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Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
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- Subject: [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth.
- Date: Mon, 18 Oct 2010 10:06:03 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
- List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
16.10.2010 / Wochenendbeilage / Seite 1 (Beilage)Inhalt
»Das ist drogenpolitischer Nonsens«
Gespräch mit Georg Wurth. Über Cannabis und die Chancen zu seiner
Legalisierung.
Und darüber, wie verlogen unsere Politik damit umgeht
Interview: Peter Wolter
http://www.jungewelt.de/2010/10-16/057.php
Georg Wurth hat Steuerrecht mit dem Abschluß Diplom-Finanzwirt studiert, war
Finanzbeamter und ist heute Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbandes.
(hanfverband.de)
Herstellung, Handel und Besitz von Cannabisprodukten sind nach wie vor
strafbar
– aber für medizinische Zwecke sollen diese Produkte freigegeben werden.
Werden
Haschisch oder auch Marihuana künftig in Apotheken angeboten?
Teilweise bekommen die Patienten jetzt schon Cannabis aus der Apotheke. Im
Moment geht die Diskussion in Deutschland mehr um die Frage, ob die Patienten
mit einfachen Hanfblüten oder Pharmaprodukten auf Hanfbasis versorgt werden
sollen. Die natürliche Variante bekommt den meisten Patienten gut und ist
preiswert. Der Bundesregierung riecht das aber zu sehr nach Droge, sie will
lieber Fertigarzneimittel auf den Markt bringen. Daß Cannabis therapeutisches
Potential hat, ist jedenfalls nicht mehr umstritten.
Und gegen welche Krankheiten kann dieser in Hanfblüten enthaltene Stoff
helfen?
Bei Multipler Sklerose z.B., bei Schlafstörungen oder bei starken Schmerzen.
Auch bei Aids, wenn der Patient unter Appetitverlust leidet. Es gibt viele
Indikationen, bei denen Cannabis hilft.
Deutet sich mit der Freigabe zu Medizinzwecken eine Lockerung des Umgangs mit
diesem Rauschmittel an?
Das ist schwer abzuschätzen. In den USA jedenfalls hat die medizinische
Freigabe
tatsächlich zu einem gelockerten Verhältnis geführt. Viele Menschen haben sich
dort davon überzeugt, daß Cannabispatienten weder verrückt werden noch in der
Gosse landen. Und diese entspanntere Sicht hat man dann auch auf diejenigen
übertragen, die zu Genußzwecken kiffen.
Wie ist denn die Wirkung von Cannabis im Vergleich zu anderen Drogen – etwa zu
Alkohol?
Cannabis wird vorwiegend in zwei Formen konsumiert: Als Marihuana bezeichnet
man
die getrocknete Blüte der Hanfpflanze, Haschisch ist ihr gepreßtes Harz. Es
wird
pur oder mit Tabak vermischt geraucht, man kann den Stoff auch in den Kakao
einrühren oder in Plätzchen einbacken. Man gerät dadurch in eine sehr
entspannte, friedliche Stimmung, viele werden lustig oder von plötzlichem
Heißhunger überfallen. Es kann aber auch zu Verwirrung, Reizüberflutung oder
Müdigkeit kommen. Kiffen ist nicht jedermanns Sache.
Wissenschaftlich bewiesen ist, daß Cannabis weit weniger Schaden anrichtet als
andere Rausch- oder Genußmittel wie etwa Alkohol oder auch Tabak. Bei Alkohol
z.B. geht man für Deutschland von über 40000 Todesfällen pro Jahr aus, bei
Tabak
werden sogar Zahlen über 100000 genannt. Todesfälle durch Cannabis sind
hingegen
praktisch unbekannt.
Wenn Cannabis geraucht wird, kann doch auch die Lunge Schaden nehmen …
Stimmt, man kann Bronchialprobleme bekommen – gleich, ob es pur oder mit Tabak
vermischt geraucht wird. Der Unterschied ist aber der, daß Tabak krebserregend
ist, Cannabis nicht. Das ist aber mehr ein europäisches Problem: In den USA
z.B.
wird Cannabis überwiegend pur geraucht, was unter dem Strich gesünder ist.
