist
deshalb davon auszugehen, dass einige davon auch
Analogien zu deutschen Vorkommen erlauben. Allerdings
verfügen die Gutachter über keine ausrei-
10 Erfahrungen aus anderen Staaten
vor allen den USA
56
chenden Detailkenntnisse über die geologischen
Verhältnisse in den USA, so dass nicht klar ist, ob
und mit welchen amerikanischen Lagerstätten die
deutschen Vorkommen verglichen werden können.
Technische Aspekte und Versagensfälle
Die technische Ausgestaltung der Betriebe orientiert
sich maßgeblich an den jeweiligen gesetzlichen
Vorgaben, der lagerstättenspezifischen Geologie
und sonstiger natürlicher Randbedingungen sowie
an den Erfahrungen der Betreiber mit gewissen
Technologien und Prozessen. Die Ausgestaltung der
Bohrungen ist in den USA – entsprechend den gesetzlichen
oder untergesetzlichen Vorgaben – von
Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich.
Grundsätzlich sind die eingesetzten Erschließungsund
Gewinnungstechnologien weltweit vergleichbar
und teilweise identisch. Es werden oftmals Standards
des American Petroleum Institute (API) für die
technische Ausführung von Komponenten, Anlagenteilen
oder Prozessen zugrunde gelegt.
Durch die teilweise unterschiedlichen geologischen
Randbedingungen zwischen den USA und NRW insbesondere
in Bezug auf die Kohleflözgas-Lagerstätten
ergeben sich Unterschiede bei absehbaren Gewinnungstechnologien.
In den Gesprächen mit den
Betreibern wurde ersichtlich, dass insbesondere bei
Kohleflözgas-Lagerstätten in NRW im Gegensatz zu
den USA aus heutiger Sicht nicht mit einer Erschließung
mittels Horizontalbohrungen zu rechnen ist.
Aus den USA sind in den letzten Jahrzehnten Versagensfälle
der Barrieren, insbesondere der Zementation
bekannt geworden, die teilweise zu
Schadstoffeinträgen ins Grundwasser oder in Oberflächengewässer
geführt haben. Die Versagensfälle
in den USA sind fast ausschließlich auf nicht
ordnungsgemäße Ausführung der Zementationsmaßnahmen
durch die jeweiligen Betreiber zurückzuführen.
Eine pauschale Übertragbarkeit dieser
Versagensfälle auf die Situation in Deutschland oder
zukünftig in NRW ist nicht möglich. Das gleiche gilt
für die Übertragbarkeit der Erkenntnisse aus den
USA, Großbritannien, Norwegen und aus weltweiten
Statistiken zu den übrigen technischen Versagensfällen
wie Blowout, Versagen von Rohrtouren und
Langzeitintegrität der Barrieren. Die derzeit frei verfügbaren
Statistiken zu solchen Versagensfällen beinhalten
Daten und Randbedingungen, deren Übertragbarkeit
durch weitere Auswertungen überprüft
werden muss.
Beschaffenheit der Frack-Fluide
Frack-Fluide werden in Abhängigkeit der zu erwartenden
Lagerstättenbedingungen individuell angepasst.
Eine direkte Übertragbarkeit der in den USA
eingesetzten Fluide auf NRW ist deswegen nicht
möglich.
Ein Vergleich der in den USA und in Deutschland in
der Vergangenheit eingesetzten Additive macht jedoch
deutlich, dass 59 der 76 in Deutschland bislang
eingesetzten Additive, zu denen eine eindeutige
CAS-Nummer vorliegt, nach den Angaben von
Waxman et al. (2011) auch in den USA eingesetzt
wurden. Bei der Auswahl verwendeter Frack-Additive
bestehen hier also durchaus Gemeinsamkeiten,
zu denen auch die relativ kleine Zahl weltweit tätiger
Frack-Servicefirmen beiträgt. Da der Markt für
Frack-Serviceleistungen in Deutschland um ein Vielfaches
kleiner ist als in den USA, ist anzunehmen,
dass keine Frack-Zubereitungen speziell nur für den
deutschen Markt entwickelt werden.
Umgang mit Flowback
In Deutschland wie in den USA ist die Injektion (Verpressung)
der Abwässer nach einer Zwischenbehandlung
in Versenk- bzw. Disposalbohrungen die
bevorzugte Entsorgungsvariante.
Einige US-Staaten bereiten den Flowback in kommunalen
oder industriellen Kläranlagen auf. Allerdings
kann die Zusammensetzung dieser Abwässer (z.B.
aufgrund hoher Salzgehalte und Biozidrückstände)
große Herausforderungen an die Technik der Kläranlagen
stellen. Das Eindampfen des Flowback durch
Evaporation in offenen Tanks in einigen ariden U.S.
Bundesstaaten ist aufgrund der unterschiedlichen
klimatischen Situation in Deutschland keine Option.
57
Zwischenfazit Erfahrungen
in anderen Staaten
Sachverhalt / Bewertung: Die Übertragbarkeit
der Erfahrungen aus anderen Staaten,
insbesondere in den USA, wurde für verschiedene
Aspekte geprüft.
Es zeigt sich, dass die Übertragbarkeit auf
die Situation in Deutschland bzw. NRW nicht
in allen Fällen bewertet werden kann, da in
der Regel regionale und standortspezifische
Verhältnisse eine große Rolle spielen.
Hinsichtlich der grundsätzlich zum Einsatz
kommenden Techniken und der eingesetzten
Frack-Fluide ist eine beschränkte Übertragbarkeit
gegeben. In jedem Fall ist eine differenzierte
Betrachtungsweise notwendig.
