ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
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- From: Maximilian Plenert <kontakt AT max-plenert.de>
- To: vfdintern AT yahoogroups.de, BND Diskussionsliste <bnd-debatte AT bndrogenpolitik.de>, Fachforum Drogen der GRÜNEN JUGEND <liste-ff-drogen AT gruene-jugend.de>, linke-drogenpolitik AT yahoogroups.de, Liste: AG_Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>, Sonics <drugchecking AT listar.hanfplantage.de>
- Subject: [AG-Drogen] Legalisierung von Marihuana - Das Joint-Venture
- Date: Fri, 15 Oct 2010 12:17:11 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
- List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
Wau, die Süddeutsche betreibt nicht nur Recherche sondern kann sogar selbst
rechnen, auch wenn sie die Zahlen auch einfach hier hätte bekommen können:
Finanzielle und wirtschaftliche Auswirkungen einer Cannabislegalisierung
http://hanfverband.de/index.php/themen/drogenpolitik-a-legalisierung/981-finanzielle-und-wirtschaftliche-auswirkungen-einer-cannabislegalisierung
Die Kosten des Drogenverbotes für Deutschland bzgl. allen Drogen gibts hier,
erreicht über Zahlen des unten erwähnten Harvard-Professor Jeffry Miron:
http://www.alternative-drogenpolitik.de/2010/10/11/die-kosten-des-drogenverbotes/
Trotzdem Hut ab, soviel echter Journalismus wäre mir sogar was wert - nur
finde
ich den Flattr Button bei den Süddeutschen nicht...
"Dabei könnte ein offizieller Cannabis-Verkauf bis zu 900 Millionen Euro pro
Jahr an Verbrauchsteuern bringen, wie Berechnungen von sueddeutsche.de zeigen
(die Daten finden Sie hier in einer Excel-Datei)."
https://spreadsheets.google.com/pub?key=0Aoi8WZGT2wV-dEZEaEEzUXZySk1UYWxWMTFuMkxMZ0E&hl=de&single=true&gid=0&output=html
Legalisierung von Marihuana Das Joint-Venture
07.10.2010, 09:33 2010-10-07 09:33:08
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/legalisierung-von-marihuana-das-joint-venture-1.1002413
Von Bastian Brinkmann
Kalifornien stimmt ab: Soll Marihuana legalisiert werden? Wenn der Staat
Cannabis-Handel erlaubt, könnte er mit Steuereinnahmen den maroden Haushalt
sanieren. In Deutschland könnte ein solcher Schritt fast eine Milliarde Euro
bringen.
An der Straßenecke warten schon die Gestalten. Auf die jungen Touristen, die
die
Strandpromenade in Los Angeles hinunterspazieren und die so aussehen, als
würden
sie gerne mal was rauchen. Sie wollen ihnen einen Zettel verkaufen, eine
Eintrittskarte in die Welt des Rauschs. Denn mit einem einfachen, vom Arzt
ausgestellten Rezept darf jeder in Kalifornien Marihuana kaufen. Doch der
Schwarzhandel mit den medical prescriptions ist bedroht: Anfang November
könnte
ein Volksentscheid in dem US-Bundesstaat Cannabis komplett legalisieren.
Experten kritisieren Verharmlosung von Drogen Bild vergrößern
Während die Straßenhändler mit den gefälschten Rezepten ihr Geschäftsmodell
überdenken müssen, spekulieren andere auf ein kleines Wirtschaftswunder. Eine
milliardenschwere Cannabis-Industrie soll in Kalifornien aufblühen, wenn
Produktion, Handel und Konsum legalisiert werden. Der Hauptgewinn würde an den
Staat gehen: Eine neue Steuer auf Marihuana könnte 1,4 Milliarden Dollar
bringen, sagen die Befürworter der Legalisierung. Und der Staat werde 200
Millionen Dollar einsparen, wenn er keine Haschisch-Raucher mehr verfolgen und
einsperren müsste.
Der Bundesstaat braucht jeden Penny. Kaliforniens Governeur Arnold
Schwarzenegger steht vor einem fast 20 Milliarden Dollar großen Haushaltsloch
und weiß nicht mehr, wo er noch sparen soll. Da erscheint die Proposition 19
genannte Gesetzesvorlage als Steilvorlage: Kaliforniens Probleme könnten sich
in
Rauch auflösen.
Vor kurzem hat der US-Think-Tank Rand eine neue Studie vorgelegt. Die
Kernaussage: Bei einer Legalisierung würde der Preis für Marihuana extrem
fallen, wahrscheinlich um mehr als 80 Prozent. Der Schmarzmarkt, die vielen
Zwischenhändler und Strafgelder für Dealer blähen den Preis auf.
Der Staat könnte somit eine saftige Steuer aufschlagen, ohne dass die
Nachfrage
einbricht oder wieder in den Untergrund wandert, sagen Ökonomen. Die
Gesetzesinitative spricht von 50 Dollar pro Unze - das sind umgerechnet rund
1,30 Euro pro Gramm. Damit sollen 1,4 Milliarden Dollar reinkommen, hat das
Board of Equalization berechnet. Die Behörde treibt in Kalifornien die Steuern
für Alkohol, Tabak und Benzin ein.
Doch die Zahl ist umstritten. "Die Debatte ist kontrovers", sagt Philip Cook.
