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Re: [Ag-umwelt] Ein Ihnen empfohlener Artikel aus der jungen Welt vom 20.11.2013
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- From: ati <ati AT piratenpartei-aachen.de>
- To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [Ag-umwelt] Ein Ihnen empfohlener Artikel aus der jungen Welt vom 20.11.2013
- Date: Wed, 20 Nov 2013 10:52:57 +0100
- Importance: normal
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Ich glaube die Meldung zieht uns fracking Gegner ins Lächerliche.
Ich sehe fracking als absehbare, planmäßige Verschmutzung unseres Wassers!
Das steht für mich in keinem Zusammenhang mit einem Unfall.
LG
ati
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-------- Ursprüngliche Nachricht --------
Von: Hanns-JXrg Rohwedder <danebod AT arcor.de>
Datum: 20.11.2013 9:40 (GMT+01:00)
An: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: [Ag-umwelt] Ein Ihnen empfohlener Artikel aus der jungen Welt vom 20.11.2013
LiebeR AG Umwelt,
dieser Artikel aus der jungen Welt vom 20.11.2013 wird Ihnen empfohlen von Hanns-Jörg Rohwedder.
Der Absender schickt Ihnen außerdem folgende Nachricht:
Ein Bericht aus der Jungen Welt z.K.
20.11.2013 / Thema / Seite 10
Unwägbare Risiken
Die Gefahren für Mensch und Umwelt bei der Förderung von Erdöl und -gas durch Fracking sind nicht abzusehen. Trotzdem findet die Technologie zunehmend Verwendung
Bernd MüllerEs ist der 6. Juli 2013 kurz nach ein Uhr morgens. Ein
führerloser Güterzug rast mit 100 Kilometern pro Stunde in die kanadische
Kleinstadt Lac-Mégantic, entgleist und fängt Feuer. Das brennende Öl läuft in
die Kanalisation und kommt an anderen Stellen der Stadt als Stichflamme aus
Kanalöffnungen. Dabei werden zahlreiche Häuser in Brand gesetzt, in denen die
Bewohner schlafen. In dieser Nacht sterben in Lac-Mégantic 47 Menschen.
Dieser Unfall symbolisiert eine der vielen Gefahren, die mit der Frackingtechnologie verbunden sind. Denn das kanadische Transportsystem wurde nicht im selben Tempo modernisiert, wie der Boom der Förderung von sogenanntem Schieferöl und -gas zunahm. Beförderten die zwei größten kanadischen Bahngesellschaften – Canadian National und Canadian Pacific – im Jahr 2009 nur 500 Kesselwagen Öl, werden es im Jahr 2013 bereits über 130000 sein. Ähnlich sieht die Situation in den USA aus: 40mal mehr Öl als noch vor fünf Jahren wird dort per Bahn befördert. Seit 1994 warnt die kanadische Transportbehörde, daß die genutzten Ölwaggons sehr anfällig seien. Doch getan hat sich seitdem nichts, und so sind heute drei von vier Kesselwagen in NordÂamerika veraltet und anfällig.
Die kanadischen Bahnunternehmen haben zwar mitgeteilt, in den nächsten Jahren eine Milliarde Dollar in Schienen zu investieren und 30000 neue Kesselwagen zu kaufen. Dennoch wird weiter kritisiert, daß Öl überhaupt per Zug von A nach B gebracht wird. Laut US-Transportministerium sind tödliche Bahnvorfälle statistisch 25mal häufiger als tödliche Pipelineunfälle. Und die Internationale Energieagentur (IEA) hat errechnet, daß es bei Bahntransporten sechsmal häufiger zu Ölverschmutzungen kommt. Doch neue Pipelines werden nicht gebaut, weil viele Schieferölfelder im US-Bundesstaat North Dakota nur für eine Dauer von zehn bis zwölf Jahre genutzt werden sollen. Dafür würde sich der Pipelinebau nicht lohnen. Tatsächlich nehmen die Zwischenfälle zu. So liefen in den letzten Monaten 90000 Liter Öl bei einer Entgleisung in der kanadischen Provinz Saskatchewan aus, bei einem ähnlichen Vorfall in Minnesota waren es 55000 Liter.
In der Kritik steht Fracking einerseits wegen vorhandener und befürchteter Schäden für Umwelt und Gesundheit, andererseits wegen des enormen Wasserverbrauchs. Egal ob in Deutschland, Großbritannien, Polen oder den USA, überall dort haben sich zahlreiche Bürgerinitiativen gegründet, um geplante Bohrungen in ihrer Umgebung zu verhindern, und Umweltverbände tun ihr Möglichstes, um über die Risiken aufzuklären.
