Re: [MS Piraten] Rat 13.11.2013 - Vorlage 0664/2013 - PTA-Schule

[Peter Hemecker <Peter+Hemecker AT news.piratenpartei.de>]

Hallo !
Ich habe die Vorlage und die Presseartikel zu diesem Thema durchgearbeitet 
:

Die PTA-Schule (korrekt : Lehranstalt für Pharmazeutisch Technische 
Assistenten) gibt es seit 1970 und sie ist eine von 14 Schulen gleicher 
Art in NRW. Es handelt sich um eine städtische Schule der Stadt Münster. 
Man hat durch Beschluss des Rates von 2011 die Schule von 2 Klassen pro 
Jahrgang auf eine reduziert. Ausgebildet werden können daher an ihr ab 
dem 1.9.13 nur noch 72 Auszubildende, bis dahin waren es 144. 
Untergebracht ist sie in der oberen Etage der Bodelschwingh-Grundschule an 
der Gutenbergstr. (930 qm) u. mit 4 Räumen in der Overbergschule (360qm). 
Im Gegensatz zu anderen Lehrberufen erfolgt die Ausbildung nicht im 
Betrieb (also der Apotheke) sondern 2 Jahre lang in der Schule, der ein 
sechsmonatiges, bezahltes Praktikum in der Apotheke folgt; danach gibt es 
eine mündl., schriftl. u. praktische Prüfung. Voraussetzung ist ein 
Realschulabschluss (oder gleichwertiges). Bei den Auszubildenden handelt 
es sich fast ausschließlich um Frauen.

Die Schule wurde bislang finanziert durch Schulgeld 183,- 
EUR/Schülerin/Monat, durch das Land NRW mit 25 % der Kosten, aber nur bis 
zu 73,- EUR/Schülerin/Monat, durch einen kleineren Betrag der Kammer 
(etwa 10,- EUR), den Rest füllte die Stadt Münster auf. 2010 betrug der 
Zuschuss durch die Stadt Münster z.B. 148.000,- EUR.

Die PTA-Schule ist seit Jahren durch die Politik gebeutelt : Alljährlich 
wird die Weiterführung in Frage gestellt, wodurch es dazu kommt, dass 
sich auf Grund der Unsicherheit zunächst nur wenige Schüler anmelden. 
Wenn dann die Weiterführung beschlossen wird, sind viele schon 
anderweitig untergekommen und die Schulleitung wirbt verzweifelt um 
Schüler, wodurch statt der vorgesehenen 72 Schüler pro Jahrgang (bis 
2013) nur 48-62 dort die Ausbildung aufnahmen. Das wird dann von der 
Politik im nächsten Jahr als Argument benutzt, die Existenz der Schule 
erneut in Frage zu stellen, weil vermeintlich zu wenige Schüler Interesse 
haben und jede nichtbesetzte Stelle die Stadt 266,- EUR pro Monat kostet. 
Um die Schule aus der städtischen Trägerschaft zu entlassen (und um 
damit Kosten zu sparen), wird seit 2006 nach einem privaten Träger 
gesucht. Die Angebote waren aber nicht sonderlich kostensparend, sodass 
bis heute kein Träger gefunden werden konnte. Die diesbezüglichen Pläne 
werden von der Verwaltung mithin als endgültig gescheitert bezeichnet. 
Das gleiche gilt für die Idee, die PTA-Schule in ein staatliches 
Berufskolleg zu überführen, was den Schülern das Zahlen des 
Schuldgeldes erspart hätte.

Seit März 2013 ist das Land NRW von der Finanzierung abgesprungen. Das 
bedeutet, dass auf die Stadt weitere 63.072,- EUR jährlich (bei voller 
Auslastung) zukommen. Die Stadt muss nun entweder den NRW-Anteil 
übernehmen, das Schulgeld erhöhen oder die Schule aufgeben. Aber auch 
eine Aufgabe der Schule würde durch Abfindungen und Gebäudekosten weiter 
laufende Zahlungen der Stadt bis 2032 bedeuten, wenn auch natürlich in 
geringerem Umfang. Allerdings könnte das Gebäude von der ebenfalls dort 
ansässigen Grundschule genutzt werden, die bereits seit längerem ein 
Auge darauf geworfen hat und derzeit diverse Kurse in Containern abhalten 
muss.

Anfang 2013 hat sich auch die Apothekenkammer in die Diskussion 
eingeschaltet, die mit Unterschriftenaktionen, einer Petition an den 
Landtag, u.ä. gegen die auslaufende Unterstützung durch das Land NRW 
protestierte. Sie befürchtet Nachwuchsprobleme für die münsteraner und 
münsterländischen Apotheken, einen damit einhergehenden 
Qualitätsverfall bei dem nachrückenden Personal, usw. Die Proteste der 
Kammer sind aber heuchlerisch, denn man hat ihr bereits vor Jahren 
angeboten, die Schule zu übernehmen. Weiterhin gab es Gespräche, dass 
durch eine jährliche Zuzahlung von nur 250,- EUR pro Apotheke der nun 
fehlende Zuschuss des Landes ausgeglichen werden kann. Die Kammern weigern 
sich aber strikt, eine Kostenumlage zu zahlen u.a. mit der Begründung, 
dass auch andere Gewerbezweige wie Laboratorien, die Industrie, Behörden 
und Krankenkassen von den Absolventen der Schule profitierten.

