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ag-waffenrecht - [Ag-waffenrecht] Waffenrechtsverschärfungen

ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Waffenrecht

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[Ag-waffenrecht] Waffenrechtsverschärfungen


Chronologisch Thread 
  • From: <charly.strolchi AT t-online.de>
  • To: <ag-waffenrecht AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: [Ag-waffenrecht] Waffenrechtsverschärfungen
  • Date: 29 Feb 2012 16:00 GMT
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-waffenrecht>
  • List-id: Mailingliste der AG Waffenrecht <ag-waffenrecht.lists.piratenpartei.de>

Uwe Weber Isaar 32 95183 Töpen       Im Internet wurde ich auf die AG Waffenrecht Ihrer Partei aufmerksam, nach Briefwechsel mit Herrn Robert Streng vom Bezirksverband Oberfranken, in dessen Bezirk ich ja wohne, erlaube ich mir mich nunmehr direkt an Ihre AG zu wenden.  Im Zusammenhang mit der Diskussion um den Schießsport bzw. den legalen Waffenbesitz darf ich als beruflich (ich bin Waffensachbearbeiter der Polizei und somit auch mit weniger bekannten Daten vertraut) mit dem Waffenrecht befasster auf die ungemein wichtige Dokumentation zur Untersuchung „Pädagogische Auswirkungen des Schießsports auf Kinder unter zwölf Jahren“, München 1996, herausgegeben vom Institut für Schulpädagogik und Grundschuldidaktik verweisen, die offensichtlich nicht bekannt ist – oder es werden deren Aussagen bewusst übersehen (was mich nicht überraschen würde, denn wenn Fakten auf Emotionen stoßen, dann haben die Fakten meist schon verloren). Diese Untersuchung belegt nämlich eindeutig, wie sehr gerade Heranwachsende vom Schießsport profitieren.
Ihre Ergebnisse decken sich zudem mit denen einer anderen Studie, nach der legale Waffenbesitzer – also nicht allein Sportschützen – ‚bei entsprechenden Tests in den meisten Persönlichkeitsdimensionen (wie Depressivität, Lebenszufriedenheit, Aggressivität, Gewissenhaftigkeit, Werteausrichtung) sogar bessere Werte erzielten‘ als eine Vergleichsgruppe von nicht-waffenbesitzenden Bürgern (Prof. Dr. Dietmar Heubrock, Institut für Rechtspsychologie der Universität Bremen, Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ,Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften‘ 2. Februar 2008). Was im Umkehrschluss bedeutet, dass legale Waffenbesitzer psychisch stabiler sind als ihre (im Regelfall nicht waffenbesitzenden) Gegner und Neider. Auch das sollte man einmal gut überdenken.   Es hat sich zudem gezeigt, dass parallel zu unserem beständig verschärften Waffengesetz Zahl und Schwergrad von Schulmassakern (der Begriff „Amoktaten“ ist schlichtweg falsch, da hier kein Affekt vorlag sondern bewusste Planung vorausgegangen ist) zugenommen haben, d.h. dass in den Zeiten eines liberalen Waffengesetzes das Zusammenleben der Menschen offensichtlich gefahrloser war. Die Frage drängt sich auf, ob hier ein Kausal- oder lediglich ein chronologischer Zusammenhang vorliegt.   Beobachtungen in anderen (europäischen) Staaten mit liberaleren wie auch mit noch restriktiveren Waffengesetzen geben aber besonders nachdem einschneidende Änderungen in Richtung Liberalisierung bzw. Verschärfung vorgenommen wurden der Vermutung Nahrung, dass hier wohl ein harter Kausalzusammenhang besteht. Schärfere Waffengesetze nutzen daher wohl in erster Linie dem Kriminellen.   Mir persönlich machen nicht die Waffen der Sportschützen Sorgen, denn, wie angesprochen und durch die Statistik belegbar (auf diese möchte ich später in meinem Brief kommen), sind diese als Tatmittel quasi nicht existent. Dass sich abseits der Berichterstattung Rockergruppierungen mit Handgranaten und vollautomatischen Schusswaffen Bandenkämpfe liefern, das macht Sorge. Dass Gewalttaten mit illegalen Waffen verübt werden, wie z. B. in München als ein Migrant seine Ehefrau mit einer Maschinenpistole tötete, im Dezember 2011 als ein Migrant seine Dreizehnjährige Tochter erschoss, weil er deren westlichen Lebensstil verurteilte, das Ergebniss des Augsburger Polizistenmordes mit dem Fund mehrerer illegaler Waffen, darunter auch militärische Sturmgewehre, Funde mehrerer illegaler Waffen bei Neonazi-Terroristen, das macht Sorge. Noch einige Beispiele. Dass ein fanatisierter Islamist innerhalb weniger Tage fähig war sich im Raum Frankfurt 2 scharfe Pistolen zu besorgen, mit denen er dann am Frankfurter Flughafen einen Anschlag auf die US Armee mit Toten verübte, das macht Sorgen. Dass der junge Migrant, der im August 2011 in Berlin aus Rache zwei Personen ermordete und zwei weitere durch Schüsse verletzte, diese Waffe ebenso problemlos kaufen konnte, ohne sich um eines der strengsten Waffengesetze in Europa zu kümmern oder davon betroffen zu werden, das macht Sorge. Nicht nur das Bundeskriminalamt ist der Meinung dass der illegale Waffenbesitz, und nicht der legale, ein Problem darstellt. Dass Amokläufe durchaus auch mit Axt und Brandsatz bewerkstelligt werden können, oder, wie mehrfach  passiert, mit einem Küchenmesser, das macht Sorge. Allerdings ist dies nur demjenigen erkennbar, der wie ich die Statistiken kennt, der sich tagtäglich mit dem Sachverhalt auseinander setzen muss und die Berichte quasi geliefert bekommt.

