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[Ag-landwirtschaft] Bericht: Gesundheitsforum Verden:Gefahr durch Antibiotika-resistente Keime am 14.06
Chronologisch Thread
- From: Christian Jordan - Piraten Diepholz <christian.jordan AT piraten-diepholz.de>
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- Subject: [Ag-landwirtschaft] Bericht: Gesundheitsforum Verden:Gefahr durch Antibiotika-resistente Keime am 14.06
- Date: Fri, 15 Jun 2012 19:32:02 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-landwirtschaft>
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Ahoi, anbei ein kurzer Bericht / Erläuterung zur gestrigen Info Veranstaltung:
Ich hoffe ich habe es einigermaßen verständlich zu Papier gebracht.
Christian Jordan
Gefahr durch Antibiotika-resistente Keime ? am Donnerstag, den 14.06.2012 Veranstaltungsort: Ärztehaus Verden/Aller
Ausrichter war die Ärztekammer Niedersachsen und die Kassenärztliche Vereinigung
Der Abend war in folgende Bereiche Aufgegliedert:
1.) Entstehung, Ursachen und Gefahrenpotenzial
Dr. med. Frank Stümpel, Leiter des gesundheitsamtes Rotenburg
2.) Umgang mit Keimen im Krankenhaus
Dr. med. Peter Ahrens,Chefarzt und hygienebeauftragter Arzt Aller-Weser-Klinik, Verden
3.) Prävention und Weiterbehandlung in der Praxis
Dr. med. Matthias Röpke, Facharzt für Allgemeinmedizin, Thedinghausen
4.) Resistente Keime im Pflegeheim und beim Krankentransport
Dr. med. Bernhard Krüger, Leiter Gesundheitsamt Verden
Heide Hillmann & Susanne Westermann, beide Gesundheitsamt Verden
anschließende Diskussions- und Fragerunde mit den Gästen
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Anwesend waren etwa 40 Gäste, zum größten Teil Beschäftigte aus der Altenpflege
Anwesend waren etwa 40 Gäste, zum größten Teil Beschäftigte aus der Altenpflege
Politisch Vertreten waren "nur" die Piraten. Rüdiger Gums & Christian Jordan, KV Diepholz
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1.) Entstehung, Ursachen und Gefahrenpotenzial
Dr. med. Frank Stümpel, Leiter des gesundheitsamtes Rotenburg
- Kurze Einführung über die Entstehung der Keim Erforschung in der Humanmedizin und die Entdeckung des Penizillin. Genannte Beispiele: Florence Nightingale u. Alexander Fleming
- Einführung MRSA - Methicillin Resistenter Staphylococcus Aureus - Methicillin = Penicillin (Antibiotika)
MRSA Keime sind Problemkeime, welche Resistenzen gegen die meisten gängigen Antibiotika aufweisen. Kurzum bei einer Behandlung mit gewissen Antibiotika schlägt dieses bei diesen Resistenten Bakterien nicht an.
Es handelt sich bei MRSA Keimen um massenhaft vorkommende Keime. Nahezu jeder Mensch trägt diese Keime in sich. MRSA ist ein Hautkeim und der am häufigsten im Krankenhaus anzutreffende Keim, der dort zu Erkrankungen führt.
Entstehung:
Der MRSA Keim ist Sorgenfaktor Nummer 1 in den Krankenhäusern.
MRSA Keime sind Bakterien.
Bakterien sind größer als Viren und selbst vermehrungsfähig. Antibiotika wirken nur auf Bakterien - Auf Viren sind sie wirkungslos .
Entstehungsbeispiel MRSA:
Wenn der Patient vom Arzt ein Antibiotikum verschrieben bekommt, so wird eine Mindesteinnahmedauer von X Tagen, je nach Art des Antibiotika vorgeschrieben.
Beispiel: vorgeschriebene Einnahmedauer von 7 Tagen. Viele Patienten setzen das Antibiotikum aber schon nach ersten Anzeichen von Besserung hier nach 4 Tagen wieder ab.
Die Bakterien sind von Natur aus unterschiedlich gegen Antibiotika empfindlich. Weniger Empfindliche Bakterien sind nach diesen 4 Tagen Einnahmedauer noch nicht abgestorben. Dies geschieht erst am 5-6 Tag.
Durch das zu frühe absetzen des Medikamentes überleben diese Bakterien und bauen eine Resistenz gegen das eingesetzte Antibiotika auf.
Diese Resistenz geben sie in ihrem Erbgut an ihre Nachfolgegenerationen weiter.
Die Entstehung von Multiresistenten Keimen führt sich demnach auf die Unsachgemäße Anwendung zurück.
Die Resistenten Bakterien richten bei gesunden Menschen keinen Schaden an. Erst bei Infektionen, Immunschwäche, Wunden z.B. durch Operationen können diese Bakterien schaden anrichten.
