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ag-drogen - [AG-Drogen] Hat Demagogie in der Drogenpolitik erfolg?

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

Listenarchiv

[AG-Drogen] Hat Demagogie in der Drogenpolitik erfolg?


Chronologisch Thread 
  • From: Maximilian Plenert <kontakt AT max-plenert.de>
  • To: Fachforum Drogen der GRÜNEN JUGEND <liste-ff-drogen AT gruene-jugend.de>, BND Diskussionsliste <bnd-debatte AT bndrogenpolitik.de>, linke-drogenpolitik AT yahoogroups.de, Liste: AG_Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>, vfdintern AT yahoogroups.de, Sonics <drugchecking AT listar.hanfplantage.de>
  • Subject: [AG-Drogen] Hat Demagogie in der Drogenpolitik erfolg?
  • Date: Wed, 11 Aug 2010 19:49:33 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
  • List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>


11.08.2010

http://blogs.taz.de/drogerie/2010/08/11/hat_demagogie_in_der_drogenpolitik_erfolg/

Hat Demagogie in der Drogenpolitik erfolg?
von Hans Cousto

Demagogie (auch: Volksverführung) ist im abwertenden Sinn ideologische Hetze,
besonders im politischen Bereich. Im folgenden Artikel wird untersucht, wie
erfolgreich die Demagogie in der Drogenpolitik im Allgemeinen ist und im
Besonderen bei den Wählern der verschiedenen Parteien.

In dem Bericht von Professor Bernard ROQUES für den französischen
Staatssekretär
für Gesundheit vom Mai 1998 »Probleme durch das Gefahrenpotential von Drogen«
wird klar festgestellt, dass Cannabis als Rauschdroge weniger gefährlich sei
als
Alkohol. Dennoch hat die französische Regierung ihre Drogenpolitik nicht
verändert und nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Der
frühere
Drogenbeauftragte der britischen Regierung, Professor David Nutt, kritisierte
die im Jahr 2008 von der damaligen Innenministerin Jacqui Smith getroffene
Entscheidung, Cannabis nach dem Drogenmissbrauchsgesetz von 1971 strenger zu
regulieren. David Nutt stellte nämlich fest, dass Cannabis weitaus weniger
gefährlich sei als Alkohol oder Tabak. Statt die Drogenpolitik den
wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen, feuerte die Regierung David Nutt
und ersetzte ihn durch eine opportunistische Person.

Auch in Deutschland kümmert man sich in der Drogenpolitik – dies gilt
insbesondere für die Cannabispolitik – recht wenig um neuere wissenschaftliche
Erkenntnisse. Die Erkenntnisse aus der Kleiber-Studie von 1997 oder die
Erkenntnisse der Drogen- und Suchtkommission beim Bundesministerium für
Gesundheit von 2002 wurden von der Bundesregierung nie umgesetzt. Dafür wurde
eine wahrhaft hysterische Kampagne gegen die Konsumenten von Cannabisprodukten
(Gras und Haschisch) und die Wege geleitet. Wie stark sich diese demagogische
Kampagne auf das Meinungsbild der Bevölkerung in Deutschland ausgewirkt hat,
zeigt eine unlängst vom Deutschen Hanfverband (DHV) in Auftrag gegebene
Umfrage.
Der DHV hat die EMNID-Umfrage, bei der diverse Fragen bezüglich Cannabis
gestellt wurden, zusammen mit Partnern in Auftrag gegeben, darunter das
Drogenforschungsinstitut INEIDFO und die Landesarbeitsgemeinschaft
Drogenpolitik
der Grünen Berlin. In der Umfrgae wurden vier Möglichkeiten eines künftigen
rechtlichen Umganges mit Cannabis in Deutschland gestellt. Auch im Jahr 2002
wurde von EMNID eine analoge Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse im Vergleich
werden hier vorgestellt.

Weiter so mit der Repression
(Hardcore-Repressionisten)

Variante 1: »Der Besitz, auch nur zum Eigenkonsum, sollte wie bisher oder noch
strenger in einem Strafverfahren mit möglicher Geld- oder Gefängnisstrafe
geahndet werden.« Insgesamt votierten 40% der Befragten für diese
repressionistische Hardcore-Variante, vor acht Jahren (2002) waren es nur 36%.
Die fundamentalistischen Hardcore-Repressionisten haben in den letzten acht
Jahren um 4% zugelegt. Bei den etablierten Parteien lag die Zunahme bei der
CDU/CSU mit 10% (von 38% auf 48%) am höchsten, gefolgt von der SPD mit 8% (von
32% auf 40%), gefolgt von den Grünen mit 4% (von 21% auf 25%). Bei den anderen
zwei etablierten Parteien hat der Anteil der fundamentalistischen
Hardcore-Repressionisten abgenommen, bei der FDP von 23% auf 22% (-1%) und bei
den Linken von 42% auf 31% (-11%).