Auffällig ist, daß über den Chemikaliencocktail, der in die Erde gepumpt wird, größtenteils Stillschweigen von den Konzernen bewahrt wird. Zwar veröffentlichten bereits einige Firmen dessen Zusammensetzung, aber nicht, in welcher Menge die einzelnen Stoffe verwendet werden, schreiben David Schizer und Thomas Merrill von der Columbia Law School in New York. Die Förderunternehmen argumentierten, daß die genaue Zusammensetzung ein Geschäftsgeheimnis sei, wie das Rezept der Coca-Cola. Immerhin ist bekannt, daß der Chemiecocktail Schäume, Rostschutzmittel, Säuren und hochgiftige Biozide enthält, damit sich beispielsweise keine Bakterien und Pilze ausbreiten können.
Eigentlich dürfen solche Substanzen laut der EU-Chemikalienverordnung »Reach« nur so verwendet werden, wie es deren Hersteller oder Händler im Registrierungsdossier beschreiben. Gefährliche Chemikalien dürfen nur genutzt werden, wenn die mögliche Belastung des Menschen und der Umwelt geklärt ist und wenn entsprechende Maßnahmen zum Risikomanagement eingehalten werden. Allerdings gibt es eine Ausnahme von der Regel: Werden gefährliche Stoffe in Gemischen so verdünnt, daß sie einen bestimmten Grenzwert unterschreiten, braucht sich der Anwender nicht um das Registrierungsdossier kümmern. Für krebserregende Stoffe liegt der Grenzwert bei 0,1 Prozent am Gesamtgemisch. Was auf den ersten Blick gering wirkt, kann in der Praxis eine erheblich Menge bedeuten. So leitete Exxon Mobil in der Nähe der niedersächsischen Ortschaft Damme ein Gemisch in den Boden, das einen ChemikaÂlienanteil von »lediglich« 0,2 Prozent aufwies. Aber bei zwölf Millionen Litern Flüssigkeit, die in den Boden gepumpt wurden, waren dies immer noch 24000 Liter.
In den USA werde nach dem »Trial and Error«-Prinzip gefrackt, sagte Kate Sinding vom »Natural Ressources Defensive Council« (NRDC) mit Sitz in New York gegenüber der Wirtschaftwoche vom 26.9.2013. Zuerst würden die lokalen Behörden grünes Licht zum Fracking geben, und erst wenn etwas passieren würde, reagierten die Politiker – zögerlich. So habe Texas erst vor kurzem eine strengere Richtlinie erlassen, wie Rohre gesichert sein müssen, daß keine Chemikalien austreten. Kalifornien und Colorado beraten noch über entsprechende Regelungen, unter anderem, wie Container beschaffen sein müssen, in denen Frackingflüssigkeiten lagern. Bestätigt wird dies auch vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung. In einer Stellungnahme zur Schiefergasförderung vom Mai 2013 weist er darauf hin, daß die vergleichsweise niedrigen Kosten dafür in den USA auf die Befreiung von allgemeinen nationalen Umweltvorschriften im Jahr 2005 zurückzuführen seien. So sei das Einbringen gefährlicher Stoffe beim Fracking vom »Save Drinking Water Act« ausgenommen, wobei aber noch Vorschriften der einzelnen Bundesstaaten gelten können.
Sinding von der US-Nichtregierungsorganisation NRDC schätzt, daß Wyoming die wahrscheinlich wichtigste Entscheidung getroffen hat: Dort müssen Unternehmen, bevor sie nach Gas bohren, Wasserproben entnehmen. Diese Entscheidung sei deshalb so wichtig, weil sich bisher keine Verunreinigungen des Wassers durch Fracking nachweisen ließen. Bisher fehlten Daten über den Zustand der Böden und des Wassers vor der Förderung. Wo Chemikalien im Wasser festgestellt wurden, hätten manche Unternehmen deshalb argumentiert, die Anwohner würden zuviel Haushaltsreiniger benutzen.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bemüht sich, in Deutschland Bedenken gegenüber dem Fracking abzubauen. In einer Broschüre aus dem Jahr 2011 stellt sie fest, daß eine Grundwasserverunreinigung hierzulande nicht zu erwarten sei. Immerhin gebe es eine 50jährige Erfahrung mit dem Verfahren, und noch nie sei etwas passiert. Die Bevölkerung müsse auch keine Angst vor Erdbeben haben: Bei drei Projekten sei massiv Fracking betrieben worden, wobei lediglich Erdbeben unterhalb der Spürbarkeitsgrenze ausgelöst wurden. Dem können die Bewohner von Langwedel-Völkersen, etwa 30 Kilometer südlich von Bremen, widersprechen. Anfang November dieses Jahres bebte dort die Erde, mit einer Stärke von 1,9 auf der Richterskala gemessen, bereits ein Jahr zuvor wurde ein Wert von 2,9 verzeichnet. Es war das fünfte Beben seit 2008. Das Epizentrum lag im Bereich des Erdgasfeldes Völkersen, das von RWE Dea ausgebeutet wird. Ob ein direkter Zusammenhang besteht, ist noch unklar, aber Erfahrungen aus den USA deuten darauf hin. Durch Öl- und Gasbohrungen wurden schon Beben mit einer Stärke von 5,0 auf der Richterskala ausgelöst. Forscher sehen einen Zusammenhang mit dem Fracking, auch wenn dieses nicht unmittelbar die Beben verursacht.
