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muenster - [MS Piraten] Hans Eichel in Lüdinghausen - Eichel wegen seiner Rolle in der Eurokrise kritisieren: "Nach mir die Sinnflut"

muenster AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreis Münster/ NRW

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[MS Piraten] Hans Eichel in Lüdinghausen - Eichel wegen seiner Rolle in der Eurokrise kritisieren: "Nach mir die Sinnflut"


Chronologisch Thread 
  • From: "Ulrich Schlueter" <uschluet AT muenster.de>
  • To: 'Kreis Münster/ NRW' <muenster AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [MS Piraten] Hans Eichel in Lüdinghausen - Eichel wegen seiner Rolle in der Eurokrise kritisieren: "Nach mir die Sinnflut"
  • Date: Thu, 2 Feb 2012 23:02:14 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/private/muenster>
  • List-id: Kreis Münster/ NRW <muenster.lists.piratenpartei.de>

Am Mittwoch, den 01.02.2012, 16:03 +0100 schrieb Pascal Powroznik:

Am Montag, 6.Februar ab 15:00 referiert Hans Eichel auf Einladung des
SPD-Ortsvereins zu den "derzeitigen Entwicklungen auf dem europäischem
Finanzmarkt sowie deren Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte". Ort der
Veranstaltung ist der Kapitelsaal der Burg Lüdinghausen. Anschliessend soll
es eine Diskussion dazu geben.

Michael Jochmann schrieb: Würde hingehen, komme aber nicht hin, würde also
gerne mitkommen.

Ich selbst muss an diesem Termin arbeiten. Schade, denn ich hätte mit Herrn
Eichel wegen seiner Rolle in der Eurokrise noch ein Hühnchen zu rupfen, aber
vielleicht hat ja Michael dazu Lust, oder ein anderer Pirat.

Hier der Hintergrund:

Mitte letzten Jahres sah ich auf 3SAT die Dokumentation "Der Euro am Abgrund
- Wie Deutschland und Griechenland die Euro Krise auslösen" von Hans-Jürg
Zumstein (Schweizer Wirtschaftsjournalist) Die Dokumentation kann man hier
http://www.youtube.com/watch?v=4lWhvFAA4sQ
in einem Stück oder hier in vier Teilen sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=Ae-VXhtAFHY

Die damalige SPD/GAL-Regierungskoalition, und dabei speziell auch der
damalige Finanzminister Hans Eichel, und alle anderen EU-Finanzminister
wurde durch einen Bericht der EU-Inspektoren 2004 informiert, dass
Griechenland seine Wirtschaftszahlen für den EU-Beitritt massiv gefälscht
hatten und auch weiterhin massiv über seine Verhältnisse lebte und sich auf
Kosten der EU maßlos überschuldete. Da aber Herr Eichel gerade selbst den
EU-Stabilitätspakt außer Kraft gesetzt hatte, wurde die Angelegenheit von
ihm und seinen Finanzminister-Kollegen der EU totgeschwiegen. Hätten er und
seine Kollegen damals zumindest eine Taskforce aus Experten damit
beauftragt, das Griechenland-Problem (diskret und ohne Beunruhigung der
Finanzmärkte) zu analysieren und nach Lösungen zu suchen, hätte man die
Sache vielleicht noch in den Griff bekommen. Er zog jedoch wohl die Devise
vor: "Nach mir die Sinnflut."

Ich habe diejenigen Passagen des Videos, die sich auf das damalige Nichtstun
von Herrn Eichel beziehen, aus dem Video zusammengeschnitten und stelle den
Zusammenschnitt hier zum Herunterladen zur Verfügung:
http://dl.dropbox.com/u/10137761/Rolle_Eichel_bei_Eurokrise.wmv

Unten hänge ich an diese Mail die entsprechenden Textpassagen aus der
Dokumentation "Der Euro am Abgrund - Wie Deutschland und Griechenland die
Euro Krise auslösen" an.

