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Betreff: Wirtschaft, Finanzen, Soziales - soziale Marktwirtschaft
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[Ag-soziale_marktwirtschaft] smw – nur synthese zwischen kapitalismus und kommunismus, oder mehr?
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- From: _gerald <_gerald AT news01.piratenpartei.de>
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- Subject: [Ag-soziale_marktwirtschaft] smw – nur synthese zwischen kapitalismus und kommunismus, oder mehr?
- Date: Sun, 27 Mar 2011 18:59:23 +0000
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smw – die resultierende zwischen den mühlsteinen von ost und west
ich bin jg52, ...also einer jener aufbruchsvollen schüler aus den
fünfzigern und sechzigern, die im „gemeinschaftskundeunterricht“
(was´s das denn - kennt das einer noch?) gelernt haben, wie ein
„gesellschaftliches zusammenspiel“ funktioniert. es hat vielleicht
wenig mit dem zu tun, was heute von „sozialerer...“ und sicher gar
nix mehr mit „neuer sozialer marktwirtschaft“ gemein. auch eine
merkel kann keine ahnung von dem haben, was nach dem krieg erster
exportschlager deutschlands – und später bis heute nur noch verfremdet
wurde. die halten derweil von rechts bis links sozialsubventionen für
soziale marktwirtschaft – was wir damals sicher als almosen
zurückgewiesen hätten. smw ist selbstbewußt breite kompetenz bis zum
kleinsten und unbedeutendsten in der gesellschaft.
ich möchte dafür den zeitzeugen – nicht jenen fachmann in
wirtschaftsfragen spielen, der von theoretischen modellen behauptet, daß
sie besser wären. ich glaube sogar, daß bessere theorien i.d.s nach
erhard nur in nuancen möglich sind – und um diese nuancen hat erhard
selbst gerungen (und mußte „als gegner der stark werdenden
neo-sozialen“ anlässlich der einführung „pauschaler“ steuern dann
selbst den hut nehmen). sein „bescheidenes“ werk „wohlstand für
alle (1957)“ ist im pdf-download vom econ kostenlos verfügbar... aber
ich möchte es hier mal auf eine einzige kernthese reduzieren, damit auch
alle „unbefangenen“ mitreden können:
smw steht auf dem fundament einer progressiven staatsfinanzierung
damals finanzierte sich der staat „die kleinen schonend“ zu 90%
progressiv
heute finanziert sich derselbe staat zu 90% pauschal, was diese kleinen
ruiniert und wofür „die großen nur ein achselzuckendes schmunzeln“
haben
die idee war nicht neu, denn von roosevelt (im geiste manch europäischer
fürsten des mittelalters) erfolgreich zur überwindung der
weltwirtschaftskrise verwendet – traute sich erhard
„institutionell“, die progression in die fortlaufende refinanzierung
des staates zu übernehmen. der „prof“ ludwig erhard war noch
parteiloser wissenschaftler an der uni (stuttgart) und von adenauer als
wirtschaftsminister nach bonn beordert. konrads pragmatismus nahm jeden,
der ihm geeignet schien, deutschland ein neues fit zu verleihen. was auch
seine schattenseiten hatte (zb altnazis im auswärtigen amt, und joschka
seine historische chance der „deutschen vergangenheitsbewältigung“
verpasste) – nicht im falle ludwig. er schuf etwas, das den hitlerschen
subventionskapitalismus überwand, aber auch sowohl den kommunismus als
auch den kapitalismus historisch überleben sollte: eine synthese aus
antagonismen (ganz im sinne der dichter und denker?).
heute haben wir wieder strategischen subventionskapitalismus (mit iwf-
und who-empfehlung sogar eu-weit), ganz nach dem geschmack der
widersacher erhards, die immer nur verlogene „schritte in die
(promotet) richtige richtung“ machen. keiner fragt sich heute mehr, wo
er investieren wollte – sondern wofür es fördermittel gibt.
