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[AG-Drogen] Internationale Kommission: "Der Kampf gegen Drogen ist gescheitert"
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- Subject: [AG-Drogen] Internationale Kommission: "Der Kampf gegen Drogen ist gescheitert"
- Date: Fri, 17 Jun 2011 19:44:04 +0200
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Um besser zu den Zeitungsartikel zu kommen, schaut euch einfach die
Online-Version an, die hat Links, lg max
Internationale Kommission: "Der Kampf gegen Drogen ist gescheitert"
http://hanfverband.de/index.php/nachrichten/aktuelles/1481-internationale-kommission-qder-kampf-gegen-drogen-ist-gescheitertq
Geschrieben von: Maximilian Plenert
Freitag, den 17. Juni 2011 um 17:09 Uhr
Am 2. Juni hat die Global Commission on Drug Policy in New York einen Bericht
zur Drogenpolitik vorgelegt. Das hochkarätig besetzte Expertengremium schreibt
darin: "Der jahrzehntelange Krieg gegen die Drogen ist verloren und hat
verheerende Folgen für Menschen rund um die Welt" und fordert Schluss mit
Krimi!
sowie eine Legalisierung des Drogenmarktes und eine Verbesserung der
Behandlung
von Abhängigen.
Vorausgegangen war die avaaz.org Onlinepetition "Beenden Sie den Drogenkrieg!"
an der bis heute mehr als 600.000 Menschen teilgenommen haben. Auf der Seite
der
Petition ist aktuell zu lesen:
Geschafft! Letzte Woche übergab Avaaz-Direktor Ricken Patel über 500.000
Unterschriften direkt an UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon, führende Staats- und
Regierungschefs und die Medien. Unser Aufruf wurde gehört: Während eines
persönlichen Treffens versicherte uns Ban Ki-Moon, dass er eine
UNO-Arbeitsgruppe schaffen wird, um einen neuen Ansatz bezüglich Drogen und
dem
organisierten Verbrechen zu entwickeln. Dies ist ein bedeutender Schritt in
die
richtige Richtung, um den Drogenkrieg zu beenden, da das Augenmerk auf die
öffentliche Gesundheit, Bildung und Prävention gerichtet werden soll. Wir
werden
uns weiterhin dafür einsetzen, dass dieser sinnlose und brutale Krieg beendet
wird. Bleiben Sie dran - wir werden Sie informieren wie wir gemeinsam den
Druck
aufrechterhalten können.
Die Kommission fordert in ihrer Pressemitteilung:
The Commission’s recommendations are summarized in the Executive Summary below
this release. They include:
● End the criminalization, marginalization and stigmatization of people who
use
drugs but who do no harm to others.
● Encourage experimentation by governments with models of legal regulation of
drugs (especially cannabis) to undermine the power of organized crime and
safeguard the health and security of their citizens.
● Ensure that a variety of treatment modalities are available – including not
just methadone and buprenorphine treatment but also the heroin-assisted
treatment programs that have proven successful in many European countries and
Canada.
● Apply human rights and harm reduction principles and policies both to people
who use drugs as well as those involved in the lower ends of illegal drug
markets such as farmers, couriers and petty sellers.
und endet mit den Worten: Break the taboo on debate and reform. The time for
action is now.
Der Bericht der Kommission ist hier zu finden.
Unter den Mitgliedern der Global Commission on Drug Policy finden sich nicht
nur
die schon für ihre Positionen bekannten ehemaligen Präsidenten Ernesto Zedillo
(Mexiko), César Gaviria (Kolumbien) und Fernando Henrique Cardoso (Brasilien).
Mit George Papandreou, dem amtierenden griechischen Ministerpräsidenten, ist
erstmals auch ein aktiver Politiker unter den Unterstützern, dazu kommen die
international sehr renommierten Mitglieder Javier Solana (ehemaliger
Generalsekretär des Rates der Europäischen Union) und Kofi Annan (ehemaliger
Generalsekretär der Vereinten Nationen).
Das Medienecho
Der Bericht der Global Commission on Drug Policy wurde in einigen wichtigen
deutschsprachigen Zeitungen und Medien erwähnt, unter anderem war in der
Süddeutschen Zeitung, bei ZDF Heute und in der Pharmazeutischen Zeitung ein
Hinweis zu finden.
Bemerkenswert ist die Financial Times Deutschland, die dem Bericht einen
ganzen
Leitartikel "Mit Legalisierung den Drogenhandel schwächen" und einen
zusätzlichen Bericht "Kommission empfiehlt Legalisierung von Drogen" widmete.