Auch in China zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Fracking und Erdbeben. 40 Prozent der chinesischen Schiefergasvorkommen sollen sich in Sichuan befinden. Diese Region liegt am Rand der Zone, wo sich die indische auf die eurasische Erdplatte aufschiebt. Nachdem dort eine Bohrung begonnen und Wasser unter Druck eingeführt wurde, nahmen die seismischen Aktivitäten deutlich zu, heißt es in einem Forschungspapier der zuständigen Fachbehörde der Provinz. Innerhalb von drei Jahren sei es zu 2700 Erdstößen gekommen.
Die größten Schiefergasvorkommen, die mit den gegenwärtigen Methoden förderbar sind, liegen mit 25 Prozent in den USA und in China (20 Prozent). Auf Europa entfällt nach Schätzungen ein Anteil von weniger als zehn Prozent. Innerhalb Europas befinden sich die Hauptvorkommen nach Angaben der Bundesforschungsanstalt BGR und der »U.S. Energy Information Administration« (EIA) in Polen, Frankreich, Norwegen und Schweden. Allerdings sind diese Informationen mit Vorsicht zu genießen. Durch Erkundungsbohrungen müßten sie überprüft werden, zudem wurden sie in der Vergangenheit immer wieder nach unten korrigiert. Schätzte die EIA im Jahr 2010 noch, in Polen lägen fünf Billionen Kubikmeter förderbaren Schiefergases, ging das Polnische Geologische Institut 2011 von nur noch 560 Milliarden Kubikmeter aus – und 2012 senkte die US-amerikanische Geologische Behörde (USGS) die Schätzungen auf 38 Milliarden. So hat sich auch Exxon Mobil im letzten Jahr von der Schiefergasförderung in Polen zurückgezogen, weil lediglich Mengen gefunden wurden, die für eine kommerzielle Nutzung uninteressant sind. Deutschlands derzeit förderbare Ressourcen werden auf 0,7 bis 2,3 Billionen Kubikmeter geschätzt und würden acht bis 27 Jahre reichen, setzte man einen gleichbleibenden Verbrauch und eine vollständige Förderung voraus.
Besonders attraktiv sei die Ausbeutung sogenannter unkonventioneller Lagerstätten für jene Länder, die einen hohen Eigenbedarf haben, schreibt Kirsten Westphal in einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik vom Februar 2013. Im Fall der Europäischen Union versieht es Günther Oettinger noch mit einer antirussischen Note. »Wir brauchen in Europa die Option des Fracking, zumindest als Drohung gegen Putin«, sagte er kürzlich auf der Handelsblatt-Tagung Energiewirtschaft in Wien. Rußland ist der wichtigste Gaslieferant der Europäischen Union; es liefert vier Fünftel der benötigten Menge. Die EU möchte die Versorgungssicherheit ihrer Mitgliedsländer mit Energie erhöhen und besonders die osteuropäischen Länder aus dem »Klammergriff« Rußlands befreien. Die stärkere Nutzung eigener Ressourcen (Kohle, Öl, Gas) steht dabei ganz vorn auf der Agenda. Doch die Strategie ist einerseits bedroht durch Proteste zahlreicher Bürger, deren Bedenken über mögliche Grundwasserverunreinigungen haben in Bulgarien bereits zu einem Frackingverbot und in Rumänien zu einem MoratoÂrium geführt, andererseits weil sie auf Schätzungen beruht, die zu hochgestochen sind.
Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet ein »goldenes Zeitalter« für Gas. Sie schätzt in ihrem Bericht aus dem Jahr 2012, daß bis zum Jahr 2035 die Nachfrage um 50 Prozent steigen wird. Soll diese gedeckt werden, muß die jährliche Erdgasproduktion in einem Maße steigen, das der dreifachen Jahresproduktion Rußlands entspricht. Zu mehr als zwei Dritteln müßte die Nachfrage durch Schiefergas gedeckt werden. Das »goldene Zeitalter« kann aber nur erreicht werden, wenn die USA beginnen würden, Erdgas in großen Mengen zu exportieren, und wenn die internationalen Gasmärkte neu geordnet würden, so Dröge und Westphal.
