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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] Prof. Dr. rer. nat. Claus W. Turtur über Raumenergie

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Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] Prof. Dr. rer. nat. Claus W. Turtur über Raumenergie


Chronologisch Thread 
  • From: "Dr. Volker Jaenisch" <volker.jaenisch AT inqbus.de>
  • To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] Prof. Dr. rer. nat. Claus W. Turtur über Raumenergie
  • Date: Sat, 17 Sep 2011 23:59:52 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Ahoi!

On 17/09/11 19:31, Kai Orak wrote:
Es gibt saubere Energieform - Raumenergie, ohne Umweltzerstörung, oder Abgase.
http://www.alpenparlament.tv/playlist/477-einsatz-der-freien-raumenergie
Nehmen wir einmal an, es gäbe so etwas wie Raumenergie.
Und nemen wir den Forscher mal beim Wort. So bekämen wir:
"""
Nach Angaben von Turtur müssten sich bei Vergrösserung und Perfektionierung seines experimentellen Aufbaus Leistungen im Wattbereich ergeben. Mit 10 Megavolt und 20 Meter Durchmesser liessen sich demnach Leistungen von 10 kW erzielen. Durch Kaskadierung von 10 Rotoren im Stapel wären 100 kW realisierbar. Durch Einsatz eines starken Magnetfeldes an Stelle des Hochspannungsfeldes liesse sich die Energieabgabe noch vergrössern, da der Hochspannung durch Coronaentladungen und Funkenbildung Grenzen gesetzt seien.
"""

Zehn Megavolt und 20 Meter Durchmesser.

Na Prima. Unter Atmosphärendruck beträgt die Faustformel dass 100.000 Volt einen Blitz von 1 Meter Länge erzeugen.
Wie er bei 10 Megavolt also 100 * 100.000 Volt (Nur für die Leute mit Zehnerpotenzenschwäche :-) ) mit
den Blizen von 100 Meter Länge fertig werden möchte ist mir unklar.

Das scheint auch Turtur zu begreifen. Daher schwenkt er schnell auf Magnetfelder. Magnete verkaufen sich in der Esoterikbranche immer gut. Machen was, tun nicht weh, kosten wenig (wenn China die seltenen Erden nicht zudreht). Einen Magneten der ein Aequivalent zu 10 Megavolt erzeugt ist aber etwas unhandlich. Vor allem müsste er supraleitend sein.
Daher sollte er tiefgekült werden. Er braucht einen heftigen Anlaufstrom. (Die aussterbende Spezies der Glühbirnen ist ein Magnet. Dei Wendel ist eine Spule, welche ein beträchtliches Magnetfeld erzeugt. Glühbirnen gehen fast immer beim An- oder Abschlaten kaputt. Weil genau dann die großen Anlauf- oder Abklingströme auftreten).

Der gute Mann ist Professor und ich bin nur ein Doktor. Das ändert aber nichts daran, dass Herr Turtur nicht vertanden hat, dass
unsere formalisierte Beschreibung unserer Uwelt durch Formelen der Physik oder der Chemie mit Hilfe der Mathematik keine eheren Gesetze
sind an die sich die Natur zu halten haben.

Der größte Fehler der Naturwissenschaft war wohl von sogenannten "Naturgesetzen" zu reden.

Unsere Beschreibungen der Welt sind nichts als Approximationen der bestehenden Realität. Jede Approximation ist nur eine Annäherung und sie hat einen Gültigkeitsbereich.

Immer wieder kommen Menschen auf die Idee die "reinen" Gleichungen der Physik zu nehmen und damit so lange rumzurechnen, bis etwas für sie günstiges entsteht.

So kann man z.B,. ausrechnen was für eine Qunatenwellenlänge ein Auto hat. Man kann auch ausrechnen wie hochdimensional (N) ein Raum sein muss damit ein
Elefant darin in einen N-Dimensionalen Würfel der Kantenlänge 1 cm passt. Haben wir in Mathe 2. Semester gemacht.