Informations- und Wissensdefizite: Grundsätzlich
bestehen in allen betrachteten Staaten
noch Unklarheiten im Hinblick auf die
Qualitätssicherung der erstellten Zementationsbarrieren
in der Bohrung sowie zur Langzeitintegrität
der Barrieren.
Die Statistiken zu technischen Versagensfällen
aus anderen Staaten können auf die
Situation in NRW ohne weitere Überprüfung
nicht übertragen werden. Die wesentlichen
Einflussgrößen wie geologische Randbedingungen,
technische Standards, gesetzliche
Vorgaben und standortspezifische Randbedingungen
sind teilweise zu unterschiedlich,
um eine Vergleichbarkeit belastbar zu ermöglichen.
Handlungsbedarf: Die internationale Fachliteratur
muss weiterhin eng im Blick gehalten
werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich
einer umfangreichen Studie der U.S. EPA, die
im Jahr 2014 vorliegen soll. Darüber hinaus
sollten Erfahrungen, die derzeit in Europa gesammelt
werden (u.a. Polen), kontinuierlich
ausgewertet werden.
Derzeit gibt es insbesondere in den Vereinigten
Staaten so viele wesentliche naturwissenschaftliche,
technische und
politische Entwicklungen von großer Bedeutung
auch für NRW, dass eine intensive
Beobachtung und zeitnahe Auswertung
der Literatur und Internetpräsenz durch
Fach- und Genehmigungsbehörden in
NRW dringend empfohlen wird.
» siehe Langfassung Kap. 12
58
Vorbemerkung
Im Rahmen des vorliegenden Gutachtens wurden
durch die Gutachter die Umweltauswirkungen und
Risiken von möglichen Vorhaben zur Erkundung
und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Lagerstätten in NRW nach wissenschaftlichen Methoden
erarbeitet und anschließend nachvollziehbar
bewertet. Schwerpunkte waren dabei insbesondere
die möglichen Auswirkungen der Frackingtechnologie
auf den Wasser- und Naturhaushalt sowie die
öffentliche Trinkwasserversorgung.
Die Gutachter haben im Rahmen des vorliegenden
Gutachtens die Bearbeitung organisatorischer und
rechtlicher Fragen bewusst ausgeklammert und verweisen
auf entsprechende ausführliche Ausführungen
hierzu im Gutachten des Umweltbundesamtes.
Dies betrifft auch Fragen zur Notwendigkeit und Ausgestaltung
von Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Obwohl bei Vorhaben der Tiefengeothermie teilweise
auch eine hydraulische Stimulation (Fracking)
des Untergrundes erfolgt, sind die Ergebnisse aus
dem vorliegenden Gutachten nicht ohne Weiteres
darauf übertragbar, da u.a. die eingesetzten Fluide,
die benötigten Volumina, die Pumpraten und -drücke
und die Tiefe der Zielformationen teilweise sehr
unterschiedlich von denen bei der Erdgasexploration
und -gewinnung sind.
Ergebnisse
Unkonventionelle Erdgas-Lagerstätten in
NRW
1. Unkonventionelle Erdgas-Lagerstätten werden
in NRW in den Bereichen Münsterländer
Becken, nördlicher und südlicher Niederrhein,
Ibbenbüren, Weserbergland, Osnabrücker Bergland
und Rheinisches Schiefergebirge vermutet.
Es handelt sich hierbei um vermutete Kohleflözgas-
und Schiefergas-Vorkommen, die mit Tiefenlagen
von teilweise < 1.000 m im Vergleich zu
den konventionellen Erdgas-Vorkommen (z.B. in
Niedersachsen ca. 3.500 bis 5.000 m) in geringerer
Teufe liegen. Der Abstand der Zielformationen
zu Grundwasservorkommen, die für die
Wassernutzung oder für Ökosysteme relevant
sein können, ist deshalb entsprechend geringer.
Unkonventionelle Gas-Vorkommen sind Teil
mehrerer großräumiger Geosysteme in NRW,
die sich in Bezug auf ihre geologisch-hydrogeologischen
Verhältnisse z.T. grundlegend unterscheiden.
Die unterschiedlichen Standortverhältnisse
bedingen jeweils spezifische Strategien und
Techniken für die Erkundung und Gewinnung
im Bereich der vermuteten bzw. nachgewiesenen
Vorkommen. Dies gilt auch für die Frage, ob
Fracking angewendet werden muss und welche
Chemikalien dafür ggf. eingesetzt werden.
2. Unkonventionelle Gas-Vorkommen weisen gegenüber
konventionellen Gas-Vorkommen die
Besonderheit auf, dass die wirtschaftliche Gewinnung
von Erdgas oftmals erst durch den
Einsatz der sogenannten Fracking-Technologie
möglich ist.
In der näheren Umgebung der Tiefbohrungen
werden im Gestein des gasführenden Lagerstättenhorizonts
mit hydraulischem Druck und
unter Einsatz von Chemikalien (z.B. Biozide,
Säuren, Gelbildner etc.) Risse erzeugt. Über die
dadurch geschaffenen Wegsamkeiten strömt
das Erdgas der Bohrung zu, aus der es teilweise
über ca. 20 bis 30 Jahre gefördert werden kann,
ggf. muss dafür der Frackvorgang auch wiederholt
werden.
3. Die Erkundung der potenziellen Erdgas-Vorkommen
steht in NRW noch am Anfang. Die vergebenen
Aufsuchungserlaubnisse betreffen ca. 60 %
der Landesfläche von NRW (Stand 02.08.2012).