Er
analysiert an der Duke University in North Carolina die ökonomischen Folgen
von
Drogen, Kriminalität und Prohibition. Auch die Rand-Studie betont die große
Unsicherheit, die allen Berechnungen zugrunde liegt. "Die möglichen
Steuereinnahmen können dramatisch höher oder niedriger als 1,4 Milliarden
Dollar
ausfallen", schreiben die Forscher, denn die Kalkulation basiert auf vielen
unsicheren Faktoren: Gibt es plötzlich eine viel höhere Nachfrage, wenn
Cannabis
nicht mehr rechtlich geächtet ist? Wie viel Geld soll der Staat in Aufklärung
und Kontrolle stecken? Und welchen Einfluss haben die home grower, die ihre
Drogen künftig ganz offiziell zu Hause anbauen dürfen? Erst wenn die Bürger
der
Proposition 19 zustimmen und das Gesetz Praxis geworden ist, werden den
Forschern die tatsächlichen Daten vorliegen. "Kalifornien könnte eine große
Feldstudie werden", sagt Cook.
Volkswirte für Legalisierung
Die kalifornischen Aktivisten haben viele Ökonomen auf ihrer Seite. Schon der
Nobelpreisträger Milton Friedman sprach sich generell für eine Liberalisierung
des Rauschs aus. "Drogenprohibition ist nichts anderes als eine staatliche
Unterstützung für ein kriminelles Kartell", sagte der Ökonomieprofessor in den
neunziger Jahren der Neuen Zürcher Zeitung. Was der Staat spart, wenn er alle
Drogen, von Marihuana über Crack bis Heroin legalisiert, hat der libertäre
Harvard-Professor Jeffry Miron berechnet und die Ergebnisse in einer Studie
veröffentlicht. Die USA könnten rund 40 Milliarden Dollar weniger für Polizei
und Justiz ausgeben und gleichzeitig fast 50 Milliarden an neuen Steuern
einnehmen, sagt Miron.
Doch das geht selbst der kalifornischen Initiative zu weit. Sie setzen sich
für
eine strikte Altersgrenze ab 21 Jahren ein, die Steuereinnahmen möchten sie
auch
in Aufklärung und ins Gesundheitssystem leiten. Außerdem sollen die Kommunen
entscheiden können, ob sie Coffee Shops in ihren Straßen überhaupt erlauben
wollen oder nicht. Hier könnten sich unterschiedliche Modelle entwickeln.
Jenseits des Atlantik gibt es bereits etwas Erfahrung: In den Niederlanden
haben
die Coffee Shops mittlerweile seit 30 Jahren Tradition. Für das Amsterdamer
Law
Forum, ein Journal der Vrijen Universiteit, schreibt Martijn Boermans im
Moment
einen Artikel über die ökonomischen Aspekte der niederländischen
Marihuana-Legalisierung, der Ende Oktober erscheinen wird.
Boermans sieht neben den Steuern einen weiteren Vorteil: Die Drogenmärkte
hätten
sich getrennt. "Wer auf dem Schwarzmarkt Marihuana kauft, kommt mit einem
üblen
Milieu in Berühung", sagt Boermans. Ein Dealer verkaufe nicht nur weiche,
sondern oft auch harte Drogen. Dass die Niederlande den Cannabis-Konsum
legalisierte, habe dazu geführt, dass der Konsum von harten Drogen zurückgehe.
Die Statistik der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen zeigt: Die Zahl
der
Drogentoten liegt in den Niederlanden deutlich unter dem EU-Durchschnitt.
Andererseits schlucken junge Holländer häufiger Halluzinogene und Ectasy als
Jugendliche in Nachbarländern. "Nach unseren Daten hat sich nach der
Cannabis-Legalisierung der harte Drogenkonsum wenig verändert", sagt eine
Sprecherin der EU-Agentur. "Eine Legalisierung ist nur einer von vielen
kulturellen Faktoren, die den Konsum beeinflussen." Die historischen
Vergleichszahlen der Beobachtungsstelle reichen nur bis in die neunziger Jahre
zurück.
Die Steuereinnahmen liegen laut niederländischem Finanzministerium bei 450
Millionen Euro pro Jahr. Dazu tragen auch die Touristen bei: Sie rauchen jeden
zweiten Joint.
Deutschland würde fast eine Milliarde Euro einnehmen
Trotz solcher Argumente steht eine Marihuana-Legalisierung in Deutschland
nicht
zur Debatte. Dabei könnte ein offizieller Cannabis-Verkauf bis zu 900
Millionen
Euro pro Jahr an Verbrauchsteuern bringen, wie Berechnungen von
sueddeutsche.de
zeigen (die Daten finden Sie hier in einer Excel-Datei). Das wäre
beispielsweise
doppelt so viel wie die Sektsteuer. Was davon im Bundeshaushalt hängen bleiben
würde, lässt sich aber kaum sagen. Denn es kämen neue Ausgaben für Kontrolle,
Prävention und Gesundheit hinzu. Andererseits könnte der Gewinn auch höher
ausfallen - dank der zusätzlichen Mehrwertsteuer und Einnahmen, die durch neue
Arbeitsplätze in Coffee Shops dazukämen.
Das Finanzministerium hält eine Cannabis-Legalisierung für eine Schnapsidee.
"Bei der Frage der Legalisierung von Marihuana geht es vor allem um
gesundheitspolitische, drogenpolitische und strafrechtliche Aspekte, für die
das
Bundesfinanzministerium nicht zuständig ist", sagt ein Sprecher. "Steuerliche
Aspekte spielen keine Rolle."
In Kalifornien dagegen haben sich in einer jüngsten Umfrage 52 Prozent der
Befragten für die Legalisierung ausgesprochen, 41 waren dagegen. Das ist
knapp.
Viele Bürger befürchten, dass nach einer Legalisierung Kinder leichter an den
Stoff kämen. Ob Marihuana erlaubt werden soll, bleibt für viele Wähler keine
ökonomische, sondern eine moralische Frage.
- [AG-Drogen] Legalisierung von Marihuana - Das Joint-Venture, Maximilian Plenert, 15.10.2010
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