ich möchte nicht nur erinnern, welch gute ideen schon mal gedacht wurden
– sondern auch die chance noch lebender zeitzeugen dafür nutzen. redet
mit oder fragt eure eltern, wie man was „im geiste der smw“
betrachten kann. natürlich kann man nicht, und blöd bis peinlich wäre
es auch, die „guten alten zeiten“ wieder zurückzuholen – aber
inspirieren dürfen sie uns „für die neuen“, oder?
erste weil durchschlagende idee dazu:
weil man die inzwischen bedeutendste steuer (die zu erhards zeiten noch
null war) sicher nicht mehr abschaffen kann – muß man sie halt
progressiv machen (und dann darf sie auch auf 30, 50 oder 150% steigen).
ja, so einfach funktioniert soziale marktwirtschaft – und griechenlands
fischer können wieder mit japanischen industriefangflotten konkurrieren
(um nur ein popliges beispiel zu nennen, wenn eine „progressive“
umsatzsteuer kartelle und mafiöse strukturen hemmt, respektive
kleingewerbetreibende und umwelt entlastet). auch tante emma, der
schumacher und kleine weil dezentrale handwerker und dienstleister leben
auf und holen sich kleine helferleins „vom markt“ und brauchen dann
natürlich auch industriegüter wie maschinen, computer und fahrzeuge...
und allen geht es gut. vielleicht auch einer einen
sprudelkistenschleppdienst für senioren gründet, wenn von seinen fünf
euro keinen ganzen (weil derzeit 19%mwst) dem ust-fi-amt schuldet
(übrigens per titel ohne widerspruchsrecht - skandalös!).
eine wunderschöne welt weil/und – auch wieder vollen sozialkassen,
angstfrei, allen nützend.
postscriptum:
ich habe (in bonn 1991) in „sinnierender“ wehmut meiner
„liquidation“ eines kleingewerbebetriebes anläßlich einer dieser
vielen (pauschalen) mehrwertsteuererhöhungen eine petition „für eine
progression der pauschalen ust“ gemacht. sie wurde vom
wirtschaftsministerium „unter hinweis auf kommendes eg-recht“
abgeschmettert.
frage: woher wußten die, was fünf legislaturen später demokratisch
votiertes recht sein würde??? /antwort: sie haben das gewissen ihrer
nachfolger an einzuhaltende „verträge“ gebunden (seit montanunion
und nachfolger).
slogan: macht wieder alle steuern progressiv – und die republik lebt in
wenigen wochen auf.
fiktionäre feinheiten: man könnte die parameter als „social-rate“
für einen „sozial verträglichen“ arbeitsmarkt auch floaten lassen
(wie die prime-rate des kapitalmarktes /wahlweise einmal im jahr
überdenken). denn das saisonale geschehen will entscheiden, was sozial
verträglich ist. unter willy galten schon 1,5% arbeitslose als
problematisch, unter helmut 2,5% – heute sind es wohl 30%, wenn man die
ganzen ersatzbeschäftigten und „teuren“ maßnahmenaktivisten
dazurechnet... oder schönfärbende zehnprozent, wenn man die wieder
abzieht.
was habt ihr für assoziationen dazu?
vollbeschäftigung zufriedener bürger, die kein „nötigender
mechanismus“ zum sinnlosen wachstum zwingt. überdies auch für die
weltwirtschaft gut, denn die setzt auf „funktionierenden“
regionalwirtschaften auf. globalweite vorbilder sind derweil nur in
brasilien und einzeln auch in afrika. sie brauchen wieder uns, um selbst
ernst genommen zu werden.
ich wünsche den piraten ein wirtschaftssystem (als programm), das alle
verstehen und begreifen. obwohl progressiv belastet ein der
kompliziertesten systeme ist, haben die bürger es als gerecht geliebt
und ihren staat auch mental verteidigt. es gab damals keine flügel in
deutschland, weder links noch rechts – nur breite akzeptanz und
allgemeines anpacken.
da fallen euch doch noch ganz anderere slogans ein!?
- [Ag-soziale_marktwirtschaft] smw – nur synthese zwischen kapitalismus und kommunismus, oder mehr?, _gerald, 27.03.2011
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