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Betreff: AG Gesundheit
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Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 37
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- From: "bach" <michaela_bach AT web.de>
- To: <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>, "michaela" <michaela444 AT web.de>
- Subject: Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 37
- Date: Sat, 24 Apr 2010 17:23:23 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
- List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
Hallo,
ich hab mir mal ein paar Gedanken über den Bericht
gemacht. Irgendwie wurde da auch mal wieder viel Papier vollgeschrieben, ohne
dass konkrete Lösungsansätze ableitbar sind, oder?
S. 9: Es ist nicht allein damit getan, dass
möglichst viele Ärzte die Facharztanerkennung für Allgemeinmedizin
erwerben. Bevor jemand eine eigene Einzelpraxis eröffnet, ganz besonders aber
auch wenn jemand als Einzelkämpfer auf dem Land arbeitet, benötigt er sehr viel
Erfahrung in der Behandlung ambulanter Patienten. Die ambulante Medizin
unterscheidet sich massiv von derjenigen, die in Klinik und Studium gelehrt
wird (dort lernt der Allgemeinmediziner lange Zeit). Auch wird gerade vom
Landarzt ein sehr großes Universalwissen erwartet, da er typischerweise nicht
sofort zu anderen Fachärzten überweisen kann (wie das in Städten problemlos
möglich ist). Die Zeit, die laut Weiterbildungsordnung ein Arzt für
Allgemeinmedizin in der niedergelassenen Praxis verbringen muss ist viel zu
kurz, um für eine eigene Niederlassung genügend Erfahrung zu
sammeln.
Ich denke es müsste sehr stark die Zusammenarbeit
von 2 (oder mehreren) Ärzten gefördert werden (auch im Anschluss an die
Weiterbildung). So könnte ein Landarzt, der in einigen Jahren seine Praxis
aufgeben will, schon frühzeitig einen Nachfolger einarbeiten, der die Praxis
dann sukzessive übernimmt. Hier könnten finanzielle Anreize geschaffen
werden.
Auch müssten für den Landarzt andere
Abrechnungsmöglichkeiten gelten. So ist auf dem Land der Einsatz diverser
Spezialuntersuchungen (z.B. Coloskopie, Ultraschall, ) erwünscht (auf dem Land
kann man nicht mal eben schnell zum Facharzt gehen), während in der Stadt eher
sinnvoll ist, diese speziellen Untersuchungen von entsprechend spezialisierten
Ärzten durchzuführen (bessere Qualität durch Masse). Dennoch kann der Landarzt
Spezialuntersuchungen oft überhaupt nicht abrechnen.
Seite 10: Es ist schon richtig, dass man Ärzte nur
dann aufs Land bekommt, wenn sich das (finanziell) für ihn lohnt. Hier müsste
aber grundsätzlich eine Mindestgewinngarantie (oder ähnliches) für einen
längeren Zeitraum gewährt werden. Die Ärzte leiden seit vielen Jahren unter
einer ausgeprägten Planungsunsicherheit, da ständig irgendwelche Richtlinien
grundlegend geändert werden.
In unterversorgten ländlichen Gebieten sollte
darüber nachgedacht werden, Ärzte mit kostenlosen Praxen oder Häusern zu locken.
Vielleicht könnte auch ein garantiertes Grundgehalt gezahlt werden, dass der
Arzt dann aufbessern kann (z.B. durch Vergrößerung des Behandlungsspektrums,
Anzahl der Patienten)
Der älteren Landarzt hat ja eigentlich
einen Anreiz, einen Jungarzt einzuarbeiten und ihm später die Praxis zu
überlassen. Früher konnte ein Arzt seine Praxis oft recht lukrativ verkaufen. Im
ländlichen Bereich ist das heute oft nicht mehr möglich.
Es erscheint mir aber schwierig, hier einheitliche
Regelungen zu schaffen. Letztlich sollte jede Gemeinde selbst entscheiden, wie
sie gegen den ÄRztemangel vorgeht - hier gibt es sicherlich regional sehr
unterschiedliche Dringlichkeiten.
