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muenster - [MS Piraten] Fwd: Stellungnahme FW zu Uran-Transporten vom Juni 2010

muenster AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreis Münster/ NRW

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[MS Piraten] Fwd: Stellungnahme FW zu Uran-Transporten vom Juni 2010


Chronologisch Thread 
  • From: Pascal Powroznik <pascal AT piratenpartei-muenster.de>
  • To: Kreis Münster/ NRW <muenster AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [MS Piraten] Fwd: Stellungnahme FW zu Uran-Transporten vom Juni 2010
  • Date: Sun, 22 May 2011 17:17:20 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/private/muenster>
  • List-id: Kreis Münster/ NRW <muenster.lists.piratenpartei.de>



-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Stellungnahme FW zu Uran-Transporten vom Juni 2010
Datum: Thu, 19 May 2011 12:21:27 +0200
Von: DIE LINKE. Ratsfraktion Münster <info AT linksfraktion-muenster.de>
An: <spd-projekte AT muenster.de>, <ratsfraktion AT gruene-muenster.de>, <pascal AT piratenpartei-muenster.de>, <baecker AT cdu-ms.de>, <fraktion AT cdu-ms.de>, <appelfranz AT hotmail.com>, <uwg-oedp AT versanet.de>, <post AT uwg-oedp.de>, <fraktion AT fdp-ms.de>, <elbert AT spd-fraktion-muenster.de>, <spdfrak AT muenster.de>

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Bezug auf die Mail von Frau Farwick vom 18.05.2011 möchte ich Ihnen
ebenfalls einige Informationen zu den Uranhexafluorid-Transporten
zukommen lassen, da ich der Meinung bin, dass die Problematik, im
hoffentlich nie eintretenden Unglücksfall, von der Feuerwehr
unterschätzt wird. Eine Evakuierung des bereits kontaminierten Umfeldes
des Bahnhofs im Umkreis von 2 km würde bedeuten, Tausende von Verletzten
und Toten bergen zu müssen. Ob die Krankenhäuser auf einen solchen Fall
vorbereitet sind, wage ich zudem zu bezweifeln.

Mit freundlichen Grüßen
Iris Toulas


Nachfolgend finden Sie einen Beitrag von Gerhard Piper

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Berliner
Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (Telepolis, 30. Juni
2007):

Gefahren im Unglücksfall

Seit Beginn der Transporte ist es in Deutschland zu keinem größeren
Unfall gekommen, über die Zahl kleinerer Zwischenfälle ist kaum etwas
bekannt. Laut Eisenbahn-Bundesamt treten bei weniger als 1 Prozent aller
Fahrten Mängel auf. Als ein Atomzug am 28. Juni 2006 auf dem
Güterbahnhof in Trier hielt, schlug auf einem benachbarten Schrottplatz
ein dort installiertes Strahlenmessgerät an. In den USA ist schon einmal
ein Atomzug verunglückt: Am 2. Juni 1999 entgleisten zwei Waggons eines
Uranhexafluorid-Zuges in der Nähe der Anreicherungsanlage Portsmouth
Gaseous Diffusion Plant im US-Bundesstaat Ohio; die Behälter blieben
unbeschädigt. Allerdings hat es in Nuklearlaboren wiederholt Unfälle mit
Uranhexafluorid gegeben, dabei waren auch Todesopfer zu beklagen.

Außerdem ist ein Terroranschlag nicht ausgeschlossen. Erinnert sei hier
an die gescheiterten "Kofferbomben"-Anschläge auf die Regionalzüge
Köln-Koblenz und Köln-Hamm am 31. Juli 2006. Wären die Propangas-Bomben
explodiert, hätten sie nicht nur die betroffenen Personenzüge zerstört,
sondern möglicherweise auch benachbarte Güter- oder gar
Gefahrguttransporte in Mitleidenschaft ziehen können. Verschiedene
Szenarien für einen direkten Anschlag auf einen Uranhexafluorid-Zug sind
denkbar. Was die Brandgefahr anbelangt, sind die Atomzüge zwar relativ
sicher, weil nur die Diesellok, die Wagenplanen und ein bisschen
Schmieröl brennen können, aber Attentäter könnten an einem
unbeschrankten Bahnübergang ein oder zwei Tanklastzug auf dem Gleisbett
abstellen, um so eine Katastrophe zu provozieren.
Schon das Fassungsvermögen der Transportbehälter stellt ein
Gefahrenpotential dar. Sollte ein einzelner Zylinder durch einen
Wandriss oder eine Beschädigung am Einfüllventil undicht werden, könnten
bis zu 12,5 Tonnen Uranhexafluorid freigesetzt werden, das dann mit der
Luftfeuchtigkeit chemisch reagiert. Dabei entsteht festes Uranylfluorid
(UO2F2), das sich an der Unfallstelle am Boden ansammelt, und
Flusssäure. Diese ätzende und giftige Säure würde oral (über die
Atemwege) oder perkutan (über die Haut) aufgenommen. Außerdem würde in
geringem Umfang Radioaktivität freigesetzt werden. Über das exakte
Ausmaß der Gefahr, gibt es unterschiedliche Einschätzungen:

Nach Darstellung der Urenco wäre ein solcher Gefahrgutunfall leicht zu
beherrschen: Bei einem Behälterleck würde daher zuerst Luft in den
Behälter strömen. Die chemische Reaktion des Uranhexafluorids mit der
Luftfeuchtigkeit würde beginnen. Diese Reaktion ist nicht heftig, im
Behälter wird sich also kein Überdruck aufbauen. Um die chemische
Reaktion und die Freisetzung von Flusssäure zu stoppen, genügt es, den
weiteren Luftzutritt in den Behälter zu verhindern. Dazu ist eine
Abdichtung mit entsprechenden Bandagen aus PVC-Folie, die mit
Kunststoffklebern aufgetragen werden, ausreichend. Eine erste
Leckabdichtung würde bereits durch die Einsatzkräfte der Feuerwehr
direkt am Unfallort erfolgen. Maßnahmen bei Unfällen mit UF6-Transporten
können die Einsatzkräfte den sogenannten "ERI-Cards" (Emergency Response
Intervention-Cards), einem einheitlichen europäischen
Gefahrguttransport-Unfallsystem der Chemischen Industrie, entnehmen.
Weitere sicherheitstechnische Anweisungen für die Leckabdichtung der
Behälter bekommen die Einsatzkräfte telefonisch durch einen
Gefahrgutexperten der Urenco.

Allerdings muss auch die Urenco einräumen, dass bei einem bodennahen
Brand erhebliche Umweltgefahren bestehen: In diesem Fall könnte sich der
Behälter langsam aufheizen, der Druck im Behälter ansteigen und das
Uranhexafluorid sogar flüssig werden. Nur dann könnte es zum Aufreißen
des Behälters und zu einer größeren Freisetzung von Uranhexafluorid
kommen. Auch der Strahlenschutztechniker Helmut Hirsch warnte in einer
vom österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft in Wien 2007 herausgegebenen Broschüre vor
den Gefahren der Uranhexafluorid-Transporte:

Bei einem Behälter vom Typ 48´´Y kommt es bereits nach ca. 50 Minuten
in einem Feuer mit Flammentemperatur 800° C zum Versagen. Bei höheren
Flammentemperaturen (1000° C und mehr können durchaus erreicht werden)
tritt das Versagen früher ein. Der Stahlzylinder birst, ein Teil des UF6
wird hoch in die Luft geschleudert, der Rest brockenweise in die nähere
Umgebung geworfen. Durch Reaktion mit dem Wassergehalt der Luft entsteht
u.a. HF (Flusssäure). Flusssäure ist sowohl ein schweres Atem-, als auch
Kontaktgift. In unmittelbarer Umgebung des Unfallortes (bis zu ca. 100 m
Entfernung) besteht akute Lebensgefahr. In bis zu 500 m Entfernung
werden Menschen schweren Vergiftungen und Verätzungen durch HF
ausgesetzt sein. Bei längerem Aufenthalt besteht auch in diesem Bereich
noch Lebensgefahr. Noch in Entfernungen von über 1 km besteht für
empfindliche Menschen das Risiko gesundheitlicher Schädigung. Die
kurzfristigen gesundheitlichen und teilweise tödlichen Folgen eines
Anschlages auf einen derartigen Transport, besonders während dieser
durch einen Ballungsraum fährt, können also allein durch die Freisetzung
von Flusssäure drastisch sein. Tausende Tote und Verletzte sind möglich.
Dazu kommt die Kontamination der Unfallumgebung durch Uran, einem
relativ schwach radioaktiven, aber chemisch toxischem Schwermetall. Bei
einem Anschlag in einer ländlichen Gegend ist im Übrigen mit schweren
Schäden bei der betroffenen Tier- und Pflanzenwelt zu rechnen.