Die genannten im Übermaß vorhandenen Daten belegen nämlich eindrucksvoll, dass eine Verminderung des privaten Waffenbesitzes nicht nur die Sicherheit nicht erhöht, sondern regelmäßig mit einer Steigerung des kriminellen Schusswaffengebrauches einhergeht – Vice versa (vgl. z.B. http://rds.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs09/hosb0209.pdf).
)   Nach einem Bericht im STERN (Ausgabe Nr. 37 vom 9.9.2010; Seite 20/21) über die Tatwaffe Nr. 1, auch in Deutschland, das Messer, darf ich hier die Schlagzeile anführen: „Bei Amokläufen in Schulen und Kindergärten (Anm.: in China) sind in den vergangenen Monaten mindestens 18 Kinder umgebracht worden, über 80 wurden verletzt.“ Wie kann das sein in einer Gesellschaft, wo ein (für Manche bei uns in der Bundesrepublik Deutschland „vorbildliches“) Waffengesetz dafür Sorge trägt, dass jedweder Waffenbesitz bei Todesstrafe verboten ist? Wo also noch strengere Bedingungen herrschen als bei uns? Wo es neben dem staatlich geförderten/gewünschten (Sport-)Schießen keinerlei Kontakte zu Schusswaffen und erst recht keinen privaten Waffenbesitz gibt? Der STERN spricht von „Monaten“ – nicht von „Jahren“! Offensichtlich sind „waffenfreie Zonen … die gefährlichsten Plätze auf Gottes Erdboden“ (Dr. Georg Zakrajsek, Amokläufe immer wieder, in IWÖ-Nachrichten 1/09).    In die Zeitspanne (hier: die letzten fast vier Jahrzehnten), in welcher permanente Verschärfungen des Bundeswaffenrechtes vorgenommen wurden, fällt das Nachlassen der Identifizierung weiter Kreise der Bevölkerung mit unserem Staat („Staatsverdrossenheit“). Liegt es auch daran, dass ausweislich des Waffengesetzes unser Staat den Bürgern am wenigsten Vertrauen zu schenken bereit ist, welche sich durch ganz besondere Gesetzestreue auszeichnen?   Hier möchte ich das Bundeskriminalamt als zuständige Stelle für Statistik im Bereich Waffenkriminalität - Herausgeber des jährlichen Lagebildes Waffenkriminalität, welches in nüchternen Zahlen die Fakten aufzeigt, nämlich den Missbrauch von Schusswaffen, hier bezogen auf alle Schusswaffen, von der legalen Waffe bis hin zu den illegalen und freien Waffen - zitieren: „Wenngleich das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung immer wieder durch einzelne Straftaten wie z.B. durch Amoktaten, stark beeinträchtigt wird, ist das für die Bevölkerung aus der Waffenkriminalität resultierende Gefährdungspotenzial gering, denn Straftaten, in den Schusswaffen verwendet werden, machen lediglich (leider kann ich den exakten Wert nicht nennen, er beträgt jedoch weniger als 1% - Anmerkung des Verfassers) der in der PKS erfassten Fälle aus“ - sagt sinngemäß das Bundeskriminalamt und zwar zu der gesamten Schusswaffenkriminalität (!) und nicht nur zu der durch legale Waffenbesitzer. Leider ist diese Statistik Verschlusssache, aber für einen Politiker sicherlich einsehbar. Die aktuelle Ausgabe gibt erstmals auch die Zahl der missbräuchlich verwendeten legalen Schusswaffen bei Straftaten gegen das Strafgesetzbuch wieder. Die kümmerlich niedrige