S. 11 Ich glaube auch, dass sich die STruktur der
ärztlichen Behanldung teilweise ändern muss. Der Transport zu medizinischen
Zentren ist sicherlich eine Möglichkeit, für den Patienten entsteht dabei
allerdings oft eine lange Wartezeit, wenn mehrere Patienten zur gleichen Zeit
erscheinen. Auch ist nicht klar, weshalb hier nicht der normale Bus genutzt
werden kann.
Besser erscheinen mir hier ärztliche Sprechstunden
an verschiedenen Orten (Arzt ist an jedem Tag in einem anderen Ort und hat dort
ein eingerichtetes Praxiszimmer).
Wichtig ist eben auch (wie oben gesagt), dass der
Landarzt große Erfahrung hat. Heutige Landärzte können oft 80% ihrer Patienten
vollständig selbst behandeln, während in STädten sehr viele Überweisungen
erfolgen. (d.h. Förderung der breitgefächerten Spezialisierung).
S. 12: was soll das denn: Die meisten
Landärzte arbeiten doch auch heute schon mit Gemeindeschwestern,
Sozialstationen o.ä. zusammen, die ihrerseits typischerweise
hochqualifiziert sind. Man könnte darüber nachdenken, derartigen Kräften
auf dem Land ein etwas höheres Gehalt o.ä. zu zahlen. Neue Berufe oder
Regelungen brauchen wir nicht. Telemedizin ist momentan überflüssig. Der Bedarf
liegt doch eher in der Grundversorgung.
Im heutigen KV-System werden Hausbesuche praktisch
nicht oder kaum bezahlt. Da braucht man sich nicht wundern, wenn sie keiner
machen will. Auch wenn ich hier keine Erfahrungswerte habe, glaube ich nicht,
dass Hausbesuche in wesentlichem Umfang deswegen erforderlich werden, weil der
Patient den Arzt nicht aufsuchen kann. Es handelt sich doch eher um sehr kranke
oder alte Patienten, die das Haus nicht mehr verlassen können. Wie
sollen (Sammel-)Transporte im ländlichen Raum, wo Notfälle doch wohl selten an
gleichem Ort auftreten, funktionieren? Nachgedacht werden müsste eher über die
Kostenübernahme von Taxitransporten.
S. 13 VdAK finde ich im Prinzip
richtig
S. 16 Beratung ist immer gut. Letztlich wird man
Ärzte aber nur durch materielle und finanzielle Anreize sowie
Planungssicherheit aufs Land bekommen. Notdienste müssen dringend geregelt
sein (niemand will ständig im Dienst sein).
S. 17 Ein Arzt, der eigenständig
betriebswirtschaftlich agiert, handelt normalerweise wesentlich kostengünstiger
und wirtschaftlicher als ein angestellter Arzt (siehe z.B. identische
Leistungen in Krankenhaus und Praxis mit deutlich unterschiedlichen Kosten).
Dennoch könnten Anreize (wie oben beschrieben) durch ein festes Grundgehalt o.ä,
geschaffen werden.
S. 28 In Berlin kann man ganz deutlich sehen, dass
staatliche Krankenhäuser (z.B. Charite) wesentlich unwirtschaftlicher arbeiten
als Krankenhäuser in privater Trägerschaft. Gesetzliche Vorgaben und
Patientengut sind weitegehend vergleichbar. Medizinische Ergebnisse sind in
privaten Häuern eher besser (persönlicher Eindruck). Durch Änderungen von
Strukturen, Spezialisierung usw. können sehr viele Kosten gespart werden, ohne
die Patientenversorgung zu verschlechtern.
Sehr eindrucksvoll sind auch immer wieder
Krankenhäuser, die neben normalen Abteilungen auch belegärztliche Abteilungen
haben (der Arzt arbeitetet dort in die eigene Tasche). Belegabteilungen sind
trotz häufig vergleichbarem Patientengut um ein vielfaches effizienter und haben
bessere Patientenergebnisse. Das liegt zum Teil auch daran, dass ein Belegarzt
Facharzt ist und über große Erfahrungen verfügt, während Krankenhausärzte oft in
der Weiterbildung sind.
