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Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
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[AG-Drogen] Fwd: [Mapde-topnews] Legal Highs - gefährliche Chemiedrogen zeigen die Grenzen deutscher Drogenpolitik
Chronologisch Thread
- From: Maximilian Plenert <max.plenert AT hanfverband.de>
- To: Fachforum Drogen der GRÜNEN JUGEND <liste-ff-drogen AT gruene-jugend.de>, BND Diskussionsliste <bnd-debatte AT bndrogenpolitik.de>, linke-drogenpolitik AT yahoogroups.de, vfdintern AT yahoogroups.de, Liste: AG_Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: [AG-Drogen] Fwd: [Mapde-topnews] Legal Highs - gefährliche Chemiedrogen zeigen die Grenzen deutscher Drogenpolitik
- Date: Thu, 15 Dec 2011 15:11:31 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
- List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
- Organization: Deutscher Hanfverband
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Sehr guter Artikel!
- -------- Original-Nachricht --------
Betreff: [Mapde-topnews] Legal Highs - gefährliche Chemiedrogen zeigen die
Grenzen deutscher Drogenpolitik
Datum: Thu, 15 Dec 2011 15:00:47 +0100
Von: Max Plenert <newsletter AT hanfverband.de>
Antwort an: mapde-topnews AT listen.jpberlin.de
An: Top <mapde-topnews AT listen.jpberlin.de>
Legal Highs, Newsletter, Drogenpolitik
================
Der Westen, 12.12.2011
http://www.derwesten.de/gesundheit/legal-highs-gefaehrliche-chemiedrogen-zeigen-die-grenzen-deutscher-drogenpolitik-id6156804.html
Legal Highs - gefÀhrliche Chemiedrogen zeigen die Grenzen deutscher
Drogenpolitik
Die deutsche Drogenpolitik setzt auf Verbote. Wer mit Kokain, Ecstasy oder
Marihuana erwischt wird, macht sich strafbar. Wer dagegen haushaltsÃŒbliche
Reinigungsmittel konsumiert, hat vor Gericht nichts zu befÃŒrchten. Darauf
setzen
Chemiekonzerne aus China und den USA. Sie verdienen auf dem deutschen Markt
viel
Geld. Der Versuch, die Substanzen zu verbieten, wird scheitern - fast
wöchentlich kommen neue Stoffe hinzu.
Sie heiÃen Badesalz, RÀuchermischung, Lufterfrischer oder Wannenreiniger:
Neue
Drogen aller Art, die vom Chemielabor aus die Diskos, Schulhöfe und
Bahnhofstoiletten des Landes erobern. Immer dann, wenn Polizei und Gesetze die
neuen Stoffe auf den Index gesetzt haben, gibt es schon wieder etwas Neues,
etwas, das von den BetÀubungsmittelgesetzen nicht erfasst ist und sich
unberechenbar auf die meist sehr jungen, experimentierfreudigen Konsumenten
auswirkt.
Wer sich dieses Zeug im Netz bestellt und die Hinweise in einschlÀgigen Foren
befolgt, kann sich in den folgenden Tagen auf einiges gefasst machen. Wer
GlÃŒck
hat, dem ergeht es wie dem User, der sich ein Jahr lang dem
RÀuchermischung-Intensivtest unterzog. Er fÌhlte sich wie in die Couch
gedrÃŒckt,
so stark, dass es seiner Meinung nach schon âleicht in die Richtung Opiumâ
ging.
Dennoch testete er zwölf Monate lang unerschrocken weiter: âNach der
Couch-drÃŒck-Phase hatte sich eine gewisse Toleranz aufgebaut, welcher ich
anfangs erfolgreich durch die Zugabe von Alkohol in den Versuch
entgegenwirkte,
was dann aber arbeitstechnisch nicht mehr durchfÃŒhrbar warâ berichte er von
seinem Alltag.
"Cannabis, Speed und Koks 2.0"
Michael Knodt, Chefredakteur des Hanfjournals in Berlin, befasst sich schon
seit
lÀngerem mit der Wirkung der Chemiedrogen. â2007 habe ich auf einer Messe
das
erste Paket in die Hand gedrÃŒckt bekommen â doch in den Medien tauchte das
Thema
erst mit zwei Jahren VerspÀtung auf.â Zu dem Zeitpunkt waren
RÀuchermischungen,
die gröÃtenteils auf kÃŒnstlichen Cannabinioden oder Indol-Verbindungen
basieren
und die Wirkung von Cannabis nachahmen, in der Szene nicht mehr neu. Sie
wirken
um ein vielfaches stÀrker als ein Marihuana-Joint. Noch gefÀhrlicher sind
Badesalze, die sich in der Wirkung an harten Drogen orientieren.