Vielleicht wäre es interessant, wenn sich Piraten auf der Veranstaltung am
6.02. in Lüdinghausen kritisch zu Wort melden und Herrn Eichel mit dem
Zusammenschnitt konfrontieren. Die Diskussion könnte so einen unerwarteten
Verlauf nehmen, und die Piratenpartei könnte den Teilnehmern der
Veranstaltung in Lüdinghausen zeigen, dass sie auch zur Eurokrise etwas zu
sagen haben... Vielleicht steht später in der Presse, dass die Piraten Herrn
Eichel auf der Veranstaltung wegen seiner zweifelhaften Rolle in der
Eurokrise berechtigt zur Rede gestellt haben, und vielleicht bringt das
Stimmen in Lüdinghausen...

Viele Grüße
Uli

Ulrich Schlüter
Biederlackweg 72
48167 Münster
Germany
Tel. +49 (0) 251 4198233
Mobil +49 (0) 1522 1975992
uschluet AT muenster.de

Zusammenschnitt von Textpassagen betreffend den ehemaligen Finanzminister
Herrn Hans Eichel aus der Dokumentation:

"Der Euro am Abgrund - Wie Deutschland und Griechenland die Eurokrise
auslösen"
von Hans-Jürg Zumstein

Theodor Waigel war für eine Schuldenbremse. Er setzte den Stabilitätspakt
durch. Ein 3-Prozent-Defizitzuwachs durfte nicht überschritten werden.

Der Stabilitätspakt wurde zuerst von Deutschland gebrochen.

Am 22.01.2002 hat Deutschland eine neue Regierung. Der neue Finanzminister
Hans Eichel kündigt an, dass Deutschland den Stabilitätspakt wohl nicht
halten könne.

Am 25.11.2003 sagt Eichel erneut, Deutschland werde mehr Schulden machen und
die 3-Prozent-Linie nicht einhalten. Laut Stabilitätspakt müsste Deutschland
jetzt eine Strafe zahlen. Herr Eichel schafft es, die Mehrheit der anderen
Finanzminister auf seine Seite zu ziehen. Denn auch sie liebäugeln mit
Mehrausgaben und setzen die Sanktionen aus.

Eichel damals im Interview: "Ich denke, es ist klar, dass in dieser Lage, wo
das Land Anstrengungen macht bis an die Grenze dessen, was die Bevölkerung
noch ertragen kann, zusätzliche Einsparungen etwa im sozialen Bereich oder
Steuererhöhungen in dieser ökonomisch so instabilen Lage, oder aber das
Vorziehen der Steuerreform doch nicht zu machen, keine vernünftige Politik
gewesen wäre. Das hat auch die große Mehrheit der Finanzminister hier so
gesehen. Das finde ich gut so.“

Theo Waigel: "Das war grundfalsch…".

Der damalige österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser: "Das war ein
Sündenfall."

Am 15.11.2004 verletzt Eichel zum dritten Mail den Stabilitätspakt. Auch
Frankreich drückt sich um die 3-Prozent-Regel. Als Ausweg schlagen sie den
anderen Euroländern einfach vor, den Stabilitätspakt abzuändern.

Eichel: "Der (Stabilitäts-)Pakt war ja auch in seiner ursprünglichen Form
und mehr noch in seiner Anwendung politisch ziemlich unsinnig. Denn die
Linie war damals, zum Beispiel müsste man ein Jahr, nachdem das übermäßige
Defizit festgestellt war, wieder drunter sein. Das hieß, dass man im
Abschwung hinterhersparen musste. Eine völlig unsinnige Verhaltensweise…"

Ökonom und Publizist Beat Kappeler dazu: "Das würde ich auch sagen, wenn ich
an dieser Aufweichung beteiligt gewesen wäre. Politiker haben bei
Schwierigkeiten meistens nur einen Wunsch: Später…, nur jetzt keine Härte,
die man dem Wähler und der Lobby, die hinter einem stehen, erklären müsste.
Lieber später. Es war der Hauptfehler, dass man die grundlegende Bremse oder
Sicherung in einer neuen Währung bereits drei Jahre nach deren Einführung
über Board geworfen hat."