20 bis 25 % aller Keime in Deutschland sind Antibiotikaresistent - In Italien dagegen sind es 25-50% da Antibiotika dort frei verkäuflich sind und dementsprechender Missbrauch damit getrieben wird)
Maßnahmen zum Gegensteuern:
- Vermeidung vom Keimen durch Hygiene (Handdesinfektionen etc)
- zurückhaltender Einsatz von Antibiotika
- keine Einnahme bei virilen Infektionen
- Behandlungszeitraum muss eingehalten werden
- keine präventiv Behandlung
2.) Umgang mit Keimen im Krankenhaus
Dr. med. Peter Ahrens,Chefarzt und hygienebeauftragter Arzt Aller-Weser-Klinik, Verden
Nach Umfragen halten 67% aller Bundesbürger Krankenhauskeime für die größte Gefährdung im Krankenhaus
Verschärfte Hygienegesetze haben die Anzahl der Erkrankungen stagnieren lassen - es konnte allerdings keine wesentliche Verbesserung festgestellt werden
pathogene Keime kommen in "geballter" Menge in Krankenhäusern vor. Sie haben aber nicht ihren Ursprung dort, sondern werden von Außen, durch Patienten, Geräte, Lebensmittel etc. in diese Einrichtungen getragen. Auch Medikamente sowie Krankenhausgerätschaften (Schläuche etc.) können diese Keime beherbergen.
Durch den engen Raum im KKH und die Vielzahl an Infektionen und geschwächten Menschen haben diese Bakterien dort beste Voraussetzungen sich zu verbreiten und z.B. Wunden zu besiedeln.
Ebenfalls werden diese Keime durch: Personal, Besucher, Patienten etc. in die Krankenhäuser getragen.
Resistenzen werden aber auch durch Angehörige übertragen. Dies kann ich Krankenhaus, aber auch nach der Entlassung zuhause passieren.
Fakten:
Nur 20-35% aller Krankenhaus Infektionen sind vermeidbar
Krankenhausinfektionen sind keine durch das Krankenhaus verschuldete Infektionen. Sie können aber durch Hygienemaßnahmen eingeschränkt werden.
Die Häufigkeit der Erkrankungen nimmt mit der große der Krankenhäuser zu (Ballungszentrum)
Auch mit dem Alter der Patienten steigt das Infektionsrisiko.
Weitere Risikofaktoren sind u.a. häufige Krankenhaus Aufenthalte. Beatmungsgeräte und Schläge, Katheder etc.
Die Hauptkeime in Kliniken sind: 80-85 % Bakterien - 5% Viren - 10-15% Pilze
Die TOP 5 laut Ärztekammer in Kliniken sind:
ESBL,MRSA,Pseudomonas, Vanco-Resistente Enterokokken, Chlostridium diff.
MRSA ist mit Antibiotika noch einigermaßen in den Griff zu bekommen. Gegen ESBL (ähnlich MRSA nur in diesem Fall sind die Bakterien weitaus resistenter) sind nur 5 Wirksame Antibiotika im Umlauf. Es wird trotz Forschung vermutlich innerhalb der nächsten 10 Jahre kein neues wirksames Antibiotika dagegen geben.
Risiko Patienten sind u.a.:
- multimorbie Patienten (Mehrfach und Dauererkrante Patienten)
- Personen aus dem Mittelmeerraum (durch den uneingeschränkten Antibiotikaeinsatz dort)
- Personen aus der Landwirtschaft
3.) Prävention und Weiterbehandlung in der Praxis
Dr. med. Matthias Röpke, Facharzt für Allgemeinmedizin, Thedinghausen
Bakterien siedeln sich bevorzugt im Nasenvorhof an. Daher sind Personen aus der Tiermast durch das tägliche einatmen von Staub, welche die Keime enthalten besonders risikobehaftet.
Eradikation (Beseitigung dieser Keime)
Die Beseitigung der Konolisatioen mit MRSA Keimen erfolgt mit Hilfe von lokal anwendbaren Antibiotika, Mundspülungen (z.B. Chlorhexedin) so wie durch Nasensalben
Erst nach 12 Monaten ohne Befund kann endgültig eine Besiedlung des Patienten mit MRSA ausgeschlossen werden.
Die Wiederbesiedlung findet allerdings innerhalb kürzester Zeit erneut statt. (Durch einatmen des Staubes etc.)
Die Entscheidung einer Behandlung muss anhand der Art des Stammes und der Infektion durch den Arzt festgelegt werden.
Eine Untersuchung auf MRSA durch Abstriche kostet im Schnitt pro Patient 34 Euro. Diese kosten werden von der Krankenkasse allerdings nur in Einzelfällen oder einem vorausgehenden Krankenhausaufenthalt mit anschließendem MRSA Verdacht bezahlt.
Eine Untersuchung aller Risiko-Patienten wird aus Kostengründen nicht von den Kassen getragen. - Nach Aussage der Ärzte sollte dies politisch gefordert werden.
Da Resistente Keime schon immer in der Evolution vorkamen wird man diese nie komplett verdrängen können.
In der MRSA Bekämpfung ist Holland durch seine Hygienevorschriften Vorreiter. Allerdings nur bei MRSA nicht bei allen anderen relevanten Klinikkeimen.
