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nrw-ak-gesundheit - [AK Gesundheit NRW] Antrag zur eGK (NRW)

nrw-ak-gesundheit AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste des AK Gesundheit NRW

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[AK Gesundheit NRW] Antrag zur eGK (NRW)


Chronologisch Thread 
  • From: DS Lawfox <dslawfox AT googlemail.com>
  • To: Mailingliste des AK Gesundheit NRW <nrw-ak-gesundheit AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [AK Gesundheit NRW] Antrag zur eGK (NRW)
  • Date: Thu, 5 Apr 2012 20:44:52 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nrw-ak-gesundheit>
  • List-id: Mailingliste des AK Gesundheit NRW <nrw-ak-gesundheit.lists.piratenpartei.de>

Es wird beantragt, der LPT 2012.2 der Piraten NRW möge beschließen, als Teil des Wahlprogramms 2013 unter Gesundheitspolitik, alternativ unter "Verbraucherschutz" oder an anderer geeigneter Stelle für die kommende Landtagswahl wie folgt zu beschließen:

Die Piraten NRW lehnen die Fortsetzung des Rollouts der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) als Schlüsselkarte zu Datensammlungen auf Zentralservern der Gesellschaft für Telematikanwendungen der elektronischen Gesundheitskarte mbH (Gematik) innerhalb der sog. Telematik-Infrastruktur (TI) und den sogenannten Online-Rollout (Daten-Anbindung der Heilberufeerbringer an das Zentralserver-System) im derzeitigen Planungsstand sogenannter „Mehrwertdienste“ für NRW mit über 16 Mio gesetzlich Versicherten ab. Dies gilt zum einen wegen der zwangsläufigen Speicherung medizinischer Daten auf Zentralservern, als auch mit Blick auf den Umstand, dass die eGK derzeitiger Prägung als Speichermedium zur Aufnahme von eRezept oder elektronischer Patientenakte und weiterer Anwendungsbereiche insgesamt ungeeignet ist, die Rechte der Versicherten bzgl. ihrer hochsensiblen und höchstpersönlichen Gesundheitsdaten zu schützen. Der "gläserne Patient" ist abzulehnen. In der derzeitigen, im vorgezogenen Rollout befindlichen Variante, dient die eGK später einzig als Schlüssel für Anwendungen, welche mit einer Zentralspeicherung der Daten und Online-Anbindungen der Leseterminals verbunden ist. Die damit verbundenen Risken des Missbrauchs der Daten sind nicht eingrenzbar, weshalb ein Zentralspeicherung ausscheidet und somit die eGK derzeit auch.

Die Piraten NRW fordern stattdessen

  • die umgehende, ergebnisoffene Einleitung eines Moratoriums bezüglich des Rollouts der eGK und des Einsatzes der Telematik-Infrastruktur der Gematik
  • während des Moratoriums das Konzept der TI unter Einsatz der eGK in allen Details durch unabhängige Gutachter auf den Prüfstand zu stellen.

Antragsbegründung (nicht Teil des Programmpunkts, jedoch Argumentationsgrundlage im Wahlkampf)

Der Stopp des Rollouts der eGK und die Durchführung des Moratoriums sind alternativlos und daher seitens der Bundesregierung ergebnisoffen anzuordnen. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand, sind bekannt und dürfen nicht totgeschwiegen werden.

Die Piraten NRW setzen sich für eine nachhaltige Initiative auf Bundesebene ein, deren Ergebnis das Moratorium, d.h. die Aussetzung des weiteren Rollouts der eGK ist.

Die Piraten NRW sehen insgesamt vor allem tatsächliche (z.B. Praktikabilität, Kosten, Sicherheit, Missbrauch) und rechtliche (z.B. Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, Datenschutzrechte, Vertragsrechte im Verhältnis zu gesetzlichen Krankenversicherungen etc.) Gefahren, die mit der Übermittlung und zentraler Speicherung hoch sensibler sog. Gesundheitsdaten verbunden sind. Diese Gefahren sind bei einem umfassenden Ansatz für die nahezu gesamte Bevölkerung, wie er der eGK und der TI zugrunde liegt, besonders groß.

Das Nutzen-Kosten-Verhältnis der eGK steht aktuell bei praktisch NULL zu schätzungsweise 9 Mrd. € bereits in dieses missbrauchsanfällige und bis heute nur rudimentär verwirklichte Projekt geflossenen Aufwendungen.

Weitere schätzungsweise 5 bis 10 Mrd. €, die das Projekt noch verschlingen soll, stehen dazu in einem weiteren, auffälligen Missverhältnis.

