brb-dos AT lists.piratenpartei.de
Betreff: ML der DOS-Piraten
Listenarchiv
- From: Martin Hampel <martinazarus AT hotmail.com>
- To: ML der DOS-Piraten <brb-dos AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: [BRB-DOS] Fwd: Ist Euch das auch passiert? Wahlrecht praktisch verwehrt...
- Date: Thu, 5 Jun 2014 21:35:43 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/brb-dos>
- List-id: ML der DOS-Piraten <brb-dos.lists.piratenpartei.de>
Anfang der weitergeleiteten E‑Mail:
Von: frankfurt-slubice-netzwerk AT web.de
Datum: 5. Juni 2014 21:22:05 MESZ
An: Frankfurt-Slubice-Netzwerk AT web.de
Kopie: "Krzysztof Wojciechowski" <Wojciechowski AT europa-uni.de>
Betreff: Fw: Ist Euch das auch passiert? Wahlrecht praktisch verwehrt...
Liebe NetzwerkerInnen,anbei eine E-Mail von Krzysztof Wojciechowski.Kennt Ihr Fälle, in denen das Wahlrecht für EU-Ausländer zum Europäischen Parlament hier in Frankfurt oder andernorts ebenfalls nicht ausgeübt werden konnte?Wenn ja, dann bitte Krzysztof Wojciechowski Bescheid geben.Der Sache muss unbedingt nachgegangen werden!Liebe GrüßePhilipp KubickiGesendet: Mittwoch, 04. Juni 2014 um 09:42 Uhr
Von: "Wojciechowski, Krzysztof" <Wojciechowski AT europa-uni.de>
An: "contact AT bollmannundpartner.de" <contact AT bollmannundpartner.de>, "Mario.Quast AT t-online.de" <Mario.Quast AT t-online.de>, "Jajesniak-Quast, Dagmara" <Jajesniak-Quast AT europa-uni.de>, "michael.garand AT frankfurt-oder.de" <michael.garand AT frankfurt-oder.de>, "frankfurt-slubice-netzwerk AT web.de" <frankfurt-slubice-netzwerk AT web.de>
Betreff: Ist Euch das auch passiert? Wahlrecht praktisch verwehrt...
Liebe Freunde,
Liebe in Frankfurt lebende EU-Bürger,
meine Ehefrau, Monika Wojciechowska, polnische Staatsbürgerin seit 2005 in Frankfurt lebend, hat im April 2014 die Wahlbenachrichtigung (weißer Zettel) für die Wahl zum EU-Parlament und zur Stadtverordnetenversammlung bekommen, in der es hieß: „Sehr geehrte Bürgerin, Sie sind in das Wählerverzeichnis eingetragen und können im unten angegebenen Wahllokal wählen.“
Als Sie aber zur Wahl ging, hat sie die Wahlkommission in Ihr Heimatland geschickt. Bei Ihrem Namen stand ein für die Europawahl ein Sperrvermerk.
Als ich mich danach in ihrem Namen bei der Stadtverwaltung beschwerte, teilte mir der Wahlleiter, Herr Beckmann, mit, dass meine Frau schuld sei, da Sie sich nicht in das Wählerverzeichnis nicht hat eintragen lassen. Sie hätte einen Brief von der Stadtverwaltung erhalten, in dem eine solche Aufforderung stand.
Wir sind sicher, dass sie einen solchen Brief nicht bekommen hat.
Und selbst wenn sie ihn versehentlich, ohne zu lesen weggeschmissen hätte, hätte sie doch der Wahlbenachrichtigung glauben können, oder?
Nein, so Herr Beckmann, sie hätte die Benachrichtigung ignorieren sollen.
Der Tenor von Herrn Beckmann: Schuld ist ihre Frau. Die Stadt hat alles richtig gemacht. Die Wahlbenachrichtigung hat das Land Brandenburg versandt und damit ist die Verwaltung von jeglicher Schuld freigesprochen. Und alle in Frankfurt lebendenden EU-Ausländer wurden ordnungsgemäß benachrichtigt, dass sie sich in das Wählerverzeichnis eintragen sollen.
Die ganze Geschichte ist aus meiner Sicht richtig skandalös.
