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muenster - [MS Piraten] Eindrucksvolle Haushaltsrede der Piraten in der BV Südost

muenster AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreis Münster/ NRW

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[MS Piraten] Eindrucksvolle Haushaltsrede der Piraten in der BV Südost


Chronologisch Thread 
  • From: Peter Hemecker <Peter+Hemecker AT news.piratenpartei.de>
  • To: muenster AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [MS Piraten] Eindrucksvolle Haushaltsrede der Piraten in der BV Südost
  • Date: Tue, 28 Nov 2017 12:18:53 +0000
  • Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver


Hallo !
In der letzten Sitzung der Bezirksvertretung Münster-Südost hielt Birgit eine "imposante" (wie ein Redakteur der WN es formulierte) Haushaltsrede, an der sie vorher - nach umfangreichen Recherchen - drei Tag lang gearbeitet hatte.
Die WN berichtete in ihrer Stadtteilausgabe davon.

Hier der Text der Rede :

"Sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen der Bezirksvertretung,
sehr geehrte Frau Groh und Herr Stracke,
liebe Bürgerinnen und Bürger,

der letzte Redner hat es schwer - frei nach Karl Valentin, „weil schon alles gesagt ist, nur noch nicht von allen“. Dennoch glaube ich einige neue, hier noch nicht erwähnte Aspekte beitragen zu können, die mir elementar bei der Betrachtung der Haushalte der Stadt Münster einerseits und der Bezirke anderseits erscheinen.

Alle Jahre wieder muss der Oberbürgermeister "seinen" Haushaltsentwurf dem Rat der Stadt zur Genehmigung vorlegen. Hier in Münster ist das Zahlenwerk natürlich mit der seit 72 Jahren fast ununterbrochen mit- oder alleinregierenden CDU und den seit Frühjahr 2016 mitregierenden Grünen abgesprochen. Dies kann man schwarz auf weiß im „Bündnisvertrag 2016-2020 CDU – Die Grünen“ nachlesen. Dort findet man folgende „Regelungen für die Zusammenarbeit im Bündnis:
„Wechselnde Mehrheiten sind grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind.
Gegenstände, die nicht ausdrücklich in der Bündnisvereinbarung geregelt sind, werden im Vorfeld anstehender Entscheidungen zwischen den Bündnispartnern beraten und ein Verhalten im gegenseitigen Einvernehmen abgestimmt.“
Unter dieser Voraussetzung fragt man sich, welchen Spielraum haben andere Parteien überhaupt noch, und welchen haben die Bezirke?

Nicht nur im Rat, sondern auch in den Bezirksvertretungen setzt man sich jedes Jahr natürlich mit dem Haushalt auseinander, denn Themen wie Schulen, Sportplätze, Friedhöfe, Spielplätze etc. betreffen jeden Stadtbezirk. Und jedes Jahr aufs Neue werden dementsprechend Veränderungsblätter zum Haushaltsplan-Entwurf eingereicht. Es ist bewundernswert, mit welchem Gleichmut das jedes Jahr geschieht, denn die Anregungen aller Bezirksvertretungen sind - zumindest seit dem Jahr 2012 (hier beginnt die elektronische Dokumentation) - noch nie in den Haushaltssatzungen aufgegriffen worden. Und das, obwohl sich die Anregungen der Bezirksvertretungen sehr in Grenzen halten. Über alle Bezirksvertretungen hinweg gab es in all den Jahren nie mehr als eine Handvoll Anregungen.

Setzt man die Haushaltmittel, die der Stadt Münster zur Verfügung stehen, ins Verhältnis zu den Haushaltsmitteln, die die Stadt den Bezirken zugesteht, wird klar, dass alle Stadtbezirke vom städtischen Haushalt mit viel zu geringen Mitteln ausgestattet werden. Der Etat aller Bezirksvertretungen zusammen macht gerade einmal 0,05 % des städtischen Haushalts aus. Der städtische Haushalt wächst jedes Jahr zudem um 2-stellige Millionenbeträge, während die bezirklichen Haushaltsmittel seit Jahren stagnieren. Man wird nun sagen, Münster sei eine wachsende Stadt und damit würden sich die Ausgaben zwangsläufig erhöhen. Die Stadt wächst aber nicht am Prinzipalmarkt, d. h. in der Innenstadt, sondern vor allem in den einzelnen Stadtteilen und dort gehört das Geld hin !

