loerrach AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Piraten aus dem Landkreis Lörrach
Listenarchiv
- From: Volker Königsbüscher <volker_koenigsbuescher AT web.de>
- To: <loerrach AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: [Piraten Loerrach] Planungszellen, Kommunalpolitik
- Date: Mon, 30 Apr 2012 18:42:46 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/loerrach>
- List-id: Piraten aus dem Landkreis Lörrach <loerrach.lists.piratenpartei.de>
Hallo allseits,
es gibt ein Konzept der Bürgerbeteiligung, das sich (wie Liquid Democracy) ebenfalls darum dreht, dass „Demokratie wieder funkeln“ soll. Schon lange unterwegs, vielfältig eingesetzt, funktioniert es so (aus Wikipedia): http://de.wikipedia.org/wiki/Planungszelle
[Entwickelt vom Theologen und Soziologen Peter C. Dienel, Wuppertal] „Verfahren: Ausgehend von den Einsichten, dass Entscheidungsbeteiligung Informiertheit voraussetzt, dass Informieren Zeit erfordert und dass Zeit Geld ist, lassen sich für das Verfahren Planungszelle (im Unterschied zu manchen anderen bürgerschaftlichen Beteiligungsformen) relativ exakt definierte Verfahrensmerkmale benennen: Eine Planungszelle ist eine Gruppe von ca. 25 im Zufallsverfahren ausgewählten Personen (ab 12 Jahren), die für ca. eine Woche von ihren arbeitsalltäglichen Verpflichtungen freigestellt werden, um in Gruppen Lösungsvorschläge für ein vorgegebenes Planungsproblem zu erarbeiten. Die Teilnehmer verpflichten sich zur Neutralität. Nach einem Input für die Gesamtgruppe einer Planungszelle beraten Kleingruppen von vier bis sechs Teilnehmern eine konkrete Fragestellung und einigen sich - ohne Vorgaben oder Steuerung durch die Moderation - auf ihnen wichtige Punkte / Aussagen / Positionen. Nach einer Beratungszeit von etwa einer Stunde werden die Ergebnisse der Kleingruppen vorgetragen. Am Ende einer Arbeitsphase bewerten die Teilnehmer alle vorgetragenen Positionen nach ihrer Zustimmung / Wichtigkeit. Bei jeweils wechselnder Zusammensetzung arbeitet die Gruppe mehrfach im Laufe eines Tages mit vier anderen Laienplanern in einer solchen quasi intimen Situation zusammen. Durchgehende Meinungsführerschaften werden durch den Wechsel ausgeschlossen. Bei den Bewertungen der Bürgerinnen und Bürger sind die Fachleute und Interessenvertreter(inne)n nicht zugegen. Die Ergebnisse ihrer Beratungen werden in einem so genannten Bürgergutachten zusammengefasst und den politischen Entscheidungsinstanzen als Beratungsunterlage zur Verfügung gestellt. Um die Repräsentativität zu erhöhen, arbeiten in der Regel immer mehrere Planungszellen parallel zum selben Thema; bei zwei Planungszellen, die um eine Stunde versetzt arbeiten, können die Referenten beiden Gruppen hintereinander zur Verfügung stehen.“
Ich denke mir das so: Ich habe eigentlich von nix eine Ahnung. Als Mit-Souverän in der Demokratie ist das ja eigentlich ganz schlecht. Umso schlimmer in direkter Demokratie mit direkten Abstimmungen (wie unsere Schweizer Nachbarn: wieso sollte irgendjemand in Basel so etwas wie den Basler Haushalt beurteilen können und darüber kompetent abstimmen, nur zum Beispiel?). Aber ich kann von allem Ahnung haben, wenn ich mich einarbeiten kann. Souverän werden. Als Mitglied einer Planungszelle hätte ich die Mittel dazu. Letztlich haben Planungszellen dasselbe Ziel wie Liquid Democracy, lösen es aber anders, mehr im realen Dialog (ich nehme an, dass wenn Menschen sich direkt sehen, dann ist das realer als ein Mumble oder ein Chat oder so). Selbes Ziel, anderes Vorgehen.
Konkret Kommunalpolitik: was machen die Piraten, die im Frühjahr 2014 Stadtrat landen werden? Vorschlag: Bewirken, dass zu konkreten Vorhaben der Stadt Planungszellen eingerichtet werden und diese für die Stadt bindend werden. Keine „Beteiligungs-Show“. Bürger wirklich entscheiden lassen. Dann muss auch nicht jeder Abgeordnete immer über alles eine Meinung haben, was sowieso chancenlos ist. Er kann die Entscheidungsgewalt an die Bürger zurück geben.
Schön ist auch, dass dieses Verfahren in Politik, Soziologie, etc. bestens bekannt und beforscht ist. Man muss es nur machen. Demgegenüber hat Liquid Democracy was esoterisches. Und ich kann mir schon diese und jene Kombinationsmöglichkeit vorstellen. Beide Verfahren schließen sich nicht gegenseitig aus. In Lörrach hat Bürgerbeteiligung auch schon stattgefunden, keine Planungszellen, soweit ich weiß, aber was soll‘s:
Hier noch ein paar Links:
Konkrete Planungszellen / Bürgergutachten:
- Bürgergutachten durch Planungszellen für die Neugründung von Stadtwerken in Stuttgart http://www.kommunale-stadtwerke.de/der-verein/projekte/buergergutachten/
- Über mehrere Planungszellen zu verschiedenen Themen: http://www.buergergutachten.com/de/herunterladen/buergergutachten/
- schöner Spiegel-Artikel von 1995: Planungszellen in Solingen, Akko (Israel/Palästina), Baskenland, der Ausgestaltung und Anwendung der neuen digitalen Dienste der Telekom 1989(!), Köln, etc.
- Bürgerbeteiligung in Lörrach http://www.loerrach.de/ceasy/modules/cms/main.php5?cPageId=739&view=publish&item=article&id=1417
Mehr Theorie:
- Bürgerbeteiligung zwischen Volksentscheid, Planungszelle und Liquid Democracy:
- Buch Dienel: Demokratisch, praktisch, gut: Merkmlae, Wirkungen und Perspektiven von Planungzellen und Bürgergutachten (habe ich nicht gelesen, aber Titel klingt gut, oder?) http://www.amazon.de/Demokratisch-praktisch-gut-Planungzellen-B%C3%BCrgergutachten/dp/380120393X
- Buch Dienel: Die Planungszelle http://www.amazon.de/Die-Planungszelle-Der-B%C3%BCrger-Chance/dp/3531330284
- Beschreibung des Verfahrens: http://www.buergergutachten.com/fileadmin/downloads/bg_verbraucherschutz/02_Planungszelle.pdf
- Friedrich Ebert-Stiftung-Analyse: Peter C. Dienel: Die Planungszelle – Zur Praxis der Bürgerbeteiligung http://library.fes.de/pdf-files/stabsabteilung/01234.pdf
- Planungszelle.de
- Hier wurde es erfunden: http://www.planungszelle.uni-wuppertal.de/
- Und noch andere partizipative Methoden: http://www.partizipative-methoden.de/
Grüße Volker
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- [Piraten Loerrach] Planungszellen, Kommunalpolitik, Volker Königsbüscher, 30.04.2012
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