Ich habe bereits dutzende Seiten zu diesem Thema an verschiedene Instanzen der Stadt geschrieben, mit dem gleichen Resultat: Schuld ist meine Frau (zugegeben, Herr Dr. Wilke, mit dem ich auch gesprochen habe, fühlt sich sehr verlegen und will ein objektives Bild haben, wer was verpatzt hat).
Nachstehend findet Ihr den Inhalt zweier E-Mails:
1.) eine E-Mail von Herrn Beckmann, in der er die ganze Sache aus seiner Sicht schildert.
2.) meine Antwort auf seine E-Mail
Meiner Meinung nach kann man diese Sache nicht einfach so hinnehmen. Möglicherweise sind tausende in Brandenburg lebenden EU-Bürger um ihr Wahlrecht betrogen worden. Ich bin bereit mich sogar an den Landtagspräsidenten, Herrn Gunter Fritsch, zu wenden. Davor möchte ich jedoch wissen, wem es genauso ergangen ist.
Wer ist bereit zu bezeugen, er hätte auch keinen (außer der standardmäßigen Wahlbenachrichtigung) gesonderten Brief mit der Aufforderung, sich ins Wählerverzeichnis einzutragen, bekommen?
Bitte Name, Vorname, E-Mail-Adresse an mich.
Schickt bitte diese E-Mail auch weiter an alle Euch bekannten EU-Bürger!
Und jetzt nur zwei Ausschnitte aus meiner Korrespondenz.
Beckmann an Wojciechowski am 2. Juni 2014:
Sehr geehrter Herr Wojciechowski,
ich bitte um Nachsicht, dass ich auf Ihre E-Mail vom 27. Mai 2014 erst mit vorliegender E-Mail antworte. Die bisher unterbliebene Kommentierung Ihrer Ausführungen im Anschluss an unser vorhergehendes Gespräch im Büro des Oberbürgermeisters beruht keinesfalls auf Missachtung o. Ä., sondern hat ihre Ursache einfach darin, dass ich am 28. Mai 2014 anderweitig beschäftigt und die Stadtverwaltung ab dem 29. Mai 2014 geschlossen gewesen war.
In der Sache bleibe ich indessen bei meiner Auffassung, dass Ihrer Ehefrau das Wahlrecht für die Europawahl am 25. Mai 2014 in Frankfurt (Oder) nicht unzulässigerweise verweigert worden ist; dies aus folgenden Gründen.
Zunächst ist entsprechend der unionsweiten Handhabung davon auszugehen, dass das Wahlrecht eines EU-Bürgers, der seinen Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat als seinem Herkunftsstaat hat, lediglich dann ausgeübt werden kann, wenn sich der Bürger auf seinen Antrag hin in das Wählerverzeichnis des Wohnsitzstaates eintragen lässt. Dieser Zusammenhang ergibt sich aus Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/109/EG vom 06. Dezember 1993 und aus der entsprechenden deutschen Ausführungsregelung in § 17a Abs. 1 der Europawahlordnung (EuWO), wonach wahlberechtigte Unionsbürger ausdrücklich auf Antrag in das Wählerverzeichnis einzutragen sind. Eine Eintragung von Amts wegen kommt nach Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 93/109/EG bzw. § 17 b Abs. 1 EuWO nur dann in Betracht, wenn der betreffende EU-Bürger bereits bei der vorhergehenden Europawahl in ein Wählerverzeichnis des Wohnsitzstaates eingetragen gewesen war.
Nach den Feststellungen der Wahlbehörde der Stadt Frankfurt (Oder) und meinen eigenen Feststellungen als Kreiswahlleiter ist Ihre Ehefrau bei der Europawahl 2009 nicht im hiesigen Wählerverzeichnis eingetragen gewesen, so dass sie auch für die Europawahl 2014 nicht bereits von Amts wegen in das Wählerverzeichnis aufgenommen worden ist. Demzufolge hätte es eines entsprechenden Antrages Ihrer Ehefrau bedurft, um eingetragen zu werden und sodann das Wahlrecht in Frankfurt (Oder) ausüben zu können. So aber dieser Antrag nicht innerhalb der vorgegebenen Frist bis zum 04. Mai 2014 gestellt wurde, musste das Wählerverzeichnis zwangsläufig bei der Berechtigung für die Europawahl einen Sperrvermerk enthalten. Bei den gleichzeitig stattgefundenen Kommunalwahlen wurden die Eintragungen der wahlberechtigten Personen einschließlich der EU-Bürger im Übrigen von Amts wegen vorgenommen, so dass Ihre Ehefrau insoweit ohne Weiteres an den Wahlen teilnehmen konnte.