Die eGK stellt zurzeit nicht mehr bereit als die herkömmliche Krankenversicherungskarte. Alle anderen Anwendungen sind Zukunftsmusik und von der Beantwortung diverser, insbesondere auch rechtlich bisher nicht eindeutig geklärter Fragen abhängig.

Die Piraten NRW erkennen die Absicht, Verbesserungen der Effizienz des Gesundheitswesens und in den Behandlungsstrukturen zu schaffen, an. Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Versicherten gehen, indem sie Gefahr laufen, durch staatliche oder privatwirtschaftliche Eingriffsmöglichkeiten auch nur ansatzweise Teile ihrer Rechte auf informationelle Selbstbestimmung einzubüßen und zu einer Testgemeinschaft für ein großangelegtes IT-Projekt degradiert zu werden, welches in erster Linie auf die Generierung von profitablen „Mehrwertrenditen“ seiner Initiatoren abzielt. Eine Fortsetzung der "Planung und Entwicklung Telematik-Infrastruktur" ohne die ausschließlich dezentrale Speicherung der sensiblen, individualisierbaren Gesundheits- und Krankheitsdaten der gesetzlich Versicherten zu Lasten des Gesundheitssystems und ohne erneute Evaluierung der Systematik in allen technischen, tatsächlichen und rechtlichen Detailfragen muss unterbleiben.

Das gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der zu vermeidenden Belastung der Beitragszahler mit den damit verbundenen Kosten.

Keinesfalls darf die Einführung der eGK ohne Not unter dem Druck ministeriellen Übereifers fortgesetzt werden.

Selbst dann, wenn am Ende des Moratoriums das Aus für die eGK und Telematik der Gematik steht, wäre dies trotz der bisher aufgewendeten Kosten im Verhältnis zur Unverletzlichkeit der Grund- und Bürgerrechte hinzunehmen.

Die Piraten NRW sehen es als ihre Aufgabe im Sinne der Schaffung von Transparenz an, die Bürgerinnen und Bürger über für sie im demokratischen Sinne entscheidungserhebliche Aspekte der eGK und der Telematik-Infrastruktur aufzuklären und darüber zu informieren, dass:

  • im derzeitigen Stadium der Entwicklung der ausgegebenen und noch auszugebenden eGK und der Telematik-Infrastruktur (TI) bis auf die Stammdaten und den Versicherungsstatus praktisch nichts auf der eGK gespeichert wird
  • eine Speicherung der Gesundheits- bzw. Krankheitsdaten auf Zentral-Servern erfolgen soll.
  • das Argument der Missbrauchsverhinderung bei Leistungsinanspruchnahmen ein Scheinargument ist, um die Akzeptanz der eGK in der Bevölkerung zu steigern
  • es längst sog. dezentrale Speicherlösungen gibt (eGK_M+ mit ca. 100 MB Speichervolumen), welche nachweislich geeignet sind, den Versicherten sämtliche relevante Daten unmittelbar „auf der eGK“ tatsächlich an die Hand zu geben, falls sie dies wünschen und die ebenfalls in der TI einsetzbar wären. Diesen Einsatz sehen die Piraten als zwingende Voraussetzung für eine Fortsetzung der Entwicklung einer Telematik-Infrastruktur zur Kommunikations- und Leistungsverbesserung im Gesundheitswesen.

Da dezentrale Datenspeicherung von Gesundheits- und Krankheitsdaten in der Hand der Bürgerinnen und Bürger – etwa vermittels Einsatzes des auch innerhalb einer Telematik-Infrastruktur geeigneten Speichermediums eGK_M+ - lediglich subsidiär und nur für eine spätere Auswechslung alternativ in Betracht gezogen wird, muss die weitere Ausgabe von eGK der ersten Generation mit sofortiger Wirkung gestoppt und ein Moratorium eingeleitet werden. Im Zuge des Moratoriums müssen eGK unter besonderer Berücksichtigung der ausschließlich dezentralen Speicherungsmöglichkeit – z.B. unter Verwendung der sog. eGK_M+ - und die sie einbindende TI äußerst sorgfältig in Hinblick auf Datensicherheit, Effizienzsteigerung, Praktikabilität, Bürokratievermeidung, Nachhaltigkeit, Gewährleistung eines vertrauensvollen Arzt-Patienten-Verhältnisses, ein aus Sicht aller Beteiligten am Gesundheitswesen positives Kosten-Nutzenverhältnis, rechtliche Zweifelsfragen und darauf, dass weder Kostenträger, noch staatliche Stellen, Industrieunternehmen oder andere „Dritte“ Zugriff auf die sensiblen Gesundheits- und Krankheitsdaten nehmen können durch unabhängige Gutachter überprüft und die genannten Aspekte später gewährleistet werden.