Die vorgesehenen Arbeiten der Unternehmen
im Rahmen der Erkundung sind je nach Vorkommen
und Antragsteller unterschiedlich.
4. Da die Erkundung vermuteter Kohleflözgas- und
Schiefergas-Vorkommen noch ganz am Anfang
steht und im Rahmen der aktuell erteilten Erlaubnisse
erst eine Erkundungsbohrung abgeteuft
wurde, ist die Frage nach der wirtschaftlichen
Gewinnbarkeit bisher nicht geklärt.
11 Gesamtfazit und Empfehlungen
zur weiteren Vorgehensweise
59
Entsprechend liegen bisher auch keine standortspezifischen
Anträge auf Erteilung einer
bergrechtlichen Bewilligung zur Gewinnung von
Erdgas und keine konkreten Förderstrategien
und bergrechtliche Bewilligungsanträge zur
Erdgasgewinnung vor.
Vor einer Beurteilung zur Genehmigung des Frackings
zu bearbeitende Aufgaben:
→ Nachweis und Verortung wirtschaftlich gewinnbarer
unkonventioneller Erdgas-Vorkommen
in NRW.
→ Ableitung der Gewinnungsstrategien (Einzelbohrungen
/ Clusterbohrplätze, mit oder ohne
Fracking etc.), die notwendig wären, um sie auszubeuten.
→ Der bestehende WEG-Leitfaden zur Bohrplatzgestaltung
sollte auf die Anforderungen eines
Cluster-Bohrplatzes angepasst werden.
Raumbedeutsamkeit und Raumwiderstände
5. Die auf die Phase der Erkundung vermuteter
unkonventioneller Erdgas-Vorkommen ggf. folgenden
Vorhaben der Erdgasgewinnung werden
aufgrund ihrer möglichen räumlich-zeitlich
wechselnden Ballung und der gemeinsamen
Infrastruktur in den Gewinnungsfeldern nach
Auffassung der Gutachter als raumbedeutsam
im Sinne des § 3 Nr. 6 Raumordnungsgesetz eingestuft.
Sie stehen teilweise mit anderen Raumnutzungsansprüchen
in Konkurrenz.
Die Überlagerung verschiedener Raumwiderstände
zeigt Gebiete mit unterschiedlicher
Konfliktdichte auf. Gebiete mit hohem bis sehr
hohem Raumwiderstand weisen unter der Leitvorstellung
einer nachhaltigen Raumentwicklung
und im Sinne einer Umweltvorsorge in der
Regel keine Eignung für Tagesanlagen von Vorhaben
der Erdgasförderung aus unkonventionellen
Lagerstätten auf, weil dort andere raumbedeutsame
Maßnahmen oder Nutzungen als
vorrangig zu betrachten sein werden.
Erforderliche Aufgaben:
→ Festlegung von Kriterien und ggf. Schwellenwerten,
anhand derer die Raumbedeutsamkeit
von Vorhaben der Erdgasförderung aus unkonventionellen
Lagerstätten ermittelt werden
kann, sowie inhaltliche und rechtliche Klärung
der Darstellungsmöglichkeiten (textlich, zeichnerisch)
dieser Vorhaben in den Raumordnungsplänen.
→ Klärung der Frage, ob und wie eine grundlegende
Änderung der Raumordnungspläne zur
räumlichen Steuerung (im Sinne von Ausschlussgebieten)
von raumbedeutsamen Vorhaben der
Erdgasförderung aus unkonventionellen Lagerstätten
inklusive strategischer Umweltprüfung für
die Planänderung notwendig ist.
→ Standortbezogene Durchführung eines
Raumordnungsverfahrens mit integrierter
Raumverträglichkeitsprüfung für raumbedeutsame
Vorhaben der Erdgasförderung aus unkonventionellen
Lagerstätten. Hierüber erfolgt
die Abwägung mit anderen vorrangigen Raumnutzungsansprüchen.
60
Umweltauswirkungen
6. Wie jedes technische Vorhaben ist auch die Erkundung
und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Erdgas-Vorkommen mit Umweltauswirkungen
verbunden. Wir unterscheiden in
unserem Gutachten zwischen den:
• direkten Umweltauswirkungen, die sich direkt
aus der Dimension des Vorhabens ergeben
(Flächenverbrauch, Lärm etc.) und den
• indirekten Umweltauswirkungen, deren Eintreten
und Ausmaß von bestimmten Randbedingungen
abhängig (Eingriffsintensität
und Gefährdungspotenziale) ist. In diesen
Fällen können nur Umweltrisiken benannt
und bewertet werden.
7. Die direkten Umweltauswirkungen werden unmittelbar
durch die Dimension des Vorhabens
bestimmt und lassen sich verschiedenen Wirkfaktoren
zuordnen. Die Bewertung erfolgt anhand
gültiger Rechtsnormen in einem vorlaufenden
Verfahren (z.B. UVP) und wird über die
Genehmigungen und Auflagen reguliert.
8. Grundlage unserer Analyse der Umweltauswirkungen
sind im Rahmen eines wissenschaftlich
fiktiven Szenarios die sog. 10 %-Flächenszenarien
mit fachlich abgeleiteten, aber fiktiven Annahmen
zur Dimension der Vorhaben. Im Zusammenhang
mit Fracking und den besonderen
Konzepten zur Erschließung unkonventioneller
Erdgas-Vorkommen sind insbesondere die
Wirkfaktorgruppen Flächeninanspruchnahme,
nichtstoffliche Einwirkungen und stoffliche Einwirkungen
zu betrachten:
• Die Flächeninanspruchnahme umfasst die
Einrichtung des Bohrplatzes sowie den Bau
der dazugehörigen Infrastruktur (Straßen,
Rohrleitungen). Da die Eingriffe – bis auf die
irreversible Veränderung der Bodenstruktur
– temporär begrenzt (Rückbau nach Abschluss
der Gewinnung) und zeitlich variabel
sind, muss die zeitliche Flächeninanspruchnahme
beschrieben und bewertet werden.
