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Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
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[AG-Drogen] FDP-Drogenbeauftrage für Kriminalisierung von Drogenkonsumenten in NRW
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- Subject: [AG-Drogen] FDP-Drogenbeauftrage für Kriminalisierung von Drogenkonsumenten in NRW
- Date: Mon, 30 Aug 2010 14:21:27 +0200
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FDP-Drogenbeauftrage für Kriminalisierung von Drogenkonsumenten in NRW
http://hanfverband.de/index.php/nachrichten/aktuelles/1321-fdp-drogenbeauftrage-fuer-die-kriminalisierung-von-drogenkonsumentinnen
Meldung des DHV vom 30.08.2010
Die FDP steht im drogenpolitischen Alltag sicherlich nicht für einen
Impulsgeber
in Sachen Legalisierung. Im Vergleich zu ihrem Wunschkoalitionspartner CDU ist
es leicht, als das geringere Übel angesehen zu werden. Mal wird versucht, sich
mit progressiver Drogenpolitik zu profilieren, mal mit repressiver. Auch wenn
sich die FDP in ihren Bundestagswahlprogrammen bisher nicht zu einer
Legalisierungsforderung durchringen konnte, so gehörte doch die
Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten bisher zum Grundkanon der FDP
Drogenpolitik.
"Eine Suchtbekämpfungspolitik, die sich auf strafrechtliche Maßnahmen
reduziert, halten wir Liberale für falsch. Daher halten wir an unserem Kurs
der
Entkriminalisierung und Straffreiheit des Besitzes geringer Mengen Cannabis
zum
Eigenkonsum fest, wenden uns aber gegen die Legalisierung des
Cannabiskonsums."
- - Guido Westerwelle
Westerwelles Parteifreundin, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung
Mechthild
Dyckmans, bricht nun mit diesem Grundsatz und macht Front gegen die
Entkriminalisierungsbestrebungen in NRW. Dort hatte die neue rot-grüne
Landesregierung angekündigt, die Verschärfungen der schwarz-GELBEN
Vorgängerregierung rückgängig zu machen, und die "geringen Mengen", bis zu
denen
Strafverfahren eingestellt werden können, für Cannabis von 6 auf 10 Gramm
angehoben und für Heroin, Kokain und Amphetamine mit 0,5 Gramm wieder
eingeführt. Für diesen harmlosen, aber zumindest in die richtige Richtung
gehenden Schritt hagelte es von der bürgerlichen Presse massive Kritik.
Scheinbar ist ein Innenminister, der mal nicht der brutalstmögliche harte Hund
sein will, untragbar. Die WELT unterstellt NRW-Justizminister Thomas Kutschaty
(SPD) gar eine politische Perversion der Werte wie Milde und Großzügigkeit und
eine gnadenlose Liberalität.
Dyckmans sagte in einem Interview der Zeitung EXPRESS zu der Reform:
Bundesdrogenbeauftragte Mechthild Dyckmans?Das ist ein falsches Zeichen.
In
der Drogenpolitik muss es unser gemeinsames Ziel sein, den Konsum zu
verringern
und insbesondere den Einstieg zu verhindern.?
?Das [Die Entlastung von Staatsanwaltschaften, d.A.] kann in diesem Fall
nicht Richtlinie für unser Handeln sein. Gerade Jugendliche brauchen klare,
eindeutige Regeln. Cannabis darf nicht verharmlost werden, die Anhebung der
geringen Menge setzt das falsche Signal einer scheinbar geringeren
Schädlichkeit
von Cannabis.?
?Hier [Bei Heroin, Kokain und Amphetamine, d.A.] darf es keinen
?Gelegenheitskonsum? geben, der dann zur schnellen Abhängigkeit führt.?
Dyckmans bestätigt die Bedeutung ihrer Aussage auch nochmals, indem sie den
EXPRESS-Artikel auch noch auf ihrer Homepage bewirbt.
Die Grünen im Bundestag nutzen diese Äußerungen, um ihren Parteikollegen in
NRW
beizuspringen. Harald Terpe, Sprecher für Drogen- und Suchtpolitik, sprach
Dyckmans für ihre Äußerungen jeden Realitätssinn ab. Weiter schreibt er:
In Deutschland konsumieren mindestens zwei Millionen Menschen mehr oder
minder häufig Cannabis. Trotz nach wie vor erheblicher strafrechtlicher
Risiken
für die Konsumenten. Es ist offensichtlich, dass die Kriminalisierung ihren
Zweck, die Abschreckung, nicht erreicht.
Die jetzt in NRW geplante geringfügige Anhebung ist keine Verharmlosung
von
Cannabis. Im Gegenteil. Sie ist ein erster wenn auch kleiner Schritt zu mehr
Glaubwürdigkeit und damit mehr Wirksamkeit in der Cannabisprävention. Deren
Ziel
muss es sein, nicht jeden einmaligen oder gelegentlichen Cannabiskonsumenten
zu
kriminalisieren, sondern die riskanten Formen des Konsums zu vermeiden.
Experten
wie die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen verweisen darauf seit langem. Wir
empfehlen der Drogenbeauftragten daher dringend, sich von alten Reflexen zu
lösen.
Der DHV hat sich schon in seiner Meldung vom 13.07.2010 "Rot/Grün in NRW will
weniger Kiffer verfolgen" bemüht klarzustellen, dass es bei diesem Reförmchen
nur darum geht, die Drogenpolitik in NRW in den Stand der Jahrtausendwende
zurückzuversetzen, bevor die schwarz-gelben Hardcore-Repressionisten die
Kifferverfolgung eskalieren ließen.
Durch unsinnige Aussagen konkurrierender Politiker und irreführende
Medienberichte ist jedoch auch unter Konsumenten eine erhebliche Unsicherheit
entstanden, welche Rechtslage in NRW jetzt eigentlich gilt. So titelte der
Focus
bei dem Thema z.B. vollkommen an der Sache vorbei: "NRW - Rot-Grün legalisiert
Drogen", obwohl in diesem Artikel dann von Legalisierung gar keine Rede ist.
Das
ist übelster Populismus, wie er seit Jahrzehnten zur Verdummung der
Bevölkerung
gerade in Sachen Drogen beiträgt.
Wegen der großen Verunsicherung und vieler Fragen, die uns dazu erreicht
haben,
hier nochmal eine kurze Zusammenfassung der Lage in NRW:
Zunächst mal: Bisher ist noch gar nichts passiert, außer dass sich SPD und
Grüne
darauf geeinigt haben, die alte Regelung wieder einführen zu wollen. Dazu muss
die entsprechende Verordnung noch geändert werden. Wenn es soweit ist, wird
es -
wie in jedem anderen Bundesland auch - weiterhin keine "legale Menge" Cannabis
geben, die man mit sich herumtragen "darf". Auch bei einem halben Gramm wird
die
Polizei ein Strafverfahren einleiten müssen, das dann - bis 10 statt derzeit 6
Gramm - von der Staatsanwaltschaft wieder eingestellt werden kann.
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- [AG-Drogen] FDP-Drogenbeauftrage für Kriminalisierung von Drogenkonsumenten in NRW, Maximilian Plenert, 30.08.2010
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