Dies muss besonders gelten, seit in Zusammenhang mit der Organspendebereitschafts-Implementierung diskutiert wird, den Krankenkassen Lese- und Schreibrechte bezüglich der auf den Zentralspeichern landenden Gesundheitsdaten zuzubilligen. In diesem Zusammenhang soll auch eine Sperrung der eGK von Seiten Dritter möglich sein, so dass schlimmstenfalls eine Verweigerung der Behandlung beim Arzt erfolgt.

Die Vorschrift des § 291 a SGB V ist jederzeit durch Verordnung oder Änderungsgesetz in Hinblick auf Zugriffsberechtigungen aufbohrbar mit unabsehbarer Folgenabschätzung im Missbrauchs und Fahrlässigkeitsbereich. Das ist nach den Grundsätzen der Piratenpartei zum Datenschutz und zur informationellen Selbstbestimmung zwingend zu vermeiden.

Zur Förderung und Begleitung des Moratoriums sehen sich die Piraten NRW an der Seite all derer, die der eGK, ihrem Rollout und der weiteren Vorbereitung und Einrichtung zentraler Server zur Aufnahme der sensiblen Gesundheits und Krankheitsdaten von mehr als 16 Mio  gesetzlichen Versicherten in NRW und damit der zentralen Datenspeicherung mit zivilem Ungehorsam entgegen treten. Die Piraten NRW unterstützen den zivilen Ungehorsam im Rahmen der Gesetze.

Die Fortsetzung der Einführung der eGK um jeden Preis stellt angesichts bereits schätzungsweise 9 Mrd. € und weiteren, schätzungsweise bis zu 10 Mrd. €, welche letztlich dem Gesundheitswesen nicht zur Erbringung medizinischer und pflegerischer Primär-Leistungen zur Verfügung stehen, einen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip und das Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Dies entbehrt zudem jeglicher Rücksichtnahme auf die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung. Außerdem steht es der Kostendämpfung im Gesundheitswesen diametral entgegen. NRW ist aufgrund seiner Bevölkerungszahl hiervon mit 1/4 der Gesamtkosten betroffen.

Ferner liegt ein massiver Verstoß gegen § 3 a Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz vor. Telematik und eGK nebst zentraler Datenspeicherung von insgesamt über 70 Millionen Menschen sind das krasse Gegenteil von Datenvermeidung und Datensparsamkeit. Die eGK nebst TI in der derzeitigen Fassung ihrer geplanten und begonnenen Umsetzung stehen im Widerspruch zu den, im Parteiprogramm der Piratenpartei in den Punkten „Freie demokratisch kontrollierte technische Infrastruktur“ (Absatz 1) und „Privatsphäre und Datenschutz“ festgelegten Grundsätzen politischen Handelns und Denkens.

Die Bevölkerung NRWs und insbesondere die Gemeinschaft von über 16 Mio in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten benötigen eine Bürgerrechtslobby. So sind wir Piraten in der Pflicht, uns des Themas eGK nebst TI nach unserem Selbstverständnis gegenüber staatlicher, wenn auch demokratisch legitimierter Willkür anzunehmen.

Die etablierten Parteien sind durch die Bank (mit Ausnahme der Linken) in die bisherigen Entscheidungsprozesse involviert gewesen. Sie können sich daher bisherigen Entscheidungen gegenüber schlechterdings nur schwerlich in Widerspruch setzen. Sie werden also am Status quo nichts ändern (wollen), sondern gebetsmühlenartig die Vorteile propagieren, welche jedoch von den Nachteilen und Ungereimtheiten überwogen werden.

Nach Auffassung des Antragsverfassers spricht der Antrag für sich. Die Einführung der eGK einschließlich der sie basierenden, sog. TI stellt den wahrscheinlich massivsten Eingriff in die Datenhoheit der Bürgerinnen und Bürger seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland und seit der „Wiedervereinigung“ des ehemals geteilten Deutschlands in Ansehung der unbedingten Verhinderung von „Stasi reloaded“ oder „Stasi 2.0“, also eines - in diesem Fall - medizinischen Überwachungsstaates dar.

Der „gläserne Patient“ wird Ergebnis einer unüberschaubaren und nur noch durch institutionelle Organisation beherrschbaren Zentral-Datensammlung sein. Dies ist zu vermeiden. Insofern korrelieren die aufgestellten Forderungen der Piratenpartei z.B. mit Forderungen zur Vermeidung der Entwicklung und Einführung von INDECT.

