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- Subject: [Ag-umwelt] Positionspapier zur Energiepolitik auf Bayern-LPT angenommen
- Date: Sat, 11 Sep 2010 11:16:49 +0200 (CEST)
- Importance: normal
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
- Sensitivity: Normal
Hallo zusammen,
am 4. September habe ich am Bayerischen Landesparteitag in Regensburg unser
Positionspapier "Für eine zukunftssicher Energiepolitik" vorgestellt.
Es wurde mit großer Mehrheit angenommen. Damit ist es noch nicht Teil des
Wahlprogramms, aber mit ein paar Änderungen wird es nun wohl seinen Weg
dorthin machen.
Wir haben das Positionspaier nun in Liquid Feedback zur Diskussion gestellt.
Der nächste Schritt ist dann die Diskussion am Bundesparteitag in Chemnitz.
Ihr findet das Positionspapier unter
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Energiepolitik/Aussagen, aber trotzdem hier
nochmals der genaue Wortlaut:
Für eine zukunftssichere Energiewirtschaft
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Nachhaltigkeit
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Die aktuelle energiepolitische Ausrichtung ist geprägt von
Erzeugungs- und Verteilungsstrukturen, die wirtschaftliche Aspekte über
Nachhaltigkeit, Transparenz und Umweltverträglichkeit stellen.
Insbesondere die Reduzierung des Energieverbrauchs gehört gegenwärtig
weder zu den wesentlichen unternehmerischen noch zu den vorherrschenden
politischen Zielen.
Von der dauerhaften Verfügbarkeit einer bezahlbaren
Energieversorgung hängt aber unser aller Wohlstand wesentlich ab.
Demzufolge müssen sich an diesem Ziel alle energiepolitischen Maßnahmen
messen und daraus ableiten lassen.
Jede Form der Energieerzeugung und -verteilung muss nachhaltig
gestaltet werden, da die Ressourcen endlich und deren Verbrauch
terminiert ist. Unser Ziel ist, dass innerhalb einer Generation mehr als
die Hälfte des Energiebedarfs aus regenerativen Ressourcen gedeckt
wird. Dies muss sowohl umweltschonend als auch gesellschaftlich
verträglich erfolgen. Einen wesentlichen Beitrag leisten dabei auch die
Vermeidung und Reduzierung von Verbräuchen, gepaart mit
Effizienzgewinnen.
Getragen von den Grundsätzen Nachhaltigkeit, Transparenz und
Bürgernähe gibt sich die Piratenpartei Deutschland folgende
energiepolitische Leitlinien.
Versorgungssicherheit
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Die Piratenpartei Deutschland setzt sich für einen nationalen
Energieplan ein, der die Ziele der Nachhaltigkeit, Effizienz und
Versorgungssicherheit unter den Aspekten der Umweltverträglichkeit und
gesellschaftlichen Akzeptanz verfolgt. Dieser Energieplan muss mit allen
Beteiligten abgestimmt werden, wobei aber nicht rein wirtschaftlichen
Interessen Priorität bei der Festlegung der Regeln eingeräumt werden
soll.
Ein wesentlicher Aspekt der Versorgungssicherheit ist die
Dezentralisierung der Energiegewinnung und -verteilung. Kleinteilige
Strukturen schaffen mehr Sicherheit, als große, zentralisierte
Einheiten. Zugleich sind die Betriebs- und Ausfallrisiken geringer. Die
Energiewirtschaft soll so organisiert werden, dass Beschaffung,
Erzeugung und Verteilung möglichst diversifiziert und transparent
erfolgen und auch die Preisgestaltung öffentlich nachvollziehbar
vorgenommen wird. Dies wird durch heterogene Strukturen und fairen
Wettbewerb nach den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft unter
staatlicher Aufsicht erreicht.
Die Betonung der Dezentralisierung schließt jedoch
grenzüberschreitende Großprojekte – beispielsweise internationale
Verbunde von Windkraftanlagen und Verteilungsnetzen, Desertec und ITER –
nicht aus. Diese müssen jedoch vor allem auf Kooperation und
Nachhaltigkeit ausgerichtet sein und weniger auf Gewinnmaximierung und
Bildung von Infrastrukturmonopolen.