Die Redaktion der liberalen Zeitung macht keinen Hehl aus ihrer Zustimmung:
Der Abschlussbericht der Global Commission on Drug Policy zeigt deutlich, dass
der weltweite Kampf gegen Rauschmittel versagt hat. Die einzige sinnvolle
Lösung: Endlich den Schritt in die Legalität wagen. Das müssten die USA
eigentlich am besten wissen. [...] Die Idee hat nichts mit Träumerei oder
linkem
Idealismus zu tun. Es geht darum, ein globales Problem mit enormen politischen
Auswirkungen anzugehen. [...] Das klingt alles zu einfach? Stimmt. Allerdings
scheitert die Legalisierung nicht an organisatorischer Machbarkeit, sondern an
politischer. [...] Die Amerikanern müssten es eigentlich besser wissen,
spätestens seit der fehlgeschlagenen Prohibition. Das pauschale Alkoholverbot
stärkte die dortige Mafia. Als es fiel, stieg der Konsum zwar zunächst etwas,
verschob sich aber von Hochprozentigem zu Bier und Wein. Schwer vorstellbar,
dass Heroin zur Volksdroge würde, nur weil es plötzlich legal zu haben ist.
[...] Der erste Schritt muss also sein, den bestehenden weltweiten Konsens zum
Umgang mit Drogen aufzuweichen. Wenn die Ergebnisse der hochkarätig besetzten
Global Commission on Drug Policy das nicht schaffen - was dann?
Die taz nennt den Bericht eine Schelte der internationalen Prominenz und
berichtet zudem über eine Initiative des britische Unternehmers Richard
Branson
und rund 30 anderer Prominenter. "Sie forderten in einem offenen Brief an die
Regierung bereits Konsequenzen. Der Musiker Sting, die Schauspielerin Judi
Dench
und andere Prominente forderten Premierminister David Cameron in dem Brief
auf,
seine Politik zu überdenken." Der taz-Kommentar "Legalize it! - Jede Wahrheit
braucht einen Mutigen, der sie Ausspricht" stammt aus der Feder von Mathias
Bröckers, der unter anderem "Die Drogenlüge - Warum Drogenverbote den
Terrorismus fördern und Ihrer Gesundheit schaden".
Erfreulich ist auch, dass auch weniger bekannte Zeitungen über den Bericht
schrieben. So hat die Stuttgarter Zeitung unter der Überschrift "Amerikas
sinnlosester Krieg" einen ausführlichen Artikel inklusive einer Chronik des
Krieges gegen Drogen veröffentlicht. Der Kommentar "Der Krieg gegen die Drogen
produziert Gewalt" in der in der Badischen Zeitung endet mit dem Empfehlung,
sich an der Schweiz zu orientieren:
Die Drogenpolitik müsse entkriminalisiert werden. Als Vorbild könne die
Schweiz
dienen. Dort wurde in einer schwierigen Phase die Hilfe in den Vordergrund
gerückt, zugleich wagte das Land Schritte in Richtung Legalisierung und
kontrollierter Abgabe. Mit Erfolg. Die Folge war eine sinkende Gewinnspanne
für
die Drogenkartelle.
Der Artikel "Legale Drogen für eine bessere Welt" in der Onlinezeitung The
European kann als Fortsetzung eine Reihe von Gastbeiträgen zum Thema
Drogenlegalisierung im letzten Jahr gesehen werden.
Politische Reaktionen auf den Bericht
Aus der Politik gab es bisher nur wenige Reaktionen. Der Grüne Tom Koenigs,
Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des
Deutschen Bundestags begrüßte in einer Pressemitteilung den Bericht
ausdrücklich. Angesichts der wenigen amtierenden Politiker in der Kommission
forderte er:
"Amtierende Politiker haben in der Debatte über eine liberalere und
rationalere
Drogenpolitik viel zu lange geschwiegen. Doch gerade amtierende Politiker
müssen
den Mut haben, auch unpopuläre Themen anzusprechen, auch wenn sie damit
zunächst
auf Widerstand stoßen. [...] Die Global Commission for Drug Policy hat hier
einen Vorstoß gemacht – nun müssen amtierende Politiker folgen. Die Zeit zu
handeln ist jetzt!"
Koenigs forderte bereits Ende letzten Jahres in einem Gastbeitrag in der
Frankfurter Rundschau ein Ende des Drogenkrieges und schrieb in einem
umfangreichen Thesenpapier: "Der Drogenkrieg lässt sich nicht mit
militärischen
Mitteln gewinnen – wir müssen ihn mit Entkriminalisierung beenden".
Michael Kleim, Pfarrer und Mitglied im Schildower Kreis, veröffentlichte eine
bemerkenswerte Pressmitteilung mit der Überschrift "Schweigen bedeutet
Zustimmung - Kirchen sollen Haltung zum Drogenkrieg korrigieren":
Mit ihrem fortgesetzten Schweigen zu dieser Frage unterstützen Christen
Menschenrechtsverletzungen und Unrecht. [...] Mit der strafrechtlichen
Verfolgung von Drogengebrauch widersprechen wir dem biblischen Menschenbild,
weil wir ausgrenzen und kriminalisieren, statt zu integrieren und zu helfen.
avaaz.org: Kampagne gegen den Drogenkrieg, DHV-Cannabis-Blog vom 26. Mai 2011
- [AG-Drogen] Internationale Kommission: "Der Kampf gegen Drogen ist gescheitert", Maximilian Plenert, 17.06.2011
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