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Betreff: Regionalgruppe Bergisches Land (Nordrhein-Westfalen)
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[Bergisches Land] [Fwd: Demonstration 08.05.2010 in Wuppertal - Nein zur Privatisierung des Hoheitlichen !]
Chronologisch Thread
- From: Griesu <griesu_dkd@yahoo.de>
- To: bergisches-land@lists.piratenpartei.de
- Subject: [Bergisches Land] [Fwd: Demonstration 08.05.2010 in Wuppertal - Nein zur Privatisierung des Hoheitlichen !]
- Date: Mon, 08 Mar 2010 20:38:21 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/mailman/private/bergisches-land>
- List-id: "Ortsgruppe Bergisches Land \(Nordrhein-Westfalen\)" <bergisches-land.lists.piratenpartei.de>
Zur Info...
-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Demonstration 08.05.2010 in Wuppertal - Nein zur Privatisierung
des Hoheitlichen !
Datum: Sun, 7 Mar 2010 18:07:53 +0100
Von: Sarah***
Sarah ****
(***Adresse und Namen wurden von Griesu zensiert...)
Bürger- und Menschenrechtlerin
Sehr geehrte Piratinnen und Piraten,
ich nehme bezug auf unsere Gespräche beim Piraten-Stammtisch im
Dartcenter am
Alten Markt.
Am 08.05.2010 findet eine Demonstration in Wuppertal statt gegen die
Vergabe
hoheitlicher Aufgaben von Behörden, Justiz und Sicherheitsorganen an
Privat-
firmen. Anmelder der Demonstration bin ich zusammen mit dem Kreisverband
Bergisch Land der Ökologisch-Demokratischen Partei (ödp).
Wir würden uns freuen, wenn Sie bei der Demonstration mitmachen und auch
einen
Redebeitrag stellen. Fahnen von Parteien und NGOs sind in der
Demonstrations-
anmeldung ausdrücklich erwünscht, auch das Verteilen von Flugblättern, die
zum Thema passen. Info-Stände haben wir für die Kundgebung nicht
angemeldet,
da die Aufmerksamkeit während der Kundgebung auf die Redner gebündelt
werden
soll. Es ist ausdrücklich erwünscht, dass auf unserer Demonstration ein
breites privatisierungskritisches Spektrum sichtbar und hörbar wird.
Daher möchten wir Sie zur Mobilisierung, Teilnahme und Vorbereitung der
Demonstration gewinnen.
Die Vergabe hoheitlicher Aufgaben an Privatfirmen droht zur Zeit von
mehreren
Seiten. Das erste sind die Zeilen 584-591 des Koalitionsvertrags der
schwarz-
gelben Bundesregierung, wonach staatliche Aufgaben grundsätzlich an privat
vergeben werden sollen, soweit Private diese deutlich billiger erledigen
können. Bei Ländern und Kommunen sind deutlich mehr Personen im
öffentlichen
Dienst beschäftigt, als beim Bund, sodass es ein Thema auch mit erheblichem
landes- und kommunalpolitischem Bezug ist. Und richtig losgehen wird es,
aus
Rücksicht auf die Machtverhältnisse im Bundesrat, erst nach der
Landtagswahl
in NRW, mit Sicherheit aber in 2011, wo man durch die Schuldenbremse einen
Anlass zum Ausverkauf haben wird.
Aus Sicht des EU-Rechts ist durch den am 01.12.2009 in Kraft getretenen
Lissabon-Vertrag allen Mitgliedsstaaten vorgeschrieben, sowohl Daseinsvor-
sorge ("Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse", Art. 14 AEUV),
als auch die hoheitlichen Aufgaben ("nicht-wirtschaftliche Dienste von
allge-
meinem Interesse", Art. 2 von Protokoll 26 zum Lissabon-Vertrag) auf Ebene
von Bund, Ländern und Gemeinden grundsätzlich an privat zu vergeben.
Aus Sicht des Grundgesetzes ist die Vergabe des Hoheitlichen jedoch in
höchstem Maße verfassungswidrig. Es verstösst gegen die Strukturprinzipien
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, gegen das grundrechtsgleiche Recht auf
den Funktionsvorbehalt (Art. 33 Abs. 4 GG) und gegen den Gleichheitsgrund-
satz (Art. 3 GG). Darüber hinaus kollidiert es mit der freiheitlich-
demokratischen Grundordnung (Art. 18 GG, §4 Abs. 2 BVerfSchG, Leitsatz 2
des
Urteils unter BVerfGE 2,1), weil der Staat bei Privatisierung von
Hoheitlichem keine wirksame Dienstaufsicht mehr sicherstellen kann, und
damit
dann auch nicht mehr in der Lage ist, das Willkürverbot und die
ununterbrochene demokratische Legitimationskette vom Volk über das
Parlament
zur Regierung und schließlich zu allen hoheitlichen Institutionen
durchzusetzen. Die Vermischbarmachung hoheitlicher Macht mit privatwirt-
schaftlichen Eigeninteressen lädt Interessenkonflikte gerade zu ein.
Außerdem verstösst die Privatisierung von Behörden und auch von Teilen der
Daseinsvorsorge unter bestimmten Umständen gegen das Sozialstaatsgebot des
Grundgesetzes.
Im Lissabon-Urteil vom 30.06.2009 wurde entschieden, dass sämtliche
Grundrechte und Strukturprinzipien des Grundgesetzes über dem EU-Recht
stehen. Das gleiche gilt auf Grund der Unveräußerlichkeit der
Menschenrechte
(Art. 1 Abs. 2 GG) m. E. auch für die grundrechtsgleichen Rechte.
Wir demonstrieren am 8. Mai, um diesen Vorrang auch einzufordern. Die
Priva-
tisierung von Hoheitlichem darf nicht stattfinden ! Egal, ob sie in einem
Koalitionsvertrag oder im Lissabon-Vertrag steht. Soweit hoheitliche
Aufgaben
schon privatisiert wurden (z. B. Bauaufsicht, Bewährungshelfer in Baden-
Württemberg, Teile der Logistik der Bundeswehr), muss es wieder rückgängig
gemacht werden. Ein mahnendes Beispiel ist das Versagen der Bauaufsicht bei
der Kölner U-Bahn.
Unser Demonstrationsaufruf ist im Anhang beigefügt.
Sie finden meine Rechtsauffassung zur Vergabe hoheitlicher Aufgaben auch
dargelegt in meinen Verfassungsbeschwerden unter Az. 2 BvR 2167/09 vom
18.09.2009 und vom 24.09.20088 (2 BvR 1958/08) im Internet unter
http://sites.google.com/site/buergerrechtemenschenrechte
Einen Artikel, den mein Mann und ich für Radio Utopie geschreiben haben,
finden Sie unter:
www.radio-utopie.de/2009/11/24/der-“gewahrleistungsstaat”-von-lissabon-–-ein-
verfassungsfeindlicher-staatsformwechsel/
Wir freuen uns auf Ihre baldige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
Sarah ***
(***Adresse und Namen wurden von Griesu zensiert...)
Attachment:
Flugblatt für Demo 08052010.pdf
Description: Adobe PDF document
- [Bergisches Land] [Fwd: Demonstration 08.05.2010 in Wuppertal - Nein zur Privatisierung des Hoheitlichen !], Griesu, 08.03.2010
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