In einer Parlamentsanfrage der Fraktion Die Linke an die
Bundesregierung vom 27. April 2007 heißt es: Bei einem Unfall eines
UF6-Transports, in dem UF6 freigesetzt wird, wird das Auftreten
lebensgefährlicher Konzentrationen bis zu mindestens zwei Kilometer
Entfernung von der Unfallstelle befürchte.
Nach Computersimulationen kommen Wenzel Brücher und Martin Sogalla von
der atomfreundlichen Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit
(GRS) in einer "radiologischen Konsequenzenanalyse" zu dem Ergebnis,
dass mit "lebensbedrohliche(n) Gesundheitsschäden durch die
chemotoxische Wirkung von UF6 und seinen Folgeprodukten je nach
Ausbreitungsbedingungen auch in einigen Kilometern Entfernung vom
Freisetzungsort" gerechnet werden muss. Und aus Russland berichtete die
Umweltschutzorganisation Ecodefense: Die offiziellen Dokumente verraten
auch, dass alle Menschen im Umkreis von 1 km sterben würden, falls ein
Behälter mit Urenco-Atommüll undicht würde. Im Umkreis von 30 km stiege
die Wahrscheinlichkeit, entweder zu sterben oder an Krebs zu erkranken.

In jedem Fall bleibt für Notfallmaßnahmen nur wenig Zeit, schließlich
muss ein Entstehungsbrand in einem Waggon erst von jemandem beobachtet
und an die Feuerwehr weitergemeldet werden. Weitere Minuten verstreichen
bis die Feuerwehr am Unfallort eintrifft, wo sich der Einheitsführer
erst einmal einen Überblick über das Unfallgeschehen und die
Gefahrenlage machen muss. Bei einem Zugunglück muss man davon ausgehen,
dass gleich mehrere, verstreute Behälter zerstört wurden. Sobald er
erkannt hat, dass es sich um eine ABC-Lage handelt, alarmiert er den
nächsten ABC-Zug. Der besteht meist aus Angehörigen der Freiwilligen
Feuerwehr, die erst mobilisiert werden müssen. In der Zwischenzeit geht
der Einsatzführer im Rahmen seiner technischen Möglichkeiten nach den
recht allgemein gehaltenen Anweisungen der Feuerwehrdienstvorschrift
FwDv 500 ABC-Dienst vor. Bei einem Brand beginnt die Feuerbekämpfung mit
Schaumlöschmitteln.

Da die Katastrophenschutzdienste nicht über die Gefahrguttransporte
vorab informiert werden, können sie sich nicht gezielt auf einen
Zwischenfall vorbereiten. Jeder Störfall trifft die Einsatzkräfte ohne
jede Vorwarnung. Wenn der Zug nachts auf einem menschenleeren
Rangierbahnhof abgestellt wurde, wird die Feuerwehr womöglich erst
alarmiert, nachdem sich eine ätzende, radioaktive Giftwolke bereits über
der benachbarten Wohngegend ausgebreitet hat. Außerdem fehlt es oft an
qualifiziertem Personal, moderner Technikausstattung, (realistischen)
Einsatzplänen und entsprechendem Training. In einzelnen Städten wurden
die Kommunalbehörden erst durch eine Anfrage der Atomgegner gewahr, dass
durch ihre Gemeine überhaupt Atomtransporte erfolgten. In anderen Fällen
erklärten sich die überforderten Stadtverwaltungen einfach für "nicht
zuständig" und verwiesen an den Bund. Diese formaljuristische
Argumentation ist aber höchst unzureichend, da gerade die lokalen
Behörden im Katastrophenfall die Hauptverantwortlichen vor Ort wären.

