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Betreff: Mailingliste der kommunalpolitisch aktiven Piraten aus Solingen
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[Nrw-ak-kommunalpolitik-solingen] Schreiben an Land von OB & Co. -Flüchlinge - Finanzierung
Chronologisch Thread
- From: Harry Schlim <harryschlim AT gmail.com>
- To: "nrw-ak-kommunalpolitik-solingen AT lists.piratenpartei.de" <nrw-ak-kommunalpolitik-solingen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: [Nrw-ak-kommunalpolitik-solingen] Schreiben an Land von OB & Co. -Flüchlinge - Finanzierung
- Date: Sat, 19 Dec 2015 14:17:33 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nrw-ak-kommunalpolitik-solingen>
- List-id: <nrw-ak-kommunalpolitik-solingen.lists.piratenpartei.de>
Ahoi,
das pdf kann ich wieder nicht anhängen....
VG Harry
Sehr geehrter Herr Minister Jäger,
mit großer Sorge haben wir die Daten der ersten Modellrechnung zum Auszahlungsbetrag gemäß § 4
Abs. 1 FlüAG für 2016 zur Kenntnis nehmen müssen. Danach erhielte die Stadt Solingen für die aufgenommenen
Flüchtlinge im Jahr 2016 den Betrag von 16.223.229 Euro. Dieser Betrag reicht bei weitem
nicht aus, um den größten Teil der der Stadt Solingen entstehenden Kosten zu decken.
Die Stadt Solingen engagiert sich wie viele andere Kommunen sehr, um die beständig anwachsende
Zahl an Menschen, die bei uns Zuflucht, Obdach und Hilfe suchen, vernünftig zu versorgen und eine
gute Integration zu leisten. Derzeit gibt es, abgesehen von der mehrfach geänderten staatlichen Prognose
für das Jahr 2015, keinerlei Erkenntnisse dazu, wie sich die Zahl der Flüchtlinge im Jahr 2016 entwickeln
wird. Wir gehen auf der Basis der vergangenen Monate aktuell davon aus, dass im Jahr 2016
durchschnittlich 300 Flüchtlinge pro Monat zu uns kommen werden.
Damit wird deutlich, dass auch die bereits verbesserte Stichtagsregelung bei weitem nicht ausreichen
wird, um auch nur näherungsweise zu einer Kostendeckung zu gelangen. Mindestens 2016 (unterstellt,
dass ab 2017 die Zahl der Menschen, die als Asylsuchende zu uns kommen, der Zahl der Menschen entspricht,
die durch Rückführung, Integration in den Arbeitsmarkt oder Rechtskreiswechsel in das SGB II
das System verlassen) wird im Vergleich zu unserer bisherigen Planung ein zusätzliches Defizit von mindestens
13 Mio. € auftreten. Dabei sind die Frage, welche Notunterkünfte das Land dauerhaft in Solingen
im Rahmen der Amtshilfe nutzen wird, und die nach der durchschnittlichen Verweildauer in den
Erstaufnahmeeinrichtungen insgesamt noch nicht berücksichtigt. Da wir bereits in den vergangenen
Jahren erhebliche Konsolidierungsanstrengungen unternommen haben, sehen wir uns nicht dazu in der
Lage, ein solches zusätzliches Defizit durch weitere Sparmaßnahmen zu kompensieren.
Rathausplatz 1
42651 Solingen
Telefon 0212-290 3400
Fax 0212-290 3402
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Unabhängig davon wäre die Schließung weiterer Einrichtungen, weitere Entgelterhöhungen oder gar
eine Anhebung von Grund- oder Gewerbesteuerhebesätzen zur Finanzierung der Flüchtlingsthematik
den Bürgerinnen und Bürgern in unserer Stadt nicht vermittelbar. Dies würde ein bislang vorbildliches
Miteinander und ein großes ehrenamtliches Engagement für Flüchtlinge massiv gefährden und ausländerfeindlichen
Kräften Auftrieb geben.