Tabak macht darüber hinaus viel stärker abhängig, körperlich und psychisch–
Beispiele dafür kennt jeder in seiner unmittelbaren Umgebung. Bei Cannabis ist
das nicht so ausgeprägt, nur in einigen Fällen gibt es milde körperliche
Entzugserscheinungen.
Kann man denn nicht auch psychisch abhängig werden?
Das gibt es natürlich auch, das sollte man nicht unterschätzen. Von
psychischer
Abhängigkeit ist aber nur ein geringer Teil der Cannabiskonsumenten betroffen
–
maximal zehn Prozent. Bei den Rauchern jedoch ist der Anteil der Abhängigen
viel
größer: 60 bis 70 Prozent.
Verschweigen sollte man auch nicht, daß Cannabis Psychosen auslösen kann –
dieses Risiko geht man beim Tabak nicht ein. Eine solche Psychose ist sicher
das
Schlimmste, was einem Kiffer passieren kann, sie kann Leute treffen, die
genetisch entsprechend vorgeprägt sind. Cannabis wäre in einem solchen Fall
aber
nicht die Ursache, sondern nur der Auslöser. Alkohol hingegen kann durchaus
Ursache für Psychosen sein, auch bei Menschen, die psychisch gesund sind.
Wie dem auch sei – man muß es schon als massive Nebenwirkung werten, wenn man
mit 18 einen Joint raucht und dann plötzlich wegen einer Psychose in der
Klinik
landet.
In wie vielen Fällen geschieht das?
In extrem wenigen. Einerseits gehen Mediziner davon aus, daß ein bis zwei
Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens psychotische Schübe erleben, die
durch Cannabis früher und heftiger auftreten können. Andererseits gibt es die
umgekehrte Erscheinung, daß Cannabis bei psychischen Problemen wie etwa
Depressionen nicht nur verschlimmernd, sondern auch lindernd wirken kann – es
gibt so manchen Kiffer, der allein deswegen zum Joint greift.
Unter dem Strich ist Cannabis also weit weniger schädlich als Alkohol –
gleich,
ob man die Rate der Todesfälle, die Abhängigkeit, die Schädigungen von Organen
oder die sozialen Auswirkungen betrachtet.
Jedes Bundesland hat eine Obergrenze für den Besitz von Cannabisprodukten
festgelegt. Die neue Regierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) weitet die
bisherige
Regelung von sechs auf zehn Gramm aus. Was besagt diese Obergrenze eigentlich–
geht ein Kiffer, der mit weniger erwischt wird, straffrei aus?
Eine »erlaubte Menge« gibt es jedenfalls nirgends in Deutschland. Anpflanzung,
Handel und Besitz sind überall verboten. Wenn man sich von der Polizei
erwischen
läßt, wird das Cannabis auf jeden Fall beschlagnahmt. Und dann gibt es ein
staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren, das in der Regel eingestellt
wird, solange man unterhalb der sogenannten geringen Menge bleibt. Je nach
Bundesland gibt es aber noch weitere Kriterien, die für eine Einstellung des
Verfahrens relevant sind: Etwa, ob man Wiederholungstäter oder noch
Jugendlicher
ist. In NRW ist es übrigens so, daß die neue Landesregierung lediglich den
früheren Zustand wiederherstellt. Die Vorgängerregierung unter Jürgen Rüttgers
(CDU) hatte die Regelung verschärft.
Wird man als Drogenabhängiger registriert, wenn einen die Polizei mit einem
Joint erwischt hat?
Nicht als Abhängiger, sondern als jemand, der gegen das Betäubungsmittelgesetz
verstoßen hat. Das kann schon bei der nächsten Verkehrskontrolle Ärger machen.
Oder auf dem Land, wo der Dorfpolizist seine Pappenheimer kennt und
diejenigen,
die mal ein Gramm Haschisch hatten, zehnmal öfter als andere zur
Verkehrskontrolle herauswinkt.
Gibt es Ärger mit Polizei und Justiz, wenn einem Autofahrer, der vielleicht
vor
einer Woche einen Joint geraucht hat, per Schweiß- oder Bluttest nachgewiesen
wird, daß er noch Cannabisspuren im Körper hat?