Im westfälischen Hamm stellt sich noch ein besonderes Problem: Der
ABC-Zug der Freiwilligen Feuerwehr hat seinen technischen Stützpunkt
direkt neben dem Rangierbahnhof in der Rathenaustraße Nr. 16. Bei einem
Brand auf dem Bahngelände ist dieser kurze Anfahrtsweg zweifelsohne sehr
günstig, aber bei einem Unfall eines Atomzuges könnte sich diese
räumliche Nähe verheerend auswirken. Möglicherweise kämen die
herbeieilenden Feuerwehrmänner gar nicht an ihre ABC-Schutzausrüstung
(ein alter Erkunder VW T3, ein moderner Dekon-P, ein uraltes
Dekontaminationsmehrzweckfahrzeug und ein neuer Abrollbehälter Dekon)
heran, weil der eigene Stützpunkt selbst schon kontaminiert wäre.
Verfügbar blieben nur zwei Abrollbehälter Strahlenschutz und
Chemieschutz auf der Hauptwache der Hammer Berufsfeuerwehr. Mit diesen
begrenzten ABC-Einsatzmitteln wären die Feuerwehrmänner weitgehend zur
Untätigkeit verdammt und müssten auf Verstärkung aus den Nachbarkreisen
Ahlen, Soest und Unna warten. Damit bliebe die betroffene Bevölkerung
zunächst einmal sich selbst überlassen.

In einer Stellungnahme der Hammer Stadtverwaltung vom 11. Juni 2007
wird amtlich festgestellt: Das "richtige" Verhalten der Bevölkerung kann
bei einer Vielzahl von möglichen Transporten und damit verbundener
Szenarien auch mit einer begleitenden Informationspolitik nicht
abschließend geregelt werden. (...) Die Katastrophe ist nicht planbar
und entwickelt ihre eigenen Abläufe, auf die dann durch die
Einsatzkräfte individuell und gezielt reagiert werden muss.

Gerhard Piper






Am Mittwoch, den 18.05.2011, 15:12 +0200 schrieb "Christine Farwick"
<spd-projekte AT muenster.de>:
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Geschäftsstellen,

in der Ratssitzung in der kommenden Woche soll die Anregung nach § 24
GO
37/2011 "Keine Uranhexafluoridtransporte durch MS" zur sofortigen
Beschlußfassung gebracht werden. Für Ihre Beratungen sende ich Ihnen
die
Stellungnahme des Amtsleiters der Feuerwehr, Herrn Benno Fritzen, aus
dem
AUB des vergangenen Junis.

Freundliche Grüße,

Christine Farwick
(Projektmitarbeiterin)

SPD-Ratsfraktion Münster
Geschäftsstelle
Münzstr. 15
48143 Münster

Tel. 45 314
FAX 51 17 50



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Benno Fritzen [mailto:FritzenB AT stadt-muenster.de]
Gesendet: Montag, 16. Mai 2011 15:41
An: Wolfgang.Heuer AT uni-muenster.de
Cc: spd-projekte AT muenster.de
Betreff: Info zur Atomtransporten

Sehr geehrter Herr Heuer,

mit Bezug auf ein soeben mit Frau Dr. Christine Farwick geführtes
Telefonat übersende ich beigefügt eine Stellungnahme der Feuerwehr
Münster aus Mai 2010.
Die Berichterstattung im AUB vom 01.06.2010 bezog sich auf diese
Stellungnahme.

Mit freundlichem Gruß

Benno Fritzen



Benno Fritzen
--------------------------------
Stadt Münster
Amt 37 Feuerwehr
York - Ring 25
48159 Münster
Tel.: 0251 - 2025 - 8000
Fax.: 0251 - 2025 - 8010
FritzenB AT stadt-muenster.de

--
-------------------
DIE LINKE. Ratsfraktion Münster
Achtermannstraße 19
48143 Münster

Telefon: 0251-9816051
Fax: 0251-9816073

E-Mail: info AT linksfraktion-muenster.de
Internet: www.linksfraktion-muenster.de

Geschäftszeiten:
Wochentags ausser Mittwoch:
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15:30 bis 18:00 Uhr
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Please notify the sender immediately.
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Mitglied im Rat der Stadt Münster
Ordentliches stimmberechtigtes Mitglied im Integrationsrat
Mitglied im Beirat zum Bürgerhaushalt

sprechen: 015784644831
mailen: pascal AT piratenpartei-muenster.de
informieren: http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Robi.kraus
zwitschern: http://twitter.com/robikraus
chatten: robi.kraus AT jabber.org

Piratenpartei - Kreisverband Münster
http://www.piratenpartei-muenster.de

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  • [MS Piraten] Fwd: Stellungnahme FW zu Uran-Transporten vom Juni 2010, Pascal Powroznik, 22.05.2011

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