ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Patrik Pekrul <Patrik.pekrul AT hotmail.de>
- To: Thomas Weiß <Weiss-Tom AT gmx.de>
- Cc: ag Geldordnung <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Aktien - Geldvermögen - Schulden
- Date: Fri, 17 Jan 2014 22:27:33 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Thomas,
der Mythos um die Aktie ist mir ein wenig unverständlich. Eine Aktie ist ein Wertpapier, wie jedes andere, und als solches eine Finanzanlage.
Das Geldvermögen besteht aus Zahlungsmittel und Finanzanlagen.
Zu den Zahlungsmitteln gehören im Wesentlichen Bargeld und Sichtguthaben, zu den Finanzanlagen im Wesentlichen Wertpapiere.
Was kennzeichnet nun Wertpapiere?
Wertpapiere sind ein verbrieftes Recht auf zukünftige Zahlungen. Diese können fix oder auch variabel sein, das ist von sekundärer Bedeutung.
Die Aktie verbrieft das Recht, an den zukünftigen Ausschüttungen der AG zu partizipieren.
Dieses ist das sog. Vermögensrecht, das einem die Aktie gewährt, darüber hinaus gewährt sie sog. Verwaltungsrechte, bspw. das Recht an der Teilnahme an der Hauptversammlung und Auskunftsrechte. Beide Rechte werden unter dem Begriff "Mitgliedschaftsrechte" zusammengefasst.
Die Verwaltungsrechte lassen offensichtlich viele Menschen glauben, dass dadurch die Aktie im Kern etwas anderes wäre als ein einfaches Wertpapier - ist es aber nicht. Die Aktie ist gradezu die Mutter aller Wertpapiere, soz. der Archetyp, alle andere Formen sind davon abgewandelt. Oftmals wird "Wertpapierhandel" und "Aktienhandel" sogar synonym verwendet.
Im Gegensatz zu Anleihen sind die Auszahlungen bei einer Aktie nicht fix, sondern variabel und die Laufzeit ist unbegrenzt. Das ist auch schon alles. Die Parameter dieser Anlage unterscheiden sich ein wenig, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es sich eindeutig um ein Wertpapier, also eine Finanzanlage mithin Geldvermögen handelt.
Steht dem nun eine Schuld gegenüber? Na klar!
Das Unternehmen ist verpflichtet, die Aktionäre an den zukünftigen Erträgen zu beteiligen - und zwar grundsätzlich in voller Höhe. Der Gewinn steht ihnen zu, vollständig.
Nun ist es aber so, dass viele Aktionäre, die längerfristig Aktien eines Unternehmens halten wollen, an die Ertragskraft dieses Unternehmens glauben und von seinen weiteren Erträgen profitieren wollen. Weiterhin kann man annehmen, dass zumindest den institutionellen Anlegern auch an ihrem Stimmgewicht in diesen Unternehmen gelegen ist. Es wird also oft so sein, dass die Aktionäre ihre Dividende dazu verwenden werden, neue Aktien dieses Unternehmens kaufen zu wollen. Dieses würde aber einen enormen administrativen Aufwand bedeuten, wenn man bei jeder Hauptversammlung gleich eine Kapitalerhöhung durchführen müsste.
Man hat also einen "Short-cut" entwickelt. Statt dass sich die Aktionäre den Gewinn gezwungenermaßen in voller Höhe auszahlen lassen, nur um mit einem Teil dieser Ausschüttungen gleich wieder neue Aktien zu kaufen, kann die Hauptversammlung auch einfach beschließen, die Gewinne im Unternehmen zu belassen. Damit steigt auch automatisch der Buchwert jeder Aktie.
Nun gibt es aber einen Interessenkonflikt: Viele Aktionäre wollen den Gewinn gerne ausgeschüttet haben, während die Unternehmensleitung - der die Aktionäre in der Unternehmensführung entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben nichts zu sagen haben - diese gerne zur Eigenfinanzierung nutzen würde.
Als Kompromiss hat man das "Thesaurieren" eingeführt. In Deutschland darf der Vorstand bspw. 50% des Gewinns ungefragt einbehalten, über den Rest befindet die Hauptversammlung (ganz grob vereinfacht). Wenn sich die Mehrheit der Aktionäre dafür ausspricht, den Gewinn nicht auszuschütten, dann kriegt man gar nichts.
Die Tatsache, dass in einigen Jahren kein Gewinn anfällt und in anderen dieser nicht ausgeschüttet wird, mag den Eindruck erzeugen, dass der Aktie keine "Schuld" entgegensteht, tatsächlich ist es aber der Fall. Das Unternehmen hat die Verpflichtung den Gewinn grundsätzlich abzuführen.
Obwohl also der "Rechtekatalog" einer Aktie etwas komplexer ist als der einer Anleihe, sind beide Wertpapiere, also verbriefte Rechte, denen entsprechend eine "Schuld" gegenübersteht. Nicht mehr, nicht weniger.
Am 17. Januar 2014 15:08 schrieb Thomas Weiß <Weiss-Tom AT gmx.de>:
Eine Frage, insbesondere an Patrik, habe ich bezüglich Aktien:
Aktien sind Geldvermögen. Das andere Ende des Rechtskonstrukts Aktie ist in der Unternehmensbilanz das gezeichnete Eigenkapital oder Grundkapital. Damit ist aber doch eine Aktie Geldvermögen, dem keine Schuld gegenübersteht, oder nicht?
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- [AG-GOuFP] Aktien - Geldvermögen - Schulden, Thomas Weiß, 17.01.2014
- Re: [AG-GOuFP] Aktien - Geldvermögen - Schulden, Wischer, 17.01.2014
- Re: [AG-GOuFP] Aktien - Geldvermögen - Schulden, Axel Grimm, 17.01.2014
- Re: [AG-GOuFP] Aktien - Geldvermögen - Schulden, Patrik Pekrul, 17.01.2014
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