Dies lässt sich am Beispiel Spielplätze besonders gut belegen, denn mit der Zunahme der Bevölkerung nimmt auch die Anzahl der Spielplätze zu. Dies wäre eigentlich eine erfreuliche Entwicklung, aber die Bezirke müssen nun bei gleichbleibenden Haushaltsmitteln immer mehr Spielplätze sanieren. Zusätzlich müssen auch die gestiegenen Kosten mitberücksichtigt werden. Das alles führt dazu, dass der jährliche bezirkliche Etat immer mehr von Spielplatzsanierungen aufgebraucht wird. Aus diesem Grunde hatte auch die SPD-Fraktion in der BV-West schon für das Haushaltsjahr 2017 für alle sechs Bezirksvertretungen zusätzliche Mittel von 200.000,- Euro beantragt, um den Spielplatzsanierungsstau ein wenig abzufangen. Denn es kann nicht sein – wie auch im dem Antrag beklagt – dass der Etat für Spielplatzsanierungen zu Lasten anderer Aufgaben wie in den Bereichen Kultur oder Vereinsarbeit verbraucht werden muss. Statt aber den Betrag auf die sechs Bezirke zu verteilen, beschließt der Haupt- und Finanzausschuss das Geld für Leuchtturmprojekte wie die Neukonzeptionierung von Spielplätzen und insbesondere für bezirksübergreifend herausragende Abenteuerspielplätze auszugeben. Aber das löst das Dilemma in den Bezirksvertretungen nicht, sondern verstärkt es noch, denn auch diese Vorzeigespielplätze müssen gewartet werden – und zwar zusätzlich zu den jetzt schon nicht ausreichenden Haushaltsmitteln.

Neben den Aufwendungen stellt auch der Stellenplan eine wichtige Position im Haushalt dar. Auch hier lohnt sich ein Vergleich mit den Bezirken. Der Haushaltsausgleich erfordert Ausgabendisziplin, während die ‚wachsende Stadt‘ Stellenvermehrungen fordert. Zu der Ausgabendisziplin tragen aber eher die Stadtränder bei, obwohl gerade dort – und überproportional in Südost – die größten Bevölkerungszuwächse zu schultern sind. So wurden 2015 die Stellen in den Bezirksverwaltungen Ost und Südost zusammengelegt, obwohl diese Stadtteile immer weiter wachsen und damit immer mehr Bürgerservice vor Ort nachgefragt wird. 2014 - mit Beginn der laufenden Wahlperiode - wurde in den Bezirken auch bei der Niederschrift der Rotstift angesetzt. Die Stellen für Stenogrammaufnahmen bei Bezirksvertretersitzungen wurden gestrichen. Bis dahin enthielten die Niederschriften eine gedrängte Wiedergabe des Verhandlungsverlaufs, was für eine transparente Wiedergabe der Positionen der Parteien elementar ist. Stenogrammaufnahmen hielt man aber für entbehrlich, denn für die inhaltliche Wiedergabe des Verhandlungsverlaufs gebe es – so wurde mir neulich allen Ernstes mitgeteilt – die anwesenden Medien als geeignete Mitteilungsforen. Was für die Bezirksvertretung gilt, gilt aber noch lange nicht für den Rat. Denn dort werden nach wie vor alle Sitzungen selbstverständlich ausführlich protokolliert. Diese Ungleichbehandlung ist nicht hinzunehmen.

Seit Oktober 2004 darf sich Münster lebenswerteste Stadt der Welt nennen. Münster wusste in fünf Kategorien zu überzeugen. Eine davon war die „Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger“. Dazu passt es nicht, sich zu überlegen, was sich bei den Bezirksverwaltungen, die ja gerade der direkte Anlaufpunkt für Bürger sind, noch mehr einsparen lässt. Vor allem, wenn man bedenkt, dass dezentrale Anlaufpunkte auch einen nicht zu unterschätzenden Beitrag dazu leisten, das Verkehrschaos in der Innenstadt nicht noch weiter eskalieren zu lassen.

Wenn man die Politikverdrossenheit der Bürger nicht weiter beklagen will, sollte man sich vielleicht auf solche Kardinaltugenden wie „Bürgerservice vor Ort“ und „brauchbare Niederschriften“ besinnen. Oder ist man vielleicht sogar froh, dass der Bürger sich frustriert zurückgezogen hat ?

Jedenfalls lautet mein Fazit:
Solange die Stadtränder derart abgehängt werden, dass ihr Haushaltsetat eher einem Almosen gleicht, solange die Veränderungsvorschläge zum Haushaltsplan-Entwurf ignoriert werden, die Personaldecke in den Bezirksverwaltungen weiter ausgedünnt wird und sich der Rat eine Stenogrammaufnahme genehmigt, bei der Bezirksvertretung aber daran spart – solange werden ich dem Haushalt nicht mehr zustimmen.

Herr Bezirksbürgermeister, sehr geehrte Bezirksvertretungsmitglieder, liebe Verwaltungsmitarbeiter, liebe Bürgerinnen und Bürger, auch ich wünsche Ihnen und Ihren Familien „Frohe Weihnachten“ und „alles Gute im Neuen Jahr“

Birgit Hemecker Mitglied der Bezirksvertretung Münster-Südost Piratenpartei Kreisverband Münster"



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