Die tatsächlichen Auswirkungen können nur
im Einzelfall und standortbezogen bewertet
werden.
• Zu den nichtstofflichen Einwirkungen zählen
Lärm- und Lichtemissionen, Erschütterungen
und Radioaktivität. Im Hinblick auf
Licht- und Lärmemissionen sowie Belastungen
durch radioaktive Stoffe existieren gesetzliche
Vorgaben, die einzuhalten sind.
• Hinsichtlich Erschütterungen besteht in der
Fachwelt keine einheitliche Meinung dazu,
ob spürbare seismische Ereignisse durch
Frack-Vorgänge für die Erdgasgewinnung
ausgelöst werden können.
• Zu den stofflichen Einwirkungen sind übertägige
Emissionen von Gasen und Staub,
die Entsorgung flüssiger und fester Abfälle,
Stoffeinträge in den Untergrund sowie Änderungen
des Wasserhaushalts zu zählen.
• Stoffeinträge in den Untergrund erfolgen
planmäßig im Rahmen der Bohrung, des
Ausbaus der Bohrung sowie während des
Frackings. Zudem werden im Rahmen des
Rückbaus und der Versiegelung der Bohrungen
Zement und Schutzflüssigkeiten planmäßig
in die Bohrung eingebracht. Inwieweit
das Einbringen dieser Stoffe in den Untergrund
mit signifikanten Umweltauswirkungen
verbunden sein kann, wird im Rahmen
der Analyse der Umweltrisiken betrachtet (s.
Pkt. 9).
• Von den Betreibern wird die Möglichkeit der
Verpressung von flüssigen Abfällen (Bohrflüssigkeiten,
Flowback und die während der
Gewinnungsphase anfallenden Formationswässer)
über Disposalbohrungen derzeit als
wichtige Randbedingung für die (wirtschaftliche)
Gewinnung unkonventioneller Gas-
Vorkommen angesehen.
• Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand
liegen für NRW keine Angaben der Betreiber
vor, wo, in welchen Formationen, in welcher
Menge und mit welcher Beschaffenheit
Flowback verpresst werden soll. Aus unserer
Sicht können mit der Entsorgung des Flowback
durch Verpressung in den Untergrund
Risiken verbunden sein, so dass es auch hierfür
einer standortspezifischen Risikoanalyse
und ggf. eines Monitorings bedarf.
• Die möglichen Änderungen im Wasserhaushalt
ergeben sich maßgeblich durch die für
die Bohr- und Frack-Maßnahmen nötigen
Wasservolumina sowie durch die Förderung
des Flowback und Formationswassers.
Das tatsächliche Verhältnis zwischen in die
Formation injizierten und daraus während
der Förderung entnommenen Volumina ist
standortbezogen zu betrachten.
Aus den vorliegenden Literaturwerten kann geschlossen
werden, dass insbesondere in Schiefergas-
Lagerstätten ein Teil der eingebrachten
Volumina unter Tage verbleibt.
Bei Kohleflözgas-Lagerstätten hingegen ist
nach den vorliegenden Literaturdaten aufgrund
61
des wesentlich höheren Wasseranteils in der
Zielformation damit zu rechnen, dass die Gesamtmenge
des Flowback größer ist als die
Menge der eingebrachten Fluide.
Die entsprechenden kurzfristigen und langfristigen
Auswirkungen für den Transport der Frack-
Fluide und Formationswässer im Untergrund
müssen jeweils standortspezifisch geprüft werden.
Der Anteil des Frack-Fluids, der nach der Stimulation
wieder zutage gefördert wird, kann durch
Bilanzierungsmethoden bestimmt werden, die
bislang aber nicht routinemäßig eingesetzt werden.
Die vorliegenden Daten lassen erwarten,
dass auch bei längerer Förderdauer ein substanzieller
Anteil der eingebrachten Frack-Additive
im Untergrund verbleibt.
Vor einer Beurteilung zur Genehmigung des Frackings
zu bearbeitende Aufgaben:
→ Prüfung, ob die bestehenden rechtlichen Regelungen
ausreichen, um die potenziellen direkten
Umweltauswirkungen von Fracking-Vorhaben
(Einzelvorhaben und Gesamterschließung)
bewerten zu können (Stichwort: verpflichtende
Umweltverträglichkeitsprüfung).
Umweltrisiken
9. Die Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus
unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten können
zusätzlich zu den direkten Umweltauswirkungen
mit einer Reihe von indirekten Umweltauswirkungen
bzw. Umweltrisiken (Risiken für den
Wasser- und Naturhaushalt sowie die öffentliche
Trinkwasserversorgung) verbunden sein.
Sie resultieren hauptsächlich aus dem Gefährdungspotenzial
der eingesetzten Frack-Fluide,
der Formationswässer und des Flowback in
Kombination mit möglichen technischen und
geologischen Wegsamkeiten (Wirkungspfade),
über die eine Verbindung zu Schichten mit genutztem
bzw. nutzbarem Grundwasser geschaffen
werden könnte.