Es wird damit gerechnet, daß über 90 Prozent des erwarteten Zuwachses bei der Energienachfrage in den nächsten zwanzig Jahren aus dem Nicht-OECD-Raum kommt. Der chinesische Verbrauch von Erdgas steigt bis 2035 von derzeit 130 Milliarden Kubikmetern pro Jahr auf 545 Milliarden Kubikmeter an. Hinter China reihen sich Indien und die aufstrebenden Länder Südostasiens als neue Großverbraucher ein. Bis 2015 will China 6,5 Milliarden Kubikmeter Schiefergas fördern, und im Jahr 2020 sollen es bereits 100 Milliarden sein.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung stellt in einer aktuellen Studie fest, daß die OPEC-Länder durch das wachsende Angebot »unkonventioneller« Energieressourcen noch weiter unter Druck geraten könnten. Die Interessenskonflikte innerhalb des Kartells könnten sich verschärfen, vor allem wenn Iran und Irak ihre Produktionskapazitäten ausweiten sollten und Saudi-Arabien nicht mehr bereit wäre, seine Handelsmenge der jeweiligen Marktlage anzupassen. Dies könne passieren, wenn in Zukunft das Angebot an »unkonventionellem« Öl stärker steigen sollte, als heute erwartet wird, so die Studie.
Die Umwälzungen der Energiemärkte verändern auch die internationalen Beziehungen und das Machtgefüge zwischen China und den USA, stellt eine BND-Studie fest, die Anfang des Jahres nur in Ansätzen der Presse zugänglich gemacht wurde. Die Vereinigten Staaten hätten sich demnach bisher nur so massiv im Nahen und Mittleren Osten engagiert, weil sie von den dortigen Energielieferungen abhängig gewesen sei. Nun werde ihre außen- und sicherheitspolitische Handlungsfreiheit zunehmen. Die Abhängigkeit Chinas von der Golfregion nehme dagegen zu einer Zeit zu, in der es noch nicht über ausreichend militärische Mittel verfüge, um die wichtigen Transportwege zu schützen. Auch ökonomisch profitierten die USA, so Westphal. Durch drastisch sinkende Einfuhren und zunehmende Exporte von fossilen Rohstoffen wäre es möglich, die Handels- und Leistungsbilanz wieder in den Griff zu bekommen. Bis 2020 könnte sich das Defizit halbieren und damit die Rolle des US-Dollars als weltweite Leitwährung gefestigt werden. Künftig werde es Washington leichter fallen, Importsanktionen gegen Länder mit großen Energieressourcen zu fordern, so Westphal weiter.
Einig sind sich Umweltverbände, Wissenschaft und der BND darin, daß die Nutzung »unkonventionellen« Gases und Öls den Klimaschutz gefährdet. Die zunehmende Förderung fossiler Brennstoffe erschwert den Umstieg auf die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Außerdem habe der Frackingboom in den USA dazu geführt, daß dort zwar weniger dreckige Kohle verstromt wird, diese werde aber seitdem kostengünstig nach Europa exportiert und macht den Betrieb von klimaschonenderen Gaskraftwerken unrentabel. Bereits heute sei absehbar, so die BND-Studie, daß vor 2040 die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre auf über 450 ppm (Parts per million; Teile pro Million) steigen wird. Dieser Wert gilt als kritische Grenze dafür, daß die Erderwärmung nicht über zwei Grad Celsius im Durchschnitt steigt. Andernfalls gelten die Folgen des Klimawandels als nicht mehr beherrschbar.
Dieser Unfall symbolisiert eine der vielen Gefahren, die mit der Frackingtechnologie verbunden sind. Denn das kanadische Transportsystem wurde nicht im selben Tempo modernisiert, wie der Boom der Förderung von sogenanntem Schieferöl und -gas zunahm. Beförderten die zwei größten kanadischen Bahngesellschaften – Canadian National und Canadian Pacific – im Jahr 2009 nur 500 Kesselwagen Öl, werden es im Jahr 2013 bereits über 130000 sein. Ähnlich sieht die Situation in den USA aus: 40mal mehr Öl als noch vor fünf Jahren wird dort per Bahn befördert. Seit 1994 warnt die kanadische Transportbehörde, daß die genutzten Ölwaggons sehr anfällig seien. Doch getan hat sich seitdem nichts, und so sind heute drei von vier Kesselwagen in NordÂamerika veraltet und anfällig.
Die kanadischen Bahnunternehmen haben zwar mitgeteilt, in den nächsten Jahren eine Milliarde Dollar in Schienen zu investieren und 30000 neue Kesselwagen zu kaufen. Dennoch wird weiter kritisiert, daß Öl überhaupt per Zug von A nach B gebracht wird. Laut US-Transportministerium sind tödliche Bahnvorfälle statistisch 25mal häufiger als tödliche Pipelineunfälle. Und die Internationale Energieagentur (IEA) hat errechnet, daß es bei Bahntransporten sechsmal häufiger zu Ölverschmutzungen kommt. Doch neue Pipelines werden nicht gebaut, weil viele Schieferölfelder im US-Bundesstaat North Dakota nur für eine Dauer von zehn bis zwölf Jahre genutzt werden sollen. Dafür würde sich der Pipelinebau nicht lohnen. Tatsächlich nehmen die Zwischenfälle zu. So liefen in den letzten Monaten 90000 Liter Öl bei einer Entgleisung in der kanadischen Provinz Saskatchewan aus, bei einem ähnlichen Vorfall in Minnesota waren es 55000 Liter.