Das ist alles wunderschön und gibt viel Anlaß zur Spekulation. Der entscheidenden Punkt ist jedoch dass die Realität sich nicht der Theorie unterordnet sondern das Experiment erweisen muss, dass die Theorie die Realität gut genug approximiert.

Selbst wenn das Wurmloch im Keller mein Haus heizt und auch noch genügend Nullpunktenergie hat um das Fußbalstadion in der Nachbarschaft durch die Ankopplung von Pyramidenpower im Winter eifrei zu halten. Erst wenn andere Tüftler, Bastler, Wissenschaftler mein Wurnmloch nachbauen können ist es Wissenschaft. Oder anders formuliert. Wen kein anderer es nachbauen kann, wie sollte es jemals vermarktet werden?

Es gibt auf der Welt deutlich mehr Menschen, die die Physik unserer Realität nicht verstanden haben, aber denken sie hätten es, als solche die zumindest ein Wenig verstehen und wissen wie wenig sie verstehen. Zu letzterer Spezies zähle ich mich. Zu den ersteren zähle ich Menschen die an Wunder glauben.

Bisher hat jede Form von Energie das gleiche Verhalten gezeigt. Sie kommt aus einer primären Quelle und sie verschwindet in der Entropie. Die primären Quellen sind vorgegeben sie reduzieren sich radikal auf den nuklearen Prozess der Kernfussion. Alle anderen energetischen Prozesse sind nur weitere Umwandlungen dieser primären Energie.

Salopp formuliert: Alle Energie kommt von der Sonne. Anders formuliert: google:Am Anfang ware der Wasserstoff.

Diese Aussage gründet darauf dass wir bisher keine andere Energiequelle im Universum gefunden haben. Und gesucht wurde schon lange. Das ist kein Beweis.
Es kann sein, dass wir etwas übersehen haben. Es kann sein, dass wir mit einem Teilchenbeschleuniger neue Dinge sehen werden.
Es ist aber recht unwahrscheinlich, dass wir mit Hühnerblut, Krötenaugen und Salbei etwas bewirken werden - obwohl das im Mittelalter durchaus vermutet wurde.
Mit Hydraulik, Magneten, Alufolie und Hochspannung (wie man das 1900 machte) klappt es auch nicht.
Mit Teilchen-Beschleunigern, Nullpunkttemperatur und Laserstrahlen klappt es auch nicht.
Mit ITER, und anderen Kernfusionsreaktoren klappt es evtl. noch nicht. Obwohl viele belegte Experimente erfolgreiche Kernfussion nachgewiesen haben.

Sicher unsere jetzige physikalische Weltsicht hat Lücken. Lücken groß genug, dass ein oder mehrere Götter reinpassen neben Handies und Hexenverbrennung.

Kein Pyhsiker kann beweisen, dass es nicht noch eine X-Kraft geben kann, die auftritt, wenn unsere Katzen gemeinsam in einem Bogen von 30 Grad gegen die Neigung unseres Hallenbodens urinieren. Sollte sich damit unser Haus heizen lassen - wäre dies ein Deal. Stinkend aber lohnend.

Der Mediziner sagt: Wer heilt hat recht.
Wenn mir Herr Turtur einen Nullpunktgenerator ins Haus einbaut um es zu heizen - nur her damit.
Allerdings habe ich keine 20 Meter Platz und ich bräuchte mindestens 20 KW.

Ich sehe eine betrübliche Abkehr der Menschen vom Glauben. Früher haben die Menschen fest an Gott geglaubt und der Naturwissenschaft so weit vertraut wie sie ihnen in praktischen Dingen geholfen hat (Sofern diese keine Wunder produzierte und damit mit dem Glauben kollidierte). Heute glauben die Menschen nicht mehr an Gott. Sie laufen aber pseudowissenschaftlichen Götzen hinterher von denen sie die Heilung Ihrer Handys genauso einfordern wie Energie zum Nulltarif.

