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nds-kv-nordost - Re: [Nds-kv-nordost] (kein Betreff)

nds-kv-nordost AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreisverband Heidepiraten (Niedersachsen)

Listenarchiv

Re: [Nds-kv-nordost] (kein Betreff)


Chronologisch Thread 
  • From: Peter Lührs <Peter_Luehrs AT gmx.de>
  • To: "titus tscharntke" <titustscharntke AT yahoo.de>, "Kreisverband Heidepiraten (Niedersachsen)" <nds-kv-nordost AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Nds-kv-nordost] (kein Betreff)
  • Date: Mon, 08 Oct 2012 03:12:17 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/nds-kv-nordost>
  • List-id: "Kreisverband Heidepiraten \(Niedersachsen\)" <nds-kv-nordost.lists.piratenpartei.de>

Hallo Titus, hallo alle anderen,

ich wurde schon von Torbjörn auf den entsprechenden Programmpunkt gemäß Antrag aufmerksam gemacht: Tatsächlich wurde dieser beim LPT 2012.3 beschlossen wie im Protokoll nachzulesen ist: http://wiki.piratenpartei.de/NDS:Landesparteitag/2012.3/Protokoll_LPT
Den Weg in das Programm hat es in direkter Form anscheinend aber noch nicht gefunden, zumindest finde ich es nicht in dem Wiki (http://wiki.piratenpartei.de/NDS:Parteiprogramm).

Die Frage hier ist vor allem, was mit "gentechnikfreie Region" gemeint ist. Ich vermute, dass der Antragsteller sich an der Definition des BUND (http://www.gentechnikfreie-regionen.de/regionen-gemeinden/definitionen/definition-gentechnikfreie-region-gfr.html) orientiert. Ist dies der Fall, handelt es sich in der Tat nicht um eine generelle Ablehnung von Gentechnik in diesem Programmpunk, sondern in der Tat vorallem Anwendungen der Grünen Gentechnik. Dies ist aus dem Programmpunkt, wie im Antrag vorgeschlagen, so leider nicht klar ersichtlich.

Allerdings heißt dies nicht, dass es sich hier nur um Nahrungsmittel/Futterproduktion mit Anbau im Freiland handelt, es geht hier durchaus weiter. Es sind zum Beispiel auch Forstwirtschaft sowie Energiepflanzenproduktion betroffen, dann natürlich auch die Viehaltung (wenn man diese nicht ohnehin unter Nahrungsmittelproduktion zählt), insofern hier evtl. Gentechnisch Veränderte Organismen (GVOs) verfüttert werden. Unklar ist mir auch, in wie fern Verarbeitungsprodukte von GVOs (z.B: Stärke aus transgenen Kartoffeln oder in transgenen Bakterien produzierte Medikamente) entsprechend der Definition des BUND dem Futter von Tieren beigesetzt werden dürfte.

Weiterhin enthält der Programmpunkt die Klausel: "und die Freisetzung und der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht gestattet ist." Dies ist nicht ganz klar formuliert und kann zweierlei bedeuten. Erstens, dass der Anbau im Freiland nicht gestattet ist oder zweitens, dass sowohl die Freisetzung als auch der Anbau nicht gestattet sind. Letzteres - und so würde ich den Programmpunkt tatsächlich lesen - würde bedeuten, dass in Nidersachsen auch für Forschungszwecke ein Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen untersagt ist, denn Anbau in geschlossenen Bereichen (Gewächshäuser) ist ebenfalls Anbau entsprechender Pflanzen.

Fakt scheint mir aber zu sein, dass es sich hier nicht um eine so generelle Form der Ablehnung von Gentechnik handelt, dass hier jegliche Form derselben untersagt würde - allerdings scheint er jegliche Beschäftigung mit Grüner Gentechnik zu untersagen, die über die Zellkultur hinausgeht.

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Meiner Meinung nach geht der Antrag zu weit:

Erstens schränkt er die Land- und, so denke ich, vorallem Forstwirte unnötig ein. Vorallem da die Forstwirtschaft große Vorteile mit GVOs erzielen kann, die bei der Ausbringung ins Freiland allerdings garkeine Transgene mehr tragen. Zudem sind die Zulassungsvorschriften für GVOs so strikt wie keine Anderen im Anbau von Pflanzen. Sei dies bei der Einbringung von Neophyten (die evtl. desaströse Auswirkungen auf das Ökosystem haben können als auch Allergene tragen können, die für den Europäer besonders gefährlich sind) als auch bei herkömmlichen Züchtungen (ein Begriff, der recht harmlos daherkommt, hinter dem sich aber eine erstaunliche Anzahl an ausgeklügelten Techniken verbirgt die manch einen aufhorchen lassen würden. Z.B: radioaktive Bestrahlung), welche ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotenzial mit sich bringen. Ich denke daher also, dass man die Entscheidung zu einen Zusammenschluss zu GFRs nicht politisch 'von Oben herab' den Land- und Forstwirten aufoktroyiern sollte, sondern Vielmehr diese Entscheidung der Kommunalen, weil den betroffenen Menschen näheren, Ebene oder besser gleich den direkt betroffenen Land- und Forstwirten überlassen sollte.