In Berlin konnten in den 80er und 90er Jahren sehr
viele Krankenhausbetten geschlossen werden, ohne dass dadurch größere Probleme
in der Patientenversorgung entstanden sind. Krankenhäuser versuchen nunmal ihre
Betten voll zu kriegen, egal wieviel sie haben.
Überlässt man Krankenhausneubauten überwiegend
privaten Trägern, wird sich die Wirtschaftlichkeit schon rechnen. Falls
politisch gewünscht, könnten den Trägern geeignete Zugeständisse gemacht
werden.
S. 73 Telemedizin hört sich so richtig schön
fortschrittlich an.Wozu eigentlich? Soll sich die alte Oma vor ihre Webcam
setzen oder was kann die Telemedizin besser als das Telefon? (Der heutige
Einsatz der Telemedizin liegt z.B. bei Patienten mit Rhythmusstörungen o.ä., das
hat mit dem Land aber nichts zu tun).
Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass sich die
Gemeinden selbst Gedanken über ihre Probleme und Lösungsmöglichkeiten machen
sollen. Weitere staatliche Programme sind wegen der großen Varianz der Probleme
nur wenig hilfreich.
Gruß Michaela
----- Original Message -----
From:
ag-gesundheitswesen-request AT lists.piratenpartei.de
To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Sent: Saturday, April 24, 2010 12:22
PM
Subject: AG-Gesundheitswesen
Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 37
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AG-Gesundheitswesen digest..."
Meldungen des Tages:
1. Bitte um Hilfe - Konzept für piratisches Gesundheitswesen
auf Landesebene in BaWü (Morgan le Fay)
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Message: 1
Date: Sat, 24 Apr 2010 12:19:45 +0200
From: Morgan le Fay <input.output AT freenet.de>
Subject: [AG-Gesundheit] Bitte um Hilfe - Konzept für piratisches
Gesundheitswesen auf Landesebene in BaWü
To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Message-ID: <4BD2C5C1.3060108 AT freenet.de>
Content-Type: text/plain; charset="utf-8"; Format="flowed"
Hallo,
vielleicht könnten wir für ein paar Tage mal die anderweitigen
Diskussion hinten anstellen...., ich brauche nämlich Eure Hilfe und
bitte darum, die in der Anlage versandte PDF-Datei durchzusehen.
(IMA-Bericht im Auftrag des Sozialministeriums BaWü)
Ich habe an allen Stellen, an denen ich Diskussionsbedarf sehe, gelbe
Sprechblasen angebracht (meist mit Kommentar). Weitere Diskussionspunkte
willkommen!
Das Schriftstück besteht zwar aus 73 Seiten (ich habe mir alle angetan),
aber es genügt, wenn Ihr eben die markierten Stellen lest und Euch dazu
ein paar Gedanken macht und mir diese mitteilt. Auch wenn es hier um
BaWü geht, sind wohl die Konstellationen in anderen BL zumindest ähnlich
und kann auch Euch für weitere Diskussionen dienlich sein.
Ich habe mit Jörg Tauss am Stammtisch vereinbart, dass ich ihm einen
Schriftsatz als Entwurf/Vorschlag für die LTW in BaWü zustelle. Dazu
brauche ich nun Eure Unterstützung und nicht zuletzt Euren "Segen" zum
vereinbarten Entwurf.
Ich danke Euch
Harry aka Morgan le Fay
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname : IMA-Bericht-sozges-Vers_bearb.pdf
Dateityp : application/pdf
Dateigröße : 353511 bytes
Beschreibung: nicht verfügbar
URL : <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen/attachments/20100424/d2f77b58/attachment.pdf>
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Ende AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 37
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- Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 37, Hans-Jürgen Fischer, 24.04.2010
- Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 37, Morgan le Fay, 24.04.2010
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 5, Eintrag 37, bach, 24.04.2010
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