Die eGK muss – die Fortsetzung ihres Rollouts und Durchführung ihrer Anwendungen, gleich ob bereits implementiert oder noch in Planung – als dasjenige Vehikel angesehen werden, mit welchem auf staatliche Anordnung eine weitere, gigantische, lebenslange und den Tod überdauernde Datensammlung auf Zentralservern unter zwar teilstaatlicher Kontrolle, aber doch in Händen privatwirtschaftlicher Unternehmen angelegt werden soll.

Die Speicherung der Krankheits- bzw. Gesundheitsdaten der Bevölkerung vermittels der eGK auf Zentralspeichern innerhalb der sog. TI ist in ihrer Architektur - soweit sie bekannt ist - und bzgl. der grundsätzlichen, technischen Geeignetheit des nach dem Gesetz (§ 291 a SGB V) vorausgesetzten Gebrauchsumfangs künftig zumindest zu einem großen Teil (auch und gerade im Bereich der freiwilligen Speicherung) zwingend. Demgegenüber scheidet die Speicherung auf der Gesundheitskarte selbst aufgrund zu kleinen Speichervolumens zurzeit aus. Auf der Karte selbst finden nach den derzeitigen technischen Gegebenheiten allenfalls die Stammdaten, der Versichertenstatus und in weiteren Schritten noch die Speicherung eines Notfalldatensatzes und/oder die Organspendebereitschaft Platz.

Abgesehen, dass für einen Organspendevermerk auf der eGK derzeit noch die Rechtsgrundlage fehlt, fehlen die technischen Spezifikationen hierfür.

Hinzu kommt, dass weder die Sicherheit der eGK und der Telematik, noch die Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Versicherten oder die wirtschaftliche Effizienz für das Gesundheitswesen bzw. die Steigerung der Behandlungsqualität bislang durch unabhängige Gutachten nachgewiesen sind; dies gilt ebenso wenig hinsichtlich der bisherigen und der voraussichtlich noch aufzuwendenden Gesamtkosten, deren Offenlegung und Transparenz bislang nicht gegeben sind. Angesichts des Umstands, dass die eGK und die Telematik aus Steuermitteln vorfinanziert und über Mittel der Beitragszahler refinanziert sind, ist eine Offenlegung der Telematik- und eGK-Bilanzen zwingend.

Dies alles lässt das geforderte Moratorium bezüglich des Rollouts der eGK aus Sicht der Piratenpartei Deutschland *alternativlos* erscheinen.

Sämtliche Sicherheitskriterien, Praktikabilitätsstudien, Anwendungs-Feldversuche und Kosten-/Nutzen-Rechnungen sind entweder nicht validiert worden, nicht abgeschlossen, gescheitert oder gar nicht erst begonnen worden. Die Deutschen Ärztetage (seit dem 110. bis zum zuletzt 114. im Jahre 2011) und nicht zuletzt auch die Bürgerinitiative „Stoppt-die-e-Card“ sowie zahlreiche anere Organisationen und Verbände des Gesundheitswesens, auch Organisationen, welche sich originär für die Rechte der Versicherten einsetzen, die freie Ärzteschaft, Wissenschaftler, Ökonomen und IT-Experten und Sicherheits-Experten bis hin zum Chaos Computer Club fordern seit langem mit Blick auf die Rechte der Versicherten die zumindest vorläufige Einstellung des Projekts (Moratorium) oder dessen vollständige Beendigung. Sämtliche Mahnungen oder Forderungen blieben bislang mehr oder weniger ungehört. Die Regierungen – gleich welcher Konstellation – lassen nicht von diesem Geld vernichtenden und unnützen Projekt ab, sondern versuchen es nun mit aller Macht durchzupeitschen.

Dieses Vorgehen ist aus Sicht der bisherigen und unveränderten Programmatik der Piratenpartei auch weiterhin mit aller Entschiedenheit ebenso abzulehnen. Der Antragsverfasser sieht keinen Widerspruch darin, dass sich die Piratenpartei teilweise Forderungen der heute an der Regierung beteiligten FDP bedient und diese – wenn auch teils in abgeänderter Fassung – teilweise übernimmt („Inhaltliche Zielsetzungen des Moratoriums im Einzelnen“). Denn sowohl der Moratorium-Antrag der FDP aus dem Jahre 2008, als auch der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP aus dem Jahre 2009 stellen das Postulat auf, die Fortsetzung des Projekts „eGK“ auszusetzen oder auf sie zu verzichten, falls sich nicht ihr unbedingter oder mit überschauberen finanziellen Mitteln zu erzielender Nutzen für das Gesundheitswesen weitestgehend zweifelsfrei darstellt. Dies ist im derzeitigen Stadium der Entwicklung der Telematik nicht der Fall. Weder der Notfalldatensatz, noch das eRezept sind implementiert, geschweige denn weitere Anwendungsspezifika wie z.B. die elektronische Patientenakte.