Die Landesregierung NRW betont bei ihrer Entscheidung, dass auch die 
Ausbildung anderer Heilberufe, wie Krankenpfleger und Physiotherapeuten, 
nicht vom Staat bezuschusst werden. Andererseits stellt sich die Frage, 
wieso der Apotheker (mit nachher deutlich besseren 
Verdienstmöglichkeiten) eine kostenlose Ausbildung in Form des Studiums 
erhält, die Apothekenhelferin aber nicht.

Die Argumente pro Erhalt der Schule sind weiterhin, dass die räumlich 
nächsten Schulen in Osnabrück, Hamm und Dortmund liegen (deren Existenz 
ja ebenfalls fraglich ist) und dass ein Pendeln unzumutbare Wege für die 
Auszubildenden bedeutet, die ja – im Gegensatz zu anderen 
Ausbildungsberufen - keine Vergütung erhalten, sondern sogar noch 
Schulgeld bezahlen müssen. Zwar gibt es in Münster reichlich (zu viele?) 
Apotheken, aber der Nachwuchs an Helfern sollte durch qualifiziertes 
Personal zum Wohle und zur Sicherheit der Patienten/Kunden gewährleistet 
werden. Zum anderen handelt es sich um einen Ausbildungsberuf mit sehr 
guten späteren Beschäftigungschancen. Die Absolventinnen können im 
Beruf wohnortnah arbeiten, Job und Familie lassen sich durch flexible 
Arbeitszeiten vereinbaren, ein Wiedereinstieg nach einer Babypause ist 
zudem problemlos möglich.

Andererseits kommen auf die Stadt weitere jährliche Kosten von 60.000,- 
EUR zu. Falls man die Schule streicht, fallen diese nicht nur nicht mehr 
an, sondern es fallen auch etwa 200.000,- *) EUR für den bisherigen 
Zuschuss weg.

Man könnte auch das Schulgeld anheben, was dann aber einen monatlichen 
Betrag von über 300,- EUR pro Schülerin bedeuten würde, was für viele 
eine nicht zumutbare Belastung wäre. In der Vorlage der Verwaltung wird 
die Anhebung hingegen befürwortet und man will bis 2015 eine 
Beschlussvorlage erstellen.

Die Verwaltung empfiehlt in der Vorlage die Weiterführung der Schule, 
trotz der Einstellung der Landesförderung. Zudem kommt die Vorlage 
bereits jetzt zur Abstimmung (und nicht erst bei den Haushaltsberatungen), 
damit sich die Schüler rechtzeitig zum nächsten Jahrgang anmelden 
können (s.o.).

Im Rat sieht es derzeit wie folgt aus : SPD u. Grüne für den Erhalt der 
Schule, CDU leicht, FDP stark dagegen.

In der vorletzten AKKMS-Sitzung hatten wir das Thema ausführlich 
besprochen. Die Eckpunkte der Ansichten seien hier nochmal kurz angerissen 
:

Pascal : Könnte man bei Aufgabe der Schule mit dem Geld nicht etliche 
andere Projekte finanzieren ? Jetzt kommen durch Wegfall des 
Landeszuschusses ja noch zusätzliche Kosten auf die Stadt zu.

Heiko : Gehören PTA-Schulen zur Grundversorgung ? Eher nicht.

PeterHo : Bildung gehört zum Programmschwerpunkt der Piraten, daher pro 
PTA-Schule.

Birgit : Kompromiss; bei Streichung der PTA-Schule sollte das Geld in 
andere Bildungsprojekte fließen und nicht versickern oder zum 
Schuldenabbau verwendet werden.

Heiko und Pascal : Wenn die Stadt die PTA-Schule übernimmt, entfällt der 
Druck auf die Apothekerkammer.

PeterHe : Einen Kampf um den Erhalt der Schule könnten wir werbewirksam 
für die Piraten einsetzen.

Martin : Es gibt Argumente für beide Seiten, daher neutral.

*) Ersparnis lt. Verwaltungsentwurf von Ende 2012 für den Haushalt 2013; 
dürfte jetzt niedriger ausfallen, da die Schule nur noch einzügig ist.

Soweit meine Expertise zur Vorlage V/0664/2013, die in der nächsten 
Ratssitzung zur Abstimmung steht.
Grüße
Peter

Pascal Powroznik schrieb:

> Danke, dass mich Peter Horstmann nach Themen der nächsten Ratssitzung 
> gefragt hat, folgend ein Ausschnitt:
> ...
> https://www.stadt-muenster.de/sessionnet/sessionnetbi/vo0050.php?__kvonr=2004036296&search=1
> ...
> ciao
> Pascal