Geheimer Chemikalienmix
»Hydraulic Fracturing« – kurz Fracking – ist kein neues Verfahren zur Öl- und Gasgewinnung. Zum ersten Mal wurde es 1947 in Kansas an einer sogenannten konventionellen Lagerstätte angewandt, um die Förderrate zu erhöhen – mit mäßigem Erfolg. In den 1950er Jahren wurde es auch in der Sowjetunion genutzt, um den Druck in Erdöllagerstätten aufrechtzuerhalten. Neu ist allerdings, daß das Verfahren zur Öl- und Gasgewinnung aus »unkonventionellen« Lagerstätten, wie Schiefergestein, eingesetzt wird. Damit der jeweilige Rohstoff gewonnen werden kann, muß das Gestein mechanisch aufgebrochen und ein künstlicher Weg für den Austritt des Öls und Gases geschaffen werden. Dazu wird ein Gemisch aus Wasser, Quarzsand und Chemikalien unter sehr hohem Druck in die Tiefe gepreßt, wobei Risse von bis zu 15 Millimetern im Gestein entstehen. Nach Abschluß des Vorgangs wird das Gemisch wieder abgepumpt und das Gas und Öl aus dem Gestein strömt dem Bohrloch entgegen.In der Kritik steht Fracking einerseits wegen vorhandener und befürchteter Schäden für Umwelt und Gesundheit, andererseits wegen des enormen Wasserverbrauchs. Egal ob in Deutschland, Großbritannien, Polen oder den USA, überall dort haben sich zahlreiche Bürgerinitiativen gegründet, um geplante Bohrungen in ihrer Umgebung zu verhindern, und Umweltverbände tun ihr Möglichstes, um über die Risiken aufzuklären.
Auffällig ist, daß über den Chemikaliencocktail, der in die Erde gepumpt wird, größtenteils Stillschweigen von den Konzernen bewahrt wird. Zwar veröffentlichten bereits einige Firmen dessen Zusammensetzung, aber nicht, in welcher Menge die einzelnen Stoffe verwendet werden, schreiben David Schizer und Thomas Merrill von der Columbia Law School in New York. Die Förderunternehmen argumentierten, daß die genaue Zusammensetzung ein Geschäftsgeheimnis sei, wie das Rezept der Coca-Cola. Immerhin ist bekannt, daß der Chemiecocktail Schäume, Rostschutzmittel, Säuren und hochgiftige Biozide enthält, damit sich beispielsweise keine Bakterien und Pilze ausbreiten können.
Eigentlich dürfen solche Substanzen laut der EU-Chemikalienverordnung »Reach« nur so verwendet werden, wie es deren Hersteller oder Händler im Registrierungsdossier beschreiben. Gefährliche Chemikalien dürfen nur genutzt werden, wenn die mögliche Belastung des Menschen und der Umwelt geklärt ist und wenn entsprechende Maßnahmen zum Risikomanagement eingehalten werden. Allerdings gibt es eine Ausnahme von der Regel: Werden gefährliche Stoffe in Gemischen so verdünnt, daß sie einen bestimmten Grenzwert unterschreiten, braucht sich der Anwender nicht um das Registrierungsdossier kümmern. Für krebserregende Stoffe liegt der Grenzwert bei 0,1 Prozent am Gesamtgemisch. Was auf den ersten Blick gering wirkt, kann in der Praxis eine erheblich Menge bedeuten. So leitete Exxon Mobil in der Nähe der niedersächsischen Ortschaft Damme ein Gemisch in den Boden, das einen ChemikaÂlienanteil von »lediglich« 0,2 Prozent aufwies. Aber bei zwölf Millionen Litern Flüssigkeit, die in den Boden gepumpt wurden, waren dies immer noch 24000 Liter.