Das kommt auf die Werte an, die festgestellt werden. Zunächst einmal würde ich
jedem abraten, solche Schnelltests mitzumachen, weil die teilweise falsche
Ergebnisse liefern und letztlich freiwillig sind. Allerdings übt die Polizei
teilweise hohen Druck aus, und einen Bluttest kann man nicht verweigern, wenn
die Beamten einen Anfangsverdacht konstruieren. Wenn dann ein Wert von mehr
als
einem Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) pro Milliliter Blut festgestellt
wird, gilt das als Drogenfahrt. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen liegt
bei
einer so geringen Menge allerdings keinerlei Beeinträchtigung der
Fahrtüchtigkeit vor. Dennoch wird dann mindestens eine Geldbuße fällig. Es
kann
aber auch ein Fahrverbot geben, obwohl der Fahrer tatsächlich stocknüchtern
war.
Das ist die strafrechtliche Seite.
Aber dann kommt noch das Verwaltungsrecht ins Spiel – auf dieser Basis wird
der
gelegentliche Kiffer im Vergleich zum Alkoholsünder richtig diskriminiert. Die
Führerscheinstelle prüft, ob der Betreffende von seiner
Persönlichkeitsstruktur
her in der Lage ist, verantwortungsvoll ein Auto zu fahren. Und wenn sie davon
ausgeht, daß er zweimal pro Woche einen Joint raucht, wird das schon als
»regelmäßiger Konsum« eingestuft. Und dann ist der Führerschein weg, obwohl
dieser Mensch vielleicht bis dahin noch nie in seinem ganzen Leben berauscht
gefahren ist.
Gibt es regionale Unterschiede, wie die Justiz mit erwischten Kiffern umgeht?
Die sind sogar ziemlich groß. Gar nicht so sehr bei der Definition der
erwähnten
»geringen Menge«. Schleswig-Holstein war früher mal mit 30 Gramm noch ein
Ausreißer – das gibt es heute nicht mehr. Die meisten Bundesländer liegen bei
sechs Gramm, NRW demnächst wieder bei zehn. Berlin geht bis 15 Gramm. Die
Unterschiede liegen eher in den anderen Kriterien für eine Einstellung der
Verfahren, in der Höhe der Strafen und wie mit den Leuten umgegangen wird. Vor
allem in Bayern geht die Justiz sehr drastisch vor: Wird man dort zum zweiten
Mal erwischt, landet man vor dem Richter. Für 1,2 Gramm Cannabis kann man da
schnell ein paar hundert Euro Strafe kassieren. Und beim dritten Mal wird es
noch teurer.
Und das ausgerechnet in Bayern, wo jährlich mit dem Oktoberfest die größte
Drogenparty der Welt stattfindet ...
Genau daran wird der drogenpolitische Nonsens besonders deutlich. In Bayern
ist
man einem hohen Verfolgungsdruck ausgeliefert, den man in anderen
Bundesländern
nicht so erlebt. Wer ein bißchen ungewöhnlich aussieht, zu lange oder zu kurze
Haare hat, wird ständig angehalten und gefilzt. Oft müssen sich die Leute vor
den Polizisten ausziehen und sich in die Körperöffnungen schauen lassen. Wenn
ein paar Krümel Hanf gefunden werden, gibt es mitunter auch noch eine
Hausdurchsuchung.
Und wenn ich mir auf dem Balkon ein Pflänzchen ziehe? Ist das denn nicht meine
Privatsache?
Sollte man meinen. Das machen auch immer mehr Menschen – allein schon, um sich
vor den teilweise gefährlichen Streckmitteln zu schützen, die manche Dealer
dem
Cannabis beimischen. Aus dem Leipziger Raum wurden vor einigen Jahren
Bleiverunreinigungen bekannt, es sind auch schon Flüssigplastik, Zucker,
Düngemittel und anderes gefunden worden. Vor allem bei Marihuana hat die
Schwarzmarkt-Qualität beträchtlich abgenommen. Wir haben einen
Streckmittelmelder auf unserer Homepage mit mittlerweile über 1000 Einträgen.