Energiegewinnung aus regenerativen Ressourcen
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Die Piratenpartei Deutschland steht für eine langfristig sichere
Energieversorgung. Daher soll die Energiegewinnung aus fossilen
Brennstoffen und Atomkraft mittel- und langfristig durch nachhaltig
verfügbare und umweltschonende Ressourcen ersetzt werden, wozu auch der
adäquate Ausbau der Verteilungsnetze gehört. Dies wird ökologisch und
ökonomisch durch wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse und
wahrscheinliche Szenarios begründet. In Frage kommen generative, also
praktisch unbegrenzt verfügbare Ressourcen wie Wind, Sonne, Wasser,
Gezeiten und Geothermie sowie Biomasse als regenerative Energiequelle.
Wir wollen erreichen, dass bis 2040 durch (re-)generative Ressourcen
sowohl am Strom- als auch am Wärme- und Treibstoffmarkt mehr als die
Hälfte des Energiebedarfs in Deutschland gedeckt werden können.
Langfristig soll dieser Beitrag weiter erhöht werden.
Uns ist dabei bewusst, dass auch die Umstellung auf erneuerbare
Energien Risiken birgt. Beispiele sind Gefährdungen bei exzessiver
Nutzung von Wasserkraft und Geothermie, aber auch die Gewinnung von
Biomasse in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Deswegen sind
umweltverträgliche Verfahren zu bevorzugen, welche die Inanspruchnahme
von landwirtschaftlich genutzten Flächen und Naturgebieten minimieren.
Netzausbau und Netzneutralität
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Im Sinne der nachhaltigen Versorgungssicherheit und zur Vermeidung
einer Konzentration auf wenige Anbieter sollen insbesondere Strom-, Gas-
und Wärmenetze durch die öffentliche Hand reguliert werden. Unsere
Politik wird gewährleisten, dass die Netzinfrastruktur den Systemwandel
in der Energiewirtschaft unterstützt.
Der Ausbau der regenerativen Energiequellen wie Photovoltaik- und
Windkraftanlagen erfordert eine Anpassung der Netztopologie. Der
gleichberechtigte Netzzugang einer Vielzahl von Erzeugern mit grossen
regionalen Unterschieden in Erzeugungskapazität und zeitlicher
Verteilung erfordert den verstärkter Einsatz intelligenter
Managementsysteme, die unter Wahrung des Datenschutzes angebotene und
abgenommene Energiemengen messtechnisch erfassen und zur optimal
aufeinander abgestimmten Lastregelung sowohl der Anbieter als auch der
Verbraucher nutzen. Generell soll stärker als bisher der Verbrauch der
Energieerzeugung folgen und weniger die Energieerzeugung dem Verbrauch.
Außerdem sollen Maßnahmen zur Energieeinsparung sowie eine effiziente
Kraft-Wärmekopplung aktiv mit einbezogen werden.
Vor diesem Hintergrund treten wir für eine genossenschaftlich
organisierte, dezentrale Energieerzeugung in virtuellen
Kraftwerksverbunden und dementsprechend für kurze Netzwege ein. Zur
Sicherstellung des gerechten Netzzugangs aller Marktteilnehmer ist eine
neutrale, rekommunalisierte Netzinfrastukur erforderlich. So lassen sich
für Inselnetze auf Stadt- und Landkreisebene im Jahresmittel
ausgeglichene Energiebilanzen erzielen. Dazu kommt, dass kleinere,
autarke Netze und dezentrale Anbieter die Versorungungssicherheit stark
erhöhen und so die Gefahr von Blackouts reduzieren. Insgesamt bringt
dieses Konzept sowohl ökologische als auch regional- und
volkswirtschaftliche Vorteile.
Trotz der Konzentration auf dezentrale Strukturen müssen zum
Ausgleich typischer Fluktuationen in Wind- und Solarenergie sowie zum
Abfangen von Bedarfs- bzw. Angebotsspitzen die lokalen Netze mit
Nachbarnetzen und diese wiederum mit größeren regionalen und
internationalen Einheiten gekoppelt werden. Durch diesen
Regionenverbund kann der aufwändige und Großanlagen bevorzugende
Energietransport über große Entfernungen, etwa im internationalen
Verbund von Offshore-Windparks mit
Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsstrecken, auf wenige
Punkt-zu-Punkt-Verbindungen reduziert werden.
