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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- To: ML AG-Geld <AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: [AG-GOuFP] Wohin steuert die AG Europa?
- Date: Thu, 6 Sep 2012 16:17:06 +0200
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Eine Richtungsanalyse:
Wo steht die AG Europa? Wo will sie hin?
Das Squad „Europa Systemisch“ hat sich hier in den letzten Monaten
harsche Kritik anhören müssen – bis hin zu dem Punkt, dass es „unter
Beobachtung gestellt“ wurde (ich kann mir nicht helfen - dabei kommt
mir automatisch Ulrich Mühe in den Sinn, der mit den großen
Kopfhörern). Diese Kritik hat nun auch ihr Gutes: Wurde dadurch doch
das Fenster dafür geöffnet, auch mal die Führungsleute der anderen
Squads unter die Lupe zu nehmen. Genauso entschieden.
I. Squad „Europa Wissen“
Gilles Bordelais hatte diesem Squad eine kuriose Aufgabe vorgegeben:
Vergleichende Darstellung der Europa-Programme der anderen Parteien.
Was soll dabei herauskommen? Aus anderen Programmen schöne Punkte für
die Weihnachtswunschliste abschreiben? Programmpunkte von Parteien
übernehmen, die Europa vor die Wand gefahren haben? Das verrät ein
hohes Maß an Orientierungslosigkeit. Kein Wunder, dass dieses Squad in
den Sand gesetzt worden ist: Arbeit eingestellt, Ergebnis unbekannt.
Dazu passt, dass Gilles gerade wieder den „Dienstleistungscharakter“
der AG Europa unterstrichen hat. Bevor ich eintrat, hatte ich das im
Wiki gelesen. Dachte, es sei ein Relikt aus Anfangszeiten, dessen
Korrektur man vergessen habe. Von wegen - quicklebendig. Die AG
Europa, die sich mit dem wichtigsten Strategiefeld befassen sollte,
das es in diesen Zeiten für uns Europäer gibt, ein Dienstleister! Was
für eine politische Geisteshaltung.
II. Squad „Zukunfts-Visionen“
Gleich doppelt: Zukunft + Vision, das ist etwas für irgendwann.
Stichwort-Geber Goris (aus BRUX) präzisierte es, das sind Modelle für
eine „ferne Zukunft“. Thomas Gewert antwortet: „Ja genau, das ist
unsere Linie“.
Morgen, morgen, nur nicht heute, sagen alle Brüsseler Leute.
Während Thomas die Erarbeitung einer Piraten-Position auf die lange
Bank schiebt, arbeiten der politische Mainstream und Goldman Sachs et.
al. mit Hochdruck an der Entmachtung der europäischen Bürger.
Thomas wird bei seiner Vorstellung zur Wahl des letzten Koordinators
gefragt: „Welche europapolitische Linie hast Du“? Antwort: „Eigentlich
gar keine. Ich will nur moderieren“. Diese vorgegebene
Orientierungslosigkeit prägt dann sein Führungsverhalten. Heraus
kommen nach monatelanger Arbeit 5 „Modelle“. Das sind keine Modelle.
Das sind fünf verschieden eingefärbte europäischen Landkarten. Ohne
die Benennung von Kriterien oder auch nur einfachster Grundsätze für
die Grundzüge der Konstruktion. Selbst Kartierungen, die nach dem
OF-Filter Q065 bereits klar ausgeschieden waren (Renationalisierung),
werden hier munter wieder aufgenommen.
III. „Präambel“ fürs Grundsätzliche
Der Bundesvorstand merkt das. Sebastian Merz mahnt: "Hier ist ein
konkretes Modell für die EU-Verträge", das können wir nicht
gebrauchen. Sondern "Wohin wollen wir mit Europa?" Erst Grundsätze,
dann daraus Modelle ableiten.
Daraufhin Panik. Quasi über Nacht (ich selbst war gerademal eine Woche
verreist, da war es schon geschehen) tritt Koordinator Nr. 3, Andreas
Bernard, auf: „Ich kipp euch mal den aktuellen Stand der Entwicklung
eines Europa-wagen-Antrages vor die Füße“. „Bedenkt, dass das ein „
prä-prä-alpha ist, sozusagen v0.01. Ein ganz frühes Brainstorming,
stellt noch frühe private Vorüberlegungen dar“. Und das nach
monatelanger Arbeit!
Vor die „Füße kippen“ - genau so sah es dann aus. Aus einer Vorlage
„Pro Europa“ und dem OQ065 ein paar Zeilen abgeschrieben (las sich wie
ein Text aus den 50ern „Friede, Freude, Eierkuchen“).
Kein Wort über die gewaltige Herausforderung, vor der die Bürger jetzt
stehen. Im Gegenteil: Die Warnung des Q065 „Wir sehen die Krise des
Euro, die Überschuldung der öffentlichen Haushalte .. mit großer
Sorge, denn sie erschüttern das Fundament der europäischen Idee“ wurde
im Pad durchgestrichen; Begründung: das sei nichts Grundsätzliches,
das seien Tagesprobleme. Der seit 1973 prägende Megatrend – ein
Tagesproblem (!)