Nachdem unzweifelhaft geklärt sein dürfte, dass Ihre Ehefrau am 25. Mai 2014 nicht berechtigt war, in Frankfurt (Oder) an der Europawahl teilzunehmen, bleibt noch die von Ihnen aufgeworfene Frage zu beantworten, ob gegebenenfalls die konkreten Formulierungen auf der Wahlbenachrichtigungskarte, die Ihre Ehefrau wegen der Kommunalwahl erhalten hatte, ursächlich dafür gewesen sind, dass Sie bzw. Ihre Ehefrau das Bestehen einer Wahlberechtigung für die Europawahl nicht mehr – rechtzeitig – geprüft haben.
Nach meiner Auffassung ist eine solche Ursachenverkettung bereits deshalb zu verneinen, weil Ihre Ehefrau – abgesehen von den öffentlichen bzw. allgemein zugänglichen Informationen über das Antragserfordernis zur Aufnahme in das Wählerverzeichnis – nach den hier vorliegenden Erkenntnissen ein Schreiben in deutscher und englischer Sprache erhalten hat, in dem ausdrücklich auf die Notwendigkeit eines bis zum 04. Mai 2014 zu stellenden Antrages zur Eintragung in das Wählerverzeichnis in der deutschen Wohnsitz-Gemeinde zwecks Wahlteilnahme in Deutschland hingewiesen wurde. Dieses Schreiben beruhte auf einem vom Bundesministerium des Innern herausgegebenen Musterschreiben, welches von allen Wahlbehörden in Deutschland an diejenigen EU-Bürger abgesetzt worden ist, die einen deutschen Wohnsitz haben und nicht bereits - wegen Wahlberechtigung zur vorherigen Europawahl – von Amts wegen eingetragen wurden. Nach der vorliegenden Adressenliste der Wahlbehörde der Stadt Frankfurt (Oder) ist auch Ihre Ehefrau in dem Personenkreis der 1.438 EU-Bürger enthalten gewesen, an die ein solches Schreiben gerichtet worden ist. Der Ausdruck des Schreibens ist sodann im automatisierten Verfahren erfolgt. Der Umstand, dass das Schreiben an Ihre Ehefrau nicht als unzustellbar an die Wahlbehörde zurückgesandt worden ist, lässt die Schlussfolgerung zu, dass dieses Schreiben auch ordnungsgemäß zugegangen war. Insofern konnte und durfte die Formulierung auf der Wahlbenachrichtigungskarte über die Eintragung in das Wählerverzeichnis nicht als ausreichende Grundlage hingenommen werden, um auf eine Prüfung der Wahlberechtigung Ihrerseits zu verzichten.
Im Übrigen gebe ich zu bedenken, dass ein mangels Antragstellung zur Eintragung in das Wählerverzeichnis tatsächlich nicht bestehendes Wahlrecht in Deutschland auch nicht bereits deshalb entstehen kann, weil die Wahlbenachrichtigungskarte – bei isolierter Betrachtung - einen missverständlichen Eindruck über die Eintragung Ihrer Ehefrau in das Wählerverzeichnis zur Europawahl hervorgerufen haben könnte. Vielmehr wäre eine so verstandene Auskunft auf der Wahlbenachrichtigungskarte schlichtweg unzutreffend gewesen, ohne hierdurch das Wahlrecht begründen zu können.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass wir aus „der Geschichte“, also auch aus dieser Geschichte lernen können. Nach gehöriger Analyse des Geschehens, zu welcher auch eine von mir ohnehin beabsichtigte Verbindungsaufnahme mit der Landesebene gehört, werden gegebenenfalls Folgerungen zu ziehen sein, um künftig über die obligatorischen Hinweisschreiben an alle EU-Bürger hinaus, die nicht in das Wählerverzeichnis zur Europawahl eingetragen sind, zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, welche eine noch deutlichere Unterscheidung zwischen der Wahlberechtigung zu den Kommunalwahlen und zur Europawahl ermöglichen; dies vor dem Hintergrund, dass in Brandenburg die Wahltermine dieser beiden Wahlen voraussichtlich auch weiterhin zusammenfallen werden. Über derartige zusätzliche Vorkehrungen könnte im Übrigen sodann auch vor Ort entschieden werden. Beispielsweise ist zu überlegen, getrennte Wahlbenachrichtigungskarten für die Kommunalwahlen und die Europawahlen zu versenden, wodurch allerdings wiederum Kritik wegen des nahezu verdoppelten Aufwandes für einen zeitlich und organisatorisch einheitlichen Vorgang hervorgerufen werden würde.
