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ag-waffenrecht - [Ag-waffenrecht] Terrorgefahr vs. Realität

ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Waffenrecht

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[Ag-waffenrecht] Terrorgefahr vs. Realität


Chronologisch Thread 
  • From: "charly.strolchi AT t-online.de" <charly.strolchi AT t-online.de>
  • To: "Waffenrecht" <ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [Ag-waffenrecht] Terrorgefahr vs. Realität
  • Date: Fri, 10 Apr 2015 11:36:36 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-waffenrecht>
  • List-id: Mailingliste der AG Waffenrecht <ag-waffenrecht.lists.piratenpartei.de>

Hallo!

Ein Artikel aus N-TV, man ersetze das Wort Terror durch "legalen
Waffenbesitz", heraus kommt das gleiche. Eine Statistik zu den Risiken habe
ich mal angehängt.

Gruß Uwe Weber

http://www.n-tv.de/politik/Die-Angst-vor-Terror-ist-paradox-article14870751.html

"....Ortwin Renn von der Universität Stuttgart sagt, dass es in der
Sicherheitspolitik immer wieder zu einer "ineffizienten Ausnutzung der
Ressourcen" kommt. Anders ausgedrückt: Die Politik macht zu viel, sie
schränkt in unnötigem Maße Bürgerrechte ein und es wird Geld verschwendet.
Paradoxerweise stört das viele aber nicht.

Wenn es um den Kampf gegen den Terror geht, wirken besondere Mechanismen, die
viel mit der menschlichen Psyche zu tun haben - und mit dem, was Renn als
"Webfehler der plebiszitären Demokratie" bezeichnet.

Schon eine einfache Rechnung zeigt: Bereits die Angst der Bürger vor Terror
ist unverhältnismäßig. 60 Prozent der Deutschen fürchten, dass es demnächst
einen Anschlag im Land geben wird, so das Ergebnis einer Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts YouGov. 14 Prozent fürchten, dass sie im Falle
eines Anschlags eines der Opfer sein würden, ergab eine Studie, die Renn im
vergangenen Jahr veröffentlicht hat. Die Wahrscheinlichkeit in einem
europäischen Staat Opfer eines Terroranschlags zu werden, liegt Renns
Untersuchungen zufolge aber nur bei 0,002 Prozent.

In Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit sogar noch geringer.
Wissenschaftliche Untersuchungen dazu gibt es nicht, was auch an den geringen
Fallzahlen liegt. Nach Angaben des Innenministeriums kam es nach dem Anschlag
auf das World Trade Center 2001 in der Bundesrepublik zu zehn
Anschlagsversuchen von Islamisten. Einer dieser Versuche gelang. Im März
starben zwei US-Soldaten am Frankfurter Flughafen. Die Bilanz: zwei Tote in
14 Jahren.

Zum Vergleich: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sterben jedes Jahr
zwischen zehn und vierzig Menschen an den Folgen eines Wespenstiches. Den Tod
durch einen Wespenstich, der um ein vielfaches wahrscheinlicher ist als der
Tod durch Terrorismus, fürchtet trotzdem kaum jemand. Und bisher ist auch
noch kein Politiker auf die Idee gekommen, Millionen zu investieren, um
Menschen vor Wespen zu schützen. "Wenn es um Terrorismus geht, gibt die
Politik statistisch gesehen viel mehr Geld dafür aus, ein Menschenleben zu
retten, als bei anderen Todesursachen", sagt Renn.

Laut Renn gibt es drei Gründe für diese unverhältnismäßig große Angst. Der
erste ist eine Veränderung des Terrorismus. Als die Rote Armee Fraktion (RAF)
in den 1970er Jahren in Deutschland wütete, fühlten sich die Menschen noch
sicher, weil sich die Angriffe auf Unternehmer und Politiker konzentrierten.
"Wenn Islamisten wahllos Bomben in einen Zug schmeißen oder ein
Selbstmordattentäter versucht, einfach möglichst viele Menschen zu treffen,
erscheint die individuelle Bedrohung viel größer."