IV. Fazit: Ernste Problemlage
Das überragende Problem der Europa AG besteht darin, dass es keine
offene inhaltliche Führung gibt. Bisher sind prinzipiell
grundsätzliche Problemstellungen parallel in Squads in Angriff
genommen worden. Dagegen ist nichts zu sagen, Konkurrenz belebt das
Geschäft. Aber es fehlt die Zusammenführung der entwickelten Ideen zu
einer gemeinsamen Linie. Dies lässt sich eben nicht vor die Füße
kippen und schon gar nicht über Nacht.
1. Offene Agenda
Das erfordert vielmehr eine offene Arbeitsplattform, und zwar auf AG-Ebene.
Gilles hatte dem Squad „Systemisch“ einen „Quality check“ angedroht.
Bis heute keine Zeile. Dabei hätte ich den nun wirklich gerne gesehen.
Denn ein echter Qualitätswettbewerb ist genau das, was der gesamten AG
fehlt. Ich hatte das ursprünglich für Potsdam erwartet (naiv). Auch
Essen ist so konzipiert, dass eine grundsätzliche Debatte gar nicht
stattfinden kann. Da wird es ein Dauerfeuer von hundert Anträgen
geben. Alle schön konsekutiv, aber auf keinen Fall im systemischen
Kontext.
Was weiterhin fehlen wird, ist eine offene Auseinandersetzung über die
grundsätzliche Ausrichtung der verschiedenen Modelle und Kartierungen.
Und zwar nicht im unsäglichen LqFB, wo einige Piraten den Adelstitel
nicht vor dem Namen (von), sondern dahinter tragen (+150). Sondern
real Life. Das wäre ein Seminar oder eine Tages-Konferenz über die
grundsätzlichen Optionen, die wir Piraten für Europa sehen (Nerz).
Ausführliche Präsentation der beiden Squads, vertiefte Diskussion der
Optionen, die prinzipiell zur Verfügung stehen.
2. Hidden Agenda:
Leider haben sich die Indizien dafür verdichtet, dass die
Koordinatoren-Troika stattdessen eine ‚hidden agenda‘ verfolgt.
Zwei Widerlager sind jetzt auszumachen.
Zum einen haben die Berliner Urbanauten dem Bundesvorsitzenden eine
gewisse „Zustimmung zur Europa-Politik von CDU, SPD und Grünen“
vorgeworfen. Sie selbst aber könnten nur einer Europa-Politik
zustimmen, die „ein Europa des weiteren Sozialabbaus und der
Selbstbedienung der Banken und Hedgefonds ablehnt“. Bernd Schlömer
wird mit der Aussage zitiert, die Piraten würden mit einem „klaren
Bekenntnis zu Europa“ in den Wahlkampf gehen (FAZ v 1.9.12).
Zum anderen hat die Troika zeitgleich damit praktisch über Nacht der
AG Europa ein Glaubensbekenntnis übergestülpt, wie wir es nun in der
Präambel vorfinden.
Beide Pole lassen sich gut verbinden. Die passgenaue Vorlage einer
Friede-Freude-Eierkuchen-Fassung legt die Vermutung nahe, dass die
Europa-Troika als Seilschaft eng mit einer Seilschaft auf BuVo-Ebene
zusammengearbeitet hat.
Die ‚hidden agenda‘ bestünde dann in der Option: „EU weiter so wie
bisher - mit ein paar demokratischen Korrekturen“. Da mag das BVerfG
noch so präzise darlegen, dass auf diesem Wege der demokratische
Rechtsstaat (des Q065) prinzipiell nicht zu erreichen ist,
interessiert die nicht.
3. Die Fehlentwicklung korrigieren
Alle drei Koordinatoren vertreten deutlich diese Linie des
europäischen Mainstreams. Die Mehrheit der Piraten vertritt eine ganz
andere Linie, der BPT in 2011 hat es gezeigt.
Die gleichwohl geplante Kaperung von 100 % der Leitungsfunktionen der
AG durch ein und dieselbe Seilschaft spricht dem Hohn. Das ist nicht
piratig, das ist ganz platte Machtpolitik.
Das muss bei der Neu-Wahl nächste Woche korrigiert werden. Ein
Vorschlag wird rechtzeitig präsentiert.
Karl Pitz
AG Europa /Squad „Europa Systemisch“ 6. 9. 12
Die Europapolitik ist gegenwärtig das bedeutsamste Strategiefeld der Politik.
Die Vorgänge in der AG Europa gehen deswegen alle an.
Dieses Papier sollte innerhalb der Piratenpartei verbreitet werden.
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- [AG-GOuFP] Wohin steuert die AG Europa?, Karl Pitz, 06.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Wohin steuert die AG Europa?, Stefan Fricke, 08.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Wohin steuert die AG Europa?, Bernhard Mosolf, 08.09.2012
- Re: [AG-GOuFP] Wohin steuert die AG Europa?, Stefan Fricke, 08.09.2012
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