Vergiftetes Grundwasser
Problematisch wird es, wenn diese Stoffe in das Grundwasser gelangen. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen: Der Chemiecocktail kann durch das aufgesprengte Gestein nach oben in die Grundwasser führenden Schichten steigen. Oder es kann ein Unfall nach dem Abpumpen der eingepreßten Flüssigkeit passieren, wenn diese gelagert, transportiert oder entsorgt wird. Oder die Steigrohrmäntel – je ein zementierter Ring um die Bohrung –, welche die Grundwasser leitenden Schichten schützen sollen, können durch den hohen Druck beschädigt werden – und die Chemikalien werden dann in das Grundwasser gepreßt. Die Huffington Post veröffentliche im Mai 2013 einen Brief von Bürgern an die Regierung des US-Bundesstaates Illinois, in dem einige brisante Daten genannt wurden. So hätte die Umweltschutzbehörde festgestellt, daß die Steigrohrmäntel in 8,9 Prozent der Fälle von Anfang an defekt gewesen seien. Die Folge waren großflächige Vergiftungen des Wassers.In den USA werde nach dem »Trial and Error«-Prinzip gefrackt, sagte Kate Sinding vom »Natural Ressources Defensive Council« (NRDC) mit Sitz in New York gegenüber der Wirtschaftwoche vom 26.9.2013. Zuerst würden die lokalen Behörden grünes Licht zum Fracking geben, und erst wenn etwas passieren würde, reagierten die Politiker – zögerlich. So habe Texas erst vor kurzem eine strengere Richtlinie erlassen, wie Rohre gesichert sein müssen, daß keine Chemikalien austreten. Kalifornien und Colorado beraten noch über entsprechende Regelungen, unter anderem, wie Container beschaffen sein müssen, in denen Frackingflüssigkeiten lagern. Bestätigt wird dies auch vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung. In einer Stellungnahme zur Schiefergasförderung vom Mai 2013 weist er darauf hin, daß die vergleichsweise niedrigen Kosten dafür in den USA auf die Befreiung von allgemeinen nationalen Umweltvorschriften im Jahr 2005 zurückzuführen seien. So sei das Einbringen gefährlicher Stoffe beim Fracking vom »Save Drinking Water Act« ausgenommen, wobei aber noch Vorschriften der einzelnen Bundesstaaten gelten können.
Sinding von der US-Nichtregierungsorganisation NRDC schätzt, daß Wyoming die wahrscheinlich wichtigste Entscheidung getroffen hat: Dort müssen Unternehmen, bevor sie nach Gas bohren, Wasserproben entnehmen. Diese Entscheidung sei deshalb so wichtig, weil sich bisher keine Verunreinigungen des Wassers durch Fracking nachweisen ließen. Bisher fehlten Daten über den Zustand der Böden und des Wassers vor der Förderung. Wo Chemikalien im Wasser festgestellt wurden, hätten manche Unternehmen deshalb argumentiert, die Anwohner würden zuviel Haushaltsreiniger benutzen.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bemüht sich, in Deutschland Bedenken gegenüber dem Fracking abzubauen. In einer Broschüre aus dem Jahr 2011 stellt sie fest, daß eine Grundwasserverunreinigung hierzulande nicht zu erwarten sei. Immerhin gebe es eine 50jährige Erfahrung mit dem Verfahren, und noch nie sei etwas passiert. Die Bevölkerung müsse auch keine Angst vor Erdbeben haben: Bei drei Projekten sei massiv Fracking betrieben worden, wobei lediglich Erdbeben unterhalb der Spürbarkeitsgrenze ausgelöst wurden. Dem können die Bewohner von Langwedel-Völkersen, etwa 30 Kilometer südlich von Bremen, widersprechen. Anfang November dieses Jahres bebte dort die Erde, mit einer Stärke von 1,9 auf der Richterskala gemessen, bereits ein Jahr zuvor wurde ein Wert von 2,9 verzeichnet. Es war das fünfte Beben seit 2008. Das Epizentrum lag im Bereich des Erdgasfeldes Völkersen, das von RWE Dea ausgebeutet wird. Ob ein direkter Zusammenhang besteht, ist noch unklar, aber Erfahrungen aus den USA deuten darauf hin. Durch Öl- und Gasbohrungen wurden schon Beben mit einer Stärke von 5,0 auf der Richterskala ausgelöst. Forscher sehen einen Zusammenhang mit dem Fracking, auch wenn dieses nicht unmittelbar die Beben verursacht.
Auch in China zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Fracking und Erdbeben. 40 Prozent der chinesischen Schiefergasvorkommen sollen sich in Sichuan befinden. Diese Region liegt am Rand der Zone, wo sich die indische auf die eurasische Erdplatte aufschiebt. Nachdem dort eine Bohrung begonnen und Wasser unter Druck eingeführt wurde, nahmen die seismischen Aktivitäten deutlich zu, heißt es in einem Forschungspapier der zuständigen Fachbehörde der Provinz. Innerhalb von drei Jahren sei es zu 2700 Erdstößen gekommen.