Wer deswegen nicht auf dem Schwarzmarkt einkauft, sondern selbst anbaut, setzt
sich einem viel größeren juristischen Risiko aus – er überschreitet nämlich
meistens die »geringe Menge«. Ein Beispiel: Wenn Sie bei einem Jahresverbrauch
von 50 Gramm zehnmal jeweils fünf Gramm einkaufen, dann bleiben Sie unter der
»geringen Menge«, wenn Sie mal erwischt werden. Das Verfahren wird also
eingestellt. Mit einer Pflanze auf dem Balkon überschreiten Sie aber sofort
die
»geringe Menge«, es wird nämlich die ganze Pflanze gewogen. Haben Sie dann
Ihre
50 Gramm Jahresverbrauch oder etwas mehr geerntet, laufen Sie Gefahr, die
Grenze
von 7,5 Gramm des Wirkstoffes THC zu überschreiten, dann endet das Verfahren
wahrscheinlich mit einer Haftstrafe auf Bewährung.
Auch in Deutschland hat es schon mal den Versuch gegeben, Cannabis halbwegs
freizugeben. Schleswig-Holstein wurde jedoch vom Bund gebremst, so daß alles
beim alten geblieben ist. Gibt es Bestrebungen, einen solchen
Liberalisierungsversuch zu wiederholen?
In Deutschland nicht, die Lage hat sich eher verschlechtert. Seit 2006 haben
etliche Bundesländer ihre Verordnungen verschärft. NRW ist ein Silberstreif am
Horizont, auch wenn es dort nur darum geht, die alte Regelung
wiederherzustellen.
Ihr Verband hatte bei EMNID eine Umfrage über den Cannabiskonsum in Auftrag
gegeben. Wie sieht das Ergebnis aus?
54 Prozent der Deutschen sind für eine liberalere Regelung. Einige
Einzelergebnisse: 19 Prozent sprechen sich für eine komplette Legalisierung
aus
– also mit Besteuerung und staatlicher Regulierung des Verkaufs an Erwachsene.
30 Prozent wollen den Konsum entkriminalisieren. Das könnte z.B. so aussehen
wie
in Tschechien, wo der Konsum von Cannabis zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft
wurde. Fünf Prozent würden die Balkonpflanzen legalisieren. Nur 40 Prozent
wollen die Regelung so belassen, wie sie ist, oder noch verschärfen.
Gibt es überhaupt ein seriöses Argument, das den restriktiven Umgang mit
Cannabis hierzulande begründen könnte?
Meiner Meinung nach gibt es das nicht. Die Argumente sprechen für eine
Legalisierung. Auf der Gegenseite stehen vor allem Emotionen, z.B. Angst um
die
Kinder. Da gibt es dann Berichte über bekiffte Schüler oder Jugendliche, die
ihre Ausbildung abbrechen oder über Psychosepatienten. Das wird dann so
verallgemeinert und skandalisiert, daß alle denken, Cannabis sei eine
wahnsinnig
gefährliche Droge.
Ein Argument lautet »Einstiegsdroge«, d.h., wer mit Cannabis beginnt, macht
mit
Heroin weiter.
Das ist völliger Blödsinn, das wurde schon hundertfach wissenschaftlich
widerlegt. Wenn diese Behauptung stimmte, hätten wir doch Millionen von
Heroinkonsumenten. Da könnten Sie genauso gut Alkohol und Tabak als
Einstiegsdroge bezeichnen.
Ich habe in der Fachliteratur übrigens keine einzige Studie gefunden, aus der
hervorginge, daß Strafgesetze einen Einfluß auf den Konsum haben. In den
Niederlanden z.B. kann man Cannabis ohne weiteres im Coffee-Shop kaufen – dort
wird aber weniger gekifft als bei uns.
Die Linkspartei in NRW hatte in ihrem Wahlprogramm ein »Recht auf Rausch«
gefordert, daraufhin sind Politiker und Medien bundesweit über die Linken
hergefallen. Verstehen Sie das?
Nein, das ist absolut lächerlich. Ich fand gut, wie die NRW-Linke darauf
reagiert hat – sie wies darauf hin, daß die Grünen das schon seit 20 Jahren
fordern. Aus meiner Sicht war das Programm völlig in Ordnung. Unsere
EMNID-Umfrage zeigt ja, daß die Wähler eine Veränderung der Rechtslage wollen.
Die Linke hat das im Programm und steht somit wesentlich besser da als die
meisten anderen Parteien.
Von den Grünen hört man kaum noch etwas in Sachen Drogenpolitik.
