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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] ökosoziale Steuerreform

ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] ökosoziale Steuerreform


Chronologisch Thread 
  • From: Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>
  • To: AG Umwelt <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>, AG Wirtschaft <ag-wirtschaft AT lists.piratenpartei.de>, AG Energiepolitik <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>
  • Cc: Niko Paech <niko.paech AT uni-oldenburg.de>, Reiner Kümmel <kuemmel AT physik.uni-wuerzburg.de>
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] ökosoziale Steuerreform
  • Date: Sun, 12 Aug 2012 16:23:16 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Johannes Nix schrieb:

Aus meiner Sicht muss es das Thema Peak Oil zuallererst angehen,
sonst haben wir das Thema verfehlt. Es macht keinen Sinn, bei der
Feuerwehr anzurufen und zu sagen, dass der Rasen mal gegossen werden
müßte, wenn das Haus brennt. Was gegen Peak Oil wirkt, hilft auch dem
Klima, allein schon weil es eine Ausbeutung der Ölsande verhindert.

Das möchte ich auch noch mal betonen. An konventionellem Öl war etwas
mehr als 2000 Gigabarrel vorhanden, jährlich werden knapp 30 gefördert
und die Hälfte dieser Reserven sind schon leer. Unkonventionelles Öl,
also die kanadischen Teersände, Schweröle aus Venezuela und auch die
Schieferöle, die sich im Wesentlichen dadurch auszeichnen, dass sie
nicht flüssig sind und nur aus dem Boden geholt werden können, indem man
den Untergrund aufheizt und dabei ernorm viel Energie benötigt (meist
Gas, es gibt aber Strategen, die wollen dafür mittelgroße Kernkraftwerke
als Prozesswärmelieferanten bauen).

Ab einem Ölpreis von 60-80 Dollar wird es wirtschaftlich, massiv in
diese Technologien zu investieren. Wenn sich der Ölpreis also zukünftig
im Intervall von 100-200 USD/bbl bewegt, dann kann das unserer
Wirtschaft nicht nur die Luft abschnnüren, so dass sie von einer
Rezession, nach einem kurzfristigen Erholen in die nächste Rezession
stolpert, sondern das führt auch zum ungehemmten Leerschlürfen der unkonventionellen Ressourcen, die noch mal mindestens das Doppelte des bekannten konventionellen Potenzials darstellen. Siehe: DERA: Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 2011, Tabelle 3
http://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Themen/Energie/Downloads/Energiestudie-Kurzf-2011.html

Indem man es nun schafft - zuersteinmal als Vorbild, was hoffentlich kopiert wird, weil es die eigene wirtschaftliche Robustheit stärkt - den eigenen Verbrauch durch Effizienzmaßnahmen und Substitute schneller nach unten zu bringen, als dass sich der Decline auf der begrenzend Angebotsseite auswirkt, dann wird der Ölpreis nicht in die Spären von mehreren hundert Dollar steigen, wo selbst ein Erntefaktor von 2 wirtschaftlich ist, obwohl die Förderung energiebilanziell und ökologisch totaler Irrsinn wird. Die Prognose gemäß der Hubbert Linearisation (siehe http://www.theoildrum.com/uploads/hp_summary.gif) über den Decline des konventionellen Öls sagt zwar nur einen Wert von -2% p.a. bis etwa 2020 voraus, aber das ist in einer in einer auf Wachstum gepolten Welt eine Menge. 2% von 50 Mio PKWs sind 1 Mio Autos pro Jahr, die auf Gas oder Elektro umgestellt werden müssen, wenn sich die bisherigen Konsumgewohnheiten nicht gravierend ändern. Die LKWs habe ich noch gar nicht mitgezählt, die für etwa die Hälfte des Spritkonsums zuständig sind.

Die soziale Komponente ist natürlich wichtig. Hatten wir bisher nicht
drin weil es schwierig erschien da einen soliden konsensfähigen
Programmpunkt draus zu machen. Es gibt ja auch diverse Modelle und
wir wissen nicht genau welche nun parteiübergreifend konsensfähig
sind - das kann sich bis November ja auch noch mal substatiell
ändern. Deswegen enthält der Antrag erst mal eine explizite
Schnittstelle zu BGE-Modellen.

Den Verweis auf das bedingungslose Grundeinkommen finde unter dem Punkt Verteilungsgerechtigkeit (https://lqfb.piratenpartei.de/pp/initiative/show/4146.html) finde ich vollkommen ausreichend, der zeigt, wie man das Geld aus der Energiesteuer einsetzen könnte. Das muss IMHO hier nicht im Detail festgelegt werden. Wichtig ist aus meiner Sicht aber das Verständnis dafür, dass man eine Bremse für den ungehemmten Energiekonsum einbaut und dafür die Bremse für die Nutzung der Arbeitskraft ein wenig löst. Mehr Energieeffizienz und mehr personennahe Dienstleistungen könnte ich mir als Ergebnis vorstellen.

In der Anlage findet ihr noch mal ein Pladoyer für die Energiesteuer, die das Themenfeld kurz und knapp beleuchtet. "Minderung des Wachstumszwangs" -> aufgrund der hohen Produktionselastizität des Faktors Energie will dieser Faktor die anderen Faktoren verdrängen. Lediglich technologische Beschränkungen haben ihn bisher davon abgehalten, auf einen ökonomischen Gleichgewichtszustand gemäß den Produktionselastizitäten von ~50% Energie, ~40% Kapital und ~10% Arbeit einzuschwenken (Faktorkosten sind in industriellen Volkswirtschaften sind momentan ca 5% Energie, 30% Kapital, 65% Arbeit).

Gruß,

Gunnar


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Attachment: Kuemmel_2011-Pladoyer_Energiesteuern.pdf
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  • Re: [Ag-umwelt] ökosoziale Steuerreform, Gunnar Kaestle, 12.08.2012

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