Nach alledem hoffe ich, Ihnen die diesseitige Position nachvollziehbar dargelegt haben zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Beckmann
Kreiswahlleiter
Stadt Frankfurt (Oder)
Marktplatz 1
15230 Frankfurt (Oder)
Wojciechowski an Beckmann am 3. Juni 2014:
Sehr geehrter Herr Beckmann,
haben Sie vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Sie haben sich viel Mühe gegeben, was ich zu schätzen weiß.
Trotzdem lade ich Sie zu einem Gedankenexperiment ein.
Stellen Sie sich vor, Sie sind mit einer Britin verheiratet und leben seit 2005 in London. Im April 2014 bekommen Sie ein amtliches Schreiben, welches Sie darüber informiert, dass Sie im Zusammenhang mit der Kommunal- und Europawahl in das Wählerverzeichnis eingetragen sind und im unten angegebenen Wahllokal wählen können.
Sie freuen sich und begeben sich am 25. Mai 2014 zur Wahl in das angegebene Lokal.
Bereits vor der Tür des Wahllokals erwarte Sie eine unangenehme Überraschung: Eine nette Dame, die, als sie Sie mit Ihrer Gattin deutsch sprechen hört, vor die Tür geht und Sie informiert, dass Sie, wenn Sie deutscher Staatsbürger sind, nur in Ihrer Heimat wählen dürfen. Sie glauben der Dame natürlich nicht, wollen aber keinen Streit entfachen und betreten das Lokal. Dort wird Ihnen der Wahlzettel zur Kommunalwahl aber nicht zur Europawahl ausgehändigt. Sie fragen nach den Gründen und es wird Ihnen ein großes N bei Ihrem Namen gezeigt. „Amtlicher Sperrvermerk“ lautet die Erklärung. Sie sind schockiert. Sie sagen, sowohl Deutschland als auch Großbritannien seien Mitglied der Europäischen Union und Unionsbürger dürfen auf dem gesamten Gebiet der Union wählen. „Nein, die nicht-britischen EU-Bürger dürfen nur in Ihren Heimatländern wählen“, heißt die Antwort. Sie sind sicher, dass dies eine falsche Auslegung der Gesetzeslage sei. Aufgeregt drohen Sie: „Ich werde mich beschweren“. „Ja, beschweren Sie sich beim Europäischen Parlament“, lautet die Antwort.
Sie sind schockiert und fühlen sich diskriminiert sowie um ihr Grundrecht zur Wahl betrogen.
