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muenster - Re: [MS Piraten] Mikrozensus Münster

muenster AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kreis Münster/ NRW

Listenarchiv

Re: [MS Piraten] Mikrozensus Münster


Chronologisch Thread 
  • From: dont_panic <dont_panic AT toxisch.net>
  • To: muenster AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [MS Piraten] Mikrozensus Münster
  • Date: Fri, 06 May 2011 22:07:18 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/private/muenster>
  • List-id: Kreis Münster/ NRW <muenster.lists.piratenpartei.de>

On 06.05.2011 20:18, Marina Weisband wrote:
> Hi zusammen!
>
> Ich brauche eure Hilfe. Ich wurde für Montag Morgens von Radio Q zu
> einem Interview zum Thema Mikrozensus in Münster eingeladen. Leider
> bin ich in dem Thema überhaupt nicht drin. Könnt ihr mir helfen und
> Quellen mit Fakten sammeln, sowie eure Meinung kundtun?
>
> Vielen Dank,
>
> eure Marina
Hi,

ergänzend zu den Angaben von Philip:

Das grundlegende Problem beim Zensus ist, dass die Daten nicht
anonymisiert erfasst werden. Das wäre durchaus möglich gewesen, ohne die
Datenqualität und -quantität zu gefährden. Anstelle dessen werden die
Daten 4 Jahre lang über eine Ordnungsnummer eindeutig identifizierbar
gehalten. Zudem wird über die Erstellung eines zentralen Adressregisters
(bereits erfolgt) und der Zusammenführung der Daten von Meldeämtern eine
riesige Datenbank geschaffen, die verknüpft mit den Informationen aus
den Fragebögen (offiziell zur "Fehlerbereinigung") sicherlich
Begehrlichkeiten weckt.

Das Problem der intransparenten automatisierten Datensammlung erwähnte
Philip ja bereits. Verschärft wird dies durch die Erfassung von
Sonderbereichen, d.h. Gefängnissen, Seniorenwohnheimen, Pflegeheimen,
Studentenwohnheimen, psychatrischen Anstalten und
Obdachlosenunterkünften. Menschen in diesen Einrichtungen werden
allesamt erfasst. Falls sie Angaben nicht selbst machen können, werden
diese von der jeweiligen Einrichtungsleitung eingegeben.

Die Fragen der deutschen Volkszählung gehen über den Pflichtumfang der
EU-Richtlinie hinaus. Neben Fragen zum Familienstand (ergänzend wird
noch gefragt, ob man in einer Partnerschaft lebt die keine Ehe ist) und
dem Arbeitsverhältnis (Freitextbeschreibung von Rolle und Tätigkeit)
werden detaillierte Fragen zum Migrationshintergrund (getrennt nach
Mutter und Vater, zurückreichend bis 1955) gestellt. Zudem ist die
Angabe der staatlich anerkannten Religionszugehörigkeit nicht freiwillig
(die genaue Spezifizierung der "Sub"Glaubensrichtung jedoch schon). Aus
unserer Sicht sind die beiden letztgenannten Fragen(komplexe)
diskriminierend und der Zweck der Erhebung für die Volkszählung nicht
ersichtlich.

Die Erhebung an sich durch die Volkszähler_innen ist ebenfalls
problematisch. Da diese pro ausgefülltem Bogen 7,5 € kassieren und bei
einem per Post zurückgeschickten Bogen nur 2,5 €, wird die Motivation,
die Bögen direkt mitzunehmen hoch sein. Somit wird wohl auch Druck
ausgeübt werden, um die Bögen direkt ausgefüllt zu bekommen. Die Bögen
werden dann von den Volkszähler_innen so lange aufbewahrt, bis sie sie
(in der Regel gesammelt) zurückbringen. Das ist eine eklatante
Verletzung gängiger Sicherheitsbestimmungen für die Speicherung und
Verarbeitung persönlicher Daten.
Deshalb der wichtige Hinweis: Es besteht keine Pflicht, den
Volkszähler_innen Eintritt zur Wohnung zu gewähren, sie bei der
Ausfüllung der Bögen über die Schulter gucken zu lassen oder ihnen den
Ausweis zu zeigen! Am besten ist es, den Bogen entgegenzunehmen, sie
freundlich zum Gehen aufzufordern und den Bogen per Post zurückzuschicken.

Die Schulung der Volkszähler_innen läuft anscheinend je nach Kommune
äußerst unterschiedlich ab. Hier findet sich das allgemeine
Schulungsheft: http://vobo11.de/volkszaehler-schulungsheft.pdf In
Münster werden keine zum Ehrenamt verpflichteten Helfer_innen
eingesetzt, was schonmal ein Anfang ist.

Die Kosten des ganzen Spektakels sollten auch nicht unbeachtet bleiben.
ging man anfangs noch von 300 Millionen € aus, sind es mittlerweile über
700 Millionen €. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die
Milliardengrenze im Laufe des Verfahrens zumindest inoffiziell (ergo:
vor der Schönrechnerei) noch geknackt wird.

Als letzter Punkt zu bemängeln wäre noch die mangelnde Transparenz.
Außer ein paar Hochglanzplakaten und Werbespots, die allesamt sehr spät
kommen, wurde da sehr wenig an Aufklärung betrieben. Wahrscheinlich auch
eine bewusste Entscheidung, um keine schlafenden Hunde zu wecken.

Musterfragebögen gibt es hier: http://zensus2011.de/fragebogen.html
Aktuelle Infos vom AK Zensus hier: http://zensus11.de/ (nicht
verwechseln mit der offiziellen Website zensus2011.de)
Einen Vortrag mit allen wichtigen Infos gibts im AK Vorrat/Zensus-Wiki:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Bild:Volkszaehlung2011.odp

Ansonsten hilft der AK zensus oder wir immer gerne mit Infos, wir bieten
am 16.05. auch eine Sprechstunde für betroffene Menschen an (20 Uhr Don
Quijote).

Viele Grüße,

Björn für den
//AK Vorrat Münster





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