EU-Ratspräsident Junker übernahm damals Eichels Aufweichungsideen zu größten
Teilen, und Bundeskanzler Schröder gratulierte Junker. Waigels
Stabilitätspakt war ab jetzt Makulatur.

26.04.2004: Eine Gruppe von EU-Inspektoren fliegen nach Athen. Damals
bereitet sich Griechenland für die Olympischen Spiele vor und erhält
großzügig weitere Kredite. Die EU-Inspektoren stellen fest, dass
Griechenland seine Wirtschaftszahlen massiv gefälscht hat. Fazit:
Griechenland hat viel größere Schulden, als deklariert.

Diese Ergebnisse legen die EU-Inspektoren den Finanzministern in Brüssel
vor. Wäre Waigels Stabilitätspakt nicht aufgeweicht worden, wäre
Griechenland jetzt massiv sanktioniert worden und hätte sofort mit dem
Sparen beginnen müssen. In Brüssel diskutieren die Finanzminister zwar über
den EU-Inspektionsbericht, doch der griechische Betrug bleibt folgenlos. Die
Saat für die heutige Krise ist gelegt.

Eichel: "Ich bin da gerade dann noch ein knappes Jahr (als Finanzminister)
dabei gewesen. Und ich weiß jedenfalls, wie die erste kritische Diskussion
losging, dass wir von da an dem griechischen Kollegen nicht mehr bezüglich
seiner Zahlen über den Weg getraut haben. Ich stimme ausdrücklich zu: man
hätte dort härter durchaus vorgehen müssen. Das sage ich auch noch
selbstkritisch für das eine knappe Jahr, wo ich noch dabei war."

Wirtschaftshistoriker Tobias Strautmann: "Gleichzeitig war es so, dass
Deutschland und Frankreich in dem Moment, als es rausgekommen ist, auch die
Regeln verletzten. Und so war bei den beiden wichtigsten Ländern gar kein
Interesse vorhanden, Griechenland an den Pranger zu stellen…"

Karl-Heinz Grasser, damaliger österreichischer Finanzminister: "Dieser
Stabilitätskultur ist geschadet worden, na und dann kommt Griechenland, und
dann war mein persönlicher Eindruck, dass natürlich auch Länder wie
Deutschland und Frankreich, die zuvor gesagt haben, wenn es um uns geht,
nehmen wir die Mechanismen, zu denen wir uns verpflichtet haben, nicht so
besonders ernst. Und wir wollen ja nicht bestraft werden. Dann tut man sich
natürlich dann schwer, ein kleineres ärmeres Land wie Griechenland dann
etwas später deutlich zu bestrafen."

Ökonom Beat Kappeler: "Sie hat bewirkt, dass auch Griechenland sich sofort
an die beiden Staaten geklammert hat und gesagt hat: für uns auch nicht! Das
wurde dann übrigens auch bestätigt. Und die anderen Staaten auch nicht. Man
fand später: Diesmal nicht (für die Überschreitung der
3-Prozent-Neuverschuldungsgrenze bestraft werden). Dabei wären genau 2004,
2005, 2006 und 2007 extrem gute Jahre gewesen, in denen man hätte sparen
können. Nachher während der Finanzkrise war das natürlich mehr möglich. Man
hat eine goldene Chance verpasst, diese Staatsschulden in Ordnung zu
bringen."

Wenn man 2004 schon keine Sanktionen gegen Griechenland verhängte, warum
haben die Finanzminister (auch Herr Eichel) damals nicht die Notwendigkeit
gesehen, eine Art Experten-Taskforce zu bilden, die fortwährend daran hätte
(im Geheimen) arbeiteten müssen, eine Lösung für das Griechenland-Problem zu
finden. Herr Eichel und die anderen EU-Finanzminister und auch deren
Regierungschefs (Bundeskanzler Schröder) haben das Problem einfach
ignoriert: "Nach mir die Sinnflut"





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