4.) Resistente Keime im Pflegeheim und beim Krankentransport
Dr. med. Bernhard Krüger, Leiter Gesundheitsamt Verden
Heide Hillmann & Susanne Westermann, beide Gesundheitsamt Verden
Vortrag über Hygienevorschriften bei befallenen Patienten (Mundschutz, Handhygiene, Reinigung und Hygienepläne sowie die Einweisung aller Mitarbeiter)
5.) Diskussions- und Fragerunde für Gäste
Allgemeinde Fragen zum Umgang mit Patienten in der Altenpflege auch aus psychologischer Sicht für die Patienten , wenn dem Patienten nur in Ganzkörperanzug mit Mundschutz entgegengetreten werden darf..
Fragen zur Einnahmezeit von Antibiotika (Es ist je nach Infektion und Art unterschiedlich. Es gibt auch Antibiotika für eine einmalige Einnahme)
Frage von Pirat Rüdiger Gums:
Wie soll der Umgang mit Krankenhausbesuchern sein, wenn man bemerkt, dass dies ihre Hände nicht desinfizieren, das Krankenhausmitarbeiter Schmuck oder Uhren tragen, auf welchen sich ebenfalls die Keime ansiedeln können etc.
Vielleicht kann Rüdiger die Antwort in einer Mail noch etwas ausführen.
Nach Aussage der Ärzte bleibt in vielen Kliniken keine Zeit dies genauestens zu überwachen. Es wäre nicht verkehrt, auch als Aussenstehender andere darauf Aufmerksam zu machen. Ebenfalls wurde die Aussage bestätigt, dass sich auch viele Ärzte nicht unbedingt an die Hygienievorschriften halten. Oftmals gilt: Je Höher der Rang umso resistenter die Person gegen Keime (bildlich gesprochen)
Frage Pirat Christian Jordan:
Sie haben uns diverse Male darauf Aufmerksam gemacht, dass Hand- und sonstige Hygiene unbedingt eingehalten werden muss, um eine Verbreitung der Keime zu unterbinden. Ebenfalls wurde mehrmals darauf hingewiesen die vom Arzt vorgeschriebene Dauer der Einnahme einzuhalten und keinesfalls Restbestände beim Verdacht aufzubrauchen oder die Behandlung aus eigenem ermessen vorzeitig abzusetzen.
Nun Leben wir in Niedersachsen in einem der größten Agrarländer der Bundesrepublik. Das Vorkommen von Multiresistenten Keimen in der Tierzucht wurde bereits erwähnt. Gutachten haben u.a. ergeben, dass multiresistente Keime ebenfalls im Umkreis von mehreren hunderten Metern um Geflügelmastställe festgestellt worden sind. Ebenfalls in Gülle und Lebensmitteln. Dazu weisen sie darauf hin, das nur ein fachlich versierter Arzt Antibiotika nach vorheriger Diagnose verschreiben darf.
Ist es nicht seltsam wenn sie uns drauf hinweisen auf alle Hygienevorschriften zu achten und die einnahmedauer einzuhalten wenn diese Keime nachgewiesenermaßen in unserer ländlichen Region in großem Maß vor allem in der Massenzucht von Geflügel vorkommen.
Die Antworten aller Ärzte dazu waren einheitlich. Humanmediziner sehen diesen Punkt ebenfalls als hohen Risikofaktor. Egal ob durch das verabreichen durch den Landwirt direkt. Natürlich wurde angesprochen das nicht alle unsachgemäß mit Antibiotika umgehen.
Allerdings wird vielmals aus Kostengründen das falsche Antibiotika oder in der falschen Dosierung verabreicht. Ebenfalls ist präventiv Behandlung ein großes Thema. Auch werden Antibiotika verabreicht, welche eher zurückgehalten werden sollten.
Dies hat meistens lediglich einen finanziellen Hintergrund.
Zudem ist es in Hähnchenställen nicht möglich gezielt einzelne erkrankte Tiere zu behandeln. Durch die hohe Tieranzahl verbreiten sich die Keime ähnlich wie im Krankenhaus innerhalb kürzester Zeit auf den gesamten Bestand und damit auch in die Reststoffe wie Kot und in die Stall-Luft.
Es hat auf jeden Fall eine längere interessante Debatte ergeben. Aus den Antworten und Ausführungen würde ich schließen, das uns Humanmediziner in diesen Bereichen gerne weiterhelfen uns mit Informationen zu versorgen.
Ich habe heute bereits einige der Teilnehmenden Mediziner kontaktiert und werde versuchen einen Folgetermin bzw. einen Gesprächstermin mit Ihnen zu bekommen um mich einmal aus medizinischer Sicht mit dem Thema zu befassen. Außerdem würde ich gerne noch gezielt auf Tierärzte zugehen.
Das wäre erst einmal das wichtigste.
Gruß Christian
Christian Jordan
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- [Ag-landwirtschaft] Bericht: Gesundheitsforum Verden:Gefahr durch Antibiotika-resistente Keime am 14.06, Christian Jordan - Piraten Diepholz, 15.06.2012
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