Zahl versetzt nicht nur Experten in Stauen, eine Veröffentlichung würde dazu führen dass viele der abstrusen Zahlen einfach nicht mehr haltbar wären. Aber auch die Polizeiliche Kriminalstatistik lässt sich verwenden, auch wenn hier auch Luftdruckwaffen oder waffenähnliche Gegenstände mit aufgeführt sind. In beiden Statistiken muss auf die Verstöße gegen das Strafgesetzbuch geachtet werden, denn nur diese geben Aufschluss über missbräuchliche Verwendung. Der Bereich illegaler Besitz oder – Einfuhr kann übersprungen werden. Interssanterweise wird im Lagebild der Missbrauch legaler Waffen überhaupt nicht einzeln aufgeführt, die Fallzahlen sind einfach zu niedrig.   Ich darf hier auch aus der polizeilichen Fachzeitschrift Kriminalistik, Ausgabe 12/2006, zitieren:   „….Dafür sind die Fallzahlen in den meisten Deliktbereichen zu niedrig und machen einen verschwindend geringen Anteil an den Gesamtstraftaten aus. Nach der Betrachtung der Daten bleibt die Frage im Raum stehen, warum eine Debatte um den legalen Waffenbesitz in Deutschland so emotionalisiert geführt wird. Eine mögliche Erklärung könnten die Fälle sein, bei denen Menschen durch die Verwendung von Legalwaffen ums Leben kommen. Durch die Berichterstattung in den Medien wird der Eindruck eines massiven Problems suggeriert, was zu gesellschaftlichem Druck auf die verantwortliche Politik führt. Wenn man nun konkrete Fallzahlen betrachtet, so stellt man für das Jahr 2002 fest, dass von 873 Morden/Raubmorden inklusive versuchter Taten (PKS 2002, S.131), bei fünf Fällen die Verwendung einer Legalschusswaffe zum Tode mindestens eines Opfers führte. Beim Totschlag sind 1791 Fälle bekannt geworden, 72,5% davon waren Versuche, dabei sind sieben Fälle zu vermerken, bei denen eine Legalwaffe mit Todesfolgen eingesetzt wurde. Hinzuzufügen ist, dass gerade diese Taten mit hoher affektiver Motivation durchgeführt werden, wie das BKA bestätigt. Ein affektiv motivierter Totschlag wird also unabhängig davon begangen, welche Waffe dem Täter im situativen Kontext konkret zur Verfügung steht: ’Hier wird jede verfügbare Waffe, auch die legale Schusswaffe, weil gerade zur Hand, zur Tatausführung benutzt.’ (Protokoll Nr. 92, 2002, S87). Selbst die völlige Abschaffung jeglichen legalen Waffenbesitzes würde demzufolge diese Tötungen nicht verhindern.“  Immer wieder hört man jetzt in der Debatte man möchte keine amerikanischen Verhältnisse. Aber scheinbar kennt diese niemand genau, deshalb erlaube ich mir hier einige Zeilen aus der offiziellen US Kriminalitätsstatistik, die auf der Internetseite des US Justizministeriums zu finden ist, anzuführen:   Die Kriminalitätsrate in den USA ist von 2006 auf 2007 nicht nur leicht gefallen, sondern sie ist seit 2002 jährlich gefallen, auf den niedrigsten Stand seit 1974. Das US-Justizministerium sprach von einem "knappen 30-Jahre-Tiefststand". Seit 1991 sind die Gewaltverbrechen um 38 Prozent zurückgegangen, Mord ist auf dem tiefsten Stand seit 40 Jahren, kontinuierlich gesunken seit 1991 um insgesamt 43 Prozent.