In diesem Szenario nutzen alle Regionen Deutschlands ihre Potentiale
für erneuerbare Energien weitgehend aus. Es findet ein deutschlandweiter
Stromaustausch statt, so dass nur zu einem geringen Anteil Strom aus
Nachbarstaaten importiert oder in diese exportiert werden muss.
Die Piratenpartei tritt daher für eine entsprechende Anpassung des
Energieleitungsausbaugesetzes im Rahmen des nationalen Energieplans ein.
Ausstieg aus der Stromerzeugung durch Atomkraftwerke
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Die Piratenpartei Deutschland setzt sich dafür ein, die
Stromerzeugung durch Kernspaltung in Atomkraftwerken mittelfristig unter
Einhaltung des Atomausstiegsvertrags zu beenden. Anlagen für
medizinische und wissenschaftliche Anwendungen sind davon nicht
betroffen. Wir begründen dies mit den Risiken bei Uranbergbau,
Transport, Anreicherung, Betrieb, Wiederaufbereitung und insbesondere
Endlagerung. Dazu kommen die Gefährdung durch Katastrophen und Anschläge
sowie die potentielle Möglichkeit des Baus von Kernwaffen, die wir
strikt ablehnen. Dies bedeutet, dass in Deutschland keine weiteren
Atomkraftwerke gebaut werden und dass Laufzeitverlängerungen über den
vereinbarten Termin Anfang der 2020er Jahre hinaus ausgeschlossen sind.
Unabhängig davon ist die offene Frage der Endlagerung zu lösen, wobei
die Betreiber von Atomkraftwerken stärker als bisher eingebunden werden
müssen.
Gegen Atomkraftwerke spricht ferner, dass diese aus
wirtschaftlichen und technischen Gründen vor allem als Großkraftwerke
konzipiert sind. Dies widerspricht den favorisierten, dezentralen
Lösungen mit kleineren Einheiten.
Ein weiterer gewichtiger Grund für den Atomausstieg ist, dass der
erhebliche Investitionsbedarf beim Ausbau der regenerativen
Energiegewinnung eine parallele Fortführung der ebenfalls hoch
investiven Atomwirtschaft nicht zulässt. Um eine Stromlücke zu
vermeiden, ist jedoch zugleich mit der verstärkten Nutzung regenerativer
Energiequellen eine Intensivierung der Maßnahmen zur Energieeinsparung
erforderlich.
Förderprogramme
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Der Umstieg auf regenerative Energien soll durch Förderprogramme
vorangetrieben werden. Damit verbundene Zuschüsse, Einspeisevergütungen,
Prämien und Steuervorteile müssen ökologisch und ökonomisch sinnvoll,
sozial ausgewogen sowie unmittelbar für den vorgesehenen Zweck und die
Schonung von Ressourcen wirksam sein. Wichtig sind dabei die Förderung
von Einsparmaßnahmen, von dezentralen Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung
und der Fernwärme, die Förderung von Wärmedämmungsmaßnahmen sowie
kostenlose Angebote zur Energieberatung.
Förderprogramme müssen langfristig angelegt sein und
Planungssicherheit bieten, aber andererseits nach Erreichung des
Förderzwecks konsequent zurückgefahren werden. Speziell für die
Photovoltaik ist eine maßvolle Reduzierung der umlagefinanzierten
Einspeisevergütung für Solarparks mit hohem Landschaftsverbrauch
angebracht.
Grundsätzlich hat die steuerfinanzierte Förderung von
Grundlagenforschung und Entwicklungsprojekten gegenüber der reinen
Bezuschussung von Investitionsausgaben Vorrang. Ergebnisse aus staatlich
finanzierten Programmen müssen der Öffentlichkeit allgemein zugänglich
gemacht werden.
Einen besonderen Schwerpunkt der Förderung sehen wir in der
Verbesserung der Energieeffizienz und Verbrauchsvermeidung. Eine
nachhaltige Reduktion des Energieverbrauchs schafft Spielräume für die
schnellere Anpassung an die Herausforderungen einer auf erneuerbaren
Energien beruhenden Gesellschafts- und Wirtschaftsform.
- [Ag-umwelt] Positionspapier zur Energiepolitik auf Bayern-LPT angenommen, pirates, 11.09.2010
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Positionspapier zur Energiepolitik auf Bayern-LPT angenommen, Hanns-Jörg Rohwedder, 11.09.2010
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