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ag-waffenrecht - [Ag-waffenrecht] Rechtsstaatsprinzip 20 GG - WaffG

ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Waffenrecht

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[Ag-waffenrecht] Rechtsstaatsprinzip 20 GG - WaffG


Chronologisch Thread 
  • From: Thomas Leigh Dobert <Thomas+Leigh+Dobert AT news.piratenpartei.de>
  • To: ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [Ag-waffenrecht] Rechtsstaatsprinzip 20 GG - WaffG
  • Date: Tue, 13 Mar 2012 20:49:49 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-waffenrecht>
  • List-id: Mailingliste der AG Waffenrecht <ag-waffenrecht.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver


Hallo Oliver,

also Verwaltungsrecht war nicht meine Leidenschaft im Studium.

Ich hätte aber folgenden Weg gewählt:
Ein Legalwaffenbesitzer, der die Behörde bei einer verdachtsunabhängigen Kontrolle nicht herein lässt.
Die verdachtsunabhängige Kontrolle ist ja auch ein Verwaltungsakt. Gegen diesen legt der Legalwaffenbesitzer Widerspruch ein. In der Begründung des Widerspruch verweist man auf die Verfassungswidrigkeit der Regelung im Waffengesetz sei es nach § 20 GG oder wegen fehlender Verhältnismäßigkeit.
So wird ja die Verfassungsmäßigkeit des Waffengesetzes geprüft, denn nur wenn die Vorschrift verfassungskonform ist, darf die verdachtsunabhängige Kontrolle durchgeführt werden und der Widerspruch hat keine Aussicht auf Erfolg. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, dann reicht man Klage ein.

Im Grunde müsste es sogar ausreichen, wenn man gegen einen Gebührenbescheid bei einer verdachtsunabhängigen Kontrolle vorgeht. Auch da kann ja nur eine Gebühr erhoben werden, wenn die Maßnahme rechtmäßig erfolgte. Bei unrechtmäßiger Kontrolle, weil verfassungswidrig, kann es keine Gebührentragungspflicht geben.

Was meinst Du?

Ich habe mein 2. Staatsexamen 1996 in Bayern gemacht, und Du?

Liebe Grüße

Susanne

Susanne Putsche Dobert
Rechtsanwältin
Kroatien: Batvaci 100, 52215 Vodnjan
Österreich: Floridusgasse, 1210 Wien
Deutschland: Raiffeisenstraße 30, 86663 Asbach-Bäumenheim

Am 13.03.2012 10:07, schrieb Oliver T. Vaillant:
19:17 Sonntag, 11.März 2012 schrieb Susanne Putsche Dobert
<putsche[at]hotmail.de>

... Jetzt brauchen wir nur noch endlich jemanden, der beschwert ist und
den Rechtsweg beschreitet. ...

Der formaljuristische Haken dabei ist nur, dass man nachdem eine
Durchsuchung beendet ist, gar keine "eigene Beschwer" i.S.d.G. mehr hat; im verfassungsrechtlichen Verfahren gibt es leider kein Analogon zur "Fortsetzungsfeststellungsklage" des Verwaltungsverfahrensrechts - also wäre eine Verfassungsbeschwerde nach stattgehabter Durchsuchung von vorn herein ohne Aussicht auf Erfolg; das BVerfG hat einige Verfahren mit dieser Begründung gar nicht erst zur Entscheidung angenommen. Das, was das "Trio Infernal" (so nennen wir Kriminaler die Vorprüfungskammer) sich hier geleistet hat, das halte ich wiederum für offene Rechtsverweigerung (Grundrecht auf rechtliches Gehör nach Art.103 GG); darum sind diese Kammerentscheidungen auch nicht in der amtlichen Sammlung enthalten.

Die jetzige Rechtslage im deutschen Gesetz ist allerdings pervers
(anders kann ich das nicht mehr nennen):
- Bei einem Verdacht gegen eine Person ohne Waffenerlaubnis braucht die
Polizei einen ausdrücklichen Durchsuchungsbefehl, sonst ist die Durchsuchung rechtswidrig, und ihr Ergebnis unterliegt schon deshalb einem Verwertungsverbot.
- Bei einem legalen Waffeninhaber braucht die Behörde eine Durchsuchung
prinzipiell nicht begründen; die Ergebnisse unterliegen weiter keinerlei Zweckbindung.
- Anders ist es aber, wenn gegen den Inhaber der Erlaubnis schon ein
Verdacht vorliegt (auch der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit); dann ist die StPO lex specialis gegenüber dem WaffG, und der Durchsuchungsbefehl ist rechtlich doch wieder notwendig, weil ihre Ergebnisse sonst vor Gericht nicht verwertet werden dürfen.

Diese explizite Regelung im Gesetz ist so offensichtlich absurd, dass
sie ihren (angeblichen) Zweck von vorn herein gar nicht erfüllen kann; schon allein deshalb verstößt sie gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Art.20 GG.

G*... Lou

Von: Susanne Putsche Dobert <putsche[at]hotmail.de>
An: Oliver T. Vaillant <o.t_vaillant[at]yahoo.de>; Mailingliste der AG
Waffenrecht <ag-waffenrecht[at]lists.piratenpartei.de>
Gesendet: 19:17 Sonntag, 11.März 2012
Betreff: Re: [Ag-waffenrecht] Antrag zum BPT

Hallo Oliver,

das ist fein.
Diesen Ansatzpunkt hatte ich noch nicht gesehen.
Dann wird die Argumentationsschiene gegen die verdachtsunabhängigen
Kontrollen ja immer breiter.

Jetzt brauchen wir nur noch endlich jemanden, der beschwert ist und den
Rechtsweg beschreitet.

Liebe Grüße

Susanne
Susanne Putsche Dobert
Rechtsanwältin
Kroatien: Batvaci 100, 52215 Vodnjan
Österreich: Floridusgasse, 1210 Wien
Deutschland: Raiffeisenstraße 30, 86663 Asbach-Bäumenheim

Am 11.03.2012 11:33, schrieb Oliver T. Vaillant:
Hallöchen,

eine verdachts- und damit Auslöserer-unabhängige Kontrolle ist per
Definitionem willkürlich; das verstößt gegen das Willkürverbot, das im Rechtsstaatsprinzip in Art.20 GG enthalten ist.
Im Klartext für juristische Laien bedeutet das: Kontrollen ohne einen
(wenn auch nur abstrakten) Verdacht sind auch dann verfassungswidrig, wenn sie formal im Gesetz vorgesehen sind.
In Österreich, dass die willkürlichen Kontrollen schon lange vor der
BRD eingeführt hat, wurden sie deswegen wieder abgeschafft.

Noch deutlicher: Seit 2009 ist das Waffengesetz eindeutig
verfassungswidrig. In Deutschland besteht nur das Problem, dass man für eine Verfassungsbeschwerde gegen ein förmliches Bundesgesetz eine so genannte "eigene Beschwer" braucht (d.h. selbst verfassungswidrig durchsucht worden sein muss und danach noch einen Nachteil haben muss), weil man sonst schon formal gar nicht klagebefugt ist.

Und jaaa - ich Hab' Jura studiert.

G*... Lou




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