((Als Beispiel für die Risiken herkömmlicher Züchtung sei der Fall einer nach EU-Norm zugelassenen Kartoffel-Neuzüchtung genannt, deren Knollen eine thermoresistente Solaninvariante enthielten. Anders gesagt: Die Kartoffeln waren auch nach dem Kochen nicht zum Verzehr geeignet und mussten, nachdem einige Personen nach dem Genuß derselben starben und viele andere schwere gesundheitliche Schäden davontrugen, vom Markt genommen werden.))

Zweitens, und das halte ich für viel entscheidender, würde das heißen, dass sich die Piratenpartei für eine nicht unerhebliche Einschränkung von Forschung (und Lehre) in nahezu allen Gebieten der botanischen Forschung einsetzen. So sehr ich mich auch gegen den Trend streube biologische Forschung auf genetische Experimentaltechniken zu beschränken, so sind auch für mich moderne gentechnische Methoden aus der Forschung nicht wegzudenken. Dies betrifft im Übrigen nicht nur die Forschung an GVOs für die kommerzielle, landwirtschaftliche oder sonstiege Nutzung. Insbesondere betroffen ist hier die Grundlagenforschung in der Pflanzenphysiologie, Entwicklungsbiologie und anverwandten Fächern, die gentechnische Methoden zur Aufklärung von Prozessen innerhalb der Pflanze verwenden.

Ich bin daher für eine Ersetzung des Programmpunktes durch eine bei weitem weniger restriktive Variante, die sich an der meines Erachtens schon recht guten Rechtslage orientiert, aber dabei deren Schwächen erkennt und versucht diesen konstruktiv zu begegnen (vorallem in Punkto  Definition & Operationalisierung von ökologischem Schaden). Ich habe dazu auch schon einen Vorschlag zusammengeschrieben, an dem jeder herzlich eingeladen ist, sich zu beteiligen: https://heidepiraten.piratenpad.de/243

((Um abschätzen zu können, wie restriktiv die derzeitige Gesetzgebung zum Anbau von GVOs in Deutschland ist, muss man sich nur vor Augen führen, dass zur Zeit prinzipiell 2 GV-Maislinien und 1 GV-Kartoffellinie in der EU zum Anbau zugelassen sind, davon aber nur eine der Maislinien (MON810) kommerziell angebaut werden darf, da zusätzlich noch die entsprechende Saatgutverkehrgenehmigung vorliegen muss. Dieser auch als Bt-Mais bekannte Mais, der ein Toxin gegen den Maiszünsler in seinem Gewebe produziert, das sonst in Bacillus thuringensis (daher Bt) natürlich vorkommt und in dieser Form im Biolandbau zur Anwendung kommt,darf zur Zeit in Deutschland allerdings auch nicht angebaut werden. Damit sind im Moment keine GVOs zum Anbau in Deutschland zugelassen. Da darüber hinaus die Vorschriften, Genehmigungskosten und zu erwartenden Verluste beim Freilandanbau von GVOs in  Deutschland sehr hoch sind, beschränkt sich auch F&E weitgehend auf Labore, Klimakammern und Gewächshäuser und es finden noch kaum Freilandversuche statt. Insofern eine GFR nach der definition des BUND schon mit einer 2/3 Deckung als solche gezählt wird ist Deutschland ohnehin - im Moment - eine einzige zusammenhängende "GFR".))

Jetzt habe ich hier ja einen halben Roman geschrieben. :)

Grüße
Peter


Am 07.10.2012, 23:17 Uhr, schrieb titus tscharntke <titustscharntke AT yahoo.de>:

Hallo,
beim Stammtisch in LG wurde von einem Antrag berichtet der jegliche Form von Gentechnik in Niedersachsen untersagen würde.
Ich vermute das ist der hier :

Für mich liest sich das aber nicht so, als ob wir gegen jegliche Gentechnik wären, sondern es geht hier doch explizit um sogenannte "grüne Gentechnik"
zur Nahrungsmittel/Futterproduktion mit Anbau im Freiland ? Oder sehe ich einfach nur den Knackpunkt nicht ?
Wer kann mich da mal erhellen? ( Liest Peter das hier vielleicht ? )

Gruß Titus





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