Knodt setzt auf Transparenz und Information. Auf der Homepage des Hanfjournals
wird ausfÃŒhrlich erklÀrt was in âCannabis, Speed und Koks 2.0â wirklich
drin
ist. Die Konfrontation mit einem Internetshop-Betreiber, der alle Bedenken mit
Standardaussagen (Uns ist bekannt, dass einige Produkte missbrÀuchlich
genutzt
werden, hiervor warnen wir und raten ausdrÃŒcklich davon ab!) abfertigt,
zeigt,
was die Hanf-Aktivisten in Berlin ahnten: Sowohl ZwischenhÀndler als auch
Unternehmen wollen vom Missbrauch ihrer Produkte möglichst nichts wissen â
sie
wollen nur daran verdienen. Hinweise ÃŒber Inhaltsstoffe oder Wechselwirkungen
mit anderen Substanzen sucht man daher auf den Packungen der Badesalze oder
RÀuchermischungen vergeblich.
Die Chemiekonzerne und ihre ZwischenhÀndler können angeblich Gewinnspannen
von
250 Prozent realisieren
âPerfekt fÃŒr Festivalsaison â echter Rausch ohne irgendeine verbotene
Substanzâ
oder âVöllige Euphorie und unglaublicher Sex! Garantiert!â mit
WerbesprÃŒchen wie
diesen werben die Headshops im Netz um die jungen Kunden. Da jede Seife besser
ÃŒber ihren Inhalt informiert als die âLegal herbal party pills head
shopsâ, die
mit den Mischungen angeblich eine Gewinnspanne von 250 Prozent erzielen,
weichen
die Konsumenten auf Erfahrungsberichte aus. âVapâ, der sich mit einer
Substanz
namens âNew York Taxiâ die Birne weggeschÀdelt hat, schreibt
begeistert: âDie
Vase frisch gesÀubert, starten wir gespannt in den Test.â Das Taxi fÀhrt
erst
langsam, doch dann immer schneller durch die Blutbahn der Testpersonen, noch
bevor es seine volle Wirkung entfaltet, gibt es eine und noch eine
âVaseâ. âSo
gut benebelt waren wir schon lang nicht mehr. Einfach richtig gutâ lautet
das
Testergebnis, das dem Chemiekonzern wohl noch ein paar Kunden bringen wird.
Noch
âviel mehr hardcoreâ sei jedoch eine Mischung namens âAm 2201â, die
allerdings,
Àrgerliche Nebenwirkung, die ZÀhne stark angreift und fÌr EntzÌndungen im
Mundraum sorgt. Egal, findet âhutzelâ: âDer Zahnarzt richtet es immer
wieder â
ist nur ne Kostenfrageâ.
Weiter unten in den Kommentaren wird es noch konkreter, ein neues Zeug aus
Ungarn macht die Runde, halluzinogen und âscheppert ordentlich auf die
Optikâ,
wie die User voller Freude berichten.
âMein Herz raste so schnell, dass ich nicht mehr zÀhlen konnte, die Luft
wurde
knappâ â ein vergleichsweise harmloser Erfahrungsbericht
Im Forum âlegal-highs-flyâ gibt es keine fröhlich-verkaufsfördernden
Erfahrungsberichte. Hier stehen die Schattenseiten von RÀuchermischung und
Badesalz im Vordergrund â denn davon gibt es viele. âMein Herz raste so
schnell,
dass ich es nicht mehr zÀhlen konnte und die Luft wurde auch so langsam
knapp.
Der Schweià rann mir in Strömen herunter und ich dachte nur Gott lass es
vorbeigehenâ berichtet Marek, der kurz nach dieser Erfahrung im Krankenhaus
landen sollte. Der behandelnde Arzt war mit den Symptomen jedoch Àhnlich
hilflos
wie der Patient. So oder Àhnlich ist es vielen ergangen, die ihre Erlebnisse
teilen. In kindlicher Sprache und ungelenker Grammatik berichten sie davon,
wie
sie mit Durchfall in der Notaufnahme landen, Blut kotzen und sich tagelang
nicht
bewegen können.
Die Mischungen, die dafÃŒr verantwortlich sind, haben lustig-bunte Namen
wie âBla
Blaâ, âBananaâ oder âMary Joy Warningâ â fast jede Woche kommt
irgendetwas Neues
dazu. Mitte November lieà die EuropÀische Beobachtungsstelle fÌr Drogen und
Drogensucht (EBDD) vermelden, dass im vergangenen Jahr 41 neue Substanzen
aufgetaucht seien. Der âLegal-High-Boomâ lÀsst vermuten, dass es 2011
noch etwas
mehr sein werden. Marihuana und Kokain sind dagegen auf dem RÃŒckzug. Trotz
allem
ist festzuhalten: Die Bedeutung von Legal Highs ist hierzulande nach wie vor
gering. Eine Stichprobe von etwas mehr als 1000 SchÃŒlern im Kreis Frankfurt
am
Main, auf die sich ein GroÃteil aller Beobachtungen im Raum Deutschland
bezieht,
besagt, dass sieben Prozent der 15-18-JÀhrigen âLegal-Highâ-Erfahrungen
haben.