Bußgeld statt Strafe
(Soft-Repressionisten)

Variante 2: »Der Besitz nur zum Eigenkonsum sollte weiter entkriminalisiert
werden, also zum Beispiel nur noch als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld
verfolgt werden, wie bei einem Verkehrsdelikt, oder durch andere rechtliche
Maßnahmen.« Insgesamt votierten 30% der Befragten für diese repressionistische
Soft-Variante, vor acht Jahren (2002) waren es noch 36%. Die
Soft-Repressionisten haben in den letzten acht Jahren 6% an Anhänger
eingebüßt.
Bei den etablierten Parteien lag die Zunahme bei der FDP mit 4% (von 43% auf
47%) gleich hoch wie bei den Grünen mit 4% (von 36% auf 40%). Bei den anderen
drei etablierten Parteien hat der Anteil der Soft-Repressionisten abgenommen,
bei der SPD von 34% auf 33% (-1%), bei der CDU/CSU von 43% auf 30% (-13%) und
bei den Linken von 44% auf 23% (-21%).

Repressionisten insgesamt
(Hardcore- und Soft-Repressionisten)

Die Befürworter der Varianten 1 und 2 sind auf jeden Fall für eine Ahndung des
Besitzes von Cannabis zum Zweck des Konsums und befürworten repressionistische
Maßnahmen gegen Besitzer von Cannabis, die dieses zu Rauschzwecken konsumieren
wollen. Insgesamt sank der Anteil der Repressionisten in den letzten acht
Jahren
vom 72% auf 70% (-2%). Der stärkste Rückgang ist bei den Linken (vormals
befragt
als PDS) zu verzeichnen von 86% auf 54% (-32%). Mit 54% hat die Linke auch den
geringsten Anteil an Repressionisten. Auch bei der CDU/CSU hat der Anteil der
Repressionisten abgenommen, von 81% auf 78% (-3%). Bei den anderen drei
Parteien
hat der Anteil der Repressionisten zugenommen, bei der FDP von 66% auf 69%
(+3%), bei der SPD von 66% auf 73% (+7%) und bei den Grünen von 57% auf 65%
(+8%).

Geringe Mengen sollen erlaubt sein
(Soft-Liberalisierer)

Variante 3: »Der Besitz und Anbau von Hanf in geringer Menge zum Eigenkonsum
sollte ohne jegliche Verfolgung erlaubt sein.« Insgesamt votierten 5% der
Befragten für diese freiheitliche Soft-Variante, vor acht Jahren (2002) waren
es
noch 13%. Die Soft-Liberalisierer haben in den letzten acht Jahren 8% an
Anhänger eingebüßt. Bei den etablierten Parteien gab es nur bei den Linken
eine
Zunahme von 12% (von 5% auf 17%). Bei allen anderen vier etablierten Parteien
hat der Anteil der Soft-Liberalisierer abgenommen, bei der FDP von 22% auf 4%
(-18%), bei der SPD von 17% auf 3% (-14%), bei den Grünen von 15% auf 9% (-6%)
und bei der CDU/CSU von 7% auf 2% (-5%).

Legaler Verkauf in Drogenfachgeschäften
(Voll-Liberalisierer)

Variante 4: »Der Cannabismarkt sollte darüber hinaus – wie bei Alkohol und
Tabak
– vollständig staatlich reguliert und besteuert werden; mit Verkauf an
Erwachsene in speziellen Fachgeschäften.« Insgesamt votierten 19% der
Befragten
für diese freiheitliche Voll-Variante, vor acht Jahren (2002) waren es noch
13%.
Die Voll-Liberalisierer haben in den letzten acht Jahren um 6% an Anhänger
dazu
gewonnen, am meisten bei den Linken. Bei den Linken gab es die größte Zunahme
(+14%) von 9% auf 23%, gefolgt von der FDP mit einer Zunahme von 12% auf 22%
(+10%), der SPD mit einer Zunahme von 13% auf 18% (+5%) und der CDU/CSU mit
einer Zunahme von 11% auf 14% (+3%). Einzig bei den Grünen war hier eine
Abnahme
zu verzeichnen (-8%) von 28% auf 20%.

7% der Befragten gaben der Variante 5: »weiß nicht, keine Angabe« den Vorzug,
da
sie sich nicht entscheiden konnten. Bei allen Werten kann es maximal zu 1%
Rundungsdifferenz kommen.

Einfluss der Demagogie in der Drogenpolitik

Nicht alle Menschen sind gleich beeinflussbar, manche mehr, manche weniger.
Von
Seiten der Regierung wird der Konsum von Cannabis und seine Folgen oft anders
bewertet als von Wissenschaftlern. Ja manchmal kann man sich des Eindrucks
nicht
erwehren, die Regierung kämpfe mit demagogischen und propagandistischen
Methoden
gegen die Erkenntnisse aus dem Bereich der Wissenschaft. Betrachtet man nun
die
Veränderungswerte bei der Zustimmung zu den einzelnen Varianten respektive
Optionen betreffend die Cannabispolitik, so kann man deutlich sehen, dass bei
den Linken die Demagogie am wenigsten erfolgreich zu sein scheint (Anteil
Repressionisten insgesamt -32%, stärkere Abnahme als bei allen anderen
Parteien)
und bei den Grünen offenbar am meisten erfolgreich zu sein scheint (Anteil
Repressionisten insgesamt +8%, stärkere Zunahme als bei allen anderen
Parteien).
Wohl weil die regierungsamtliche Demagogie bei den Linken nicht so richtig
wirken will, wird diese Partei vom Verfassungsschutz beobachtet.



  • [AG-Drogen] Hat Demagogie in der Drogenpolitik erfolg?, Maximilian Plenert, 11.08.2010

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