• Im Hinblick auf die Versagenswahrscheinlichkeit
der technischen Anlagen wurden
frei verfügbare statistische Zahlen, z.B. für
den unkontrollierten Ausbruch von Fluiden
und Gasen (Blowout), für Unfallrisiken beim
Transport via Lkw, dem Versagen der Rohrtouren
und der Zementation ausgewertet.
Es hat sich gezeigt, dass ein großer Teil
der Zahlen nicht uneingeschränkt auf
die Verhältnisse in NRW übertragbar ist.
Insbesondere im Hinblick auf die Zementation
und in Bezug auf die Langzeitintegrität
von Bohrungen müssen Bewertungs- und
Genehmigungskriterien erarbeitet werden,
die den dichten Abschluss der Bohrungen
während der Betriebszeit und in der Nachsorgephase
sicherstellen.
• Als geologische Wirkungspfade für potenzielle
Fluid- und Gasaufstiege wurden verschiedene
mögliche Pfadgruppen identifiziert:
Störungen, flächenhafte Aufstiege
sowie Langzeit- und Summenwirkungen.
Hinzu kommt die mögliche Aktivierung technischer
Pfade durch die geologischen Verhältnisse
(z.B. Aufstieg entlang der Bohrung
bei artesischen Grundwasserverhältnissen).
Die geologischen Wirkungspfade sind in den
verschiedenen Geosystemen unterschiedlich
relevant. Für ihre tatsächliche Wirksamkeit
sind entsprechende Durchlässigkeiten
und Potenzialdifferenzen maßgebend. Für
eine Bewertung der Relevanz der Wirkungspfade
müssten diese zunächst standortspezifisch
ermittelt werden.
• Für einen Teil der in der Vergangenheit eingesetzten
Frack-Fluide ist ein mittleres
bis hohes Gefährdungspotenzial bei einer
Freisetzung in die aquatische Umwelt zu
besorgen. Dies gilt auch für eine Reihe von
Additiven, die in neueren Frack-Fluiden
seit dem Jahr 2000 eingesetzt wurden.
Wir haben festgestellt, dass auch für
diese weiterentwickelten Fluide immer
noch von einem hohen Gefährdungspotenzial
ausgegangen werden muss.
Die im Rahmen des Gutachtens entwickelte
Bewertungsmethode ermöglicht es den
Genehmigungsbehörden, zukünftige Frack-
Fluide einheitlich hinsichtlich ihrer Gefährdungspotenziale
zu bewerten.
10. Im Rahmen der Auswertungen wurden in allen
Bereichen erhebliche Wissens- und Informationsdefizite
identifiziert.
Dies betrifft zum einen Daten und Informationen,
die nicht frei zugänglich sind (z.B. Fracking62
Kataster des Landes Niedersachsen, Steinkohlenexplorationsbohrungen)
oder nicht vorlagen
(z.B. Stoffdatenblätter, belastbare statistische
Daten zu Eintritts- und Versagenswahrscheinlichkeiten
im Hinblick auf die technischen Wirkungspfade).
Zum anderen fehlen bislang standortspezifische
Informationen zur Vorhabensdimension
(Tiefe, Anzahl Bohrungen, etc.) und zu den geologischen,
hydrogeologischen und hydrochemischen
Verhältnissen.
11. Eine abschließende Bewertung der Risiken ist
auf der Betrachtungsebene des Gutachtens
derzeit – insbesondere aufgrund der festgestellten
Defizite (Pkt. 10) – nicht möglich.
Bewertungs- und Genehmigungskriterien
12. Die Analyse der direkten Umweltauswirkungen
sowie die entwickelte Methode der Risikoanalyse
(Relevanz der Wirkungspfade, Gefährdungspotenzial
der Fluide), mit den zugehörigen
standortspezifischen Betrachtungen, bilden
die Grundlage für die Ableitung von Bewertungs-
und Genehmigungskriterien, durch die
mögliche Auswirkungen der Erkundung und
Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen
Erdgas-Lagerstätten vermieden oder vermindert
werden können.
Von den Gutachtern wurde eine entsprechende
Struktur für diese Kriterien erarbeitet und
soweit derzeit möglich mit Vorschlägen hinsichtlich
der Ausgestaltung einzelner Kriterien
ergänzt (Arbeitsprogramm).
Die Vorlage eines vollständigen und konkreten
Katalogs von Bewertungs- und Genehmigungskriterien
ist nach Auffassung der Gutachter vor
dem Hintergrund der Wissens- und Informationsdefizite
derzeit nicht möglich.
Vor einer Beurteilung zur Genehmigung des Frackings
zu bearbeitende Aufgaben:
→ Auswertung von Daten und Informationen,
die bislang nicht zugänglich waren (z.B.
Fracking-Kataster
des Landes Niedersachsen,
Steinkohlenexplorationsbohrungen).
→ Ausweisung von Ausschlussgebieten aufgrund
ungünstiger geologisch-hydrogeologischer
Verhältnisse.
→ Entwicklung von Frack-Fluiden mit geringeren
Gefährdungspotenzialen bis hin zu umwelttoxikologisch
unbedenklichen Eigenschaften.
→ Standortspezifische Untersuchungen (geologische,
hydrogeologische und hydrochemische
Systemerkundung
in den potenziellen Erkundungsbereichen).
Übertragbarkeit der Erfahrungen aus
anderen Staaten
13. Die Übertragbarkeit der Erfahrungen aus anderen
Staaten, insbesondere USA wurde für verschiedene
Aspekte geprüft. Es zeigt sich, dass
hinsichtlich der zum Einsatz kommenden Techniken
und der eingesetzten Frack-Fluide eine
beschränkte Übertragbarkeit gegeben ist.
