ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
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- From: Carsten Schlote <carsten.schlote AT gmx.net>
- To: "Liste: AG_Drogen" <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder
- Date: Sun, 11 Apr 2010 21:06:28 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
- List-id: "Liste: AG_Drogen" <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
Moin,
Am Sonntag, den 11.04.2010, 14:48 +0200 schrieb Georg von Boroviczeny:
> > >> Heute bekam ich folgende Info:
> > >> Starke (permanente) Steigerung bei Verschreibungen von
> > Psychopharmaka
> > >> an/für Kinder (siehe Anhang)
> > >> - klare Bestätigung unseres NRW-Drogenpolitik-Punktes 'Missbrauch von
> > >> AD(H)S-Medikamenten'
> > >> - deutlicher Auftrag an uns sich damit weiter zu beschäftigen
Ist mir bekannt. Hatte dazu mal eine längere Diskussion mit einer
anderen Person. Habe leider den Namen vergessen. Jedoch wurde mir dieses
und ähnliche Probleme erstmal richtig vor Augen geführt.
Zum Thema:
Der Anstieg bei Diagnose und Verschreibungn wird damit begründet, dass
man früher aus diagnostischen Gründen oder medzinischer Noch-Unkenntnis,
solche psychischen "Störungen" noch nicht erkennen konnte.
Zwar wurde schon im vorletzten Jahrhundert das Zappelphilipp-Syndrom im
gleichnamigem Buch beschrieben - nur die Behandlung bestand eher aus
viel Bewegung, Beschäftigung oder disziplinarischen Zwangsmaßnahmen und
Rohrstock. Für Außenstehende waren solche Kinder einfach nur schlecht
erzogen. Die Kinder mit Aufmerksamkeitsproblemen (zumindest aus
Erwachsenensicht) galten als undiszipliniert.
Dank des "medizinischen Forschung" wurde der Sache in den letzten
Jahrzehnten ein offizieller Namen gegeben und es wurden Begründungen und
Behandlungsvorschläge für das Syndrom erarbeitet. Die Pharmaindustrie
hat ebenfalls Anstrengungen unternommen und bietet nun eine Lösung des
Problems in praktischer Tabletten- oder Tropfenform an. Sedierend oder
aufmunternd - so wie gerade benötigt.
Aufgrund von hoch-kompetenten Infosendungen zu diesem Thema auf allen
Fernsehsendern kommt der Name der Krankheit auch bei den Eltern an. Da
fehlende Erziehung nach allg. Maßstäben und eine tatsächliche
Aufmerksamkeits. oder Hyperaktivitätsstörung sehr ähnliche Symtome
zeigen können, wird nun gerne ein Erziehungs- und Beschäftigungsproblem
zur Krankheit umgedeutet. Das erspart Selbstkritik und man kann die
Probleme auf eine Krankheit schieben.
Der Allgemein- und Kinderarzt vor Ort wird dann häufig schon mit der
fertigen Selbstdiagnose der Eltern konfrontiert. Und eben dem Wunsch
nach medikamentöser Behandlung - schließlich gibt es doch da was...
Die Hersteller der Medikamente dürften steigende Umsätze auch ganz toll
finden. Somit wird gerne viel Aufwand unternommen um den behandelnden
Arzt vor Ort für die eigene Pille zu begeistern.
Da ein Arzt nur ungerne Patienten verliert, wird man lieber dem Drängen
der Eltern nachgeben statt auf mögliche Defizite bei Erziehung und
mangelnde Zuwendung gegenüber dem Kind hinzuweisen. Eltern mögen solche
Kritik nicht und wechseln dann solange den Arzt bis einer die 'nötigen'
Pillen verschreibt.
Durch Mund-zu-Mund Propaganda wird natürlich im Bekanntenkreis der
Eltern ebenfalls Werbung für die Krankheit und deren Behandlung gemacht.
Und dies führt zu einer starken Steigerung der Nachfrage.
Soviel zur traurigen Wahrheit.
Im Moment ist mir noch nicht ganz klar, ob und wo man eine verlässliche
Aufstellung der Verschreibungen von Psychopharmaka bei Kindern finden
könnte. Ebenso dürfte wenig Interesse an einer solchen Aufstellung
bestehen - dafür verdienen alle Beteiligten zu gut an der Sache.
Ein anderer Aspekt wäre hier noch, dass den von einer Therapie
betroffenen Kindern von Kindesbeines an suggeriert wird, dass sich
Probleme mit Pillen lösen lassen. Der erste Schritt zur Medikamenten-
und Drogenabhängigkeit durch Senkung der Hemmschwelle.
Ich schaue trotzdem mal, ob ich mehr herausfinde (vor allem Zahlen mit
Quelle). Wenn jemand schon Infos hat - immer her damit...
PS: Wer in dem obigen Text Sarkasmus findet, darf ihn behalten. Aber bei
diesem Thema kann ich einfach nicht anders, vor Allem weil es auf andere
Krankheiten ebenfalls - mit wenigen Wortänderungen - übertragbar ist.
--
Gruss
Carsten
- Psychopharmaka für Kinder, Andi@pp-w, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Georg von Boroviczeny, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Andi@pp-w, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Georg von Boroviczeny, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Andi@pp-w, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Carsten Schlote, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Andi@pp-w, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Willi Gasser, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Andi@pp-w, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Georg von Boroviczeny, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Andi@pp-w, 11.04.2010
- Re: [AG-Drogen] Psychopharmaka für Kinder, Georg von Boroviczeny, 11.04.2010
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