Die im Rollout befindliche eGK mit TI „kann“ nicht mehr, als die bisherige Versichertenkarte. Das Nachladen der TI und damit die Erweiterung der "Fähigkeiten" der eGK durch weitere Anwendungen sind sowohl zeitlich als auch umfänglich oder kostenmäßig völlig unbestimmt. Dasselbe gilt hinsichtlich der flächendeckenden Konnektierung aller Arztpraxen, Krankenhäuser und anderer Erbringer medizinisch relevanter Dienstleistungen.

Fakt ist, dass der Großteil von den Versicherten selbst finanziert wird. Soweit die Versicherten nicht unmittelbar an der Finanzierung beteiligt sind, findet eine privatwirtschaftliche Finanzierung aus den Gesellschafterkreisen der Gematik GmbH statt, wobei man sich fragt, worin deren Rendite bestehen wird und wie diese generiert werden soll, falls nicht z.B. vermittels Beteiligungen an der IT-Industrie, an der unmittelbaren Beteiligung an der Vermarktung des Systems oder sogar an der Partizipation am Datenschatz. Rückflüsse von Mitteln der Vermarktung des Gesamtsystems der eGK + TI zum Gesundheitssystem – etwa aus Know How-Export-Erträgen – sind nirgendwo im Gesetz verankert, so dass davon auszugehen ist, dass die Gesellschafter der Gematik Profite unter Ausschluss der Gemeinschaft der Versicherten selbst einstreichen werden. Damit die Verwertungsrechte in Frage gestellt, welche notwendigerweise mit einem Rückfluss-System zu Gunsten des Gesundheitswesens, sprich zu Gunsten des Leistungsbereichs notwendigerweise verknüpft werden müssten.

Insbesondere aber wäre selbst bei positiver Beantwortung von Kosten- oder Nutzenfragen die Tatsache nicht beseitigt, dass sämtliche Daten – seien es sog. freiwillige oder zwangsläufige Daten – auf Zentralservern der Gematik, also eines quasi mit staatlicher Organisations- und Hoheitsgewalt ausgestatteten Privatunternehmens als „Beliehene“ unter dem Deckmäntelchen der sog. Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gespeichert würden. Die beabsichtigte, zentrale Speicherung gigantischer Datenvolumina von über 70 Millionen Menschen innerhalb eines Staatsgefüges weckt bezogen auf einen stark prosperierenden Gesundheitsmarktes im Inland und angesichts einer – Bestehen im Massen-Feldversuch in Deutschland unterstellt – mehrere zig Milliarden Euro betragenden Wirtschaftlichkeitsprognose Aufmerksamkeit und Begehrlichkeiten auch über die Landesgrenzen hinaus.

Nicht zuletzt wecken ein solches Projekt und solchermaßen unendlich große Datensammlungen grundsätzlich auch Begehrlichkeiten krimineller Elemente und lassen mit Blick auf die ungeklärten Fragen der Sicherheit das Risiko der Schaffung eines potentiellen Ziels für Angriffe auf die Daten und Server aller Art bis hin zu Erpressbarkeits-Szenarien von nicht einschätzbarem Ausmaß ohne weiteres zu.

Und so ist es weniger eine Frage, ob und mit welchen Enkryptierungs-Verfahren die Daten auf den Zentral-Servern geschützt werden können, als vielmehr eine Frage, was passiert, wenn solche Server insgesamt zerstört, temporär unbrauchbar gemacht oder gestohlen würden, oder in die Gewalt irgendwelcher Mächte gerieten, deren Interesse es nicht einmal sein muss, die Daten der einzelnen Versicherten auszulesen. Auch dies sind Fragen, die nach meiner – des Antragsverfassers – Recherche bislang als ungeklärt angesehen werden müssen. Insoweit auf den Worst Case zu warten und zu hoffen, dass dies schon nicht passieren wird, wäre in höchstem Maße grob fahrlässig.

Dabei käme es schließlich auch nicht darauf an, ob ein Teil der Bevölkerung die Speicherung der Daten verweigerte und ein anderer Teil der Datenspeicherung zustimmte.

Einige der Ungereimtheiten und bereits heute erkennbare und bekannte, sowie zu überprüfende Gesichtspunkte, die insbesondere für die Notwendigkeit des sofortigen STOPPs des Rollouts sprechen, werden nachfolgend explizit aufgezeigt:

(Ende)

Beste Grüße
Dietmar aka DSLawFox

On Twitter: @dslawfox




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