Für rechtliche und organisatorische Fragestellungen
sowie im Hinblick auf die Analyse der
Umweltauswirkungen und Umweltrisiken spielen
die regionalen und standortspezifischen Aspekte
eine entscheidende Rolle, so dass hier die
Übertragbarkeit zunächst sehr genau geprüft
werden muss.
Vor einer Beurteilung zur Genehmigung des Frackings
zu bearbeitende Aufgaben:
→ Die weiteren naturwissenschaftlichen und
technischen Entwicklungen in den USA (inkl. der
weiteren großen, von der EPA bereits angekündigten
Studie), aber auch in anderen Staaten
sollten intensiv weiter beobachtet und im Hinblick
auf ihre Übertragbarkeit und Auswirkungen
für NRW geprüft werden.
→ Die Erfahrungen, die derzeit in Europa vor allen
dort gemacht werden, wo konkrete Arbeiten
mit der Erkundung und Gewinnung von Erdgas
aus unkonventionellen Erdgas-Vorkommen laufen
(z.B. Polen), sind im Hinblick auf ihre Relevanz
für NRW auszuwerten.
63
Grundsätzliche Empfehlungen
14. Wir empfehlen, der Erkundung und Gewinnung
unkonventioneller Erdgas-Lagerstätten mit Fracking
in NRW solange nicht zuzustimmen, bis
bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu
gehört insbesondere die Erfüllung folgender
Entscheidungskriterien:
• die eindeutige und nachvollziehbare Verminderung
des Gefährdungspotenzials der
Frack-Additive;
• die Klärung der großräumigen und standortspezifischen
geologischen, hydrogeologischen
und hydrochemischen Verhältnisse
als Beurteilungsgrundlage für die Relevanz
der geologischen Wirkungspfade (inkl. numerische
Grundwassermodelle);
• belastbare Daten zur Beurteilung der Relevanz
der potenziellen technischen Wirkungspfade;
• die abfallwirtschaftlich, abfallrechtlich, wasserwirtschaftlich
und wasserrechtlich einwandfreie
Lösung der Entsorgung des Flowback;
• Konkretisierung und verbindliche Festlegung
von Bewertungs- und Genehmigungskriterien
für Fracking-Vorhaben inkl. der zugehörigen
Überwachung (Monitoring).
15. Aufgrund der derzeit unsicheren Datenlage und
der nicht auszuschließenden Umweltrisiken
empfehlen die Gutachter aus wasserwirtschaftlicher
Sicht, übertägige und untertägige Aktivitäten
zur unkonventionellen Gasgewinnung für
Erkundungsbetriebe der Phase B1 (Erkundung
mit Fracken) und für Gewinnungsbetriebe in
Wasserschutzgebieten (I bis III), Wassergewinnungsgebieten
der öffentlichen Trinkwasserversorgung
(ohne ausgewiesenes Wasserschutzgebiet),
in Heilquellenschutzgebieten sowie im
Bereich von Mineralwasservorkommen nicht
zuzulassen und die genannten Gebiete für diese
Zwecke auszuschließen.
Bei besserer Datenlage ist eine Neubewertung
dieser Ausschlussempfehlung durchzuführen.
Der Ausschluss gilt auch für Bereiche, für die im
Rahmen der Erkundung ungünstige hydrogeologische
Verhältnisse nachgewiesen wurden (z.B.
artesische Grundwasserverhältnisse in Verbindung
mit entsprechenden Wegsamkeiten).
16. Für Tiefbohrungen, die im Rahmen der Erkundung
unkonventioneller Erdgas-Lagerstätten
ohne Fracking (Phase A) abgeteuft werden,
müssen aus unserer Sicht keine anderen Anforderungen
gelten als für andere nicht auf unkonventionelle
Erdgas-Vorkommen zielende Tiefbohrungen
soweit sie nicht für Fracking in der
ggf. nachfolgenden Phase B genutzt werden sollen.
Primäres Ziel solcher Bohrungen sollte hier
– aus wasserwirtschaftlicher Sicht – die Erkundung
der geologischen, hydrogeologischen und
hydrochemischen Verhältnisse sein.
Insbesondere für die in NRW bedeutsamen
Kohleflözgas-
Vorkommen sollte Klarheit geschaffen
werden, ob die Fracking-Technologie
notwendigerweise zum Einsatz kommen muss.
17. Es ist die Frage zu klären, ob und wie auf standortunabhängiger
Ebene die Raumbedeutsamkeit
von Vorhaben der Erdgasförderung aus
unkonventionellen Lagerstätten sowie deren
Übereinstimmung mit der Leitvorstellung nachhaltiger
Raumentwicklung vertiefend zu prüfen
ist. Diese Prüfung sollte sowohl oberirdische als
auch unterirdische Vorhabensbestandteile berücksichtigen.
Insbesondere ist zu klären, welcher
Schwellenwert eine Raumbedeutsamkeit
entsprechender Vorhaben auslöst.
18. Es ist die Frage zu klären, ob und wie zur räumlichen
Steuerung und Umsetzung raumbedeutsamer
Vorhaben der Erdgasförderung aus
unkonventionellen Lagerstätten ein obligatorisches
Raumordnungsverfahren mit integrierter
Raumverträglichkeitsprüfung durchzuführen
ist.
64
21. Die Gutachter haben einen Vorgehensplan erarbeitet
(Abb. 11-1), in dem die erforderlichen
Arbeiten nach den Betriebsphasen gegliedert
dargestellt sind.