Der zweite Grund: Ein Terroranschlag lässt sich in der Fantasie eines
Menschen leicht durchspielen. Das Wort "Terror" reicht, und sofort entstehen
Bilder vorm inneren Auge. "Wenn etwas mental sehr gut verfügbar ist, wird es
meist in der Wahrscheinlichkeit überschätzt", sagt Renn. Anders als bei einem
Autounfall, den sich Menschen ohne Schwierigkeiten ebenfalls fantasievoll
ausmalen können, fallen ihnen beim Terroranschlag aber nicht sofort etliche
Fälle ein, in denen es zum Glück nur beim Blechschaden geblieben ist.

Drittens verstärken Medien durch ihre Berichterstattung das
Gefahrenbewusstsein. In verschiedenen Studien ließ sich nachweisen, dass
Menschen, die häufiger Medien konsumieren, die Welt für einen gefährlicheren
Ort halten, als er es in Wirklichkeit ist. Gewalt, Leid und eben auch Terror
kommen in der fiktionalen, aber auch der Nachrichtenberichterstattung,
überproportional oft vor.

.... Für die Politik ist Angst aber auch Nährstoff. Kurz nach dem Anschlag
auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" in Frankreich sprachen sich in einer
YouGov-Erhebung fast die Hälfte der Befragten dafür aus, die strengen Regeln
für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren zu locken - allen furchtbaren
historischen Erfahrungen zum Trotz. Kurzum: Mit harschen
sicherheitspolitischen Maßnahmen lassen sich Wahlen gewinnen. Das hat sich
längst über den Kreis rechtskonservativer Politiker hinaus herumgesprochen.
Grenzen für weitere sicherheitspolitische Maßnahmen gibt es kaum, denn es
gilt: Sicherer geht's immer. Die Frage, wie sicher dieses Land bereits ist,
spielt in dieser Logik keine Rolle mehr.

Mehr Sicherheit geht oft mit weniger Freiheit einher - sei es nun bei der
Freizügigkeit oder beim Datenschutz. Der Preis dieser Politik ist aber auch
monetärer Natur. Wer nun behauptet: Geld dürfe keine Rolle spielen, wenn es
um Menschenleben geht, führt zwar ein moralisches Totschlagargument an,
verkennt aber, dass Geld auch beim Schutz von Menschenleben längst eine
bestimmende Größe der Politik ist - zumindest, wenn das Thema nicht so
emotional aufgeheizt ist wie der Terrorismus. Jahrelang vernachlässigte die
Politik die Verkehrsinfrastruktur in dünn besiedelten Regionen. Verwaschene
Fahrbahnmarkierungen, marode Brücken und Schlaglöcher waren die Folge. Allein
im Jahr 2014 verloren fast 3400 Menschen ihr Leben auf der Straße.

....Renn fordert mehr "Augenmaß" bei der Einführung neuer
Anti-Terrormaßnahmen und, ohne die Symbolik solcher Maßnahmen völlig außer
Acht zu lassen, vor allem "nüchterne Berechnungen". "Es wäre gut, wenn
Politiker ihre Ideen öfter durchrechnen, bevor sie damit in die
Öffentlichkeit drängen." Und damit meint er nicht, die bloßen Kosten einer
neuen Maßnahme abzuschätzen, was bei neuen Gesetzen ja passiert. Er meint
auch eine Rechnung, die Aufwand und Nutzen ins Verhältnis setzt. Gerade bei
vielen der jüngsten Anti-Terrormaßnamen ist der Nutzen umstritten.

Das Dilemma: Selbst bei einer bewussten und nüchternen Betrachtung der
tatsächlichen Risiken lässt sich laut Renn eine gewisse Irrationalität kaum
vermeiden. "Terrorismus ist eben etwas Unheimliches", sagt der
Risikoforscher. "Da spielen Dinge eine große Rolle, die durch eine rein
kognitive Beurteilung kaum zu fassen sind." Am Ende, so sagt er, bleibt wie
bei der Flugangst auch dann eine Diskrepanz zwischen Angst und echter Gefahr,
wenn alle Statistiken bekannt sind...."

Attachment: Waffenr.Statistische Risiken.doc
Description: MS-Word document



  • [Ag-waffenrecht] Terrorgefahr vs. Realität, charly.strolchi AT t-online.de, 10.04.2015

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