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Sent: Friday, March 02, 2012 10:48 AM
Subject: Fw: AbL-PM zu unkontrollierten Gülle-, Geflügelmist- und
Substratströmen
Pressemitteilung
AbL enthüllt
unkontrollierte Trockenkot- und Gülle-Flut aus Agrarfabriken
Auf
eine wachsende Flut von Gülle und Geflügelmist aus Agrarfabriken, die bislang
weitgehend unkontrolliert verteilt und ausgebracht werde, verweist die
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Den niedersächsischen
Agrarbehörden lägen hierzu offenbar intern seit längerem besorgniserregende
Zahlen und Fakten vor, die jetzt endlich umfassend veröffentlicht werden müssten
und aus denen rasch Schlussfolgerungen zu ziehen seien. Dies betreffe sowohl die
Höhe der Nährstoff-Überschüsse aus neuen Großmastanlagen und Groß-Biogasanlagen
als auch den Umfang legaler und illegaler Transporte aus den Niederlanden. Aus
internen Unterlagen der Landwirtschaftskammer gehe nach Aussage von Insidern
zudem hervor, dass derzeit kaum systematisch kontrolliert werde, welche Flächen
doppelt mit Gülleausbringung belegt seien.
In
Niedersachsen sei zwischen 2007 und 2010 die Zahl der Schweine um 800.000, die
der Masthühner um 14 Millionen und die der Puten um 900.000 augestockt worden –
im wesentlichen in Großanlagen und in ohnehin schon viehintensiven Regionen.
Rechne man die Nährstoff-Überschüsse aus den Biogasanlagen hinzu, dann fehlten
zu deren sinnvollen Verwendung als Dünger allein im Weser-Ems-Raum etwa 90.000
Hektar, in den Landkreisen Emsland und Grafschaft Bentheim 84.000 Hektar. Durch
Klärschlämme erhöhten sich die regional nicht unterzubringenden
Nährstoff-Überschüsse zusätzlich noch einmal erheblich.
Hinzu kämen noch 2 Millionen
Tonnen von Gülle- und Trockenkot-Exporten aus den Niederlanden nach
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die zusätzlich 230.000 Hektar belegten.
Trotz scharfen Überwachungsdrucks in den Niederlanden gingen Experten davon aus,
dass mindestens jeder zweite Transport illegal erfolge. Kontrollen durch
deutsche Behörden erfolgten – wenn überhaupt – nur über Stichproben. Viele LKWs
seien zudem massiv überladen, was zu zahlreichen Unfällen führe.
Während ein Vertreter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen jüngst beim
12. Forum Emsländischer Landwirte das Problem als noch lösbar bezeichnete, diese
Nährstoff-Überschüsse (für zusammen 600.000 Hektar Fläche) aus dem Westen
Niedersachsens sinnvoll zur Düngung in die Ackerbaugebiete Ostniedersachsens zu
„exportieren“, sollen der Kammerspitze angeblich ganz andere Einschätzungen
vorliegen: Demnach gibt es erhebliche Probleme und strukturelle Defizite bei der
ordnungsgemäßen Ausbringung der überschüssigen Nährstoffe auf eigenen und
außerbetrieblichen Flächen sowie bei deren Abgabe an Vermittler oder Verteiler
(wie z.B. Güllebörsen).
Laut Aussage von Insidern werde derzeit kaum
systematisch kontrolliert, ob die Düngungs-Grenzwerte bei der regionalen und
besonders der überregionalen Verbringung und Ausbringung eingehalten würden -
insbesondere durch gewerbliche und flächenlose Tierhaltungs- und Biogasanlagen.
Dies gelte auch für die Kontrolle der „Qualifizierten Flächen-Nachweise“ (QFN)
für den Verbleib von Gülle, Hühnertrockenkot oder Biogassubstrat, den Investoren
vor der Genehmigung ihrer Anlagen eigentlich erbringen müssten. Wenn die
Nährstoffe an einen Vermittler wie eine Güllebörse abgegeben würden, dann sei
bisher lediglich ein bloßer Abnahmevertrag anstelle eines wirklichen QFN
erforderlich. Eine wirkliche Kontrolle, so eine kammerinterne Einschätzung,
finde nur in wenigen Landkreisen statt.
Die
Einhaltung der Düngeverordnung werde zwar formal durch die Landwirtschaftskammer
überwacht, allerdings routinemäßig nur mit Stichproben von 2 bis 2,5% - und
selbst diese Zahl könnten die überlasteten Prüfdienste nicht einhalten. Verstöße
würden häufig gefunden. Dies liege auch an der wachsenden Zahl nicht der
Düngeverordnung unterliegender (gewerblicher, flächenloser) Tierhaltungs- und
Biogasanlagen, die durch den bisherigen Kontrollansatz nicht erfasst würden.
Wenn bei Stichproben festgestellt werde, dass die Verwertung nicht gemäß den
Vorgaben der Baugenehmigung erfolgte, werde von Baubehörden in der Regel oft nur
ein neuer QFN mit neuem Abnahmevertrag gefordert. Über die Zuständigkeiten der
Genehmigungsbehörden nach der Erstellung der Genehmigung bestünden hinsichtlich
der Überwachung und Kontrolle oftmals Zuständigkeits-Probleme.
In
Kammer und Agrarministerium gebe es deshalb offenbar Überlegungen, die
Nachweispflichten bei der Baugenehmigung von Ställen und Biogasanlagen zu
verschärfen. Durch eine Neuregelung von § 42 der Niedersächsichen Bauordnung
könne die bisherige Verbringungsverordnung (mit Aufzeichnungs- und
Meldepflichten der Gülle- und Mist-Ströme) ergänzt werden durch eine
koordinierte Kontrolle der Bau- und Dünge-Behörden über die Aufbringung auf
wirklich geeigneten Flächen. Eine Verordnungs-Ermächtigung könnte zudem auch
alle bereits genehmigten Anlagen in ein Prüfsystem der Düngebehörden einbeziehen
– was für viele gewerbliche Großanlagen erhebliche Probleme bringen könnte.
AbL-Landesvorsitzender Martin Schulz forderte die
niedersächsische Landesregierung auf, nunmehr rasch für ein funktionierendes
Kontrollsystem zu sorgen. Alles andere gehe zu Lasten der Umwelt und damit auch
des Ansehens der Landwirtschaft, begünstige den weiteren Bau flächenunabhängiger
Agrarfabriken und benachteilige die vielen ordnungsgemäß wirtschaftenden und
düngenden Landwirte. „Es ist ein Skandal“, so Schulz, „dass man bisher eine Flut
von agrarindustriellen Großmastanlagen genehmigt hat, ohne wirklich den Verbleib
der anfallenden Trockenkot- und Güllemengen zu kontrollieren!“ Ohne den
dauerhaft überprüfbaren Nachweis, dass diese Nährstoffe auf eigenen oder anderen
Flächen ordnungsgemäß eingesetzt werde, dürfe nun keine flächenunabhängige
Großmastanlage mehr genehmigt werden. Die bisher erteilten Genehmigungen für
Agrarfabriken seien entsprechend zu überprüfen. Dies wäre ein weiterer Schritt
zu einem Verbot der Agrarfabriken und der darin praktizierten agrarindustriellen
Qualhaltung – hin zu einer artgerechten Tierhaltung in mittelständischen,
bäuerlichen Strukturen mit Flächenbindung und betrieblichen und regionalen
Nährstoff-Kreisläufen.
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01.03.2012