Das Vorgehen erfolgt schrittweise. Nach jedem
Schritt gibt es sogenannte Entscheidungspunkte.
Dort wird geprüft und entschieden, ob und
ggf. wie weiter vorangeschritten werden sollte.
Der Einstieg in Phase A bedeutet somit keine
Vorentscheidung für den Einstieg in die Phase
B1 (s. Abb. 11-1).
Die Entscheidungspunkte werden im Vorfeld mit
Kriterien belegt, deren Erfüllung Voraussetzung
für den nächsten Schritt ist (s. Pkt. 14). In der
Abbildung 11-1 ist der erste Schritt farbig markiert,
um zu verdeutlichen, dass der Fokus in der
nächsten Zeit auf diesem Schritt liegen sollte
und der weitere Fortgang oder Nichtfortgang
von den Ergebnissen dieses Schrittes abhängt.
22. Im Hinblick auf die potenziellen weiteren Bearbeitungsschritte
sollte frühzeitig mit der Konzeption
eines Monitorings begonnen werden.
Ziel ist eine Klärung und Feststellung der Ausgangssituation,
damit zukünftige Veränderungen
festgestellt und den jeweiligen Verursachern
eindeutig zugeordnet werden können.
Die Gutachter schlagen aufbauend auf dem
allgemeinen Monitoringkreis eine Monitoringstruktur
vor, mit deren Hilfe durch geeignete
Indikatoren sichergestellt werden soll, dass die
jeweiligen Genehmigungskriterien eingehalten
werden und ggf. frühzeitig gegengesteuert werden
kann.
Die Konzeption sollte unter breiter Beteiligung
der jeweiligen Akteursgruppen erfolgen und
transparent kommuniziert werden.
23. Nach Abgabe dieses Gutachtens empfehlen wir,
unsere Ergebnisse mit denen in den Gutachten
des Umweltbundesamtes und des ExxonMobil
Informations- und Dialogprozesses abzugleichen
und dann über das weitere Vorgehen, d.h.
den nächsten Schritt und seine Inhalte zu entscheiden.
Im Rahmen dieser Auswertungen sollten
auch die bis dahin vorliegenden (Zwischen-)
Ergebnisse der Studie US EPA berücksichtigt
werden.
Weitere Vorgehensweise
19. Wir empfehlen grundsätzlich, den weiteren Arbeitsprozess
offen und transparent zu gestalten
und alle wichtigen Akteursgruppen bei dessen
weiterer Gestaltung und bei den Entscheidungsfindungen
mit einzubinden.
20. Im Hinblick auf die weitere Vorgehensweise sollten
die weiteren erforderlichen Erkundungen
ohne Fracking-Vorgänge in einen übergreifenden
landesweit abgestimmten Prozess überführt
werden.
In diesem Prozess sollte unter den Genehmigungs-
und Fachbehörden abgestimmt werden,
welche konkreten Erkenntnisse die Erkundungen
letztlich liefern müssen, um die Informations-
und Wissendefizite zu beseitigen und eine
ausreichende Grundlage für die Entscheidung
über ggf. nachfolgende Schritte zu schaffen.
Die Erkundung darf sich u. E. dabei nicht nur
auf die bergmännische Erkundung (Machbarkeit
und Wirtschaftlichkeit) der Lagerstätten
im Bereich des Aufsuchungsfeldes selbst beziehen,
sondern soll explizit die Erkundung der
geologischen, hydrogeologischen und hydrochemischen
Verhältnisse am Standort sowie
im weiteren Geosystem mit einbeziehen. Hierzu
sollten die Genehmigungs- und Fachbehörden
gemeinsam Vorstellungen entwickeln und entsprechende
Forderungen an die erkundenden
Unternehmen richten.
Ziel sollte sein, bestehende Wissensdefizite
insbesondere im Hinblick auf wirtschaftlich
gewinnbare Vorkommen und die geologischen,
hydrogeologischen und hydrochemischen Verhältnisse
in den jeweiligen Geosystemen zu
beseitigen. Die geologischen und hydrogeologischen
Erkenntnisse sollten vom Land transparent
veröffentlicht und zur Verfügung gestellt
werden.
Um für diese notwendigen Erkundungen die
Akzeptanz in der Bevölkerung und bei Gebietskörperschaften
zu verbessern, sollte eine klare
Trennung zwischen den Entscheidungen über
Vorhaben zur Erkundung ohne Fracking und
den Entscheidungen über eventuelle spätere
Erkundungs- oder Gewinnungsmaßnahmen mit
Fracking sichergestellt und vermittelt werden (s.
Vorgehensplan Abb. 11-1).
65
Abb. 11-1: Empfehlungen zum weiteren Vorgehen für die Erkundung und Gewinnung unkonventioneller Erdgas-Vorkommen
in NRW
Phase Berg- und Umweltbehörden Bergbauunternehmer
Standortunabhängig Standortabhängig
entscheiden: Einstieg in Phase A: Erkundung ohne Fracking
A
optional
Weitere Auswertung vorhandener
Informationen und Erfahrungen;
fachliche und organisatorische
Vorbereitung Arbeitsprozesse
und Instrumente;
Arbeitsprogramm aufstellen
Weitere Ausgestaltung der Bewertungs-
und Genehmigungskriterien
im Hinblick auf die Phase
B1;
Vorbereitung Monitoring
Erkundung ohne Fracking
prüfen und entscheiden: Einstieg in Phase B1: beispielhafte Erkundung mit Fracken (ja/nein?)