Erhoffter Wettbewerbsvorteil
Trotz vieler Unwägbarkeiten und drohender Gefahren soll das Verfahren auch in Europa im großen Stil angewandt werden. Die Wettbewerbsfähigkeit des alten Kontinents müsse gesichert werden, wird EU-Energiekommissar Günther Oettinger nicht müde zu wiederholen. Kurt Bock, Vorstandsvorsitzender von BASF, wurde bei der Vorlage der jüngsten Quartalszahlen deutlicher: Sein Unternehmen würde jedes Jahr 500 Millionen Euro mehr Gewinn erwirtschaften, könnte es von den Schiefergaspreisen der USA profitieren. Tatsächlich ist es in den Vereinigten Staaten zu einem Preisverfall von Erdgas gekommen, indem einerseits die Produktion von Schiefergas stark ausgebaut wurde (zwischen 2006 und 2010 eine jährliche Steigerung von 48 Prozent) und andererseits für Erdgas restriktive Exportregelungen vorhanden sind. Gas kostet in Deutschland dagegen fast dreimal soviel wie in den USA. Die Experten des deutschen SRU bezweifeln allerdings, daß sich der Frackingboom einfach auf Europa übertragen läßt: Die Ressourcen sind zu gering, und die Förderkosten sind doppelt bis dreimal so hoch. Mit relativ großer Sicherheit könne gesagt werden, so die Sachverständigen für Umweltfragen weiter, daß die Schiefergasproduktion in Deutschland und Europa zumindest kurzfristig nicht auf einem Niveau erfolgen werde, mit dem die Brennstoffpreise beeinflußt würden. Es ist ebenfalls nicht zu erwarten, daß durch die Gaspreise auch mittelfristig so niedrig bleiben werden. Susanne Dröge und Kirsten Westphal von der Stiftung Wissenschaft und Politik schreiben in einer Studie von Juli 2013, daß durch die niedrigen Gaspreise die Förderung von Schiefergas in den USA mittlerweile unrentabel sei. So haben der im Sommer 2013 erzielte Verkaufspreis zwischen einem und vier Dollar unterhalb der Gewinnschwelle gelegen.Die größten Schiefergasvorkommen, die mit den gegenwärtigen Methoden förderbar sind, liegen mit 25 Prozent in den USA und in China (20 Prozent). Auf Europa entfällt nach Schätzungen ein Anteil von weniger als zehn Prozent. Innerhalb Europas befinden sich die Hauptvorkommen nach Angaben der Bundesforschungsanstalt BGR und der »U.S. Energy Information Administration« (EIA) in Polen, Frankreich, Norwegen und Schweden. Allerdings sind diese Informationen mit Vorsicht zu genießen. Durch Erkundungsbohrungen müßten sie überprüft werden, zudem wurden sie in der Vergangenheit immer wieder nach unten korrigiert. Schätzte die EIA im Jahr 2010 noch, in Polen lägen fünf Billionen Kubikmeter förderbaren Schiefergases, ging das Polnische Geologische Institut 2011 von nur noch 560 Milliarden Kubikmeter aus – und 2012 senkte die US-amerikanische Geologische Behörde (USGS) die Schätzungen auf 38 Milliarden. So hat sich auch Exxon Mobil im letzten Jahr von der Schiefergasförderung in Polen zurückgezogen, weil lediglich Mengen gefunden wurden, die für eine kommerzielle Nutzung uninteressant sind. Deutschlands derzeit förderbare Ressourcen werden auf 0,7 bis 2,3 Billionen Kubikmeter geschätzt und würden acht bis 27 Jahre reichen, setzte man einen gleichbleibenden Verbrauch und eine vollständige Förderung voraus.
Besonders attraktiv sei die Ausbeutung sogenannter unkonventioneller Lagerstätten für jene Länder, die einen hohen Eigenbedarf haben, schreibt Kirsten Westphal in einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik vom Februar 2013. Im Fall der Europäischen Union versieht es Günther Oettinger noch mit einer antirussischen Note. »Wir brauchen in Europa die Option des Fracking, zumindest als Drohung gegen Putin«, sagte er kürzlich auf der Handelsblatt-Tagung Energiewirtschaft in Wien. Rußland ist der wichtigste Gaslieferant der Europäischen Union; es liefert vier Fünftel der benötigten Menge. Die EU möchte die Versorgungssicherheit ihrer Mitgliedsländer mit Energie erhöhen und besonders die osteuropäischen Länder aus dem »Klammergriff« Rußlands befreien. Die stärkere Nutzung eigener Ressourcen (Kohle, Öl, Gas) steht dabei ganz vorn auf der Agenda. Doch die Strategie ist einerseits bedroht durch Proteste zahlreicher Bürger, deren Bedenken über mögliche Grundwasserverunreinigungen haben in Bulgarien bereits zu einem Frackingverbot und in Rumänien zu einem MoratoÂrium geführt, andererseits weil sie auf Schätzungen beruht, die zu hochgestochen sind.
Die Internationale Energieagentur (IEA) erwartet ein »goldenes Zeitalter« für Gas. Sie schätzt in ihrem Bericht aus dem Jahr 2012, daß bis zum Jahr 2035 die Nachfrage um 50 Prozent steigen wird. Soll diese gedeckt werden, muß die jährliche Erdgasproduktion in einem Maße steigen, das der dreifachen Jahresproduktion Rußlands entspricht. Zu mehr als zwei Dritteln müßte die Nachfrage durch Schiefergas gedeckt werden. Das »goldene Zeitalter« kann aber nur erreicht werden, wenn die USA beginnen würden, Erdgas in großen Mengen zu exportieren, und wenn die internationalen Gasmärkte neu geordnet würden, so Dröge und Westphal.