Ãbers Probieren hinaus geht es jedoch bei den wenigsten. Gerade mal ein
Prozent
der Frankfurter SchÃŒler greift regelmÀÃig zur KrÀutermischung aus dem
Chemielabor.
Nun sollen ganze Stoffgruppen verboten werden
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans prÃŒft nun,
ganze
Stoffgruppen ins BetÀubungsmittelgesetz aufzunehmen. Michael Knodt glaubt
nicht,
dass dies einen groÃen Durchbruch im Kampf gegen Legal Highs bringen
wird. âFÃŒr
die groÃen Chemiekonzerne in China oder den USA und deren ZwischenhÀndler
ist es
sehr leicht, die Produkte so zu verÀndern, dass sie wieder legal sindâ
erklÀrt
er. Die hohen Gewinnmargen machen das GeschÀft sehr attraktiv. Und selbst Tim
Pfeiffer-Gerschel von der Beobachtungsstelle in Deutschland (DBDD) musste
kÌrzlich einrÀumen, dass die Szene der Gesetzgebung stets um mehrere
Schritte
voraus ist. Identifizieren die Behörden eine Substanz als gefÀhrlich, ist
diese
meist schon wieder out.
Cannabis-Lobbyist Knodt fordert ein Umdenken der deutschen Drogen-Politik.
Statt
mit Verboten und Kontrollen den Entwicklungen am Markt hinterherzuhecheln,
mÃŒsse
man informieren, regulieren und â natÃŒrlich â Marihuana legalisieren. Der
entscheidende Vorteil der gefÀhrlichen Chemie-Mischungen gegenÌber Cannabis
sei
allein ihre LegalitÀt. Erbrechen, OhnmachtsanfÀlle und
Krankenhausaufenthalte;
diese Nebenwirkungen wÌrden wohl die meisten RÀuchermischung-Fans am
liebsten
umgehen.
Legal Highs zeigen auf, was in der deutschen Drogenpolitik schief lÀuft
Doch die VerstÀndigung zwischen Drogenbeauftragten und Drogenkonsumenten
bleibt
schwierig. âVor ein paar Wochen war ich Zeuge einer
Drogen-Informationsveranstaltung in der achten Klasse eines Berliner
Gymnasiums.
Die halbe Klasse hatte sich vor der Stunde so bekifft, dass sie der
Veranstaltung nur lachend oder dösend folgen konnten â aber die
Sozialarbeiterin
merkte gar nichts.â Wenn jemand ÃŒber Drogen informiert, der nicht einmal
merkt,
wenn er vor einer komplett zugedröhnten Klasse steht, dann, so bewertet Knodt
das Erlebnis, machen sich die Offiziellen lÀcherlich.
Legal Highs machen es möglich, dass sich Kinder legal mit unberechenbaren
Stoffen betÀuben, Koch- und BauplÀne im Internet tauschen und danach
ohnmÀchtig
und mit schweren OrganschÀden in der Notaufnahme landen. Dort treffen sie auf
Ãrzte, die nicht wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen. Auch wenn die
Zahlen
nicht alarmierend sind, so ist das öffentliche Interesse an diesen
importierten
Chemie-Drogen groÃ. Denn sie zeigen exemplarisch auf, wie wenig es die
Politik
vermag, auf die Entwicklungen des globalen Rauschgiftmarktes zu reagieren. In
bemerkenswerter Offenheit heiÃt es auf der Homepage der Drogenbeauftragten
Dyckmans: âIn vielen LÀndern der Welt zeigt sich ein deutlicher Trend zu
hÀufigerem Konsum von synthetischen Drogen. Gleichzeitig werden auf einem
sich
schnell weiterentwickelnden Markt stÀndig neue Substanzen angeboten, die
bisher
dem BetÀubungsmittelgesetz noch nicht unterstellt sind. Dies fÌhrt zu
Verunsicherungen bei allen Akteuren. Beratungsstellen sind von der
Schnelligkeit
neuer Entwicklungen ÃŒberrumpelt.â
Das geplante Verbot dokumentiert vor allem eines: Hilflosigkeit.
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- [AG-Drogen] Fwd: [Mapde-topnews] Legal Highs - gefährliche Chemiedrogen zeigen die Grenzen deutscher Drogenpolitik, Maximilian Plenert, 15.12.2011
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