Ich bitte diese Mailingliste darum diesen Aspekt besonders kritisch zu beleuchten. Wir sollten hier klar trennen zwischen Glauben, Aberglaube, Wissenschaft .
In diesem Spanungsfeld sollte besonders die Scharlatanerie, die es in jedem der vorgenannten Bereiche gibt, aufgedeckt werden, welche den Aberglauben fördert.

Hier noch eine schnelle Act Hoc Definition:

Glaube : Ausagen über die Realität, welche weder bewiesen noch wiederlegt sondern bezeugt (möglichst von vielen) werden wollen.
Aberglaube: Aussagen über die Realität, welche bewiesen scheinen, aber nicht wiederlegt werden können. Z.B: Turturs Experimente.
Wissenschaft: Aussagen über die Realität, welche sowohl bewiesen als auch wiederlegt werden können.

Es ist einfach einzusehen, dass die beiden Modelle Glaube und Wissenschft friedlich koexistieren können, wenn keine sich in den Bereich der anderen einmischt.
Aberglaube bringt aber beide Modelle gegen sich auf.

Erstaunlich viele große Forscher waren erklärte Gläubige. Seien das Christen, Muslime, Hindus, Spaghetti-Monster-Anhänger.

Ich denke eine der größten Aufgaben unserer Generation ist der nächsten mal den Gameboy aus der Hand zu nehmen und einen Spaziergang durch den Wald zu unternehmen.
Nicht weil der Wald morgen tod ist. Sondern weil dann die Fragen kommen: "Papa was ist das für ein Baum", die ich kontere mit "Für Gemüse ernten ist Mama zuständig, ich koche das Zeug nur". Danach schaue ich natürlcih in ein Buch/Wikipedia und suche den Baum.

Heute war Generalprobe für den offenen Tag des Observatoriums Hoher Peißenberg vom DWD. Meine Frau macht das Kinderprogramm und da haben wir zwei Nachbarskinder ins Labor geschleppt und mit denen die Experimente [Nein wir haben sie nicht seziert] durchgespielt. Bein Kinderfragebogen waren wir sehr erstaunt.

Wie heisst das Gebirge 20 km im Sueden?
Auf "Alpen" kam keines. Hörnle, Zugspitze, etc. aber das große Ganze war unbekannt.

Wie heist der gefährliche Anteil der Sonnenstrahlung?
Von UV noch nie was gehört.

Womit mißt man Luftdruck?
Keine Ahnung.

Bei den Experimenten:

Mit einer Spritze wurden große Wassertropfen in ein Becken fallen gelassen. Dann wurden mit einem Zerstäuber sehr feine Wassertropfen (wie in einer Wolke) erzeugt.
Die großen Wassertropfen aus der Spritze fielen schneller als die feinen Tropfen. Das sollten die Kinder erfahren um zu verstehen warum Wolken schweben können.

Da höre ich als Erklärung: Die großen Tropfen sind schwerer als die kleinen, daher fallen sie schneller. Ja. Prominente Griechen waren auch der Meinung, aber das ist nun schon etwas her.

Die Kinder gehen in die 4. Klasse. Es waren Kinder dabei, welche nur Einsen im Zeugnis haben.
Ich denke, dass 1950 zu Zeiten der Feuerzangenbowle die Kinder etwas mehr naturwissenschaftliches Verständnis hatten.

Wir erleben mitlerweile eine postrationale Ideologie von Menschen, die sich nicht mehr im geringsten um Wirkungsmechanismen Gedanken machen.
Natürlich gibt es bei jeder socleh Bewegungen auch Gegenbewegungen. Wie z.B. die Leute die Oldtimer restaurieren und jede Schruab selber Fräsen können.
Aber die überwiegende Gesellschaft von Heute benutzt aus der Perspektive von Catweasel Wunderknochen und den Eletrick ohne irgendetwas davon zu verstehen.

Und das schlimmste daran ist, dass sie sogar mit dem Intertrick die Möglichkeit haben ihr Unwissen an sehr viele Gleichgesinnte verbreiten zu können.

Damit ist die Hoffnung mit einem neuen noch demokratischeren Medium endlich die Welt mit Wissen zu erleuchten erneut gescheitert.

Beste Grüße

Volker





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