Es wird damit gerechnet, daß über 90 Prozent des erwarteten Zuwachses bei der Energienachfrage in den nächsten zwanzig Jahren aus dem Nicht-OECD-Raum kommt. Der chinesische Verbrauch von Erdgas steigt bis 2035 von derzeit 130 Milliarden Kubikmetern pro Jahr auf 545 Milliarden Kubikmeter an. Hinter China reihen sich Indien und die aufstrebenden Länder Südostasiens als neue Großverbraucher ein. Bis 2015 will China 6,5 Milliarden Kubikmeter Schiefergas fördern, und im Jahr 2020 sollen es bereits 100 Milliarden sein.
Gesteigerte Konkurrenz
Eine ähnliche Veränderung sieht die IEA auf die internationalen Ölmärkte zukommen. Durch die zunehmende Förderung aus Schiefervorkommen würden demnach die USA schon im Jahr 2015 Saudi-Arabien als größten Ölexporteur ablösen. Die OPEC räumte erst kürzlich ein, den Schieferölboom unterschätzt zu haben. Sie mußte den Bedarf an ihrem Öl von 2013 bis 2018 nach unten korrigieren: um 1,1 Millionen auf 29,2 Millionen Barrel pro Tag. Ihre Prognose für die Förderung aus Schiefergestein und Ölsanden in Nordamerika erhöhte sie für den gleichen Zeitraum auf 4,4 Millionen Barrel pro Tag. Mit den kanadischen Ölsanden, dem Schieferöl und den Erdgaskondensaten könnten die USA praktisch zum Selbstversorger werden, meinen Dröger und Westphal.Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung stellt in einer aktuellen Studie fest, daß die OPEC-Länder durch das wachsende Angebot »unkonventioneller« Energieressourcen noch weiter unter Druck geraten könnten. Die Interessenskonflikte innerhalb des Kartells könnten sich verschärfen, vor allem wenn Iran und Irak ihre Produktionskapazitäten ausweiten sollten und Saudi-Arabien nicht mehr bereit wäre, seine Handelsmenge der jeweiligen Marktlage anzupassen. Dies könne passieren, wenn in Zukunft das Angebot an »unkonventionellem« Öl stärker steigen sollte, als heute erwartet wird, so die Studie.
Die Umwälzungen der Energiemärkte verändern auch die internationalen Beziehungen und das Machtgefüge zwischen China und den USA, stellt eine BND-Studie fest, die Anfang des Jahres nur in Ansätzen der Presse zugänglich gemacht wurde. Die Vereinigten Staaten hätten sich demnach bisher nur so massiv im Nahen und Mittleren Osten engagiert, weil sie von den dortigen Energielieferungen abhängig gewesen sei. Nun werde ihre außen- und sicherheitspolitische Handlungsfreiheit zunehmen. Die Abhängigkeit Chinas von der Golfregion nehme dagegen zu einer Zeit zu, in der es noch nicht über ausreichend militärische Mittel verfüge, um die wichtigen Transportwege zu schützen. Auch ökonomisch profitierten die USA, so Westphal. Durch drastisch sinkende Einfuhren und zunehmende Exporte von fossilen Rohstoffen wäre es möglich, die Handels- und Leistungsbilanz wieder in den Griff zu bekommen. Bis 2020 könnte sich das Defizit halbieren und damit die Rolle des US-Dollars als weltweite Leitwährung gefestigt werden. Künftig werde es Washington leichter fallen, Importsanktionen gegen Länder mit großen Energieressourcen zu fordern, so Westphal weiter.
Einig sind sich Umweltverbände, Wissenschaft und der BND darin, daß die Nutzung »unkonventionellen« Gases und Öls den Klimaschutz gefährdet. Die zunehmende Förderung fossiler Brennstoffe erschwert den Umstieg auf die Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Außerdem habe der Frackingboom in den USA dazu geführt, daß dort zwar weniger dreckige Kohle verstromt wird, diese werde aber seitdem kostengünstig nach Europa exportiert und macht den Betrieb von klimaschonenderen Gaskraftwerken unrentabel. Bereits heute sei absehbar, so die BND-Studie, daß vor 2040 die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre auf über 450 ppm (Parts per million; Teile pro Million) steigen wird. Dieser Wert gilt als kritische Grenze dafür, daß die Erderwärmung nicht über zwei Grad Celsius im Durchschnitt steigt. Andernfalls gelten die Folgen des Klimawandels als nicht mehr beherrschbar.
Bernd Müller ist Journalist mit dem Schwerpunkt Umweltpolitik.
Den Artikel finden Sie unter: http://www.jungewelt.de/2013/11-20/046.php
(c) Junge Welt 2013
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