B1
optional
Ableitung genereller Anforderungen
für die Genehmigung von
Aufsuchungsbohrungen
und Erkundungsfracks
ggf. Strukturierung und Aufbau
spezieller Tools (z.B. Geoinformation:
Störungskataster,
Einleitungskataster
Additive: Stoffdatenbank)
Prüfung des Antrags, ggf. mit
externen Gutachtern,
vorläufige Risikobewertung
(Berg- und Wasserrecht,
UVP)
Vorbereitung Monitoring
Antragstellung für beispielhafte
Erkundung mit Fracking,
ggf. weitere Systemerkundung
ggf. Modellrechnungen für Schadstoffeinträge
(Normalbetrieb /
Störfall bzw. unwahrscheinliche
Entwicklungen)
Entwicklung Monitoring- und
Handlungskonzept für Störfälle
prüfen und entscheiden beispielhafte Erkundung mit Fracken (wie? wo?)
Überprüfung und Ergänzung
genereller Anforderungen
Überprüfung / Ergänzung und
Ausbau der Tools
Auswertung der Ergebnisse
Aktualisierung Risikobewertung
Prüfung nachträgliche Auflagen
Monitoring
Beispielhafte Erkundung(en) mit
Fracking (CBM/Schiefer)
Monitoring
Evaluation beispielhafte Erkundung, Prüfen und Entscheiden:
Einstieg in Phase B2: beispielhafte Gewinnung mit und ohne Fracken (ja/nein?)
B2
optional
Ableitung genereller Anforderungen
für die Genehmigung
weiterer Gewinnungsbohrungen
und Gewinnungsfracks
Überprüfung / Ergänzung und
Ausbau der Tools
Prüfung des Antrags, ggf. mit
externen Gutachtern,
vorläufige Risikobewertung
(Berg- und Wasserrecht,
ggf. UVP)
Entwicklung Monitoring- und
Handlungskonzept für Störfälle
Antragstellung für beispielhafte
Gewinnung(en) mit Fracking,
ggf. weitere Systemerkundung
ggf. Modellrechnungen für Schadstoffeinträge
Entwicklung Monitoring- und
Handlungskonzept für Störfälle
prüfen u. entscheiden: beispielhafte Gewinnung mit und ohne Fracken (wie? wo?)
Überprüfung und Ergänzung
genereller Anforderungen
Überprüfung / Ergänzung und
Ausbau der Tools
Auswertung der Ergebnisse
Aktualisierung Risikobewertung
Prüfung nachträgliche Auflagen-
Monitoring
beispielhafte Gewinnung(en) mit
Fracking
Monitoring
Evaluation beispielhafte Gewinnung (wie weiter?)
66
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67
Impressum
Herausgeber/Auftraggeber
Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen
in Abstimmung mit
Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen
Gutachter/Auftragnehmer
ahu AG Wasser • Boden • Geomatik
Dr. H. Georg Meiners, Dr. Michael Denneborg, Frank Müller
Brenk Systemplanung GmbH
Dr. José B. Pateiro Fernández, Dr. Guido Deißmann, Dr. André Filby, Dr. Rainer Barthel, Thomas Cramer
IWW Rheinisch-Westfälisches Institut für Wasser
Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH
Dr. Axel Bergmann, Dr. Carsten Hansen, Dr. Frank-Andreas Weber, Prof. Dr. Elke Dopp,
Prof. Dr. Christoph Schüth
in Kooperation mit
BKR Aachen
Britta Schippers, André Simon
delta h Ingenieurgesellschaft mbH
Dr. Christoph König, Dr. Britta Rosen
FORALITH Drilling Support AG
Dirk Alfermann
FUMINCO GmbH
Stefan Fuchs, Lena Tuxhorn
Bildnachweis
Abb. 5-1: Meiners
Satz, Grafik und Gestaltung
ahu AG, Aachen
Herausgeber / Auftraggeber:
Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen
in Abstimmung mit:
Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes
Nordrhein-Westfalen
- [NRW-KV-Wesel] Frackingstudie veröffentlicht, Andi_nRw, 06.09.2012
- Re: [NRW-KV-Wesel] Frackingstudie veröffentlicht, Roy Anderson, 07.09.2012
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [NRW-KV-Wesel] Frackingstudie veröffentlicht, JochenLobnig, 06.09.2012
- Re: [NRW-KV-Wesel] Frackingstudie veröffentlicht, Edwin Burdak, 06.09.2012
- Re: [NRW-KV-Wesel] Frackingstudie veröffentlicht, JochenLobnig, 07.09.2012
- [NRW-KV-Wesel] optoutday, Manfred F. Schramm, 07.09.2012
- [NRW-KV-Wesel] Direktkandidat der PP in Wahlkreis 295, Zollernalb-Sigmaringen, Manfred F. Schramm, 07.09.2012
- [NRW-KV-Wesel] Direktkandidat der PP in Wahlkreis 295, Zollernalb-Sigmaringen, Manfred F. Schramm, 07.09.2012
- Re: [NRW-KV-Wesel] Direktkandidat der PP in Wahlkreis 295, Zollernalb-Sigmaringen, Andi_nRw, 07.09.2012
- [NRW-KV-Wesel] Direktkandidat der PP in Wahlkreis 295, Zollernalb-Sigmaringen, Manfred F. Schramm, 07.09.2012
- [NRW-KV-Wesel] Direktkandidat der PP in Wahlkreis 295, Zollernalb-Sigmaringen, Manfred F. Schramm, 07.09.2012
- [NRW-KV-Wesel] optoutday, Manfred F. Schramm, 07.09.2012
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.