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Re: [AG-Drogen] [linke-drogenpolitik] Harald Weinberg, die Linke, zu Cannabis und die Gelder für die Strafverfolgung
Chronologisch Thread
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- Subject: Re: [AG-Drogen] [linke-drogenpolitik] Harald Weinberg, die Linke, zu Cannabis und die Gelder für die Strafverfolgung
- Date: Tue, 16 Mar 2010 01:00:40 +0100
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- List-id: "Liste: AG_Drogen" <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
Frage
zum Thema Gesundheit, 5.3.2010
Werter
Herr Weinberg,
ich habe gesehen, Sie sind Mitglied des Gesundheitsausschuss. Dazu habe
ich eine Frage, das "Drogenproblem" betreffend.
Einem Kurzbericht der Bundesregierung / Bundesgesundheitsministerium
zufolge (REITOX 2009, tinyurl.com ) werden nur 1,4 Mrd. Euro, z.b.
für Therapien von den Sozialversicherungsträgern bezahlt, während 3,6
bis 4,5 Mrd. Euro werden für "die Minderung der Folgen des
Drogenproblems, insbesondere in Form von Interventions- und
Repressionsmaßnahmen, in geringerem Maße auch für Prävention”
ausgegeben werden. Das macht pro Sekunde 146,30 Euro für die
Repressionsmaßnahmen.
Da Cannabis die am meisten genutzte Droge in den westlichen
Gesellschaften ist, dürfte ein großteil der Kosten dafür aufgewendet
werden, bei einer gleichzeitigen "Entkriminalisierung" der sog.
"Geringen Menge".
Dazu meine Frage: Warum besteht diese krasse Ungleichverteilung?
Warum wird immernoch Geld für die Strafverfolgung von der "geringen
Menge" ausgegeben?
Antwort von Harald Weinberg, 15.3.2010
Sehr geehrter Herr ,
danke für Ihre berechtigte Frage. Ich kann sie Ihnen jedoch nur
teilweise beantworten, weil ich die hauptsächlich auf Repression
setzende Drogenpolitik der vergangenen Jahre und Jahrzehnte nicht zu
verantworten habe. Was Cannabis betrifft, setzt sich die Fraktion DIE
LINKE weiterhin für eine staatliche Regulierung des Marktes, unter
Gewährleistung des Jugendschutzes, nach dem Vorbild der Niederlande,
ein. Wir sind der Überzeugung, dass die Präventionsanstrengungen - auch
für Cannabis - verstärkt werden müssen und die Repression
zurückgeschraubt werden muss. Eine Definition für nicht zu verfolgende
geringe Mengen wäre meines Erachtens ein richtiger und seit dem
Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1994 gebotener Schritt der Politik.
In der Urteilsbegründung steht folgendes: "Das strafbewehrte Verbot der
Abgabe von Haschisch zum Eigenkonsum stehe mit dem Rechtsstaatsprinzip
nicht in Einklang. Dieses verlange, daß der Einzelne vor unnötigen
Eingriffen der öffentlichen Gewalt bewahrt bleibe. Je mehr der
gesetzliche Eingriff elementare Äußerungen der menschlichen
Handlungsfreiheit berühre, desto sorgfältiger müßten die zu seiner
Rechtfertigung vorgebrachten Gründe gegen den grundsätzlichen
Freiheitsanspruch des Bürgers abgewogen werden. Grundrechte dürften nur
unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begrenzt
werden. Dabei sei ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen, wenn sich der
Gesetzgeber zur Durchsetzung des von ihm erstrebten Verbots der "ultima
ratio" einer Strafnorm bediene. Diesem Maßstab genüge das
Betäubungsmittelgesetz zumindest insoweit nicht, als es Handlungen
unter Strafe stelle, die im Einzelfall darauf abzielten, Eigen- oder
Fremdkonsum in geringem Umfang zu ermöglichen."
Im Klartext: Über Sinn und Unsinn des BtMG kann man sich im Einzelfall
streiten. Jedoch zumindest bei der Verfolgung des Besitzes von Cannabis
zum Eigenbedarf liegt keine Fremdgefährdung vor, die eine Strafbarkeit
begründen würde. Nach Auffassung der LINKEN hätte dieser Grundsatz
schon lange Gesetzeskraft erlangen müssen. Die seit 1994 regierenden
Parteien, also CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne haben sich jedoch seit 16
Jahren vor einer Regelung gedrückt.
DIE LINKE hat in der letzten Wahlperiode genau zu dem von Ihnen
angesprochenen Thema eine Kleine Anfrage gestellt. Die Antwort der
Bundesregierung - insbesondere die Antwort zu Frage 2 ist
selbsterklärend - können Sie hier nachlesen: dokumente.linksfraktion.net
Mit freundlichen Grüßen
Harald Weinberg MdB
- Re: [AG-Drogen] [linke-drogenpolitik] Harald Weinberg, die Linke, zu Cannabis und die Gelder für die Strafverfolgung, , 16.03.2010
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