Am nächsten Tag schreiben Sie eine E-Mail an die Dame, die Ihnen als Wahlleiterin genannt wurde. Sie bekommen an diesem Tag keine Antwort, aber durch Zufall ruft Sie der Stadtbezirksvorsteher an. Es handelt sich um einen puren Zufall, aber Sie erzählen ihm natürlich davon, was passiert ist. Er lädt Sie am nächsten Tag zum Gespräch ein. Er verhält sich Ihnen gegenüber nett und möchte aufklären, was bei der Wahl schief gelaufen ist. Im Anschluss an das Gespräch lädt er seinen Justiziar hinzu, damit Sie mit ihm das Wahlvorgehen nach eventuellen Fehlern prüfen. Der Justiziar lächelt nett, aber von Anfang an behauptet er, dass Sie schuld gewesen seien. Sie hätten sich nämlich anmelden müssen, was Ihnen angeblich schriftlich mitgeteilt worden sei. Sie aber, genauso wie Ihre Frau, sind sich sicher eine solche Einladung nicht erhalten zu haben. Der Justiziar jedoch behauptet felsenfest, dass eine solche Benachrichtigung Ihnen zugestellt worden sei. Sie haben das Gefühl, dass er Ihnen eine Lüge unterstellen möchte. Sie wundern sich, weshalb er dies tut. Sie hätten doch gar kein Interesse einen Brief zu lesen, seinen Inhalt zu ignorieren, zum Wahllokal zu gehen, um dort einen Streit zu entfachen und später stundenlang Emails zu schreiben, nachzudenken und schlaflos auf dem Bett zu liegen ohne sich beruhigen zu können. Sie rufen bei Ihren Freunden an und plötzlich stellt sich heraus, ein befreundetes Ehepaar, dann zwei, dann vier hätten auch keine derartigen Briefe erhalten. Sie fragen sich, „habe ich vielleicht das Schreiben zusammen mit den Werbezeitschriften weggeschmissen – aber soll ein solches Mißgeschick den anderen auch passiert sein?“ Und es bleibt doch diese unglückliche Wahlbenachrichtigung, in der schwarz auf weiß stand, dass Sie im Wählerverzeichnis eingetragen sind und wählen dürfen. Darauf angesprochen sagt der Justiziar: „Die Versendung einer solchen Wahlbenachrichtigung wurde uns vom Oberbürgermeister von London vorgeschrieben.“ Und darin schreibt er Ihnen noch einen Satz in Amtsenglisch, den Sie zehnmal lesen und doch nicht ganz richtig verstehen. Und wenn Sie zu verstehen beginnen, dann wollen Sie es einfach nicht glauben, dass der Gedanke ernst gemeint ist.
„Lieber Herr Beckmann, der Brief mit der Wahlbenachrichtigung hat für Sie keine Rechtsgültigkeit. Und wenn er selbst bei Ihnen den Eindruck erwecken sollte, Sie hätten irgendwie das Recht gehabt zu wählen, dann sollten Sie ihn dennoch ignorieren.“ Sie sind erschüttert. Zum ersten Mal im Leben bekommen Sie einen Brief von einer Behörde, die Ihnen gleichzeitig mitteilt, dass es Ihre Pflicht gewesen sei, diesen Brief zu ignorieren. Sie sollen ebenso selber schuld sein, den Brief nicht ignoriert zu haben und sich so selber um das Wahlrecht gebracht zu haben…
Wie würden Sie sich nach einem solchen Erlebnis fühlen? Was würden Sie von den Briten halten? Von Ihrer Rechtskultur? Sie hätten vielleicht begonnen um Ihr Recht zu kämpfen, aber Sie wären schnell müde geworden. Sie hätten gerne aufgegeben, denn schließlich war die ganze Angelegenheit bereits vorbei. Aber jenes Gefühl der Demütigung, die Dame im Wahllokal, die vor die Türe tritt und sagt „verschwinden Sie, Sie dürfen hier nicht wählen“. Woher konnte sie überhaupt wissen, dass Sie nicht im Wählerverzeichnis eingetragen waren? Hat sich kein einziger in diesem Stadtteil lebender Deutscher eingetragen?
Sie hätten die ganze Sache am liebsten vergessen, wenn bloß jemand von den Briten sich entschuldigt hätte.
Da dies nicht geschehen ist, quälen Sie sich weiter.
Ich hoffe, dass dieses Experiment Ihre Gedanken erweitert hat, selbst dann, wenn Ihre Perspektive rechtens war. Denn es gibt durchaus andere Perspektiven dieses Vorgangs – die eines Bürgers, der das Recht auf ein Mindestvertrauen zum amtlichem Schriftverkehr hat, die eines Ausländers, der immer etwas empfindlicher ist, und die eines normalen, gutgläubigen Menschen.
Ich werde Sie nicht mehr mit meiner Schreiberei plagen. Eines lässt mich aber nicht in Ruhe: Sind wir, meine Frau und ich, wirklich die einzigen, die die Hand ins Feuer legen könnten, dass sie keine Aufforderung zur Eintragung ins Wählerverzeichnis erhalten haben?
Ihr
Krzysztof Wojciechowski
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dr Krzysztof Wojciechowski
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- [BRB-DOS] Fwd: Ist Euch das auch passiert? Wahlrecht praktisch verwehrt..., Martin Hampel, 05.06.2014
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