Wie die National Rifle Association (NRA) in einem Kommentar veröffentlichte, ist dabei bemerkenswert, daß die Zahl der Gewaltverbrechen sinkt, obwohl pro Jahr 4,5 Millionen Schußwaffen mehr auf den US-Markt kamen, obwohl es mehr Waffenbesitzer als je zuvor mit mehr Waffen als je zuvor gibt. "Trotzdem haben wir weniger Verbrecher als damals, als Gerald Ford noch Präsident war".

Die Details: Im Jahr 2007 waren die Städte mit den höchsten Mordraten ausgerechnet die mit strenger Waffenkontrolle. Die ersten drei:
·         Detroit (wo nach dem Waffengesetz des Staates Michigan eine Erlaubnis zum Waffenkauf eingeholt werden muß), ·         Baltimore, wo nach dem Gesetz von Maryland private Verkäufe streng limitiert sind und man beim Händler eine siebentägige Wartefrist bis zur Übergabe einhalten muß und ·         der District of Columbia (DC)  (mit einem kompletten Besitzverbot von Handfeuerwaffen) Detroit, Baltimore, Philadelphia und DC haben zudem die meisten Raubstraftaten.

Anders herum betrachtet hatten die Staaten mit einem Recht für die Bürger, Waffen zu führen ("Right-to-carry") im Jahr 2007 wie schon in den Vorjahren niedrigere Verbrechensraten: verglichen mit dem Rest der USA insgesamt 24 Prozent weniger, und im einzelnen 28 Prozent weniger Morde, 50 Prozent weniger Raubüberfälle sowie elf Prozent weniger schwere Körperverletzungen. "Right-to-carry" bedeutet, daß die Polizei einem unbescholtenen Bürger die Erlaubnis erteilt, Schußwaffen verdeckt, aber zugriffsbereit zu führen. Washington DC änderte seine Waffenvorschriften nachdem der  Oberste Gerichtshof der USA 2008 der Klage eines Bewohners von Washington DC nachgegeben und das totale Waffenverbot (was verständlicherweise nur den Legalbesitz betrifft) als verfassungswidrig erklärt und aufgehoben. Im Folgejahr – 2009 – ist die Mordrate in Washington DC prompt um 25% gesunken! Es reicht für Kriminelle offensichtlich bereits aus zu wissen, dass ihr potenzielles Opfer wehrhaft sein könnte, um sich zurückzunehmen. Quelle: IWÖ Nachrichten Frühjahr 2010 (http://iwoe.org/img/Endfassung_01-10.pdf   Dies widerlegt deutlich den oft falsch bzw. beeinflussend angebrachten Hinweis auf die "US Verhältnisse" Aber bleiben wir doch in Europa. England hat den privaten legalen Waffenbesitz fast völlig verboten, das Ergebnis ist dass dort niemand mehr nach Verschärfung schreit, denn es gibt nichts mehr zu verschärfen oder zu verbieten. Sicherheit wurde jedoch nicht gewonnen. Hier eine Zusammenfassung aus der aktuellen Kriminalitätsstatistik des Vereinigten Königreiches: Wenn man nur die ("tatsächlich gefährlichen" und für Kapitalverbrechen
relevanten) FIREARMS beachtet (ohne Luftdruckwaffen !) beträgt die
Steigerung von 1997 auf 2008 nicht nur das doppelte - sondern sogar mehr als
das 4 fache ! 804 Fälle in 1997 / 1998 stehen 3.241 Fälle in 2007 / 2008 gegenüber.   Ferner wurde während der Krawalle im August 2011 berichtet, dass 4,5% der festgenommenen eine Anzeige wegen Verstoß gegen das Waffengesetz erhielten, und das in einem Land mit einem Waffenverbot? Aber Gangmitglieder halten sich selten bis nie an bestehende Gesetze.   Folgt man den Argumenten der „Entwaffner“, müssten in Staaten mit liberalen Waffengesetzen wie die Schweiz, wo jeder Wehrmann ein vollautomatisch schießendes Gewehr im Schrank hat, oder Österreich mit einem ebenfalls liberalen Waffengesetz nicht mehr existieren. Das Gegenteil ist der Fall. Die Kriminalität ist dort sehr niedrig. Abschließen möchte ich diesen Brief mit einer Bemerkung der Gewerkschaft der Polizei, dass in einer offenen und freien Gesellschaft 100% Sicherheit nicht zu erreichen sind. Seit dem jetzigen Fall wurden mehrere Menschen Opfer von Gewalttaten, sie wurden erschlagen oder erhängt.     Mit freundlichem Gruß Uwe Weber

Attachment: Waffenr.PädAuswirkungSchießsportJugendliche.rtf
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