Es gibt kaum grüne Wahlprogramme, in denen das keine Rolle spielt. Allerdings
denke ich, daß die Partei ihre Vorstellungen etwas vehementer in die
Öffentlichkeit tragen sollte, auch wenn es hin und wieder mal eine kleine
Anfrage der Grünen im Bundestag zu diesem Thema gibt.
Wäre nicht die Drogenpolitik der Niederlande auch ein Vorbild für Deutschland?
Auf jeden Fall. Das sollte bei uns in die Richtung gehen, daß Fachgeschäfte
eingerichtet werden, in denen man aber auch geprüfte Qualität bekommen sollte.
Das holländische System ist noch nicht ausgereift, es gibt da viele
Ungereimtheiten. Legal ist dort nur der Verkauf an den Endverbraucher –
Einfuhr,
Anbau und Großhandel sind aber illegal. In diesem Bereich ist dann auch
organisierte Kriminalität zu finden. Das führt dazu, daß man selbst in den
Coffee-Shops nicht vor Streckmitteln sicher ist.
Und dann gibt es in den Niederlanden noch so eine neckische Feinheit: Auch
dort
darf in öffentlichen Lokalen kein Tabak mehr geraucht werden. Man darf also im
Coffee-Shop durchaus pures Cannabis rauchen – aber wehe, man wird dabei
erwischt, daß einige Krümel Tabak beigemischt wurden.
Auch Kalifornien steht im Rufe des liberalen Umgangs mit Cannabis. Wie sieht
es
dort aus?
Das ist eine spannende Entwicklung, denn dieser US-Bundesstaat beabsichtigt
die
Legalisierung. Seit langem gibt es dort schon Tausende Patienten, die aus
medizinischen Gründen Cannabis nehmen. Und es gibt zig Geschäfte, die diese
Menschen legal versorgen. Für den 2. November ist dort ein Referendum
angesetzt,
bei dem die Kalifornier über eine komplette Legalisierung abstimmen. Sollte
dort
aber die Freigabe beschlossen werden, stellt sich die Frage, wie die
US-Regierung in Washington darauf reagiert. Laut Bundesgesetz wäre Cannabis
dann
nämlich immer noch illegal. Präsident Barack Obama könnte also durchaus in
Kalifornien eingreifen.
Aber sollte dort die Legalisierung gelingen, wäre das der größte Schritt zur
Liberalisierung seit Einführung der Coffee-Shops in den Niederlanden. Das wäre
auch deswegen wichtig, weil die USA in ihrer Rolle als Weltmacht in den
meisten
anderen Ländern restriktive Regelungen durchgesetzt haben, z.B. mit Hilfe
internationaler Verträge. Und wenn dieses Machtzentrum sozusagen implodiert,
wenn also die USA selbst damit beginnen, Cannabis zu legalisieren, würde das
weltweit die Drogenpolitik ändern.
Eine letzte Frage. Wie teuer wäre heute ein Gramm beim »Dealer meines
Vertrauens«?
Das kommt auf die Region an. Wo mehr Repression herrscht, wird zwar nicht
weniger, aber teurer und heimlicher konsumiert. Der Preis liegt zwischen fünf
und zwölf Euro – je südlicher, desto teurer. In Bayern steht ja schließlich
hinter jedem zweiten Baum ein Polizist, der darauf achtet, daß keine
Hanfblüten
unterwegs sind.
Dabei haben die schon unsere Vorfahren geraucht. Und dafür heute noch
geläufige
Begriffe geprägt wie »starker Tobak« oder »Knaster«.
Im deutschen Kaiserreich konnte man Haschisch oder Marihuana noch ganz normal
in
der Apotheke kaufen. Ohne Rezept. Die Monarchie hat den Menschen mehr
Selbstbestimmungsrecht zugestanden als unsere heutige Demokratie.
- [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth., Maximilian Plenert, 18.10.2010
- Re: [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth., Georg von Boroviczeny, 18.10.2010
- Re: [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth., Andi_nRw, 18.10.2010
- Re: [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth., Enrico Weigelt, 18.10.2010
- Re: [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth., Andi_nRw, 18.10.2010
- Re: [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth., Enrico Weigelt, 18.10.2010
- Re: [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth., Andi_nRw, 18.10.2010
- Re: [AG-Drogen] »Das ist drogenpolitischer Nonsens« - Gespräch mit Georg Wurth., Georg von Boroviczeny, 18.10.2010
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