Neben der Problematik der Stichtagsregelung möchten wir, wie bereits verschiedene Kollegen vor uns
und wie bereits von den kommunalen Spitzenverbänden vorgetragen, darauf hinweisen, dass ein Betrag
von 10 T€ pro Jahr und Flüchtling bei weitem nicht ausreicht, um die tatsächlichen jährlichen Aufwendungen
für die Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Integration eines Flüchtlings zu finanzieren.
An einem konkreten Beispiel können wir dies verdeutlichen: Wir verhandeln aktuell mit einem Wohl- .
fahrtsverband über den vollständigen Betrieb einer Einrichtung für 250 Menschen. Diese Einrichtung
wird derzeit im Rahmen der Amtshilfe als Notunterkunft des Landes bereitgestellt und voraussichtlich ab
März 2016 zur Unterbringung kommunal zugewiesener Flüchtlinge genutzt. Auf der Basis der Betriebsstandards
für Notunterkünfte des Landes hat uns der Wohlfahrtsverband ein Angebot über 3,6 Mio. €
p.a. unterbreitet. Unterstellt, wir akzeptierten für die kommunale Folgenutzung geringere Standards
und es gelänge, im Rahmen harter Nachverhandlungen den Angebotspreis noch einmal deutlich zu senken,
so würden die 10 T€ pro Kopf und Jahr dennoch gerade ausreichen, um die Betriebskosten komplett
zu finanzieren. Die Raumkosten, die administrativen Kosten, die Kosten für Kitaplätze und Schulversorgung
sowie weitergehende Integrationskosten blieben unfinanziert.
Dieses Beispiel macht deutlich, welche zusätzlichen Haushaltsbelastungen sich faktisch aus der Versorgung
der Flüchtlinge ergeben.
Besagte zusätzliche Haushaltsbelastungen stellen insbesondere für die Stärkungspaktkommunen ein
Problem dar. Angesichts der beschriebenen Problemlage ist die Einhaltung der gesetzlichen Auflage, für
die Städte der Stufe 1 bereits 2016, für die Städte der Stufe 2 2018 den Haushaltsausgleich mit und
2021 ohne Landesmittel zu erreichen, aufgrund der Unterfinanzierung im Flüchtlingsbereich stark gefährdet.
Die Hilfen von Bund und Land sind grundsätzlich zu begrüßen. Denn die Versorgung von Flüchtlingen ist
keine kommunale Aufgabe. Auch ist die Stichtagsanpassung und die Berücksichtigung der Geduldeten
gem. § 60a AufenthG ein richtiger Schritt. Dieser Schritt reicht aber in der aktuellen Zeit nicht aus. Wir
begrüßen daher ausdrücklich das Vorhaben der Landesregierung zu nachsteuernden Gesprächen mit
den kommunalen Spitzenverbänden. Wir regen jedoch dringend an, die „Revisionsgespräche" unter den
Erfahrungen der Entwicklung des ersten Quartals bereits im zweiten Quartal 2016 zu führen. Aus unserer
Sicht wird sich dann bereits belastbar zeigen, dass die Stichtagsregelung und ein Jahresbetrag von 10
T€, wie von uns ausgeführt, nicht ausreichend sind.
Sehr geehrter Herr Minister Jäger, über eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch in dieser Angelegenheit
würden wir uns sehr freuen.
Wir wünschen Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein frohes Weihnachtsfest und einen
guten und gesunden Start ins Neue Jahr.
Mit freyfryfflichen Grüßen aus der Klingenstadt
(Tim-a Kurzbach) (Ralf Weeke)
Oberbürgermeister Stadtkämmerer
- [Nrw-ak-kommunalpolitik-solingen] Schreiben an Land von OB & Co. -Flüchlinge - Finanzierung, Harry Schlim, 19.12.2015
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